Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Militärisch-politische Blicke nach Osten 21 reitende Batterien, 32 fahrende Batterien und 6 Gebirgsbatterien (Neserve- Bevor wir unsre Betrachtungen weiter fortsetzen, zunächst noch ein paar Militärisch-politische Blicke nach Osten 21 reitende Batterien, 32 fahrende Batterien und 6 Gebirgsbatterien (Neserve- Bevor wir unsre Betrachtungen weiter fortsetzen, zunächst noch ein paar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204593"/> <fw type="header" place="top"> Militärisch-politische Blicke nach Osten</fw><lb/> <p xml:id="ID_1661" prev="#ID_1660"> 21 reitende Batterien, 32 fahrende Batterien und 6 Gebirgsbatterien (Neserve-<lb/> artillerie). Ob es thunlich sein wird, alle diese Kriegsformationen bald in<lb/> voller Stärke aufmarschieren zu lassen, entzieht sich der Beurteilung nud er¬<lb/> scheint dein Verfasser der in der Anmerkung zu unserm ersten Aufsatze er¬<lb/> wähnten Schrift „Das Kriegstheater an der Weichsel," der wir das oben<lb/> gesagte entnehmen, fraglich, da er an die kurze Zeit denkt, die seit der Ein¬<lb/> führung des neuen russischen Wehrsystems verflossen ist. Indes möchte der<lb/> günstige Ausfall der ersten Neservistenütmngen (die im Herbste des vorletzten<lb/> Jahres stattfanden) manche Zweifel, die bis dahin in Betreff der Durchführ¬<lb/> barkeit der Neformmaßregel gehegt wurden, zerstört haben. Österreich-Ungarn<lb/> aber vermag der hier als verfügbar angenommenen Truppenmacht Rußlands<lb/> 15 Armeekorps, die je 2 oder 3 Divisionen haben, und daneben 8 Kavallerie-<lb/> divisionen gegenüber zu stellen. Die Streitkräfte, mit denen man ihm zu Anfang<lb/> an die Seite treten könnte, ziehen wir in diesem Zusammenhange nicht in<lb/> Betracht, da sie sich nicht im voraus berechnen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1662" next="#ID_1663"> Bevor wir unsre Betrachtungen weiter fortsetzen, zunächst noch ein paar<lb/> allgemeine Bemerkungen, die wir hier gewissermaßen nur einleitend für das<lb/> Nächste ohne Anwendung ans die besondre Lage des von Rußland zunächst<lb/> bedrohten Staates folgen lassen nud erst im nächsten Abschnitte in Folgerungen zu<lb/> Empfehlungen eines bestimmten Verfahrens verwandeln werde». Es sind einige<lb/> Sätze rein militärischer Natur, die zum Teil Strategen vou Ruf zu Urhebern<lb/> haben. Sie lauten kurz und bündig: Der erste Sieg kann, bald erfochten, der<lb/> Sieg überhaupt sein und ist es in der That oft gewesen. Zweifelhafte Mächte<lb/> pflegen sich nach ihm zu enthüllen und zu entscheiden. Wohl vorbereitet die<lb/> Offensive ergreifen, heißt ihn, den Sieg, mifsuchen. Unentschlossenheit, lauges<lb/> Wählen zwischen mehreren Zielen, Zerstreuung der Kräfte ist immer verhängnis¬<lb/> voll. Virilms unitis ist eine Devise, die nicht bloß den Staatsmännern, sondern<lb/> anch den Feldherren Regel sein muß. Nndetzky war der Meinung, daß „eine<lb/> zu jeder entsprechenden Verwendung gut organisirte Armee ihr Augenmerk bloß<lb/> ans die Offensive zu richten habe." Wird der Obergeneral gehindert, rasch mit<lb/> dein Marsche auf den Feind zu beginnen, oder gar auf die Verteidigung ver¬<lb/> wiesen, so muß sein Hauptbestreben sein, ans der Defensive herauszukommen-<lb/> In jedem Heere mich das Bestreben herrschen, den Feind vom heimischen Boden<lb/> fernzuhalten, und das geschieht am besten, wenn man ihm auf dem seinige"<lb/> entgegenrückt und ihn zu werfen sucht, was sicher ist, wenn man ihm<lb/> durch rasche Manöver das Gesetz diktirt, ihn bindet, schiebt und eine Stellung<lb/> einzunehmen zwingt, die dem Angreifer Vorteile, dem Angegriffenen Nachteile<lb/> bringen muß. „Die Aufgabe der Strategie besteht," wie Vlnme sagt, „darin,<lb/> günstige Bedingungen für den Entscheidungskampf herbeizuführen, vor der<lb/> Verwicklung aber in nachteilige Gefechte die Streitkräfte nach Möglichkeit zu<lb/> bewahren." Diese Möglichkeit, die Freiheit, die Wahl gehört, wenn die Gegner</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0504]
Militärisch-politische Blicke nach Osten
21 reitende Batterien, 32 fahrende Batterien und 6 Gebirgsbatterien (Neserve-
artillerie). Ob es thunlich sein wird, alle diese Kriegsformationen bald in
voller Stärke aufmarschieren zu lassen, entzieht sich der Beurteilung nud er¬
scheint dein Verfasser der in der Anmerkung zu unserm ersten Aufsatze er¬
wähnten Schrift „Das Kriegstheater an der Weichsel," der wir das oben
gesagte entnehmen, fraglich, da er an die kurze Zeit denkt, die seit der Ein¬
führung des neuen russischen Wehrsystems verflossen ist. Indes möchte der
günstige Ausfall der ersten Neservistenütmngen (die im Herbste des vorletzten
Jahres stattfanden) manche Zweifel, die bis dahin in Betreff der Durchführ¬
barkeit der Neformmaßregel gehegt wurden, zerstört haben. Österreich-Ungarn
aber vermag der hier als verfügbar angenommenen Truppenmacht Rußlands
15 Armeekorps, die je 2 oder 3 Divisionen haben, und daneben 8 Kavallerie-
divisionen gegenüber zu stellen. Die Streitkräfte, mit denen man ihm zu Anfang
an die Seite treten könnte, ziehen wir in diesem Zusammenhange nicht in
Betracht, da sie sich nicht im voraus berechnen lassen.
Bevor wir unsre Betrachtungen weiter fortsetzen, zunächst noch ein paar
allgemeine Bemerkungen, die wir hier gewissermaßen nur einleitend für das
Nächste ohne Anwendung ans die besondre Lage des von Rußland zunächst
bedrohten Staates folgen lassen nud erst im nächsten Abschnitte in Folgerungen zu
Empfehlungen eines bestimmten Verfahrens verwandeln werde». Es sind einige
Sätze rein militärischer Natur, die zum Teil Strategen vou Ruf zu Urhebern
haben. Sie lauten kurz und bündig: Der erste Sieg kann, bald erfochten, der
Sieg überhaupt sein und ist es in der That oft gewesen. Zweifelhafte Mächte
pflegen sich nach ihm zu enthüllen und zu entscheiden. Wohl vorbereitet die
Offensive ergreifen, heißt ihn, den Sieg, mifsuchen. Unentschlossenheit, lauges
Wählen zwischen mehreren Zielen, Zerstreuung der Kräfte ist immer verhängnis¬
voll. Virilms unitis ist eine Devise, die nicht bloß den Staatsmännern, sondern
anch den Feldherren Regel sein muß. Nndetzky war der Meinung, daß „eine
zu jeder entsprechenden Verwendung gut organisirte Armee ihr Augenmerk bloß
ans die Offensive zu richten habe." Wird der Obergeneral gehindert, rasch mit
dein Marsche auf den Feind zu beginnen, oder gar auf die Verteidigung ver¬
wiesen, so muß sein Hauptbestreben sein, ans der Defensive herauszukommen-
In jedem Heere mich das Bestreben herrschen, den Feind vom heimischen Boden
fernzuhalten, und das geschieht am besten, wenn man ihm auf dem seinige"
entgegenrückt und ihn zu werfen sucht, was sicher ist, wenn man ihm
durch rasche Manöver das Gesetz diktirt, ihn bindet, schiebt und eine Stellung
einzunehmen zwingt, die dem Angreifer Vorteile, dem Angegriffenen Nachteile
bringen muß. „Die Aufgabe der Strategie besteht," wie Vlnme sagt, „darin,
günstige Bedingungen für den Entscheidungskampf herbeizuführen, vor der
Verwicklung aber in nachteilige Gefechte die Streitkräfte nach Möglichkeit zu
bewahren." Diese Möglichkeit, die Freiheit, die Wahl gehört, wenn die Gegner
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