Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Veutschfreisinnigen während der Regierungszeit Kaiser Friedrichs.

ausgeprägte Typus aller Charakterlosigkeit unsrer Zeit," der meinen mochte,
daß "das Tüpfelchen über dem i ihm fehlen würde, wenn aus einem Gneist
nicht noch ein von Gneist würde." Damit aber diese katzbuckelnden Demokraten
eine solche Kritik mit ihrer Liebedienerei vereinbaren könnten, schickte die Volks¬
zeitung ihrem Gekläffe die unwahre Bemerkung in Bezug auf Standeserhöhungen
voraus, daß das Ministerium eine Reihe bezüglicher Vorschläge mache und der
Monarch sie genehmige. Dann ging ja die Standeserhöhung Greises eigentlich
nicht vom Kaiser, sondern vom Ministerium aus. Unwahr ist die Bemerkung,
weil in Preußen Nobilitirungen immer dem persönlichen Wohlwollen des Landes¬
herr" Ausdruck verleihen.

Es ist merkwürdig, wie ausgezeichnet nach diesem Charakter der Ver¬
logenheit hin Herr Mackenzie zu dieser Partei paßte. Wir wollen Herrn
Mackenzie, der genug gezeichnet ist, hier nur nach dieser Seite hin mit etlichen
Worten zeichnen. Zu solcher Zeichnung mag das Schreiben dienen, welches
der Herr im IZrit>l8ki Nsäiosl ^ournsl aus Charlottenburg vom 8. Mai ver¬
öffentlichte und worin er erklärte, er habe "niemals an die Presse irgend welche
Informationen gegeben, ausgenommen solche, die ausdrücklich gestattet waren behufs
Widerlegung falscher und übertriebener Gerüchte." Nun sind aber, wie die Kölnische
Zeitung zeigte, während des ganzen Aufenthaltes des damaligen Kronprinzen im
Auslande ununterbrochen falsche, zweideutige und reklamenhafte Berichte unter aus¬
drücklicher Berufung auf Herrn Mackenzie, auf dessen Sohn und auf Personen, die
mit diesem in Verbindung standen, verbreitet worden. In Villa Zirio war eine
ganze Preßkompagnie eingezogen, wie später in Charlottenburg. Warum ist
denn Herr Mackenzie schon damals nicht dem Mißbrauch seines Namens ent¬
gegengetreten, als deutschfreisinnige, englische und französische Reporter, wie
der famose Bonneton, sich auf ihn beriefen? Wo sitzt hier die Verlogenheit
und der Schwindel? Schon der uoch-Korrespondent, Mr. Löwe, sagte seinem
Landsmanne in seinem Schreiben vom 10. Mai, was von seiner Wahrheitsliebe
zu halten war, wenn er berichtete, daß Sir Morett, von ihm wegen absichtlich
verdunkelnder Nachrichten interpellier, sich damit entschuldigte: "Mir war es
nicht erlaubt, Ihnen diese Mitteilung ivon der wahren Natur der Krankheit^
eher zu machen." Und mit welcher Schamlosigkeit sich Herr Mackenzie auf
seinen Vorteil verstand, das konnte man aus der in seinem Namen an Mr. Howe
gestellten Bitte um "künftige Unterstützung" sich zusammen reimen. Das war
der Mann, der sich für den Kaiser "opferte." Nachdem jetzt bekannt geworden
ist, wie Herr Mackenzie die Behandlung des kranken Kronprinzen und Kaisers
nach politischen und andern Rücksichten geübt hat, wollen wir über den englischen
Herrn kein Wort weiter sagen, als was die norddeutsche Allgemeine Zeitung
sagt: "Wir wissen nun, daß ein unbedeutender englischer Arzt von radikal
politischer Gesinnung es sich herausgenommen hat, den geheimen Kabinetsrat zu
spielen und bestimmend in die Geschicke der deutschen Nation eingreifen zu wollen,"


Die Veutschfreisinnigen während der Regierungszeit Kaiser Friedrichs.

ausgeprägte Typus aller Charakterlosigkeit unsrer Zeit," der meinen mochte,
daß „das Tüpfelchen über dem i ihm fehlen würde, wenn aus einem Gneist
nicht noch ein von Gneist würde." Damit aber diese katzbuckelnden Demokraten
eine solche Kritik mit ihrer Liebedienerei vereinbaren könnten, schickte die Volks¬
zeitung ihrem Gekläffe die unwahre Bemerkung in Bezug auf Standeserhöhungen
voraus, daß das Ministerium eine Reihe bezüglicher Vorschläge mache und der
Monarch sie genehmige. Dann ging ja die Standeserhöhung Greises eigentlich
nicht vom Kaiser, sondern vom Ministerium aus. Unwahr ist die Bemerkung,
weil in Preußen Nobilitirungen immer dem persönlichen Wohlwollen des Landes¬
herr» Ausdruck verleihen.

Es ist merkwürdig, wie ausgezeichnet nach diesem Charakter der Ver¬
logenheit hin Herr Mackenzie zu dieser Partei paßte. Wir wollen Herrn
Mackenzie, der genug gezeichnet ist, hier nur nach dieser Seite hin mit etlichen
Worten zeichnen. Zu solcher Zeichnung mag das Schreiben dienen, welches
der Herr im IZrit>l8ki Nsäiosl ^ournsl aus Charlottenburg vom 8. Mai ver¬
öffentlichte und worin er erklärte, er habe „niemals an die Presse irgend welche
Informationen gegeben, ausgenommen solche, die ausdrücklich gestattet waren behufs
Widerlegung falscher und übertriebener Gerüchte." Nun sind aber, wie die Kölnische
Zeitung zeigte, während des ganzen Aufenthaltes des damaligen Kronprinzen im
Auslande ununterbrochen falsche, zweideutige und reklamenhafte Berichte unter aus¬
drücklicher Berufung auf Herrn Mackenzie, auf dessen Sohn und auf Personen, die
mit diesem in Verbindung standen, verbreitet worden. In Villa Zirio war eine
ganze Preßkompagnie eingezogen, wie später in Charlottenburg. Warum ist
denn Herr Mackenzie schon damals nicht dem Mißbrauch seines Namens ent¬
gegengetreten, als deutschfreisinnige, englische und französische Reporter, wie
der famose Bonneton, sich auf ihn beriefen? Wo sitzt hier die Verlogenheit
und der Schwindel? Schon der uoch-Korrespondent, Mr. Löwe, sagte seinem
Landsmanne in seinem Schreiben vom 10. Mai, was von seiner Wahrheitsliebe
zu halten war, wenn er berichtete, daß Sir Morett, von ihm wegen absichtlich
verdunkelnder Nachrichten interpellier, sich damit entschuldigte: „Mir war es
nicht erlaubt, Ihnen diese Mitteilung ivon der wahren Natur der Krankheit^
eher zu machen." Und mit welcher Schamlosigkeit sich Herr Mackenzie auf
seinen Vorteil verstand, das konnte man aus der in seinem Namen an Mr. Howe
gestellten Bitte um „künftige Unterstützung" sich zusammen reimen. Das war
der Mann, der sich für den Kaiser „opferte." Nachdem jetzt bekannt geworden
ist, wie Herr Mackenzie die Behandlung des kranken Kronprinzen und Kaisers
nach politischen und andern Rücksichten geübt hat, wollen wir über den englischen
Herrn kein Wort weiter sagen, als was die norddeutsche Allgemeine Zeitung
sagt: „Wir wissen nun, daß ein unbedeutender englischer Arzt von radikal
politischer Gesinnung es sich herausgenommen hat, den geheimen Kabinetsrat zu
spielen und bestimmend in die Geschicke der deutschen Nation eingreifen zu wollen,"


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0115" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289238"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Veutschfreisinnigen während der Regierungszeit Kaiser Friedrichs.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_412" prev="#ID_411"> ausgeprägte Typus aller Charakterlosigkeit unsrer Zeit," der meinen mochte,<lb/>
daß &#x201E;das Tüpfelchen über dem i ihm fehlen würde, wenn aus einem Gneist<lb/>
nicht noch ein von Gneist würde." Damit aber diese katzbuckelnden Demokraten<lb/>
eine solche Kritik mit ihrer Liebedienerei vereinbaren könnten, schickte die Volks¬<lb/>
zeitung ihrem Gekläffe die unwahre Bemerkung in Bezug auf Standeserhöhungen<lb/>
voraus, daß das Ministerium eine Reihe bezüglicher Vorschläge mache und der<lb/>
Monarch sie genehmige. Dann ging ja die Standeserhöhung Greises eigentlich<lb/>
nicht vom Kaiser, sondern vom Ministerium aus. Unwahr ist die Bemerkung,<lb/>
weil in Preußen Nobilitirungen immer dem persönlichen Wohlwollen des Landes¬<lb/>
herr» Ausdruck verleihen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_413"> Es ist merkwürdig, wie ausgezeichnet nach diesem Charakter der Ver¬<lb/>
logenheit hin Herr Mackenzie zu dieser Partei paßte. Wir wollen Herrn<lb/>
Mackenzie, der genug gezeichnet ist, hier nur nach dieser Seite hin mit etlichen<lb/>
Worten zeichnen. Zu solcher Zeichnung mag das Schreiben dienen, welches<lb/>
der Herr im IZrit&gt;l8ki Nsäiosl ^ournsl aus Charlottenburg vom 8. Mai ver¬<lb/>
öffentlichte und worin er erklärte, er habe &#x201E;niemals an die Presse irgend welche<lb/>
Informationen gegeben, ausgenommen solche, die ausdrücklich gestattet waren behufs<lb/>
Widerlegung falscher und übertriebener Gerüchte." Nun sind aber, wie die Kölnische<lb/>
Zeitung zeigte, während des ganzen Aufenthaltes des damaligen Kronprinzen im<lb/>
Auslande ununterbrochen falsche, zweideutige und reklamenhafte Berichte unter aus¬<lb/>
drücklicher Berufung auf Herrn Mackenzie, auf dessen Sohn und auf Personen, die<lb/>
mit diesem in Verbindung standen, verbreitet worden. In Villa Zirio war eine<lb/>
ganze Preßkompagnie eingezogen, wie später in Charlottenburg. Warum ist<lb/>
denn Herr Mackenzie schon damals nicht dem Mißbrauch seines Namens ent¬<lb/>
gegengetreten, als deutschfreisinnige, englische und französische Reporter, wie<lb/>
der famose Bonneton, sich auf ihn beriefen? Wo sitzt hier die Verlogenheit<lb/>
und der Schwindel? Schon der uoch-Korrespondent, Mr. Löwe, sagte seinem<lb/>
Landsmanne in seinem Schreiben vom 10. Mai, was von seiner Wahrheitsliebe<lb/>
zu halten war, wenn er berichtete, daß Sir Morett, von ihm wegen absichtlich<lb/>
verdunkelnder Nachrichten interpellier, sich damit entschuldigte: &#x201E;Mir war es<lb/>
nicht erlaubt, Ihnen diese Mitteilung ivon der wahren Natur der Krankheit^<lb/>
eher zu machen." Und mit welcher Schamlosigkeit sich Herr Mackenzie auf<lb/>
seinen Vorteil verstand, das konnte man aus der in seinem Namen an Mr. Howe<lb/>
gestellten Bitte um &#x201E;künftige Unterstützung" sich zusammen reimen. Das war<lb/>
der Mann, der sich für den Kaiser &#x201E;opferte." Nachdem jetzt bekannt geworden<lb/>
ist, wie Herr Mackenzie die Behandlung des kranken Kronprinzen und Kaisers<lb/>
nach politischen und andern Rücksichten geübt hat, wollen wir über den englischen<lb/>
Herrn kein Wort weiter sagen, als was die norddeutsche Allgemeine Zeitung<lb/>
sagt: &#x201E;Wir wissen nun, daß ein unbedeutender englischer Arzt von radikal<lb/>
politischer Gesinnung es sich herausgenommen hat, den geheimen Kabinetsrat zu<lb/>
spielen und bestimmend in die Geschicke der deutschen Nation eingreifen zu wollen,"</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0115] Die Veutschfreisinnigen während der Regierungszeit Kaiser Friedrichs. ausgeprägte Typus aller Charakterlosigkeit unsrer Zeit," der meinen mochte, daß „das Tüpfelchen über dem i ihm fehlen würde, wenn aus einem Gneist nicht noch ein von Gneist würde." Damit aber diese katzbuckelnden Demokraten eine solche Kritik mit ihrer Liebedienerei vereinbaren könnten, schickte die Volks¬ zeitung ihrem Gekläffe die unwahre Bemerkung in Bezug auf Standeserhöhungen voraus, daß das Ministerium eine Reihe bezüglicher Vorschläge mache und der Monarch sie genehmige. Dann ging ja die Standeserhöhung Greises eigentlich nicht vom Kaiser, sondern vom Ministerium aus. Unwahr ist die Bemerkung, weil in Preußen Nobilitirungen immer dem persönlichen Wohlwollen des Landes¬ herr» Ausdruck verleihen. Es ist merkwürdig, wie ausgezeichnet nach diesem Charakter der Ver¬ logenheit hin Herr Mackenzie zu dieser Partei paßte. Wir wollen Herrn Mackenzie, der genug gezeichnet ist, hier nur nach dieser Seite hin mit etlichen Worten zeichnen. Zu solcher Zeichnung mag das Schreiben dienen, welches der Herr im IZrit>l8ki Nsäiosl ^ournsl aus Charlottenburg vom 8. Mai ver¬ öffentlichte und worin er erklärte, er habe „niemals an die Presse irgend welche Informationen gegeben, ausgenommen solche, die ausdrücklich gestattet waren behufs Widerlegung falscher und übertriebener Gerüchte." Nun sind aber, wie die Kölnische Zeitung zeigte, während des ganzen Aufenthaltes des damaligen Kronprinzen im Auslande ununterbrochen falsche, zweideutige und reklamenhafte Berichte unter aus¬ drücklicher Berufung auf Herrn Mackenzie, auf dessen Sohn und auf Personen, die mit diesem in Verbindung standen, verbreitet worden. In Villa Zirio war eine ganze Preßkompagnie eingezogen, wie später in Charlottenburg. Warum ist denn Herr Mackenzie schon damals nicht dem Mißbrauch seines Namens ent¬ gegengetreten, als deutschfreisinnige, englische und französische Reporter, wie der famose Bonneton, sich auf ihn beriefen? Wo sitzt hier die Verlogenheit und der Schwindel? Schon der uoch-Korrespondent, Mr. Löwe, sagte seinem Landsmanne in seinem Schreiben vom 10. Mai, was von seiner Wahrheitsliebe zu halten war, wenn er berichtete, daß Sir Morett, von ihm wegen absichtlich verdunkelnder Nachrichten interpellier, sich damit entschuldigte: „Mir war es nicht erlaubt, Ihnen diese Mitteilung ivon der wahren Natur der Krankheit^ eher zu machen." Und mit welcher Schamlosigkeit sich Herr Mackenzie auf seinen Vorteil verstand, das konnte man aus der in seinem Namen an Mr. Howe gestellten Bitte um „künftige Unterstützung" sich zusammen reimen. Das war der Mann, der sich für den Kaiser „opferte." Nachdem jetzt bekannt geworden ist, wie Herr Mackenzie die Behandlung des kranken Kronprinzen und Kaisers nach politischen und andern Rücksichten geübt hat, wollen wir über den englischen Herrn kein Wort weiter sagen, als was die norddeutsche Allgemeine Zeitung sagt: „Wir wissen nun, daß ein unbedeutender englischer Arzt von radikal politischer Gesinnung es sich herausgenommen hat, den geheimen Kabinetsrat zu spielen und bestimmend in die Geschicke der deutschen Nation eingreifen zu wollen,"

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/115
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/115>, abgerufen am 22.07.2024.