Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Lin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht.

geziertes Kreuz errichtet, das Zeichen des Heils und der Herrscher des neuen
Erdballes. Das Kreuz trägt eine große, vergoldete Kugel, die weit in der
Ferne leuchtet. Das Land rings um den Hügel, etwa 10 bis 15 Morgen weit,
wird für ein geheiligtes Land erklärt, mit Wall und Graben eingefaßt und
mit Eichen bepflanzt. Dieser Hügel, dieses Kreuz und diese Bäume wären zugleich
ein echt germanisches und ein echt christliches Denkmal, wohin unsere Urenkel
noch wallfahrten gehen würden. Der Eichenhain würde zum Kirchhof großer
teutscher Männer geweiht, wo berühmter Feldherrn und für das Vaterland
gebliebener Helden Leichen begraben würden."

Arndts Vorschlag wird schwerlich der erste gewesen sein. Es traten unab¬
hängig von einander in kurzer Zeit eine Reihe der verschiedensten Pläne und
Entwürfe hervor, deren zeitliche Folge sich heute nicht mehr genau feststellen
läßt. Manche berühren sich unter einander, ohne bei den unentwickelten Verkehrs¬
und Prcßverhältnisfen jener Zeit von einander gewußt zu haben. Der nachfolgende
Überblick erhebt also nicht den Anspruch, in chronologischer Folge vorzugehen.

Eine ganze Reihe freilich lauter totgeborner Entwürfe wurde durch ein
Unternehmen eines Freiherrn Adolph von Seckendorff auf Zingst bei Quer-
furt hervorgerufen. Wir kennen sie aus einer Schrift, die er hinterher ver¬
öffentlichte: "Die Resultate meines Planes, der Völkerschlacht bei Leipzig ein
Denkmal zu setzen. Mit 4 Kupfern. Erste ^einzige^ Lieferung. Leipzig 1814."
Dieser Seckendorff, der ein etwas wunderlicher Herr gewesen sein muß, fühlte
sich in seinem Gewissen beunruhigt, daß es ihm nicht vergönnt gewesen war,
sich an dem Kampfe für das Vaterland zu beteiligen, daß er "gleichsam
schlummernd hatte im Vaterlande sitzen und seine Brüder für sich bluten sehen
müssen." Um ein Dankesopfer zu bringen, entschloß er sich, ganz allein, auf
eigne Kosten, ein Denkmal der Leipziger Schlacht zu errichten und überreichte
im April 1814 einen Plan dazu dem sächsischen Generalgouvernement in
Dresden, an dessen Spitze der russische Fürst Repnin stand. Auf einem
rohen, aus Feldsteinen aufgebauten Grunde sollte sich ein quadratischer Unter¬
bau erheben, darauf ein Würfel, darüber ein eisernes Dach mit vier Giebeln,
auf der Mitte des Daches eine eiserne Kugel mit einem goldnen Reifen. Für
die vier Seiten des Würfels hatte er kurze Inschriften entworfen, so für die
erste: "Den Befreiern des festen Landes, Alexander, Franz. Friedrich Wilhelm,"
für die vier Giebel allegorische Sinnbilder, einen Palmenzweig, zwei Hände, die
sich umschlingen, eine Geißel, von einem Fuße getreten u. s. w. Um den
Reifen der Kugel sollte die Inschrift laufen: "Frohe Aussicht für die Nach¬
welt." Als Platz für das Denkmal hatte er sich den kleinen Hügel bei Leipzig
gedacht, der noch heute der Monarchenhügel genannt wird, und auf dem nach
einer Sage, die bald nach der Schlacht überall verbreitet und sogar bildlich
verherrlicht worden war, die drei verbündeten Fürsten auf die Kniee gesunken
sein und Gott für den Sieg gedankt haben sollten.


Lin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht.

geziertes Kreuz errichtet, das Zeichen des Heils und der Herrscher des neuen
Erdballes. Das Kreuz trägt eine große, vergoldete Kugel, die weit in der
Ferne leuchtet. Das Land rings um den Hügel, etwa 10 bis 15 Morgen weit,
wird für ein geheiligtes Land erklärt, mit Wall und Graben eingefaßt und
mit Eichen bepflanzt. Dieser Hügel, dieses Kreuz und diese Bäume wären zugleich
ein echt germanisches und ein echt christliches Denkmal, wohin unsere Urenkel
noch wallfahrten gehen würden. Der Eichenhain würde zum Kirchhof großer
teutscher Männer geweiht, wo berühmter Feldherrn und für das Vaterland
gebliebener Helden Leichen begraben würden."

Arndts Vorschlag wird schwerlich der erste gewesen sein. Es traten unab¬
hängig von einander in kurzer Zeit eine Reihe der verschiedensten Pläne und
Entwürfe hervor, deren zeitliche Folge sich heute nicht mehr genau feststellen
läßt. Manche berühren sich unter einander, ohne bei den unentwickelten Verkehrs¬
und Prcßverhältnisfen jener Zeit von einander gewußt zu haben. Der nachfolgende
Überblick erhebt also nicht den Anspruch, in chronologischer Folge vorzugehen.

Eine ganze Reihe freilich lauter totgeborner Entwürfe wurde durch ein
Unternehmen eines Freiherrn Adolph von Seckendorff auf Zingst bei Quer-
furt hervorgerufen. Wir kennen sie aus einer Schrift, die er hinterher ver¬
öffentlichte: „Die Resultate meines Planes, der Völkerschlacht bei Leipzig ein
Denkmal zu setzen. Mit 4 Kupfern. Erste ^einzige^ Lieferung. Leipzig 1814."
Dieser Seckendorff, der ein etwas wunderlicher Herr gewesen sein muß, fühlte
sich in seinem Gewissen beunruhigt, daß es ihm nicht vergönnt gewesen war,
sich an dem Kampfe für das Vaterland zu beteiligen, daß er „gleichsam
schlummernd hatte im Vaterlande sitzen und seine Brüder für sich bluten sehen
müssen." Um ein Dankesopfer zu bringen, entschloß er sich, ganz allein, auf
eigne Kosten, ein Denkmal der Leipziger Schlacht zu errichten und überreichte
im April 1814 einen Plan dazu dem sächsischen Generalgouvernement in
Dresden, an dessen Spitze der russische Fürst Repnin stand. Auf einem
rohen, aus Feldsteinen aufgebauten Grunde sollte sich ein quadratischer Unter¬
bau erheben, darauf ein Würfel, darüber ein eisernes Dach mit vier Giebeln,
auf der Mitte des Daches eine eiserne Kugel mit einem goldnen Reifen. Für
die vier Seiten des Würfels hatte er kurze Inschriften entworfen, so für die
erste: „Den Befreiern des festen Landes, Alexander, Franz. Friedrich Wilhelm,"
für die vier Giebel allegorische Sinnbilder, einen Palmenzweig, zwei Hände, die
sich umschlingen, eine Geißel, von einem Fuße getreten u. s. w. Um den
Reifen der Kugel sollte die Inschrift laufen: „Frohe Aussicht für die Nach¬
welt." Als Platz für das Denkmal hatte er sich den kleinen Hügel bei Leipzig
gedacht, der noch heute der Monarchenhügel genannt wird, und auf dem nach
einer Sage, die bald nach der Schlacht überall verbreitet und sogar bildlich
verherrlicht worden war, die drei verbündeten Fürsten auf die Kniee gesunken
sein und Gott für den Sieg gedankt haben sollten.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0191" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203626"/>
          <fw type="header" place="top"> Lin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_437" prev="#ID_436"> geziertes Kreuz errichtet, das Zeichen des Heils und der Herrscher des neuen<lb/>
Erdballes. Das Kreuz trägt eine große, vergoldete Kugel, die weit in der<lb/>
Ferne leuchtet. Das Land rings um den Hügel, etwa 10 bis 15 Morgen weit,<lb/>
wird für ein geheiligtes Land erklärt, mit Wall und Graben eingefaßt und<lb/>
mit Eichen bepflanzt. Dieser Hügel, dieses Kreuz und diese Bäume wären zugleich<lb/>
ein echt germanisches und ein echt christliches Denkmal, wohin unsere Urenkel<lb/>
noch wallfahrten gehen würden. Der Eichenhain würde zum Kirchhof großer<lb/>
teutscher Männer geweiht, wo berühmter Feldherrn und für das Vaterland<lb/>
gebliebener Helden Leichen begraben würden."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_438"> Arndts Vorschlag wird schwerlich der erste gewesen sein. Es traten unab¬<lb/>
hängig von einander in kurzer Zeit eine Reihe der verschiedensten Pläne und<lb/>
Entwürfe hervor, deren zeitliche Folge sich heute nicht mehr genau feststellen<lb/>
läßt. Manche berühren sich unter einander, ohne bei den unentwickelten Verkehrs¬<lb/>
und Prcßverhältnisfen jener Zeit von einander gewußt zu haben. Der nachfolgende<lb/>
Überblick erhebt also nicht den Anspruch, in chronologischer Folge vorzugehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_439"> Eine ganze Reihe freilich lauter totgeborner Entwürfe wurde durch ein<lb/>
Unternehmen eines Freiherrn Adolph von Seckendorff auf Zingst bei Quer-<lb/>
furt hervorgerufen. Wir kennen sie aus einer Schrift, die er hinterher ver¬<lb/>
öffentlichte: &#x201E;Die Resultate meines Planes, der Völkerschlacht bei Leipzig ein<lb/>
Denkmal zu setzen. Mit 4 Kupfern. Erste ^einzige^ Lieferung. Leipzig 1814."<lb/>
Dieser Seckendorff, der ein etwas wunderlicher Herr gewesen sein muß, fühlte<lb/>
sich in seinem Gewissen beunruhigt, daß es ihm nicht vergönnt gewesen war,<lb/>
sich an dem Kampfe für das Vaterland zu beteiligen, daß er &#x201E;gleichsam<lb/>
schlummernd hatte im Vaterlande sitzen und seine Brüder für sich bluten sehen<lb/>
müssen." Um ein Dankesopfer zu bringen, entschloß er sich, ganz allein, auf<lb/>
eigne Kosten, ein Denkmal der Leipziger Schlacht zu errichten und überreichte<lb/>
im April 1814 einen Plan dazu dem sächsischen Generalgouvernement in<lb/>
Dresden, an dessen Spitze der russische Fürst Repnin stand. Auf einem<lb/>
rohen, aus Feldsteinen aufgebauten Grunde sollte sich ein quadratischer Unter¬<lb/>
bau erheben, darauf ein Würfel, darüber ein eisernes Dach mit vier Giebeln,<lb/>
auf der Mitte des Daches eine eiserne Kugel mit einem goldnen Reifen. Für<lb/>
die vier Seiten des Würfels hatte er kurze Inschriften entworfen, so für die<lb/>
erste: &#x201E;Den Befreiern des festen Landes, Alexander, Franz. Friedrich Wilhelm,"<lb/>
für die vier Giebel allegorische Sinnbilder, einen Palmenzweig, zwei Hände, die<lb/>
sich umschlingen, eine Geißel, von einem Fuße getreten u. s. w. Um den<lb/>
Reifen der Kugel sollte die Inschrift laufen: &#x201E;Frohe Aussicht für die Nach¬<lb/>
welt." Als Platz für das Denkmal hatte er sich den kleinen Hügel bei Leipzig<lb/>
gedacht, der noch heute der Monarchenhügel genannt wird, und auf dem nach<lb/>
einer Sage, die bald nach der Schlacht überall verbreitet und sogar bildlich<lb/>
verherrlicht worden war, die drei verbündeten Fürsten auf die Kniee gesunken<lb/>
sein und Gott für den Sieg gedankt haben sollten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0191] Lin Denkmal der Leipziger Völkerschlacht. geziertes Kreuz errichtet, das Zeichen des Heils und der Herrscher des neuen Erdballes. Das Kreuz trägt eine große, vergoldete Kugel, die weit in der Ferne leuchtet. Das Land rings um den Hügel, etwa 10 bis 15 Morgen weit, wird für ein geheiligtes Land erklärt, mit Wall und Graben eingefaßt und mit Eichen bepflanzt. Dieser Hügel, dieses Kreuz und diese Bäume wären zugleich ein echt germanisches und ein echt christliches Denkmal, wohin unsere Urenkel noch wallfahrten gehen würden. Der Eichenhain würde zum Kirchhof großer teutscher Männer geweiht, wo berühmter Feldherrn und für das Vaterland gebliebener Helden Leichen begraben würden." Arndts Vorschlag wird schwerlich der erste gewesen sein. Es traten unab¬ hängig von einander in kurzer Zeit eine Reihe der verschiedensten Pläne und Entwürfe hervor, deren zeitliche Folge sich heute nicht mehr genau feststellen läßt. Manche berühren sich unter einander, ohne bei den unentwickelten Verkehrs¬ und Prcßverhältnisfen jener Zeit von einander gewußt zu haben. Der nachfolgende Überblick erhebt also nicht den Anspruch, in chronologischer Folge vorzugehen. Eine ganze Reihe freilich lauter totgeborner Entwürfe wurde durch ein Unternehmen eines Freiherrn Adolph von Seckendorff auf Zingst bei Quer- furt hervorgerufen. Wir kennen sie aus einer Schrift, die er hinterher ver¬ öffentlichte: „Die Resultate meines Planes, der Völkerschlacht bei Leipzig ein Denkmal zu setzen. Mit 4 Kupfern. Erste ^einzige^ Lieferung. Leipzig 1814." Dieser Seckendorff, der ein etwas wunderlicher Herr gewesen sein muß, fühlte sich in seinem Gewissen beunruhigt, daß es ihm nicht vergönnt gewesen war, sich an dem Kampfe für das Vaterland zu beteiligen, daß er „gleichsam schlummernd hatte im Vaterlande sitzen und seine Brüder für sich bluten sehen müssen." Um ein Dankesopfer zu bringen, entschloß er sich, ganz allein, auf eigne Kosten, ein Denkmal der Leipziger Schlacht zu errichten und überreichte im April 1814 einen Plan dazu dem sächsischen Generalgouvernement in Dresden, an dessen Spitze der russische Fürst Repnin stand. Auf einem rohen, aus Feldsteinen aufgebauten Grunde sollte sich ein quadratischer Unter¬ bau erheben, darauf ein Würfel, darüber ein eisernes Dach mit vier Giebeln, auf der Mitte des Daches eine eiserne Kugel mit einem goldnen Reifen. Für die vier Seiten des Würfels hatte er kurze Inschriften entworfen, so für die erste: „Den Befreiern des festen Landes, Alexander, Franz. Friedrich Wilhelm," für die vier Giebel allegorische Sinnbilder, einen Palmenzweig, zwei Hände, die sich umschlingen, eine Geißel, von einem Fuße getreten u. s. w. Um den Reifen der Kugel sollte die Inschrift laufen: „Frohe Aussicht für die Nach¬ welt." Als Platz für das Denkmal hatte er sich den kleinen Hügel bei Leipzig gedacht, der noch heute der Monarchenhügel genannt wird, und auf dem nach einer Sage, die bald nach der Schlacht überall verbreitet und sogar bildlich verherrlicht worden war, die drei verbündeten Fürsten auf die Kniee gesunken sein und Gott für den Sieg gedankt haben sollten.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/191
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/191>, abgerufen am 22.07.2024.