Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.Gin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht. welches die drei hohen Monarchen darstellt, welche durch eine Viktoria, die weit Der nächste Vorschlag ging von einem Manne aus, der sich selbst längere Einen ganz seltsamen Gedanken hatte ein Mann eingesandt, der zugleich
Grenzboten IV. 1888. 24
Gin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht. welches die drei hohen Monarchen darstellt, welche durch eine Viktoria, die weit Der nächste Vorschlag ging von einem Manne aus, der sich selbst längere Einen ganz seltsamen Gedanken hatte ein Mann eingesandt, der zugleich
Grenzboten IV. 1888. 24
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203628"/> <fw type="header" place="top"> Gin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht.</fw><lb/> <p xml:id="ID_444" prev="#ID_443"> welches die drei hohen Monarchen darstellt, welche durch eine Viktoria, die weit<lb/> höher gruppiret ist, den Siegeskranz aufsetzt" (so!). Das Piedestal der Gruppe<lb/> wollte er mit vier Reliefs schmücken: „1. Germanien, welches sein Haupt stolz<lb/> emporhebt, neben ihr stehen zwei Genien, der eine trägt das Symbol Deutsch¬<lb/> lands, den Eichzwcig, der andere ein Füllhorn, daß nunmehr Handel und<lb/> Wissenschaften wieder empor kann; 2. die Historie, den merkwürdigen Tag,<lb/> 18. Oktober, bezeichnend; 3. drei allegorische Figuren, die Stärke, Klugheit und<lb/> Wachsamkeit; 4. Janus, den Tempel der Zwietracht zuschließend." Ein solches<lb/> Denkmal, meinte er, würde „ein (so!) Platz Leipzigs zieren, wenn nur in unsern<lb/> traurigen Kunstzeiten wir nicht zu tief herabgesunken wären."</p><lb/> <p xml:id="ID_445"> Der nächste Vorschlag ging von einem Manne aus, der sich selbst längere<lb/> Zeit lebhaft mit dem Gedanken, ein Denkmal der Schlacht zu schaffen, be¬<lb/> schäftigt hatte. Er hatte sogar selbst einen Aufruf entworfen und sich „an<lb/> einen in der Ästhetik berühmten Mann, dessen Feder sich hierin schon besonders<lb/> schön ausgezeichnet hatte, mit der Bitte gewandt, denselben gehörig auszu¬<lb/> schmücken," war aber ohne Antwort geblieben. Darauf schickte er seinen Auf¬<lb/> ruf samt dem Entwürfe an Seckendorff. Nach seiner Meinung war die einfache<lb/> nud erhabene Idee, welche die Verbündeten zu ihren unvergeßlichen Thaten<lb/> geführt hatte, „der gemeinschaftliche Trost einer und der nämlichen Religion"<lb/> gewesen; „sie kämpften vereinigt für ein Recht nud einen Gott. Der alter¬<lb/> tümliche Geist des Kreuzes stieg beinahe so wunderbar als zur Zeit Konstantins<lb/> des Großen wieder empor, und krcuzesritterlich oder religiös und kriegerisch<lb/> ward dieser Bund der Völker." Er wünschte daher in einem kolossalen Denk¬<lb/> mal plastisch die Vorstellung zum Ausdruck gebracht zu sehen, wie „das Panier<lb/> des Kreuzes das Schwert der Völker zum Siege erhebt, an welchem ihnen die<lb/> Palme des Friedens erwächst"; dazu nur die Jahreszahl, keine Inschriften.<lb/> Einen genauern Plan sollte „die Akademie der schönen Künste" (welche, ist nicht<lb/> gesagt) entwerfen. Die Mittel sollten durch eine Groschensammlung in ganz<lb/> Deutschland aufgebracht werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_446"> Einen ganz seltsamen Gedanken hatte ein Mann eingesandt, der zugleich<lb/> in der Weise Jcchus aus den Errungenschaften der Befreiungskriege Großes<lb/> für die Erneuerung der deutschen Sprache und ihre Reinigung von fremdartigen<lb/> Bestandteilen hoffte und anstrebte. Er dachte, um es modern zu sagen, an die<lb/> Errichtung einer — deutschen Buchhündlerbörse: „ein kleines Gebäude in einem<lb/> ziemlichen Garten zur Zusammenkunft von Buchhändlern und Gelehrten in den<lb/> Siegestagen, die gerade in die Meßzeit fallen, mit der einfach kurzen Inschrift:<lb/> Deutscher Sprache, belebt am 16.—19. des Weines 1813." Begleitet war sein<lb/> Vorschlag von einigen Gedichten, von denen aus dem einen wenigstens folgende<lb/> Strophe zur Probe mitgeteilt sein mag:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_13" type="poem"> <l> Geissel ist dem Geist die Zcmberbmde,<lb/> Getilgt der wlkentehrend schöne Wahn,</l> </lg> </quote><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1888. 24</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0193]
Gin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht.
welches die drei hohen Monarchen darstellt, welche durch eine Viktoria, die weit
höher gruppiret ist, den Siegeskranz aufsetzt" (so!). Das Piedestal der Gruppe
wollte er mit vier Reliefs schmücken: „1. Germanien, welches sein Haupt stolz
emporhebt, neben ihr stehen zwei Genien, der eine trägt das Symbol Deutsch¬
lands, den Eichzwcig, der andere ein Füllhorn, daß nunmehr Handel und
Wissenschaften wieder empor kann; 2. die Historie, den merkwürdigen Tag,
18. Oktober, bezeichnend; 3. drei allegorische Figuren, die Stärke, Klugheit und
Wachsamkeit; 4. Janus, den Tempel der Zwietracht zuschließend." Ein solches
Denkmal, meinte er, würde „ein (so!) Platz Leipzigs zieren, wenn nur in unsern
traurigen Kunstzeiten wir nicht zu tief herabgesunken wären."
Der nächste Vorschlag ging von einem Manne aus, der sich selbst längere
Zeit lebhaft mit dem Gedanken, ein Denkmal der Schlacht zu schaffen, be¬
schäftigt hatte. Er hatte sogar selbst einen Aufruf entworfen und sich „an
einen in der Ästhetik berühmten Mann, dessen Feder sich hierin schon besonders
schön ausgezeichnet hatte, mit der Bitte gewandt, denselben gehörig auszu¬
schmücken," war aber ohne Antwort geblieben. Darauf schickte er seinen Auf¬
ruf samt dem Entwürfe an Seckendorff. Nach seiner Meinung war die einfache
nud erhabene Idee, welche die Verbündeten zu ihren unvergeßlichen Thaten
geführt hatte, „der gemeinschaftliche Trost einer und der nämlichen Religion"
gewesen; „sie kämpften vereinigt für ein Recht nud einen Gott. Der alter¬
tümliche Geist des Kreuzes stieg beinahe so wunderbar als zur Zeit Konstantins
des Großen wieder empor, und krcuzesritterlich oder religiös und kriegerisch
ward dieser Bund der Völker." Er wünschte daher in einem kolossalen Denk¬
mal plastisch die Vorstellung zum Ausdruck gebracht zu sehen, wie „das Panier
des Kreuzes das Schwert der Völker zum Siege erhebt, an welchem ihnen die
Palme des Friedens erwächst"; dazu nur die Jahreszahl, keine Inschriften.
Einen genauern Plan sollte „die Akademie der schönen Künste" (welche, ist nicht
gesagt) entwerfen. Die Mittel sollten durch eine Groschensammlung in ganz
Deutschland aufgebracht werden.
Einen ganz seltsamen Gedanken hatte ein Mann eingesandt, der zugleich
in der Weise Jcchus aus den Errungenschaften der Befreiungskriege Großes
für die Erneuerung der deutschen Sprache und ihre Reinigung von fremdartigen
Bestandteilen hoffte und anstrebte. Er dachte, um es modern zu sagen, an die
Errichtung einer — deutschen Buchhündlerbörse: „ein kleines Gebäude in einem
ziemlichen Garten zur Zusammenkunft von Buchhändlern und Gelehrten in den
Siegestagen, die gerade in die Meßzeit fallen, mit der einfach kurzen Inschrift:
Deutscher Sprache, belebt am 16.—19. des Weines 1813." Begleitet war sein
Vorschlag von einigen Gedichten, von denen aus dem einen wenigstens folgende
Strophe zur Probe mitgeteilt sein mag:
Geissel ist dem Geist die Zcmberbmde,
Getilgt der wlkentehrend schöne Wahn,
Grenzboten IV. 1888. 24
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