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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Das ungarische Unterrichtswesen

Berfügungsrecht hat sich der Staat durch das "Mittelschulgesetz" von Ill^'.
""geeignet. Die geistlichen Orden haben an vielen Anstalten das Lehramt innei
d>e Piaristen ausschließlich und mit andern an 24 Anstalten, die Benediktiner
6 >>. s, f.

Die Unterrichtssprache ist an 122 Mittelschule" nur das Magyarische,
an weitern 38 ist es die Hauptsprache; an nenn Zehnteln sämtlicher Mittel¬
schulen ist also die Unterrichtssprache magyarisch und nur in 18 Schulen nicht-
'""gyarisch. Aber auch unter diesen 18 Anstalten wird an 7 Anstalten das
Magyarische als zweite Unterrichtssprache gebraucht, so daß also bloß an 11 An¬
stalten der Unterricht nicht in magyarischer Sprache erteilt wird. Auch dort aber
bildet diese Sprache einen Unterrichtsgegeustmid mit nicht niedrig gesteckten Zielen.
Die ii Anstalten aber mit nichtmagyarischer Unterrichtssprache teilen sich in
^ mit der deutschen und 4 mit der rumänischen Unterrichtssprache. Die
^ deutschen Anstalten sind die der evangelischen Landeskirche in Siebenbürgen
gehörige" Anstalten der siebenbürger Sachsen. Es giebt also in ganz Ungarn,
^'gesehen von diesen sächsischen Gymnasien, keine mit deutscher Unterrichts-
!poche! stutzig macht den Leser, daß einmal im Zusammenhange mit den
konfessionellen Anstalten im Allszug ein Unterschied gemacht wird zwischen
konfessionellen Anstalten, die von staatlichem Interesse sind, und solchen, denen
"kein staatliches Interesse" zukommt. Der Auszug wie der Bericht verschweigt
auch hj^ damit gemeint ist. Aber der Leser kann es erraten, welche
Anstalten gemeint sind. So zeigt sich eben auch hier, wie trotz des Nationali-
Nltengest'i^s die Bedürfnisse der Nichtmagyaren in ganz andrer Weise behandelt
Werde", als die des magyarischen Bvlkes! Es ist doch ein schreiendes
Mißverhältnis ohne Gleichen, daß für den weitaus größern Teil der Bürger
^"gnrns mir 11 Schulen in ihrer Muttersprache die höhere Bildung ver-
"Ntteln, während der kleinere Teil, die "Magyaren," deren ItiO besitzen, und
"War zu,n guten Teil ans den Steuergnlden der Nichtmagyaren erhalten!

^ Daß die Juden in Ungarn eine sehr große Rolle spielen, ist bekannt.
^ ist nicht uninteressant, daß sie die Schulen sehr zahlreich besuchen;
leder fünfte Schüler der Mittelschulen ist ein Jude. Nebenbei bemerkn
^n alleil jüdische" volksschnlpflichtiben Kindern bekannten sich 84"/., als
Mcigyare"!

Einen seltsamen Eindruck muß es auf Kenner der Schule und ihrer Arbeit
"Wesen, wenn sie im Auszug mit großer Zuversicht ein Urteil darüber gefällt
^lui, j" viel Schulen Rechnen und Geschichte, Lesen und Schreiben n. s. f,
"pädagogisch richtig" gelehrt worden ist. Es ist doch einfach lächerlich,
"s statistisch nachweisen zu wollen. Interessant ist, daß die Berichte den evan-
^tisch-sächsischen Lehranstalten in Siebenbürgen das Zeugnis ausstellen, daß
^ den höchsten und strengste" Maßstab an die Schüler anlegen, indem sie
^ Leistungen um wenigsten hoch zensiren.


Das ungarische Unterrichtswesen

Berfügungsrecht hat sich der Staat durch das „Mittelschulgesetz" von Ill^'.
«"geeignet. Die geistlichen Orden haben an vielen Anstalten das Lehramt innei
d>e Piaristen ausschließlich und mit andern an 24 Anstalten, die Benediktiner
6 >>. s, f.

Die Unterrichtssprache ist an 122 Mittelschule» nur das Magyarische,
an weitern 38 ist es die Hauptsprache; an nenn Zehnteln sämtlicher Mittel¬
schulen ist also die Unterrichtssprache magyarisch und nur in 18 Schulen nicht-
'""gyarisch. Aber auch unter diesen 18 Anstalten wird an 7 Anstalten das
Magyarische als zweite Unterrichtssprache gebraucht, so daß also bloß an 11 An¬
stalten der Unterricht nicht in magyarischer Sprache erteilt wird. Auch dort aber
bildet diese Sprache einen Unterrichtsgegeustmid mit nicht niedrig gesteckten Zielen.
Die ii Anstalten aber mit nichtmagyarischer Unterrichtssprache teilen sich in
^ mit der deutschen und 4 mit der rumänischen Unterrichtssprache. Die
^ deutschen Anstalten sind die der evangelischen Landeskirche in Siebenbürgen
gehörige» Anstalten der siebenbürger Sachsen. Es giebt also in ganz Ungarn,
^'gesehen von diesen sächsischen Gymnasien, keine mit deutscher Unterrichts-
!poche! stutzig macht den Leser, daß einmal im Zusammenhange mit den
konfessionellen Anstalten im Allszug ein Unterschied gemacht wird zwischen
konfessionellen Anstalten, die von staatlichem Interesse sind, und solchen, denen
"kein staatliches Interesse" zukommt. Der Auszug wie der Bericht verschweigt
auch hj^ damit gemeint ist. Aber der Leser kann es erraten, welche
Anstalten gemeint sind. So zeigt sich eben auch hier, wie trotz des Nationali-
Nltengest'i^s die Bedürfnisse der Nichtmagyaren in ganz andrer Weise behandelt
Werde», als die des magyarischen Bvlkes! Es ist doch ein schreiendes
Mißverhältnis ohne Gleichen, daß für den weitaus größern Teil der Bürger
^"gnrns mir 11 Schulen in ihrer Muttersprache die höhere Bildung ver-
"Ntteln, während der kleinere Teil, die „Magyaren," deren ItiO besitzen, und
»War zu,n guten Teil ans den Steuergnlden der Nichtmagyaren erhalten!

^ Daß die Juden in Ungarn eine sehr große Rolle spielen, ist bekannt.
^ ist nicht uninteressant, daß sie die Schulen sehr zahlreich besuchen;
leder fünfte Schüler der Mittelschulen ist ein Jude. Nebenbei bemerkn
^n alleil jüdische» volksschnlpflichtiben Kindern bekannten sich 84"/., als
Mcigyare»!

Einen seltsamen Eindruck muß es auf Kenner der Schule und ihrer Arbeit
"Wesen, wenn sie im Auszug mit großer Zuversicht ein Urteil darüber gefällt
^lui, j„ viel Schulen Rechnen und Geschichte, Lesen und Schreiben n. s. f,
"pädagogisch richtig" gelehrt worden ist. Es ist doch einfach lächerlich,
«s statistisch nachweisen zu wollen. Interessant ist, daß die Berichte den evan-
^tisch-sächsischen Lehranstalten in Siebenbürgen das Zeugnis ausstellen, daß
^ den höchsten und strengste» Maßstab an die Schüler anlegen, indem sie
^ Leistungen um wenigsten hoch zensiren.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/167>, abgerufen am 29.06.2024.