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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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Ulrich von Hütten.

In nicht zu langer Zeit wird die Gestalt Huttens wiedererstehen im Bilde,
vereint mit dem Manne, mit dem eine der schönsten Männerfreundschaftcn
unsrer Geschichte ihn verband, dem er selbst dankbar bezeugt hat, daß er für
ihn nicht nur tröstliche Worte, sondern hilfreiche That gehabt habe, sodaß er
sich an ihn habe lehnen können wie an eine feste, unerschütterte Wand, dem er
die schönen Worte gewidmet hat:


Wo etwas mein Beschrift vermag,,
Dein Loki muß sterben keinen Tag.

Und auf der Ebernburg wird sich dieses Doppeldenkmal erheben, auf der Stätte,
die in der Geschichte jener Tage stets genannt werden wird neben der Wart¬
burg. Dort hat Hütten seinen Sickingen gewonnen, und dort hat Sickingen
der Sache, für die er gewonnen war, und den Personen, die sie vertraten, seinen
mächtigen Schutz geliehen, sodaß Hatten ihr den Ehrennamen "Herberge der
Gerechtigkeit" beilegte; dort haben die Herzen am glühendsten geschlagen in den
hoffnungsfreudigen und enttäuschungsreichcn Apriltagen des Jahres 1521.
Sickingens Feinde haben nach seinem Tode auch die Ebernburg zerstört, und
die Zeit der Burgen und der Ritter war mit Sickingen überhaupt dahin. Aber
über ihren Trümmern wird das Denkmal verkünden, daß auch unter gänzlich
veränderten Zeitverhältnissen und Lebensanschauungen das dankbare Verständnis
da ist für das, was die Männer, deren Rede einst hier erklang, gewollt haben.
Die gesegneten Lande am Rhein werden damit um ein lohnendes Wanderziel
reicher sein für den Deutschen. Vom großen Neformationsdenkmal in Worms,
auf dein die beiden Ritter ja auch ihre Stelle gefunden haben, eilt heutzutage
der Nheinfahrer hinab zum Nationaldenkmal auf dem Niederwalde, das ebenso
sehr eine Bestätigung des Huttenscheu Wortes ist, daß, wer im Kriege Unglück
haben wolle, nur mit den Deutschen anbinden dürfe, als es die bildgewordene
Antwort ist auf die lange Jahrhunderte hindurch so traurig wahr gebliebene
Klage unsers Hütten, so lange uns Deutschen die Einigkeit fehle, gebe es keine
noch so schwache Nation, die uns fürchte, ja die uns nicht anzugreifen wage.
Zu jener herrlichen Nheinecke wird aber künftighin im Schein der Sonne hoch
über dem Nahethal ein weiteres Denkmal herüberglünzcn und den Wanderer,
der seine Blicke über diese an landschaftlichen Schönheiten und geschichtlichen
Erinnerungen gleich reichen Hügellande schweifen läßt, einladen, auch zu ihm
seine Schritte zu lenken: zum Hütten-Sickingendenkmal auf der Ebernburg.




Ulrich von Hütten.

In nicht zu langer Zeit wird die Gestalt Huttens wiedererstehen im Bilde,
vereint mit dem Manne, mit dem eine der schönsten Männerfreundschaftcn
unsrer Geschichte ihn verband, dem er selbst dankbar bezeugt hat, daß er für
ihn nicht nur tröstliche Worte, sondern hilfreiche That gehabt habe, sodaß er
sich an ihn habe lehnen können wie an eine feste, unerschütterte Wand, dem er
die schönen Worte gewidmet hat:


Wo etwas mein Beschrift vermag,,
Dein Loki muß sterben keinen Tag.

Und auf der Ebernburg wird sich dieses Doppeldenkmal erheben, auf der Stätte,
die in der Geschichte jener Tage stets genannt werden wird neben der Wart¬
burg. Dort hat Hütten seinen Sickingen gewonnen, und dort hat Sickingen
der Sache, für die er gewonnen war, und den Personen, die sie vertraten, seinen
mächtigen Schutz geliehen, sodaß Hatten ihr den Ehrennamen „Herberge der
Gerechtigkeit" beilegte; dort haben die Herzen am glühendsten geschlagen in den
hoffnungsfreudigen und enttäuschungsreichcn Apriltagen des Jahres 1521.
Sickingens Feinde haben nach seinem Tode auch die Ebernburg zerstört, und
die Zeit der Burgen und der Ritter war mit Sickingen überhaupt dahin. Aber
über ihren Trümmern wird das Denkmal verkünden, daß auch unter gänzlich
veränderten Zeitverhältnissen und Lebensanschauungen das dankbare Verständnis
da ist für das, was die Männer, deren Rede einst hier erklang, gewollt haben.
Die gesegneten Lande am Rhein werden damit um ein lohnendes Wanderziel
reicher sein für den Deutschen. Vom großen Neformationsdenkmal in Worms,
auf dein die beiden Ritter ja auch ihre Stelle gefunden haben, eilt heutzutage
der Nheinfahrer hinab zum Nationaldenkmal auf dem Niederwalde, das ebenso
sehr eine Bestätigung des Huttenscheu Wortes ist, daß, wer im Kriege Unglück
haben wolle, nur mit den Deutschen anbinden dürfe, als es die bildgewordene
Antwort ist auf die lange Jahrhunderte hindurch so traurig wahr gebliebene
Klage unsers Hütten, so lange uns Deutschen die Einigkeit fehle, gebe es keine
noch so schwache Nation, die uns fürchte, ja die uns nicht anzugreifen wage.
Zu jener herrlichen Nheinecke wird aber künftighin im Schein der Sonne hoch
über dem Nahethal ein weiteres Denkmal herüberglünzcn und den Wanderer,
der seine Blicke über diese an landschaftlichen Schönheiten und geschichtlichen
Erinnerungen gleich reichen Hügellande schweifen läßt, einladen, auch zu ihm
seine Schritte zu lenken: zum Hütten-Sickingendenkmal auf der Ebernburg.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/80>, abgerufen am 27.07.2024.