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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Aus dem Leben Aaiser Wilhelms,

nun feststeht, daß alle Kontingente eines deutschen Armeekorps möglichst gleiche
Organisation, Formation und Reglements haben sollen, so steht doch nicht fest,
daß diese Gegenstände von dem größten Kontingente den kleinern aufgezwungen
werden sollen. Die genannten Kleinern haben dieselben von Preußen ange¬
nommen, weil sie sich bei einer Großmacht bewährten. Preußen muß sie also
MÄintemrM, wenn ihnen zugemutet wird, die preußischen Institutionen wieder
aufzugeben, um sie mit den minder guten des größten Kontingents zu vertauschen.
Hier muß Preußen ein ernstes Wort sprechen und seine militärischen In¬
stitutionen hervorheben und jenem größten Kontingente nicht nur sehr bestimmt
vorschlagen, sondern dies verlangen. . . . NL. Das Militärbudget muß künftig,
wie in England, on dlcxz eingebracht werden, um von den Kammern divo
angenommen zu werden. Eine Diskussion ästail ist Unsinn, weil kein Mensch
in den Kammern etwas vom Militär versteht." Nach den Erfahrungen, die
man in der Pfalz und in Baden sowie bei der damaligen Mobilisirung gemacht
hatte, wurde viel über eine vollständige Umgestaltung der Landwehr gesprochen.
Der Prinz aber wollte nur Verbesserungen im einzelnen, über die er Schneider
seine Weisungen zugehen ließ. Im Eingange derselben schreibt er: "Alle öffent¬
lichen Besprechungen dieses Gegenstandes müssen auf das sorgfältigste vermeiden,
glauben zu machen, das Landwehrinstitut habe sich bei der Mobilmachung als
unhaltbar erwiesen, welche Ansicht bereits durch einige unvorsichtige Zeitungs¬
artikel Platz greift. Dieser Ansicht muß sehr bestimmt entgegengetreten werden.
Verbesserungen ergeben sich bei jedem Institut von Zeit zu Zeit, also bei dem
vorliegenden auch. Meine Ansicht: eine totale Reform erscheint nicht notwendig,
und wenn sie selbst nötig wäre, so wäre der jetzige Moment nicht der zeit-
gemäßeste, weil von einem Augenblicke zum andern ein Aufgebot der Armee
möglich, also eine totale Reorganisation uns unschlagfertig finden würde." Die
Adlerzeitung (ein Regierungsblatt) hatte 1852 am 18. Dezember am Schlüsse
eines Artikels über das Heeresbudget bemerkt, die dreijährige Dienstzeit, die man
damals abschaffen wollte, könne nur wieder eingeführt werden, wenn man zwei
Drittel der Staatseinnahmen auf die Armee verwenden wolle, und Schneiders
"Wehrzeitung" hatte bald darauf einen Aufsatz aus dem Kriegsministerium
gebracht, worin behauptet wurde, der dreijährigen Dienstzeit trete das Militär¬
budget nicht als ein Gespenst, sondern als traurige Wirklichkeit entgegen, was
die nun folgenden Gehaltskompetenzen beweisen sollten. Darauf Bezug nehmend,
schrieb der Prinz an den Herausgeber des letztem Blattes: "Diese Kompetenzen
schließen dann mit der Bemerkung, daß jenes Gespenst 600000 Thaler kosten
würde. Wahrlich ein Gespenst, vor dem ein preußisches Budget mit 94 Mil¬
lionen zu erschrecken hat!!! Letzterer Artikel trägt das Gepräge, aus dem Kriegs¬
ministerium gekommen zu sein. Beide zusammen genommen haben die Aktion,
zu verblenden und das Vertrauen in der Armee gänzlich sinken zu lassen. Da
Sie aber verblendet haben, so hoffe ich, werden Sie einen Artikel schreiben, der


Aus dem Leben Aaiser Wilhelms,

nun feststeht, daß alle Kontingente eines deutschen Armeekorps möglichst gleiche
Organisation, Formation und Reglements haben sollen, so steht doch nicht fest,
daß diese Gegenstände von dem größten Kontingente den kleinern aufgezwungen
werden sollen. Die genannten Kleinern haben dieselben von Preußen ange¬
nommen, weil sie sich bei einer Großmacht bewährten. Preußen muß sie also
MÄintemrM, wenn ihnen zugemutet wird, die preußischen Institutionen wieder
aufzugeben, um sie mit den minder guten des größten Kontingents zu vertauschen.
Hier muß Preußen ein ernstes Wort sprechen und seine militärischen In¬
stitutionen hervorheben und jenem größten Kontingente nicht nur sehr bestimmt
vorschlagen, sondern dies verlangen. . . . NL. Das Militärbudget muß künftig,
wie in England, on dlcxz eingebracht werden, um von den Kammern divo
angenommen zu werden. Eine Diskussion ästail ist Unsinn, weil kein Mensch
in den Kammern etwas vom Militär versteht." Nach den Erfahrungen, die
man in der Pfalz und in Baden sowie bei der damaligen Mobilisirung gemacht
hatte, wurde viel über eine vollständige Umgestaltung der Landwehr gesprochen.
Der Prinz aber wollte nur Verbesserungen im einzelnen, über die er Schneider
seine Weisungen zugehen ließ. Im Eingange derselben schreibt er: „Alle öffent¬
lichen Besprechungen dieses Gegenstandes müssen auf das sorgfältigste vermeiden,
glauben zu machen, das Landwehrinstitut habe sich bei der Mobilmachung als
unhaltbar erwiesen, welche Ansicht bereits durch einige unvorsichtige Zeitungs¬
artikel Platz greift. Dieser Ansicht muß sehr bestimmt entgegengetreten werden.
Verbesserungen ergeben sich bei jedem Institut von Zeit zu Zeit, also bei dem
vorliegenden auch. Meine Ansicht: eine totale Reform erscheint nicht notwendig,
und wenn sie selbst nötig wäre, so wäre der jetzige Moment nicht der zeit-
gemäßeste, weil von einem Augenblicke zum andern ein Aufgebot der Armee
möglich, also eine totale Reorganisation uns unschlagfertig finden würde." Die
Adlerzeitung (ein Regierungsblatt) hatte 1852 am 18. Dezember am Schlüsse
eines Artikels über das Heeresbudget bemerkt, die dreijährige Dienstzeit, die man
damals abschaffen wollte, könne nur wieder eingeführt werden, wenn man zwei
Drittel der Staatseinnahmen auf die Armee verwenden wolle, und Schneiders
„Wehrzeitung" hatte bald darauf einen Aufsatz aus dem Kriegsministerium
gebracht, worin behauptet wurde, der dreijährigen Dienstzeit trete das Militär¬
budget nicht als ein Gespenst, sondern als traurige Wirklichkeit entgegen, was
die nun folgenden Gehaltskompetenzen beweisen sollten. Darauf Bezug nehmend,
schrieb der Prinz an den Herausgeber des letztem Blattes: „Diese Kompetenzen
schließen dann mit der Bemerkung, daß jenes Gespenst 600000 Thaler kosten
würde. Wahrlich ein Gespenst, vor dem ein preußisches Budget mit 94 Mil¬
lionen zu erschrecken hat!!! Letzterer Artikel trägt das Gepräge, aus dem Kriegs¬
ministerium gekommen zu sein. Beide zusammen genommen haben die Aktion,
zu verblenden und das Vertrauen in der Armee gänzlich sinken zu lassen. Da
Sie aber verblendet haben, so hoffe ich, werden Sie einen Artikel schreiben, der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/492>, abgerufen am 26.06.2024.