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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland und die Südafrikanische Republik

sind: Wolle, etwa 85000 Ballen AU 400 Pfund, größtenteils gewaschen (in
welchem Zustande sie 1887 einen Wert von 12^ Pence das Pfund hatte),
Straußenfedern für ungefähr 10000 Pfd. Sterl., Felle, Häute und Hörner
für 25 000 Pfd. Sterl. und Diamanten im Gewicht von circa 90 000 Karat
und im Werte von 150 000 Pfd. Sterl.. endlich Pferde, Schafe und Rindvieh,
die ebenso wie der Überschuß an Getreide, den man erzielt, nach den Diamanten¬
feldern des Griqualandes gehe", während die Wolle größtenteils nach Port
Elisabeth gebracht und von diesem Markte teils nach England, teils nach Deutsch¬
land verschifft wird. Die Diamanten, Straußenfedern, Felle und Hörner gehen
gleichfalls über Port Elisabeth nach Europa. Die Einfuhr hat nach den An¬
gaben unsers Verfassers einen Wert von 800 000 bis eine Million Pfd. Sterl.,
und es wird fast jedes Bedürfnis eingeführt, das über Getreide und Vieh
hinausgeht; denn das Land besitzt gar keine Industrie, ja selbst australische
Butter, amerikanischer Mais und europäische Butter finden hier Abnehmer.
Der Oranje-Freistaat kann daher als ein sehr günstiges Gebiet für den Handel
mit dem deutschen Reiche angesehen werden. Die Schwierigkeiten, die seiner
Ausbreitung dort noch im Wege stehen, würden sich überwinden lassen, wenn
deutsche Handelshäuser sich ernstlich und mit einiger Ausdauer bemühen wollten,
in der Kapkolonie (d. h. in Port Elisabeth oder in East London) oder auch
in der Grenzprovinz Natal (d. h. in Durham) festen Fuß zu fassen -- der
Handel mit den Voers zwischen dem Oranje- und dem Vaalflusse würde ihnen
dann geradezu in den Schoß fallen --, oder wenn große deutsche Firmen sich
dazu verstünden, hier bereits bestehende kaufmännische Geschäfte mit Kapital
und Waren zu unterstützen. Unerläßlich würde dabei freilich sein, daß man
zunächst einige tüchtige Fachleute in das Land schickte, um dessen Bedürfnisse
zu studiren, und später regelmäßig Geschäftsreisende die gewonnenen Kunden
besuchen ließe. Deutschland hat gleichwohl schon jetzt Teil am dortigen Handel,
wenn auch nur mittelbar; denn es ist Thatsache, daß eine Menge bei uns
erzeugter Waren, z. B. Wollen-, Leinen- und Baumwvllengewebe, ihren Weg
aus der Kapkolonie hierher nimmt; aber freilich gehen diese Fabrikate zuerst
in englische Hände und werden dort sogar mit einer englischen Handelsmarke
versehen. Zur Herstellung und Erhaltung unmittelbarer Geschäftsverbindungen
zwischen deutschen Fabrikanten und Kaufleuten und hiesigen Abnehmern wäre
anßer genauer Kenntnis der hier vorhandenen Bedürfnisse erstens noch sorg¬
fältigste Ausführung der erteilten Aufträge und zweitens eine Verpackung der
betreffenden Sendungen erforderlich, welche die zur Beförderung verfügbare"
Wege, die meist schlecht beschaffen sind, und die Transportmittel, die in
plumpen Ochsenwagen bestehen, berücksichtigt.

Was die Südafrikanische Republik betrifft, so haben die dort entdeckten
Goldfelder, wie schon erwähnt, in den letzten Jahren einen großen Aufschwung
genommen. Dazu kommt, daß unternehmende Leute sich bemühten, auch im


Deutschland und die Südafrikanische Republik

sind: Wolle, etwa 85000 Ballen AU 400 Pfund, größtenteils gewaschen (in
welchem Zustande sie 1887 einen Wert von 12^ Pence das Pfund hatte),
Straußenfedern für ungefähr 10000 Pfd. Sterl., Felle, Häute und Hörner
für 25 000 Pfd. Sterl. und Diamanten im Gewicht von circa 90 000 Karat
und im Werte von 150 000 Pfd. Sterl.. endlich Pferde, Schafe und Rindvieh,
die ebenso wie der Überschuß an Getreide, den man erzielt, nach den Diamanten¬
feldern des Griqualandes gehe«, während die Wolle größtenteils nach Port
Elisabeth gebracht und von diesem Markte teils nach England, teils nach Deutsch¬
land verschifft wird. Die Diamanten, Straußenfedern, Felle und Hörner gehen
gleichfalls über Port Elisabeth nach Europa. Die Einfuhr hat nach den An¬
gaben unsers Verfassers einen Wert von 800 000 bis eine Million Pfd. Sterl.,
und es wird fast jedes Bedürfnis eingeführt, das über Getreide und Vieh
hinausgeht; denn das Land besitzt gar keine Industrie, ja selbst australische
Butter, amerikanischer Mais und europäische Butter finden hier Abnehmer.
Der Oranje-Freistaat kann daher als ein sehr günstiges Gebiet für den Handel
mit dem deutschen Reiche angesehen werden. Die Schwierigkeiten, die seiner
Ausbreitung dort noch im Wege stehen, würden sich überwinden lassen, wenn
deutsche Handelshäuser sich ernstlich und mit einiger Ausdauer bemühen wollten,
in der Kapkolonie (d. h. in Port Elisabeth oder in East London) oder auch
in der Grenzprovinz Natal (d. h. in Durham) festen Fuß zu fassen — der
Handel mit den Voers zwischen dem Oranje- und dem Vaalflusse würde ihnen
dann geradezu in den Schoß fallen —, oder wenn große deutsche Firmen sich
dazu verstünden, hier bereits bestehende kaufmännische Geschäfte mit Kapital
und Waren zu unterstützen. Unerläßlich würde dabei freilich sein, daß man
zunächst einige tüchtige Fachleute in das Land schickte, um dessen Bedürfnisse
zu studiren, und später regelmäßig Geschäftsreisende die gewonnenen Kunden
besuchen ließe. Deutschland hat gleichwohl schon jetzt Teil am dortigen Handel,
wenn auch nur mittelbar; denn es ist Thatsache, daß eine Menge bei uns
erzeugter Waren, z. B. Wollen-, Leinen- und Baumwvllengewebe, ihren Weg
aus der Kapkolonie hierher nimmt; aber freilich gehen diese Fabrikate zuerst
in englische Hände und werden dort sogar mit einer englischen Handelsmarke
versehen. Zur Herstellung und Erhaltung unmittelbarer Geschäftsverbindungen
zwischen deutschen Fabrikanten und Kaufleuten und hiesigen Abnehmern wäre
anßer genauer Kenntnis der hier vorhandenen Bedürfnisse erstens noch sorg¬
fältigste Ausführung der erteilten Aufträge und zweitens eine Verpackung der
betreffenden Sendungen erforderlich, welche die zur Beförderung verfügbare»
Wege, die meist schlecht beschaffen sind, und die Transportmittel, die in
plumpen Ochsenwagen bestehen, berücksichtigt.

Was die Südafrikanische Republik betrifft, so haben die dort entdeckten
Goldfelder, wie schon erwähnt, in den letzten Jahren einen großen Aufschwung
genommen. Dazu kommt, daß unternehmende Leute sich bemühten, auch im


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[0174] Deutschland und die Südafrikanische Republik sind: Wolle, etwa 85000 Ballen AU 400 Pfund, größtenteils gewaschen (in welchem Zustande sie 1887 einen Wert von 12^ Pence das Pfund hatte), Straußenfedern für ungefähr 10000 Pfd. Sterl., Felle, Häute und Hörner für 25 000 Pfd. Sterl. und Diamanten im Gewicht von circa 90 000 Karat und im Werte von 150 000 Pfd. Sterl.. endlich Pferde, Schafe und Rindvieh, die ebenso wie der Überschuß an Getreide, den man erzielt, nach den Diamanten¬ feldern des Griqualandes gehe«, während die Wolle größtenteils nach Port Elisabeth gebracht und von diesem Markte teils nach England, teils nach Deutsch¬ land verschifft wird. Die Diamanten, Straußenfedern, Felle und Hörner gehen gleichfalls über Port Elisabeth nach Europa. Die Einfuhr hat nach den An¬ gaben unsers Verfassers einen Wert von 800 000 bis eine Million Pfd. Sterl., und es wird fast jedes Bedürfnis eingeführt, das über Getreide und Vieh hinausgeht; denn das Land besitzt gar keine Industrie, ja selbst australische Butter, amerikanischer Mais und europäische Butter finden hier Abnehmer. Der Oranje-Freistaat kann daher als ein sehr günstiges Gebiet für den Handel mit dem deutschen Reiche angesehen werden. Die Schwierigkeiten, die seiner Ausbreitung dort noch im Wege stehen, würden sich überwinden lassen, wenn deutsche Handelshäuser sich ernstlich und mit einiger Ausdauer bemühen wollten, in der Kapkolonie (d. h. in Port Elisabeth oder in East London) oder auch in der Grenzprovinz Natal (d. h. in Durham) festen Fuß zu fassen — der Handel mit den Voers zwischen dem Oranje- und dem Vaalflusse würde ihnen dann geradezu in den Schoß fallen —, oder wenn große deutsche Firmen sich dazu verstünden, hier bereits bestehende kaufmännische Geschäfte mit Kapital und Waren zu unterstützen. Unerläßlich würde dabei freilich sein, daß man zunächst einige tüchtige Fachleute in das Land schickte, um dessen Bedürfnisse zu studiren, und später regelmäßig Geschäftsreisende die gewonnenen Kunden besuchen ließe. Deutschland hat gleichwohl schon jetzt Teil am dortigen Handel, wenn auch nur mittelbar; denn es ist Thatsache, daß eine Menge bei uns erzeugter Waren, z. B. Wollen-, Leinen- und Baumwvllengewebe, ihren Weg aus der Kapkolonie hierher nimmt; aber freilich gehen diese Fabrikate zuerst in englische Hände und werden dort sogar mit einer englischen Handelsmarke versehen. Zur Herstellung und Erhaltung unmittelbarer Geschäftsverbindungen zwischen deutschen Fabrikanten und Kaufleuten und hiesigen Abnehmern wäre anßer genauer Kenntnis der hier vorhandenen Bedürfnisse erstens noch sorg¬ fältigste Ausführung der erteilten Aufträge und zweitens eine Verpackung der betreffenden Sendungen erforderlich, welche die zur Beförderung verfügbare» Wege, die meist schlecht beschaffen sind, und die Transportmittel, die in plumpen Ochsenwagen bestehen, berücksichtigt. Was die Südafrikanische Republik betrifft, so haben die dort entdeckten Goldfelder, wie schon erwähnt, in den letzten Jahren einen großen Aufschwung genommen. Dazu kommt, daß unternehmende Leute sich bemühten, auch im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/174>, abgerufen am 28.09.2024.