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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Die Grtspolizei und ihre Kosten.

UM so vorsichtiger zu Werke gehen werden, als sie sich bewußt sind, möglichen¬
falls, bei Verweigerung der nachträglichen Bewilligung, selbst für die ausgegebenen
Beträge aufkommen zu müssen.

Den wichtigsten Einwand gegen den Gesetzentwurf erblicke ich jedoch darin,
daß auch nach Durchführung des Entwurfes immer noch eine grundlose Bevor¬
zugung der mit königlicher Polizeiverwaltung versehenen Städte vor den übrigen
bestehen bleibe, da erstere nur zur Hälfte, letztere ganz zu diesen Kosten heran¬
gezogen würden, und ich stehe nicht an, diesen Einwand für vollkommen be¬
gründet zu erklären. Mag die Polizeiverwaltung durch staatliche oder städtische
Behörden geführt werden, sie wird im Namen des Königs gehandhabt, und sie
besorgt, wie schon gesagt, gleichmäßig Angelegenheiten des Staates und der
Gemeinden. Es ist im Laufe der Landtagsverhandlungen betont worden, daß
die Neigung der Städte, eigne Polizeiverwaltung zu besitzen, wesentlich gegen
früher nachgelassen hat, zum Teil Wohl wegen der Kosten, zum Teil auch aus
innern Gründen; denn die Selbstverwaltung. d. h. die selbständige Verwaltung
der eignen Angelegenheiten, schließt keineswegs die mindestens zum guten Teil
wesentlich andern Zwecken als der Kommunalverwaltung dienende, ja diesen
häufig entgegentretende Polizeiverwaltnug unbedingt in sich. Nun liegt kein
genügender Grund vor, eine Anzahl Städte, darunter gerade die größten und
leistungsfähigsten oder solche, denen man aus politischen Gründen die Polizei-
Verwaltung nicht überlassen kann, auf Kosten der übrigen zu bevorzugen, die
auch, wie wir gesehen haben, gegenüber dem Platten Lande im Nachteil sind.
Es muß deshalb der Betrag, der an den königlichen Polizeiverwaltungen
erspart wird, dazu verwandt und, wenn er nicht genügt, um so viel erhöht
werden, als nötig ist, um in allen Städten, in denen eine selbständige Polizei¬
verwaltung besteht, die Hälfte dieser Kosten für diese Verwaltung auf den Staat
zu übernehmen. Aus dem EntWurfe eines Gesetzes betreffend die Kosten könig¬
licher Polizeiverwaltungen in Stadtgemeinden würde dann ein Entwurf be¬
treffend die Kosten der Polizeiverwaltung in den Stadtgemeinden werden; damit
wäre alle Ungerechtigkeit ausgeglichen.

Damit würde auch der § 2 sowohl des Gesetzes vom 11. März 1850 als
der Verordnung vom 20. September 1867 über die Polizeiverwaltung zu voller
Giltigkeit gelangen. Darnach soll der Minister des Innern unter gewissen Be¬
dingungen die Ortspolizei in den Städten für den Staat übernehmen können.
An der Ausübung dieser Befugnis ist er aber zur Zeit gehindert, da er dazu
wegen der dadurch entstehenden Kosten der Genehmigung des Landtags bedarf.
Entstünden dadurch keine Kosten für den Staat, so könnte der Minister von
diesem Rechte wirklich Gebrauch machen, wo es ihm gut scheint, während er
deshalb immerhin mindestens im Landtage seine Kontrole fände.

Man sagt nun freilich, daß die Verwaltung der Polizei durch den Staat
teurer sei als die durch die Gemeinden; aber es beruht dies doch vielleicht auf


Die Grtspolizei und ihre Kosten.

UM so vorsichtiger zu Werke gehen werden, als sie sich bewußt sind, möglichen¬
falls, bei Verweigerung der nachträglichen Bewilligung, selbst für die ausgegebenen
Beträge aufkommen zu müssen.

Den wichtigsten Einwand gegen den Gesetzentwurf erblicke ich jedoch darin,
daß auch nach Durchführung des Entwurfes immer noch eine grundlose Bevor¬
zugung der mit königlicher Polizeiverwaltung versehenen Städte vor den übrigen
bestehen bleibe, da erstere nur zur Hälfte, letztere ganz zu diesen Kosten heran¬
gezogen würden, und ich stehe nicht an, diesen Einwand für vollkommen be¬
gründet zu erklären. Mag die Polizeiverwaltung durch staatliche oder städtische
Behörden geführt werden, sie wird im Namen des Königs gehandhabt, und sie
besorgt, wie schon gesagt, gleichmäßig Angelegenheiten des Staates und der
Gemeinden. Es ist im Laufe der Landtagsverhandlungen betont worden, daß
die Neigung der Städte, eigne Polizeiverwaltung zu besitzen, wesentlich gegen
früher nachgelassen hat, zum Teil Wohl wegen der Kosten, zum Teil auch aus
innern Gründen; denn die Selbstverwaltung. d. h. die selbständige Verwaltung
der eignen Angelegenheiten, schließt keineswegs die mindestens zum guten Teil
wesentlich andern Zwecken als der Kommunalverwaltung dienende, ja diesen
häufig entgegentretende Polizeiverwaltnug unbedingt in sich. Nun liegt kein
genügender Grund vor, eine Anzahl Städte, darunter gerade die größten und
leistungsfähigsten oder solche, denen man aus politischen Gründen die Polizei-
Verwaltung nicht überlassen kann, auf Kosten der übrigen zu bevorzugen, die
auch, wie wir gesehen haben, gegenüber dem Platten Lande im Nachteil sind.
Es muß deshalb der Betrag, der an den königlichen Polizeiverwaltungen
erspart wird, dazu verwandt und, wenn er nicht genügt, um so viel erhöht
werden, als nötig ist, um in allen Städten, in denen eine selbständige Polizei¬
verwaltung besteht, die Hälfte dieser Kosten für diese Verwaltung auf den Staat
zu übernehmen. Aus dem EntWurfe eines Gesetzes betreffend die Kosten könig¬
licher Polizeiverwaltungen in Stadtgemeinden würde dann ein Entwurf be¬
treffend die Kosten der Polizeiverwaltung in den Stadtgemeinden werden; damit
wäre alle Ungerechtigkeit ausgeglichen.

Damit würde auch der § 2 sowohl des Gesetzes vom 11. März 1850 als
der Verordnung vom 20. September 1867 über die Polizeiverwaltung zu voller
Giltigkeit gelangen. Darnach soll der Minister des Innern unter gewissen Be¬
dingungen die Ortspolizei in den Städten für den Staat übernehmen können.
An der Ausübung dieser Befugnis ist er aber zur Zeit gehindert, da er dazu
wegen der dadurch entstehenden Kosten der Genehmigung des Landtags bedarf.
Entstünden dadurch keine Kosten für den Staat, so könnte der Minister von
diesem Rechte wirklich Gebrauch machen, wo es ihm gut scheint, während er
deshalb immerhin mindestens im Landtage seine Kontrole fände.

Man sagt nun freilich, daß die Verwaltung der Polizei durch den Staat
teurer sei als die durch die Gemeinden; aber es beruht dies doch vielleicht auf


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[0500] Die Grtspolizei und ihre Kosten. UM so vorsichtiger zu Werke gehen werden, als sie sich bewußt sind, möglichen¬ falls, bei Verweigerung der nachträglichen Bewilligung, selbst für die ausgegebenen Beträge aufkommen zu müssen. Den wichtigsten Einwand gegen den Gesetzentwurf erblicke ich jedoch darin, daß auch nach Durchführung des Entwurfes immer noch eine grundlose Bevor¬ zugung der mit königlicher Polizeiverwaltung versehenen Städte vor den übrigen bestehen bleibe, da erstere nur zur Hälfte, letztere ganz zu diesen Kosten heran¬ gezogen würden, und ich stehe nicht an, diesen Einwand für vollkommen be¬ gründet zu erklären. Mag die Polizeiverwaltung durch staatliche oder städtische Behörden geführt werden, sie wird im Namen des Königs gehandhabt, und sie besorgt, wie schon gesagt, gleichmäßig Angelegenheiten des Staates und der Gemeinden. Es ist im Laufe der Landtagsverhandlungen betont worden, daß die Neigung der Städte, eigne Polizeiverwaltung zu besitzen, wesentlich gegen früher nachgelassen hat, zum Teil Wohl wegen der Kosten, zum Teil auch aus innern Gründen; denn die Selbstverwaltung. d. h. die selbständige Verwaltung der eignen Angelegenheiten, schließt keineswegs die mindestens zum guten Teil wesentlich andern Zwecken als der Kommunalverwaltung dienende, ja diesen häufig entgegentretende Polizeiverwaltnug unbedingt in sich. Nun liegt kein genügender Grund vor, eine Anzahl Städte, darunter gerade die größten und leistungsfähigsten oder solche, denen man aus politischen Gründen die Polizei- Verwaltung nicht überlassen kann, auf Kosten der übrigen zu bevorzugen, die auch, wie wir gesehen haben, gegenüber dem Platten Lande im Nachteil sind. Es muß deshalb der Betrag, der an den königlichen Polizeiverwaltungen erspart wird, dazu verwandt und, wenn er nicht genügt, um so viel erhöht werden, als nötig ist, um in allen Städten, in denen eine selbständige Polizei¬ verwaltung besteht, die Hälfte dieser Kosten für diese Verwaltung auf den Staat zu übernehmen. Aus dem EntWurfe eines Gesetzes betreffend die Kosten könig¬ licher Polizeiverwaltungen in Stadtgemeinden würde dann ein Entwurf be¬ treffend die Kosten der Polizeiverwaltung in den Stadtgemeinden werden; damit wäre alle Ungerechtigkeit ausgeglichen. Damit würde auch der § 2 sowohl des Gesetzes vom 11. März 1850 als der Verordnung vom 20. September 1867 über die Polizeiverwaltung zu voller Giltigkeit gelangen. Darnach soll der Minister des Innern unter gewissen Be¬ dingungen die Ortspolizei in den Städten für den Staat übernehmen können. An der Ausübung dieser Befugnis ist er aber zur Zeit gehindert, da er dazu wegen der dadurch entstehenden Kosten der Genehmigung des Landtags bedarf. Entstünden dadurch keine Kosten für den Staat, so könnte der Minister von diesem Rechte wirklich Gebrauch machen, wo es ihm gut scheint, während er deshalb immerhin mindestens im Landtage seine Kontrole fände. Man sagt nun freilich, daß die Verwaltung der Polizei durch den Staat teurer sei als die durch die Gemeinden; aber es beruht dies doch vielleicht auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/500>, abgerufen am 28.09.2024.