Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.dürfe. Nur bei der Hauptgährung soll dem Tranbensafte eine ausschließlich Nach Zeitungsmitteilnngen sind es im wesentlichen diese beiden Anträge, Also auch diesmal ist es nichts. Die Rechtsunsicherheit wird für Wein¬ Ich habe mich bemüht, ein möglichst objektives Bild von den seitherigen dürfe. Nur bei der Hauptgährung soll dem Tranbensafte eine ausschließlich Nach Zeitungsmitteilnngen sind es im wesentlichen diese beiden Anträge, Also auch diesmal ist es nichts. Die Rechtsunsicherheit wird für Wein¬ Ich habe mich bemüht, ein möglichst objektives Bild von den seitherigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0670" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202769"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2331" prev="#ID_2330"> dürfe. Nur bei der Hauptgährung soll dem Tranbensafte eine ausschließlich<lb/> wässerige Lösung von reinem Zucker, nicht über 25 Prozent des Traubeusaftes,<lb/> beigefügt werden können, und auch dieses Getränk soll „Wein," jedoch uicht<lb/> Naturwein oder reiner Wein, genannt werden dürfen. Getränke, bei denen<lb/> größere Zuckermengcn, als eben angegeben, verwendet oder andre Stoffe bei¬<lb/> gefügt worden sind, sollen nur unter dem Namen „Kuustmeiu" in den Handel<lb/> gebracht werden dürfen. Dann werden eine Reihe gesundheitsschädlicher Stoffe<lb/> bezeichnet, die überhaupt verboten sein sollen. Obstweine ausgenommen, sollen<lb/> weinähnliche Getränke mit einer Fabrikatstcuer belegt werden, die mindestens der<lb/> höchsten Grundsteuer gleichkommt, welche die Weinproduzenten tragen. In<lb/> diesen. Antrage wird also das Gallisiren unter gewissen Voraussetzungen — nicht<lb/> über 25 Prozent wässerige Lösung mit reinem Zucker — nicht nur gestattet,<lb/> sondern es wird auch erlaubt, daß ein durch solches Gallisiren hergestelltes<lb/> Getränk den Namen „Wein" schlechthin ohne bezeichnenden Zusatz führe.</p><lb/> <p xml:id="ID_2332"> Nach Zeitungsmitteilnngen sind es im wesentlichen diese beiden Anträge,<lb/> mit denen sich die Verhandlungen der Neichstagskommisston beschäftigen. Die<lb/> ursprüngliche Regierungsvorlage, sowie alle andern Anträge sind in den Hinter¬<lb/> grund gedrängt. Auf der einen Seite Dcklarationszwang unter allen Umständen,<lb/> auf der andern Beschränkung der Deklarationspflicht — so lautet das Feldge-<lb/> schrei. Ein Ergebnis ist bis jetzt nicht erzielt. Charakteristisch für die Sachlage<lb/> ist folgende lakonische Mitteilung, die kürzlich durch die Zeitungen lief: Die<lb/> Neichstagskommission für das Weingrsetz ist heute in die zweite Beratung ge¬<lb/> treten, ohne indes bereits zu Beschlüssen zu kommen. Die Debatte drehte sich<lb/> im wesentlichen um die einander gegenüberstehenden Anträge Graf Adelmann<lb/> und Racke. Die Regierungsvertreter machten Bedenken nach beiden Seiten<lb/> geltend. An ein Zustandekommen des Gesetzes in der gegenwärtigen Session<lb/> ist nicht zu denken.</p><lb/> <p xml:id="ID_2333"> Also auch diesmal ist es nichts. Die Rechtsunsicherheit wird für Wein¬<lb/> produzenten und Weinhändler fortdauern; es wird hie und da einmal der<lb/> strengern Anschauung über den Begriff „Wein" durch die Bestrafung eines<lb/> Produzenten oder Weinhändlers Ausdruck verliehen ^werden, im übrigen aber<lb/> wird ruhig weiter gallisirt werdeu, nicht um des Gewinnes willen, sondern weil<lb/> es leider bei uns die Notwendigkeit gebietet, in guten Jahren mehr, in schlechten<lb/> weniger.</p><lb/> <p xml:id="ID_2334" next="#ID_2335"> Ich habe mich bemüht, ein möglichst objektives Bild von den seitherigen<lb/> Bestrebungen und Verhandlungen auf dem Gebiete der Weiufrage zu geben,<lb/> und habe meine persönliche Ansicht bis jetzt überall zurückgedrängt; ich glaube<lb/> sie aber zum Schlüsse doch nicht verhehlen zu dürfen. Ich darf dabei darauf<lb/> hinweisen, daß ich in der Nähe des Rheingaues und Rheinhcssens lebe, wo<lb/> diese Frage eine wahre Lebensfrage ist, und daß ich durch Beziehungen aller<lb/> Art Gelegenheit gehabt habe und noch habe, die Bedürfnisse der Winzer und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0670]
dürfe. Nur bei der Hauptgährung soll dem Tranbensafte eine ausschließlich
wässerige Lösung von reinem Zucker, nicht über 25 Prozent des Traubeusaftes,
beigefügt werden können, und auch dieses Getränk soll „Wein," jedoch uicht
Naturwein oder reiner Wein, genannt werden dürfen. Getränke, bei denen
größere Zuckermengcn, als eben angegeben, verwendet oder andre Stoffe bei¬
gefügt worden sind, sollen nur unter dem Namen „Kuustmeiu" in den Handel
gebracht werden dürfen. Dann werden eine Reihe gesundheitsschädlicher Stoffe
bezeichnet, die überhaupt verboten sein sollen. Obstweine ausgenommen, sollen
weinähnliche Getränke mit einer Fabrikatstcuer belegt werden, die mindestens der
höchsten Grundsteuer gleichkommt, welche die Weinproduzenten tragen. In
diesen. Antrage wird also das Gallisiren unter gewissen Voraussetzungen — nicht
über 25 Prozent wässerige Lösung mit reinem Zucker — nicht nur gestattet,
sondern es wird auch erlaubt, daß ein durch solches Gallisiren hergestelltes
Getränk den Namen „Wein" schlechthin ohne bezeichnenden Zusatz führe.
Nach Zeitungsmitteilnngen sind es im wesentlichen diese beiden Anträge,
mit denen sich die Verhandlungen der Neichstagskommisston beschäftigen. Die
ursprüngliche Regierungsvorlage, sowie alle andern Anträge sind in den Hinter¬
grund gedrängt. Auf der einen Seite Dcklarationszwang unter allen Umständen,
auf der andern Beschränkung der Deklarationspflicht — so lautet das Feldge-
schrei. Ein Ergebnis ist bis jetzt nicht erzielt. Charakteristisch für die Sachlage
ist folgende lakonische Mitteilung, die kürzlich durch die Zeitungen lief: Die
Neichstagskommission für das Weingrsetz ist heute in die zweite Beratung ge¬
treten, ohne indes bereits zu Beschlüssen zu kommen. Die Debatte drehte sich
im wesentlichen um die einander gegenüberstehenden Anträge Graf Adelmann
und Racke. Die Regierungsvertreter machten Bedenken nach beiden Seiten
geltend. An ein Zustandekommen des Gesetzes in der gegenwärtigen Session
ist nicht zu denken.
Also auch diesmal ist es nichts. Die Rechtsunsicherheit wird für Wein¬
produzenten und Weinhändler fortdauern; es wird hie und da einmal der
strengern Anschauung über den Begriff „Wein" durch die Bestrafung eines
Produzenten oder Weinhändlers Ausdruck verliehen ^werden, im übrigen aber
wird ruhig weiter gallisirt werdeu, nicht um des Gewinnes willen, sondern weil
es leider bei uns die Notwendigkeit gebietet, in guten Jahren mehr, in schlechten
weniger.
Ich habe mich bemüht, ein möglichst objektives Bild von den seitherigen
Bestrebungen und Verhandlungen auf dem Gebiete der Weiufrage zu geben,
und habe meine persönliche Ansicht bis jetzt überall zurückgedrängt; ich glaube
sie aber zum Schlüsse doch nicht verhehlen zu dürfen. Ich darf dabei darauf
hinweisen, daß ich in der Nähe des Rheingaues und Rheinhcssens lebe, wo
diese Frage eine wahre Lebensfrage ist, und daß ich durch Beziehungen aller
Art Gelegenheit gehabt habe und noch habe, die Bedürfnisse der Winzer und
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