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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Zur politischen Lage.

hcmptung jenes Gebietes, welches mit so großen Opfern von Frankreich ge¬
wonnen wurde, als eines Teiles des deutschen Reiches hervorgerufen haben, . . .
Die vom Kaiser kundgegebenen Gesinnungen sind unstreitig die der gesamten
Nation, und der Umstand, daß sie so kurze Zeit nach dem Besuche des deutschen
Kaisers beim Zaren zum Ausdrucke gebracht wurden, hat eine Bedeutung, welche
die Franzosen wahrzunehmen nicht ermangeln werden. Der Kaiser bezeichnete
die Gegenwart als eine ernste Zeit, und das war gewiß auch ernstlich überlegt
worden. Die beabsichtigte Wirkung war ohne Zweifel die eines Beitrages zur
Eharltung des Friedens, und diese kann nur durch ein einiges, starkes und ent¬
schlossenes deutsches Reich verbürgt werden."

Es war selbstverständlich, daß die Enthüllung des Denkmals in der bran¬
denburgischen Stadt Frankfurt dem Kaiser Gelegenheit gab, an sie seine An¬
erkennung der unter Führung des Prinzen Friedrich Kiirl von Brandenburgern
verrichteten Heldenthaten in der Schlacht bei Vionville auszusprechen, zumal da
die Enthüllung mit einem Jahrestage dieser Schlacht zusammenfiel. Aber unsers
Wissens geschah es zum ersten male, daß bei einer solchen Feier der Bereit¬
willigkeit der gesamten Armee und des ganzen großen Volkes der Deutschen,
sich für erkämpften Besitz nötigenfalls rücksichtslos zu opfern, gedacht wurde.
Die kaiserlichen Worte mit ihrer zuversichtlichen Entschlossenheit konnten auf¬
fallen, da sie in eine Zeit hineinschallten, über der seit den Tagen von Peterhof
die Sonne des Friedens Heller denn seit Jahren zu lächeln schien. Die ge¬
waltige Erklärung hat folglich Gründe, die nicht auf der Oberfläche liegen.
Sie wendet sich zunächst gegen die neuerdings von Feinden Deutschlands wieder
angestellten Versuche, für immer gelöste Vesitzfragen der Deutschen als noch in
der Schwebe befindlich darzustellen, und ruft ihnen, die hier noch eine Änderung
zu Ungunsten Deutschlands empfehlen, hoffen oder androhen, im Namen eines
wohlgerüsteten, zur Verteidigung seines Eigentums mit eisernem Willen ent¬
schlossenen Volkes von zweiundvierzig Millionen sein "Unabänderlich," sein
"Nimmermehr, beim Leben der Nation!" zu. Nach Dänemark, nach Nußland
und nach Frankreich hin hat der Hüter des Reiches, der den Frieden anstrebt,
aber den Krieg nicht fürchtet, mit den denkbar stärksten Ausdrücken darauf hin¬
gewiesen, daß Heer und Volk im deutschen Staate mit ihrem gekrönten obersten
Führer einig sind in dem Glauben, daß unser Bedürfnis wie unsre Ehre uns
die Pflicht auferlegen, für die ungeschmälerte Erhaltung der Errungenschaften
Wilhelms des Siegreichen bis zu unserm letzten Manne einzustehen. Was
unser jugendlicher Monarch in Frankfurt so energisch verkündete, war sein Re¬
gierungsprogramm nach außen hin. Durch seine Fahrten nach Petersburg und
Kopenhagen hat er bekundet, daß er, so viel an ihm ist, den Frieden erstrebt,
durch seine Frankfurter Rede hat er dem Auslande die Stellen bezeichnet, wo
dieses Streben seine Schranken hat, und wir hoffen, daß sein Huos KM für ge¬
raume Zeit seine Wirkung thun wird.


Zur politischen Lage.

hcmptung jenes Gebietes, welches mit so großen Opfern von Frankreich ge¬
wonnen wurde, als eines Teiles des deutschen Reiches hervorgerufen haben, . . .
Die vom Kaiser kundgegebenen Gesinnungen sind unstreitig die der gesamten
Nation, und der Umstand, daß sie so kurze Zeit nach dem Besuche des deutschen
Kaisers beim Zaren zum Ausdrucke gebracht wurden, hat eine Bedeutung, welche
die Franzosen wahrzunehmen nicht ermangeln werden. Der Kaiser bezeichnete
die Gegenwart als eine ernste Zeit, und das war gewiß auch ernstlich überlegt
worden. Die beabsichtigte Wirkung war ohne Zweifel die eines Beitrages zur
Eharltung des Friedens, und diese kann nur durch ein einiges, starkes und ent¬
schlossenes deutsches Reich verbürgt werden."

Es war selbstverständlich, daß die Enthüllung des Denkmals in der bran¬
denburgischen Stadt Frankfurt dem Kaiser Gelegenheit gab, an sie seine An¬
erkennung der unter Führung des Prinzen Friedrich Kiirl von Brandenburgern
verrichteten Heldenthaten in der Schlacht bei Vionville auszusprechen, zumal da
die Enthüllung mit einem Jahrestage dieser Schlacht zusammenfiel. Aber unsers
Wissens geschah es zum ersten male, daß bei einer solchen Feier der Bereit¬
willigkeit der gesamten Armee und des ganzen großen Volkes der Deutschen,
sich für erkämpften Besitz nötigenfalls rücksichtslos zu opfern, gedacht wurde.
Die kaiserlichen Worte mit ihrer zuversichtlichen Entschlossenheit konnten auf¬
fallen, da sie in eine Zeit hineinschallten, über der seit den Tagen von Peterhof
die Sonne des Friedens Heller denn seit Jahren zu lächeln schien. Die ge¬
waltige Erklärung hat folglich Gründe, die nicht auf der Oberfläche liegen.
Sie wendet sich zunächst gegen die neuerdings von Feinden Deutschlands wieder
angestellten Versuche, für immer gelöste Vesitzfragen der Deutschen als noch in
der Schwebe befindlich darzustellen, und ruft ihnen, die hier noch eine Änderung
zu Ungunsten Deutschlands empfehlen, hoffen oder androhen, im Namen eines
wohlgerüsteten, zur Verteidigung seines Eigentums mit eisernem Willen ent¬
schlossenen Volkes von zweiundvierzig Millionen sein „Unabänderlich," sein
„Nimmermehr, beim Leben der Nation!" zu. Nach Dänemark, nach Nußland
und nach Frankreich hin hat der Hüter des Reiches, der den Frieden anstrebt,
aber den Krieg nicht fürchtet, mit den denkbar stärksten Ausdrücken darauf hin¬
gewiesen, daß Heer und Volk im deutschen Staate mit ihrem gekrönten obersten
Führer einig sind in dem Glauben, daß unser Bedürfnis wie unsre Ehre uns
die Pflicht auferlegen, für die ungeschmälerte Erhaltung der Errungenschaften
Wilhelms des Siegreichen bis zu unserm letzten Manne einzustehen. Was
unser jugendlicher Monarch in Frankfurt so energisch verkündete, war sein Re¬
gierungsprogramm nach außen hin. Durch seine Fahrten nach Petersburg und
Kopenhagen hat er bekundet, daß er, so viel an ihm ist, den Frieden erstrebt,
durch seine Frankfurter Rede hat er dem Auslande die Stellen bezeichnet, wo
dieses Streben seine Schranken hat, und wir hoffen, daß sein Huos KM für ge¬
raume Zeit seine Wirkung thun wird.


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[0479] Zur politischen Lage. hcmptung jenes Gebietes, welches mit so großen Opfern von Frankreich ge¬ wonnen wurde, als eines Teiles des deutschen Reiches hervorgerufen haben, . . . Die vom Kaiser kundgegebenen Gesinnungen sind unstreitig die der gesamten Nation, und der Umstand, daß sie so kurze Zeit nach dem Besuche des deutschen Kaisers beim Zaren zum Ausdrucke gebracht wurden, hat eine Bedeutung, welche die Franzosen wahrzunehmen nicht ermangeln werden. Der Kaiser bezeichnete die Gegenwart als eine ernste Zeit, und das war gewiß auch ernstlich überlegt worden. Die beabsichtigte Wirkung war ohne Zweifel die eines Beitrages zur Eharltung des Friedens, und diese kann nur durch ein einiges, starkes und ent¬ schlossenes deutsches Reich verbürgt werden." Es war selbstverständlich, daß die Enthüllung des Denkmals in der bran¬ denburgischen Stadt Frankfurt dem Kaiser Gelegenheit gab, an sie seine An¬ erkennung der unter Führung des Prinzen Friedrich Kiirl von Brandenburgern verrichteten Heldenthaten in der Schlacht bei Vionville auszusprechen, zumal da die Enthüllung mit einem Jahrestage dieser Schlacht zusammenfiel. Aber unsers Wissens geschah es zum ersten male, daß bei einer solchen Feier der Bereit¬ willigkeit der gesamten Armee und des ganzen großen Volkes der Deutschen, sich für erkämpften Besitz nötigenfalls rücksichtslos zu opfern, gedacht wurde. Die kaiserlichen Worte mit ihrer zuversichtlichen Entschlossenheit konnten auf¬ fallen, da sie in eine Zeit hineinschallten, über der seit den Tagen von Peterhof die Sonne des Friedens Heller denn seit Jahren zu lächeln schien. Die ge¬ waltige Erklärung hat folglich Gründe, die nicht auf der Oberfläche liegen. Sie wendet sich zunächst gegen die neuerdings von Feinden Deutschlands wieder angestellten Versuche, für immer gelöste Vesitzfragen der Deutschen als noch in der Schwebe befindlich darzustellen, und ruft ihnen, die hier noch eine Änderung zu Ungunsten Deutschlands empfehlen, hoffen oder androhen, im Namen eines wohlgerüsteten, zur Verteidigung seines Eigentums mit eisernem Willen ent¬ schlossenen Volkes von zweiundvierzig Millionen sein „Unabänderlich," sein „Nimmermehr, beim Leben der Nation!" zu. Nach Dänemark, nach Nußland und nach Frankreich hin hat der Hüter des Reiches, der den Frieden anstrebt, aber den Krieg nicht fürchtet, mit den denkbar stärksten Ausdrücken darauf hin¬ gewiesen, daß Heer und Volk im deutschen Staate mit ihrem gekrönten obersten Führer einig sind in dem Glauben, daß unser Bedürfnis wie unsre Ehre uns die Pflicht auferlegen, für die ungeschmälerte Erhaltung der Errungenschaften Wilhelms des Siegreichen bis zu unserm letzten Manne einzustehen. Was unser jugendlicher Monarch in Frankfurt so energisch verkündete, war sein Re¬ gierungsprogramm nach außen hin. Durch seine Fahrten nach Petersburg und Kopenhagen hat er bekundet, daß er, so viel an ihm ist, den Frieden erstrebt, durch seine Frankfurter Rede hat er dem Auslande die Stellen bezeichnet, wo dieses Streben seine Schranken hat, und wir hoffen, daß sein Huos KM für ge¬ raume Zeit seine Wirkung thun wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/479>, abgerufen am 22.07.2024.