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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Die Gebietsentwicksimz der Linzelstciaten Deutschlands.

von Familien geringerer Herkunft" willkürlich angenommen haben sollen, ist
nicht wahrscheinlich. Er erwarb auch zahlreiche Erbgüter in Schwaben und
kämpfte auf Seiten Friedrichs von Schwaben gegen Kaiser Heinrich IV. Er
nannte zuerst sein Geschlecht nach der Burg Zähringen im Breisgau, ein
Name, der seinen Nachkommen verblieben ist. Das Dorf Zähringen, in
dessen Nähe die Trümmer der alten Burg noch zu sehen sind, liegt im jetzigen
badischen Kreise Freiburg.

Der älteste Sohn dieses Fürsten, Berthold II., begründete die ältere
Hauptlinie des Zähringer Hauses, die bereits im Jahre 1218 erlosch. Dieser,
der Begründer von Freiburg im Breisgau, führte den Herzogstitel und er¬
langte große Gebiete in der mittlern und westlichen Schweiz als Lehen des
Reiches. Auch die Statthalterschaft über den Teil von Hochburgund, der öst¬
lich von Jura lag, brachte er an sein Haus. Eine Reihe von Städten in der
Schweiz, so namentlich Bern und Freiburg im Unbekante, verdanken diesem
Fürstengeschlechte ihre Entstehung. Bei dem Aussterben dieser älteren Linie
der Zähringer kam jedoch kein Teil ihres reichen Besitzes an die jüngere Linie
dieses Hauses, mit der die sogenannte "Totteilung", d. h. eine völlige Sonde¬
rung der Eigentums- und Lebensgemeinschaft, eingetreten war. Der letzte
jener ältern Zähringer vermachte durch Testament einen Teil seines Gebietes,
Zürich, dem Kaiser, Bern, Freiburg in der Schweiz und Solothurn dem Reiche
als freie Städte, seine burgundischen Besitzungen seiner Schwester Anna, die
mit dem Grafen von Kyburg vermählt war, und die schwäbischen Besitzungen
nebst Freiburg im Breisgau seiner Schwester Agnes, einer vermählten Gräfin
von Urach. Erst viele Jahrhunderte später fiel ein Teil dieser altzähringischen
Lande der jüngeren Linie des Hauses zu.

Diese jüngere Linie stammt ab von dem zweiten Sohne Bertholds des
Bärtigen, Hermann I., der noch in ziemlich jugendlichem Alter der Welt ent¬
sagte und sich in das Kloster Clugnh in Frankreich zurückgezogen hatte, wo er
vier Jahre vor seinem Vater gestorben war. Dessen Sohn Hermann II. nannte
sich zuerst nach der alten Burg Baden oder Hvhenbaden, die ihm seine Ge¬
mahlin Judith, die Erbtochter des gräflichen Hauses Kato, nebst Backnang
als Mitgift zugebracht haben soll. Dieses alte Schloß, das wegen seiner herr¬
lichen Aussicht in die Rheinebene jedem Besucher von Baden-Baden bekannt
ist, wurde durch die französischen Mordbrennerhorden im Jahre 1689 fast
völlig zerstört und ausgebrannt.

Unter seinen Nachfolgern muß Hermann V. erwähnt werden, der mit Jr-
mentrud, einer Tochter des welfischen Pfalzgrafen bei Rhein, vermählt war.
Die Rechte und Ansprüche seiner Gemahlin auf die Hälfte der Stadt Braun-
schweig und andre Gebiete in Norddeutschland trat er an Kaiser Friedrich II.
ab und erhielt dafür von diesem Durlach und Ettlingen. Als Besitzungen der
badischen Zähringer werden damals folgende aufgeführt: Burg und Stadt


Die Gebietsentwicksimz der Linzelstciaten Deutschlands.

von Familien geringerer Herkunft" willkürlich angenommen haben sollen, ist
nicht wahrscheinlich. Er erwarb auch zahlreiche Erbgüter in Schwaben und
kämpfte auf Seiten Friedrichs von Schwaben gegen Kaiser Heinrich IV. Er
nannte zuerst sein Geschlecht nach der Burg Zähringen im Breisgau, ein
Name, der seinen Nachkommen verblieben ist. Das Dorf Zähringen, in
dessen Nähe die Trümmer der alten Burg noch zu sehen sind, liegt im jetzigen
badischen Kreise Freiburg.

Der älteste Sohn dieses Fürsten, Berthold II., begründete die ältere
Hauptlinie des Zähringer Hauses, die bereits im Jahre 1218 erlosch. Dieser,
der Begründer von Freiburg im Breisgau, führte den Herzogstitel und er¬
langte große Gebiete in der mittlern und westlichen Schweiz als Lehen des
Reiches. Auch die Statthalterschaft über den Teil von Hochburgund, der öst¬
lich von Jura lag, brachte er an sein Haus. Eine Reihe von Städten in der
Schweiz, so namentlich Bern und Freiburg im Unbekante, verdanken diesem
Fürstengeschlechte ihre Entstehung. Bei dem Aussterben dieser älteren Linie
der Zähringer kam jedoch kein Teil ihres reichen Besitzes an die jüngere Linie
dieses Hauses, mit der die sogenannte „Totteilung", d. h. eine völlige Sonde¬
rung der Eigentums- und Lebensgemeinschaft, eingetreten war. Der letzte
jener ältern Zähringer vermachte durch Testament einen Teil seines Gebietes,
Zürich, dem Kaiser, Bern, Freiburg in der Schweiz und Solothurn dem Reiche
als freie Städte, seine burgundischen Besitzungen seiner Schwester Anna, die
mit dem Grafen von Kyburg vermählt war, und die schwäbischen Besitzungen
nebst Freiburg im Breisgau seiner Schwester Agnes, einer vermählten Gräfin
von Urach. Erst viele Jahrhunderte später fiel ein Teil dieser altzähringischen
Lande der jüngeren Linie des Hauses zu.

Diese jüngere Linie stammt ab von dem zweiten Sohne Bertholds des
Bärtigen, Hermann I., der noch in ziemlich jugendlichem Alter der Welt ent¬
sagte und sich in das Kloster Clugnh in Frankreich zurückgezogen hatte, wo er
vier Jahre vor seinem Vater gestorben war. Dessen Sohn Hermann II. nannte
sich zuerst nach der alten Burg Baden oder Hvhenbaden, die ihm seine Ge¬
mahlin Judith, die Erbtochter des gräflichen Hauses Kato, nebst Backnang
als Mitgift zugebracht haben soll. Dieses alte Schloß, das wegen seiner herr¬
lichen Aussicht in die Rheinebene jedem Besucher von Baden-Baden bekannt
ist, wurde durch die französischen Mordbrennerhorden im Jahre 1689 fast
völlig zerstört und ausgebrannt.

Unter seinen Nachfolgern muß Hermann V. erwähnt werden, der mit Jr-
mentrud, einer Tochter des welfischen Pfalzgrafen bei Rhein, vermählt war.
Die Rechte und Ansprüche seiner Gemahlin auf die Hälfte der Stadt Braun-
schweig und andre Gebiete in Norddeutschland trat er an Kaiser Friedrich II.
ab und erhielt dafür von diesem Durlach und Ettlingen. Als Besitzungen der
badischen Zähringer werden damals folgende aufgeführt: Burg und Stadt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/415>, abgerufen am 30.06.2024.