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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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nicht abmessen und wägen, ich weiß es, es giebt in der Liebe Augenblicke voll
glühender, festlicher Ekstase, in denen wir, wenn man es von uns verlangte,
unser Leben für den Geliebten hingeben würden. Nicht wahr? Denke jetzt
daran, Fennimvrc, vergiß es nicht, sowohl um deiner selbst wie auch um
seinetwillen.

Er schwieg.

Auch sie sprach nicht, sie lag still da mit einem schwermütigen Lächeln
um die Lippen, bleich wie eine Blume.

Dann erhob sie sich halb und reichte Ricks ihre Hand. Willst du mein
Freund sein? fragte sie.

Das bin ich, Fennimore, und er ergriff ihre Hand.

Willst du es bleiben. Ricks?

Immer, erwiederte er und führte ihre Hand ehrfurchtsvoll an seine Lippen.

Dann erhob er sich. Fenuimore wollte es scheinen, als habe sie ihn noch
nie so schlank gesehen.

Bald darauf kam Trine und meldete, daß sie wieder da sei, und dann
kam das Theewasser, und endlich ein Ruderboot durch den trüben Regen.

(Fortsetzung folgt.)




Litteratur.
Doktor Martin Luthers Leben, Thaten und Meinungen aus Grund reichlicher
Mitteilungen ans seinen Briefen und Schriften dein Volke erzählt. Von Paul Martin
(I.lo. tluzol. Martin Rade). Neusalza i. S., Hermann Oeser, 1884-87. Drei Bände
(772, 746 und 770 Seiten).

Leben, Thaten und Meinungen ist die Form, in der alte Volksbücher aus
dein Titel angeben, daß sie ihren Helden nach allen Seiten hin darstellen wollen.
Wenn nun auch nicht anzunehmen ist, daß das Volk unsrer Tage von dieser Ge¬
wohnheit Kenntnis hat, wenn es vielmehr vorgekommen ist, daß Gebildete an der
Bezeichnung "Meinungen" als einem zu subjektiven Ausdrucke Anstoß genommen
haben, so genügt doch ein Blick in das Buch, um zu finden, daß der Verfasser
keineswegs einen kühl historischen Standpunkt hat einnehmen wollen, sondern daß
er warm und überzeugt für Luther, seine Thaten und seine Lehre eintritt.

Das Buch bezeichnet sich als Volksbuch. Mau könnte einwenden: "Ein Werk
von 140 Bogen für das Volk geschrieben, ist das nicht ein Widersinn? Man gebe
dem Volke knappe, kernig geschriebene Auszüge." Nein. Man gebe dem Volke
ausführliche Schriften, darin hat der Verfasser unbedingt recht. Das Volk, wozu
man auch einen guten Teil der sogenannten Gebildeten und die ganze Frauenwelt
hinzunehmen mag. hat keine Freude an der Abstraktion. Das Interesse erwacht
erst da, wo die Darstellung ausführlich wird, wo sie farbige, anschauliche Bilder
giebt. Auch hat das Volk ein lebhaftes Lesebedürfnis und eine rühmenswerte Lese-


nicht abmessen und wägen, ich weiß es, es giebt in der Liebe Augenblicke voll
glühender, festlicher Ekstase, in denen wir, wenn man es von uns verlangte,
unser Leben für den Geliebten hingeben würden. Nicht wahr? Denke jetzt
daran, Fennimvrc, vergiß es nicht, sowohl um deiner selbst wie auch um
seinetwillen.

Er schwieg.

Auch sie sprach nicht, sie lag still da mit einem schwermütigen Lächeln
um die Lippen, bleich wie eine Blume.

Dann erhob sie sich halb und reichte Ricks ihre Hand. Willst du mein
Freund sein? fragte sie.

Das bin ich, Fennimore, und er ergriff ihre Hand.

Willst du es bleiben. Ricks?

Immer, erwiederte er und führte ihre Hand ehrfurchtsvoll an seine Lippen.

Dann erhob er sich. Fenuimore wollte es scheinen, als habe sie ihn noch
nie so schlank gesehen.

Bald darauf kam Trine und meldete, daß sie wieder da sei, und dann
kam das Theewasser, und endlich ein Ruderboot durch den trüben Regen.

(Fortsetzung folgt.)




Litteratur.
Doktor Martin Luthers Leben, Thaten und Meinungen aus Grund reichlicher
Mitteilungen ans seinen Briefen und Schriften dein Volke erzählt. Von Paul Martin
(I.lo. tluzol. Martin Rade). Neusalza i. S., Hermann Oeser, 1884-87. Drei Bände
(772, 746 und 770 Seiten).

Leben, Thaten und Meinungen ist die Form, in der alte Volksbücher aus
dein Titel angeben, daß sie ihren Helden nach allen Seiten hin darstellen wollen.
Wenn nun auch nicht anzunehmen ist, daß das Volk unsrer Tage von dieser Ge¬
wohnheit Kenntnis hat, wenn es vielmehr vorgekommen ist, daß Gebildete an der
Bezeichnung „Meinungen" als einem zu subjektiven Ausdrucke Anstoß genommen
haben, so genügt doch ein Blick in das Buch, um zu finden, daß der Verfasser
keineswegs einen kühl historischen Standpunkt hat einnehmen wollen, sondern daß
er warm und überzeugt für Luther, seine Thaten und seine Lehre eintritt.

Das Buch bezeichnet sich als Volksbuch. Mau könnte einwenden: „Ein Werk
von 140 Bogen für das Volk geschrieben, ist das nicht ein Widersinn? Man gebe
dem Volke knappe, kernig geschriebene Auszüge." Nein. Man gebe dem Volke
ausführliche Schriften, darin hat der Verfasser unbedingt recht. Das Volk, wozu
man auch einen guten Teil der sogenannten Gebildeten und die ganze Frauenwelt
hinzunehmen mag. hat keine Freude an der Abstraktion. Das Interesse erwacht
erst da, wo die Darstellung ausführlich wird, wo sie farbige, anschauliche Bilder
giebt. Auch hat das Volk ein lebhaftes Lesebedürfnis und eine rühmenswerte Lese-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/341>, abgerufen am 22.07.2024.