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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Äeutsche Arbeit in Afrika.

geworden ist, mit ihrem Gifte begeifert. Als neulich der Kyffhäuserverband des
Vereins deutscher Studenten dem unter dem Präsidium von Dr. Karl Peters
stehenden Allgemeinen deutschen Verbände "zur Förderung überseeischer Inter¬
essen" beigetreten war, brachte die Volkszeitung in Ur. 171 diese Nachricht
mit der Frage als Zusatz: "Vielleicht zu Gunsten der durch etwaige Examina
gefallenen und deshalb zur Auswanderung geneigten Mitglieder?" Und dies
litterarische Jobbcrtum, das allerdings sehr viele schon auf dem Gymnasium
durch gefallene in sich zählt, nennt sich deutsch freisinnig!

Doch lassen wir das und wenden wir uns zu einer erfreulicheren Er¬
scheinung, die uns bei dem Aufbau unsers deutschen Kolonialreiches nutzbringend
und hilfreich entgegenkommt. Das ist der Chor der deutschen Landsleute, die,
ehe an deutsche Kolonien zu denken war, überall draußen in der fremden Welt,
sei es im Dienste der Wissenschaft, sei es auch, was schmerzlicher war, im
Dienste andrer Völker, als Pioniere für deren kolonisatorische Arbeit, auf ihren
einsamen Posten standen. So ist es lange gewesen; sie thaten vielfach eine
Arbeit, die unserm Volke verloren ging. Jetzt, wo wir eigne Kulturarbeit zu
thun haben in West- und Ostafrika, in Neu-Guinea und Polynesien, kommen
diese wackern Männer uns zu gute mit ihren Erfahrungen wie mit ihren
Opfern. Lehrgeld werden wir freilich noch genug zahlen müssen, an Menschen
wie an Vermögen, aber die Summe desselben ist doch um ein Beträchtliches
geringer anzuschlagen, jetzt, wo wir uns auf die in schwerer Arbeit gesammelten
Kenntnisse solcher bisher in fernen Gebieten auf eigne Thatkraft gestellten deutschen
Forscher und Praktiker verlassen können.

Unter diese wackern Männer gehört Hermann Soyaux, der uns in einem
kürzlich erschienenen Buche seine Erfahrungen und auf diese gestellten Betrach¬
tungen über das äquatoriale Afrika gegeben hat.*) Hermann Soyaux redet aus
reicher Erfahrung, zu der er, wie aus seinem Buche hervorgeht, ein tüchtiges
theoretisches Wissen mitgebracht hat. Er hat einen zehnjährigen Aufenthalt
voll praktischer Arbeit und reich an zielbewußter Beobachtung im tropischen
Afrika gehabt und ist zuletzt Begründer und Leiter der Woermannschen Kaffee¬
plantage in Gabun gewesen, während er das äquatoriale Afrika zuerst als
Mitglied der Loango-Expedition kennen lernte. So hat er denn ein Recht zu
dem, was er will, als ein begeisterter Anhänger deutscher Kolonisation aufzu-
zuklären und anzuregen und so mitzuhelfen an dem Aufbau eines überseeischen
Deutschlands.

Wenn wir nun von den sieben Kapiteln des wertvollen Buches, in welchem
Soyaux seine Erfahrungen und Betrachtungen niedergelegt hat, das erste aus¬
führlicher besprechen, so geschieht es deshalb, weil der Verfasser hier einen
Vorschlag macht, der für unsre in kolonialen Dingen maßgebende Behörde eine



Deutsche Arbeit in Afrika. Von HermannSoynux. Les'M, Backhaus, 1888,
Äeutsche Arbeit in Afrika.

geworden ist, mit ihrem Gifte begeifert. Als neulich der Kyffhäuserverband des
Vereins deutscher Studenten dem unter dem Präsidium von Dr. Karl Peters
stehenden Allgemeinen deutschen Verbände „zur Förderung überseeischer Inter¬
essen" beigetreten war, brachte die Volkszeitung in Ur. 171 diese Nachricht
mit der Frage als Zusatz: „Vielleicht zu Gunsten der durch etwaige Examina
gefallenen und deshalb zur Auswanderung geneigten Mitglieder?" Und dies
litterarische Jobbcrtum, das allerdings sehr viele schon auf dem Gymnasium
durch gefallene in sich zählt, nennt sich deutsch freisinnig!

Doch lassen wir das und wenden wir uns zu einer erfreulicheren Er¬
scheinung, die uns bei dem Aufbau unsers deutschen Kolonialreiches nutzbringend
und hilfreich entgegenkommt. Das ist der Chor der deutschen Landsleute, die,
ehe an deutsche Kolonien zu denken war, überall draußen in der fremden Welt,
sei es im Dienste der Wissenschaft, sei es auch, was schmerzlicher war, im
Dienste andrer Völker, als Pioniere für deren kolonisatorische Arbeit, auf ihren
einsamen Posten standen. So ist es lange gewesen; sie thaten vielfach eine
Arbeit, die unserm Volke verloren ging. Jetzt, wo wir eigne Kulturarbeit zu
thun haben in West- und Ostafrika, in Neu-Guinea und Polynesien, kommen
diese wackern Männer uns zu gute mit ihren Erfahrungen wie mit ihren
Opfern. Lehrgeld werden wir freilich noch genug zahlen müssen, an Menschen
wie an Vermögen, aber die Summe desselben ist doch um ein Beträchtliches
geringer anzuschlagen, jetzt, wo wir uns auf die in schwerer Arbeit gesammelten
Kenntnisse solcher bisher in fernen Gebieten auf eigne Thatkraft gestellten deutschen
Forscher und Praktiker verlassen können.

Unter diese wackern Männer gehört Hermann Soyaux, der uns in einem
kürzlich erschienenen Buche seine Erfahrungen und auf diese gestellten Betrach¬
tungen über das äquatoriale Afrika gegeben hat.*) Hermann Soyaux redet aus
reicher Erfahrung, zu der er, wie aus seinem Buche hervorgeht, ein tüchtiges
theoretisches Wissen mitgebracht hat. Er hat einen zehnjährigen Aufenthalt
voll praktischer Arbeit und reich an zielbewußter Beobachtung im tropischen
Afrika gehabt und ist zuletzt Begründer und Leiter der Woermannschen Kaffee¬
plantage in Gabun gewesen, während er das äquatoriale Afrika zuerst als
Mitglied der Loango-Expedition kennen lernte. So hat er denn ein Recht zu
dem, was er will, als ein begeisterter Anhänger deutscher Kolonisation aufzu-
zuklären und anzuregen und so mitzuhelfen an dem Aufbau eines überseeischen
Deutschlands.

Wenn wir nun von den sieben Kapiteln des wertvollen Buches, in welchem
Soyaux seine Erfahrungen und Betrachtungen niedergelegt hat, das erste aus¬
führlicher besprechen, so geschieht es deshalb, weil der Verfasser hier einen
Vorschlag macht, der für unsre in kolonialen Dingen maßgebende Behörde eine



Deutsche Arbeit in Afrika. Von HermannSoynux. Les'M, Backhaus, 1888,
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[0442] Äeutsche Arbeit in Afrika. geworden ist, mit ihrem Gifte begeifert. Als neulich der Kyffhäuserverband des Vereins deutscher Studenten dem unter dem Präsidium von Dr. Karl Peters stehenden Allgemeinen deutschen Verbände „zur Förderung überseeischer Inter¬ essen" beigetreten war, brachte die Volkszeitung in Ur. 171 diese Nachricht mit der Frage als Zusatz: „Vielleicht zu Gunsten der durch etwaige Examina gefallenen und deshalb zur Auswanderung geneigten Mitglieder?" Und dies litterarische Jobbcrtum, das allerdings sehr viele schon auf dem Gymnasium durch gefallene in sich zählt, nennt sich deutsch freisinnig! Doch lassen wir das und wenden wir uns zu einer erfreulicheren Er¬ scheinung, die uns bei dem Aufbau unsers deutschen Kolonialreiches nutzbringend und hilfreich entgegenkommt. Das ist der Chor der deutschen Landsleute, die, ehe an deutsche Kolonien zu denken war, überall draußen in der fremden Welt, sei es im Dienste der Wissenschaft, sei es auch, was schmerzlicher war, im Dienste andrer Völker, als Pioniere für deren kolonisatorische Arbeit, auf ihren einsamen Posten standen. So ist es lange gewesen; sie thaten vielfach eine Arbeit, die unserm Volke verloren ging. Jetzt, wo wir eigne Kulturarbeit zu thun haben in West- und Ostafrika, in Neu-Guinea und Polynesien, kommen diese wackern Männer uns zu gute mit ihren Erfahrungen wie mit ihren Opfern. Lehrgeld werden wir freilich noch genug zahlen müssen, an Menschen wie an Vermögen, aber die Summe desselben ist doch um ein Beträchtliches geringer anzuschlagen, jetzt, wo wir uns auf die in schwerer Arbeit gesammelten Kenntnisse solcher bisher in fernen Gebieten auf eigne Thatkraft gestellten deutschen Forscher und Praktiker verlassen können. Unter diese wackern Männer gehört Hermann Soyaux, der uns in einem kürzlich erschienenen Buche seine Erfahrungen und auf diese gestellten Betrach¬ tungen über das äquatoriale Afrika gegeben hat.*) Hermann Soyaux redet aus reicher Erfahrung, zu der er, wie aus seinem Buche hervorgeht, ein tüchtiges theoretisches Wissen mitgebracht hat. Er hat einen zehnjährigen Aufenthalt voll praktischer Arbeit und reich an zielbewußter Beobachtung im tropischen Afrika gehabt und ist zuletzt Begründer und Leiter der Woermannschen Kaffee¬ plantage in Gabun gewesen, während er das äquatoriale Afrika zuerst als Mitglied der Loango-Expedition kennen lernte. So hat er denn ein Recht zu dem, was er will, als ein begeisterter Anhänger deutscher Kolonisation aufzu- zuklären und anzuregen und so mitzuhelfen an dem Aufbau eines überseeischen Deutschlands. Wenn wir nun von den sieben Kapiteln des wertvollen Buches, in welchem Soyaux seine Erfahrungen und Betrachtungen niedergelegt hat, das erste aus¬ führlicher besprechen, so geschieht es deshalb, weil der Verfasser hier einen Vorschlag macht, der für unsre in kolonialen Dingen maßgebende Behörde eine Deutsche Arbeit in Afrika. Von HermannSoynux. Les'M, Backhaus, 1888,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/442>, abgerufen am 22.07.2024.