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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Zur landwirtschaftlichen Notlage.

abzugeben, daß sie dieselben unter einer geringen Amortisationsquote, etwa
mit ^ Prozent vom fünfundzwanzigfachen Kapitalbetrage der Pachtratc, da¬
hin überleitet. Es wäre dabei nicht nötig, daß die einzelnen Domänen bis
zur gänzlichen Abwicklung der Amortisation in der Hand der Domänenver¬
waltung verblieben, sondern nur bis zum Ablauf des sechsundfünfzigsten Jahres,
womit die Hälfte des Kapitalwertes amortisirt wäre. Darnach könnten die Güter
unter Beihilfe der bestehenden Pfandbriefinstitute in den uneingeschränkt freien
Besitz übertreten.

Nehmen wir eine Pacht- oder Rcntendauer von 60 Jahren statt der rech¬
nungsmäßig erforderlichen S6 Jahre, weil doch immer größere Meliorations-
kapitalieu für jede Domäne zur Verwendung gelangt sein werden, deren Ver¬
zinsung zwar alljährlich abgetragen wird, deren Kapitalsabstoßuug aber doch
immer erst beim Aufhören der größern Zinsen- und Zinseszinsenlast erfolgen
kann, so würde schon mit diesen 60 Jahren ein fester, mit aller Vorliebe für
Gewerbe und Scholle ausgestatteter Großgruudbesitzerstand geschaffen sein. Würde
ferner die Domänenverwaltung für den Betrag der Amortisationsraten und
deren Zinsen und Zinseszinsen, vielleicht auch in dem Falle eines anerkannt
größern Bedürfnisses unter Zuhilfenahme anderweitiger Geldmittel, Landgüter
in größerer Zahl zu dem gleichen Zweck der alsbaldigen Verpachtung auf Eigen-
tumserwcrb ankaufen, so hätte sie es in der Hand, sogleich einen befestigten
Großgrundbesitzerstand zu schaffen oder dessen Schaffung anzubahnen, der für
so manche Notlage Abhilfe brächte. Auch der derzeitige Stand der Gutsbesitzer
würde durch die Konkurrenz im Güterverkauf und die entsprechenden Güter¬
preise auf einen angemessenen Stand nur gewinnen können.

Man darf überzeugt sein, daß bei der jetzt schon bestehenden Schärfe der
kontraktlichen Pachtbestimmuugen und der strengen Aufsicht, welche die preußische
Domänenverwaltung durch die alljährlichen Revisionen der Güter ausübt,
sie keine Gefahr für die Kapitalsanlage läuft. Das einer jeden Domäne
zukommende Inventar an Bestellungsarbeit und Saatfrucht, sowie das an¬
gemessen festgesetzte lebende wie tote Inventar hat der Pächter aus seinen
Mitteln zu decken. Die Belastungen, wie schon angeführt, selbst die Brand¬
schäden sind auf den Pächter abgewälzt. Dieser steht demnach schon jetzt
fast nicht anders, wenigstens in allen Lasten, Leistungen und Beschränkungen
da, wie der Eigentümer. Er entbehrt nur viele von den Vorteilen, die der
Eigentümer genießt.

Wenn die Domänenverwaltungen einige nicht sehr ins Gewicht fallende
Abänderungen ihres bisherigen Verfahrens vornimmt, darf sie den fünfund¬
zwanzigfachen Betrag der erzielten Jahrespacht unter Zurechnung der aus
Mitteln des Pächters beschafften Jnventarienwertc als denjenigen Kapitalswert
ihrer Güter annehmen, der für den Augenblick Geltung hat und auch fernerhin


Zur landwirtschaftlichen Notlage.

abzugeben, daß sie dieselben unter einer geringen Amortisationsquote, etwa
mit ^ Prozent vom fünfundzwanzigfachen Kapitalbetrage der Pachtratc, da¬
hin überleitet. Es wäre dabei nicht nötig, daß die einzelnen Domänen bis
zur gänzlichen Abwicklung der Amortisation in der Hand der Domänenver¬
waltung verblieben, sondern nur bis zum Ablauf des sechsundfünfzigsten Jahres,
womit die Hälfte des Kapitalwertes amortisirt wäre. Darnach könnten die Güter
unter Beihilfe der bestehenden Pfandbriefinstitute in den uneingeschränkt freien
Besitz übertreten.

Nehmen wir eine Pacht- oder Rcntendauer von 60 Jahren statt der rech¬
nungsmäßig erforderlichen S6 Jahre, weil doch immer größere Meliorations-
kapitalieu für jede Domäne zur Verwendung gelangt sein werden, deren Ver¬
zinsung zwar alljährlich abgetragen wird, deren Kapitalsabstoßuug aber doch
immer erst beim Aufhören der größern Zinsen- und Zinseszinsenlast erfolgen
kann, so würde schon mit diesen 60 Jahren ein fester, mit aller Vorliebe für
Gewerbe und Scholle ausgestatteter Großgruudbesitzerstand geschaffen sein. Würde
ferner die Domänenverwaltung für den Betrag der Amortisationsraten und
deren Zinsen und Zinseszinsen, vielleicht auch in dem Falle eines anerkannt
größern Bedürfnisses unter Zuhilfenahme anderweitiger Geldmittel, Landgüter
in größerer Zahl zu dem gleichen Zweck der alsbaldigen Verpachtung auf Eigen-
tumserwcrb ankaufen, so hätte sie es in der Hand, sogleich einen befestigten
Großgrundbesitzerstand zu schaffen oder dessen Schaffung anzubahnen, der für
so manche Notlage Abhilfe brächte. Auch der derzeitige Stand der Gutsbesitzer
würde durch die Konkurrenz im Güterverkauf und die entsprechenden Güter¬
preise auf einen angemessenen Stand nur gewinnen können.

Man darf überzeugt sein, daß bei der jetzt schon bestehenden Schärfe der
kontraktlichen Pachtbestimmuugen und der strengen Aufsicht, welche die preußische
Domänenverwaltung durch die alljährlichen Revisionen der Güter ausübt,
sie keine Gefahr für die Kapitalsanlage läuft. Das einer jeden Domäne
zukommende Inventar an Bestellungsarbeit und Saatfrucht, sowie das an¬
gemessen festgesetzte lebende wie tote Inventar hat der Pächter aus seinen
Mitteln zu decken. Die Belastungen, wie schon angeführt, selbst die Brand¬
schäden sind auf den Pächter abgewälzt. Dieser steht demnach schon jetzt
fast nicht anders, wenigstens in allen Lasten, Leistungen und Beschränkungen
da, wie der Eigentümer. Er entbehrt nur viele von den Vorteilen, die der
Eigentümer genießt.

Wenn die Domänenverwaltungen einige nicht sehr ins Gewicht fallende
Abänderungen ihres bisherigen Verfahrens vornimmt, darf sie den fünfund¬
zwanzigfachen Betrag der erzielten Jahrespacht unter Zurechnung der aus
Mitteln des Pächters beschafften Jnventarienwertc als denjenigen Kapitalswert
ihrer Güter annehmen, der für den Augenblick Geltung hat und auch fernerhin


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[0598] Zur landwirtschaftlichen Notlage. abzugeben, daß sie dieselben unter einer geringen Amortisationsquote, etwa mit ^ Prozent vom fünfundzwanzigfachen Kapitalbetrage der Pachtratc, da¬ hin überleitet. Es wäre dabei nicht nötig, daß die einzelnen Domänen bis zur gänzlichen Abwicklung der Amortisation in der Hand der Domänenver¬ waltung verblieben, sondern nur bis zum Ablauf des sechsundfünfzigsten Jahres, womit die Hälfte des Kapitalwertes amortisirt wäre. Darnach könnten die Güter unter Beihilfe der bestehenden Pfandbriefinstitute in den uneingeschränkt freien Besitz übertreten. Nehmen wir eine Pacht- oder Rcntendauer von 60 Jahren statt der rech¬ nungsmäßig erforderlichen S6 Jahre, weil doch immer größere Meliorations- kapitalieu für jede Domäne zur Verwendung gelangt sein werden, deren Ver¬ zinsung zwar alljährlich abgetragen wird, deren Kapitalsabstoßuug aber doch immer erst beim Aufhören der größern Zinsen- und Zinseszinsenlast erfolgen kann, so würde schon mit diesen 60 Jahren ein fester, mit aller Vorliebe für Gewerbe und Scholle ausgestatteter Großgruudbesitzerstand geschaffen sein. Würde ferner die Domänenverwaltung für den Betrag der Amortisationsraten und deren Zinsen und Zinseszinsen, vielleicht auch in dem Falle eines anerkannt größern Bedürfnisses unter Zuhilfenahme anderweitiger Geldmittel, Landgüter in größerer Zahl zu dem gleichen Zweck der alsbaldigen Verpachtung auf Eigen- tumserwcrb ankaufen, so hätte sie es in der Hand, sogleich einen befestigten Großgrundbesitzerstand zu schaffen oder dessen Schaffung anzubahnen, der für so manche Notlage Abhilfe brächte. Auch der derzeitige Stand der Gutsbesitzer würde durch die Konkurrenz im Güterverkauf und die entsprechenden Güter¬ preise auf einen angemessenen Stand nur gewinnen können. Man darf überzeugt sein, daß bei der jetzt schon bestehenden Schärfe der kontraktlichen Pachtbestimmuugen und der strengen Aufsicht, welche die preußische Domänenverwaltung durch die alljährlichen Revisionen der Güter ausübt, sie keine Gefahr für die Kapitalsanlage läuft. Das einer jeden Domäne zukommende Inventar an Bestellungsarbeit und Saatfrucht, sowie das an¬ gemessen festgesetzte lebende wie tote Inventar hat der Pächter aus seinen Mitteln zu decken. Die Belastungen, wie schon angeführt, selbst die Brand¬ schäden sind auf den Pächter abgewälzt. Dieser steht demnach schon jetzt fast nicht anders, wenigstens in allen Lasten, Leistungen und Beschränkungen da, wie der Eigentümer. Er entbehrt nur viele von den Vorteilen, die der Eigentümer genießt. Wenn die Domänenverwaltungen einige nicht sehr ins Gewicht fallende Abänderungen ihres bisherigen Verfahrens vornimmt, darf sie den fünfund¬ zwanzigfachen Betrag der erzielten Jahrespacht unter Zurechnung der aus Mitteln des Pächters beschafften Jnventarienwertc als denjenigen Kapitalswert ihrer Güter annehmen, der für den Augenblick Geltung hat und auch fernerhin

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/598>, abgerufen am 22.07.2024.