Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Lebenskraft eines Instituts und die alleinige Bedingung seiner Lebensfähigkeit. Hiernach drängt sich die Frage auf: Sind diese Reservefonds bei allen Daß unter diesen unleugbar schwierigen Verhältnissen die Reservefonds der Stilblüten. Bekanntlich ist Deutschland jetzt mit so vielen, so großen uno Maßgebliches und Unmaßgebliches Lebenskraft eines Instituts und die alleinige Bedingung seiner Lebensfähigkeit. Hiernach drängt sich die Frage auf: Sind diese Reservefonds bei allen Daß unter diesen unleugbar schwierigen Verhältnissen die Reservefonds der Stilblüten. Bekanntlich ist Deutschland jetzt mit so vielen, so großen uno <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0446" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204535"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1467" prev="#ID_1466"> Lebenskraft eines Instituts und die alleinige Bedingung seiner Lebensfähigkeit.<lb/> Ist eine Lebensversicherungsgesellschaft in einer solchen Verfassung, daß sie eins<lb/> den Mitteln des Geschäfts selbst den technisch richtig berechneten Reservefonds<lb/> dauernd nicht zu reponiren vermag, so ist sie bankrott, und wenn noch so viele<lb/> Millionen als Aktien- oder Garnutiekapital hinter ihr stünden. Der Schwer¬<lb/> punkt der Sicherheit eines solchen Instituts ruht einzig und allein in diesen<lb/> Reservefonds.</p><lb/> <p xml:id="ID_1468"> Hiernach drängt sich die Frage auf: Sind diese Reservefonds bei allen<lb/> Lebensversicherungsinstituten richtig berechnet und unausgesetzt auf ihrer rechnungs¬<lb/> mäßigen Höhe erhalten, ist die Sicherheit der Institute also eine für alle Zeiten<lb/> unzweifelhafte? Von einer ganzen Anzahl unsrer Lebensversichcrungsinstitute ist<lb/> dies anzunehmen. Indes ist es für das versichernde Publikum wichtig, dies nicht<lb/> bloß voraussetzen zu müssen, sondern auch die beruhigende Gewißheit zu haben,<lb/> daß es unbesorgt jeden: Lebeusversicherungsinstitute seine Ersparnisse anvertrauen<lb/> und der prompter Erfüllung der von dem Institut übernommenen Verbindlich¬<lb/> keiten jederzeit gewiß sein darf. Diese Gewißheit zu schaffen, hat der Staat, der<lb/> sich die Sicherung von Gesundheit, Leben und Eigentum seiner Angehörige» in<lb/> andern Beziehungen angelegen sein läßt, ein großes Interesse, teils darum, weil<lb/> bei den Lebcnsversicherungsinstituten ein namhafter Teil des Nationalvermögens an¬<lb/> gelegt ist, teils auch darum, weil es sehr wünschenswert ist, daß alles geschehe, was<lb/> die fortgesetzte, vertrauensvolle Beteiligung des Publikums um den Segnungen der<lb/> Lebensversicherung zu fördern geeignet erscheint. Es ist also ein dringendes Be¬<lb/> dürfnis, daß der Staat den Lebensversicherungsinstituten gegenüber sein Aufsichts¬<lb/> recht eingehender geltend mache. Denn der Konkurrenzkampf der Lebcnsversiche-<lb/> ruugsinstitute veranlaßt diese zu teilweise sehr bedeutenden Kostenaufwendungen.<lb/> Anderseits werden die Einnahmen der Institute infolge des finkenden Zinsfußes<lb/> erheblich geschmälert, wie denn zugleich auch die Schwierigkeit guter verzinslicher<lb/> Kapitalanlagen und die Gefahr hiermit zusammenhängender, thatsächlich vorkommen-<lb/> der Verluste wächst. Also einesteils sich »lehrende Ausgaben, andernteils sich<lb/> verringernde Zinseneinnahmen, u»d doch sollen sich steigernde Dividenden und<lb/> Tantiemen herausgerechnet werden!</p><lb/> <p xml:id="ID_1469"> Daß unter diesen unleugbar schwierigen Verhältnissen die Reservefonds der<lb/> Lebensversichcrungsinstitute nicht zu kurz kommen und ihre Solidität nicht gefährdet<lb/> werde, darüber möge der Staat wachen und den Instituten auch die Aufstellung<lb/> möglichst ius einzelne gehender Jahresrechnnngen nach einem einheitlichen Schema¬<lb/> tismus auferlegen. Dieser Aufgabe, die freilich nicht leicht ist, dürfte sich der<lb/> Staat für die Dauer nicht entziehen können, im übrigen mag er nach wie vor die<lb/> Lebensversichcrungsinstitute ihrer freien Fortentwicklung überlassen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Stilblüten.</head> <p xml:id="ID_1470" next="#ID_1471"> Bekanntlich ist Deutschland jetzt mit so vielen, so großen uno<lb/> so fruchtbaren Dichtern gesegnet, daß man, um mit der Entwicklung der jüngsten<lb/> Nativnallitteratur Schritt zu halten, Tag für Tag und von früh bis spät Romane<lb/> und Gedichte lesen müßte. Leider gestatten die Verhältnisse nur deu wenigsten<lb/> Deutschen, dieser Pflicht in vollem Umfange zu genügen — ein neuer unwiderleglicher<lb/> Beweis für die Wahrheit der pessimistischen Weltanschauung im allgemeine» und<lb/> für die Trostlosigkeit unsrer Zustände im besondern! Wir dürfen daher ohne Be-<lb/> schämung eingestehn, einen der Größten von den Großen, Hermann Heiberg, erst<lb/> in den letzten Tagen kennen gelernt zu haben, fühlen uns aber um so mehr ge¬<lb/> drängt, andern zu sagen, welche Genüsse wir dieser neuen Bekanntschaft verdanken.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0446]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Lebenskraft eines Instituts und die alleinige Bedingung seiner Lebensfähigkeit.
Ist eine Lebensversicherungsgesellschaft in einer solchen Verfassung, daß sie eins
den Mitteln des Geschäfts selbst den technisch richtig berechneten Reservefonds
dauernd nicht zu reponiren vermag, so ist sie bankrott, und wenn noch so viele
Millionen als Aktien- oder Garnutiekapital hinter ihr stünden. Der Schwer¬
punkt der Sicherheit eines solchen Instituts ruht einzig und allein in diesen
Reservefonds.
Hiernach drängt sich die Frage auf: Sind diese Reservefonds bei allen
Lebensversicherungsinstituten richtig berechnet und unausgesetzt auf ihrer rechnungs¬
mäßigen Höhe erhalten, ist die Sicherheit der Institute also eine für alle Zeiten
unzweifelhafte? Von einer ganzen Anzahl unsrer Lebensversichcrungsinstitute ist
dies anzunehmen. Indes ist es für das versichernde Publikum wichtig, dies nicht
bloß voraussetzen zu müssen, sondern auch die beruhigende Gewißheit zu haben,
daß es unbesorgt jeden: Lebeusversicherungsinstitute seine Ersparnisse anvertrauen
und der prompter Erfüllung der von dem Institut übernommenen Verbindlich¬
keiten jederzeit gewiß sein darf. Diese Gewißheit zu schaffen, hat der Staat, der
sich die Sicherung von Gesundheit, Leben und Eigentum seiner Angehörige» in
andern Beziehungen angelegen sein läßt, ein großes Interesse, teils darum, weil
bei den Lebcnsversicherungsinstituten ein namhafter Teil des Nationalvermögens an¬
gelegt ist, teils auch darum, weil es sehr wünschenswert ist, daß alles geschehe, was
die fortgesetzte, vertrauensvolle Beteiligung des Publikums um den Segnungen der
Lebensversicherung zu fördern geeignet erscheint. Es ist also ein dringendes Be¬
dürfnis, daß der Staat den Lebensversicherungsinstituten gegenüber sein Aufsichts¬
recht eingehender geltend mache. Denn der Konkurrenzkampf der Lebcnsversiche-
ruugsinstitute veranlaßt diese zu teilweise sehr bedeutenden Kostenaufwendungen.
Anderseits werden die Einnahmen der Institute infolge des finkenden Zinsfußes
erheblich geschmälert, wie denn zugleich auch die Schwierigkeit guter verzinslicher
Kapitalanlagen und die Gefahr hiermit zusammenhängender, thatsächlich vorkommen-
der Verluste wächst. Also einesteils sich »lehrende Ausgaben, andernteils sich
verringernde Zinseneinnahmen, u»d doch sollen sich steigernde Dividenden und
Tantiemen herausgerechnet werden!
Daß unter diesen unleugbar schwierigen Verhältnissen die Reservefonds der
Lebensversichcrungsinstitute nicht zu kurz kommen und ihre Solidität nicht gefährdet
werde, darüber möge der Staat wachen und den Instituten auch die Aufstellung
möglichst ius einzelne gehender Jahresrechnnngen nach einem einheitlichen Schema¬
tismus auferlegen. Dieser Aufgabe, die freilich nicht leicht ist, dürfte sich der
Staat für die Dauer nicht entziehen können, im übrigen mag er nach wie vor die
Lebensversichcrungsinstitute ihrer freien Fortentwicklung überlassen.
Stilblüten. Bekanntlich ist Deutschland jetzt mit so vielen, so großen uno
so fruchtbaren Dichtern gesegnet, daß man, um mit der Entwicklung der jüngsten
Nativnallitteratur Schritt zu halten, Tag für Tag und von früh bis spät Romane
und Gedichte lesen müßte. Leider gestatten die Verhältnisse nur deu wenigsten
Deutschen, dieser Pflicht in vollem Umfange zu genügen — ein neuer unwiderleglicher
Beweis für die Wahrheit der pessimistischen Weltanschauung im allgemeine» und
für die Trostlosigkeit unsrer Zustände im besondern! Wir dürfen daher ohne Be-
schämung eingestehn, einen der Größten von den Großen, Hermann Heiberg, erst
in den letzten Tagen kennen gelernt zu haben, fühlen uns aber um so mehr ge¬
drängt, andern zu sagen, welche Genüsse wir dieser neuen Bekanntschaft verdanken.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |