Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.Der Verkehr mit Mein, nährt zahlreiche Familien, und die Weintrinker schließlich sind überall im lieben Bis zum Jahre 1879 bestand im deutscheu Reiche keinerlei gemeinsame Der Verkehr mit Mein, nährt zahlreiche Familien, und die Weintrinker schließlich sind überall im lieben Bis zum Jahre 1879 bestand im deutscheu Reiche keinerlei gemeinsame <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0660" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202759"/> <fw type="header" place="top"> Der Verkehr mit Mein,</fw><lb/> <p xml:id="ID_2307" prev="#ID_2306"> nährt zahlreiche Familien, und die Weintrinker schließlich sind überall im lieben<lb/> deutschen Reiche zu finden. Alle haben ein Interesse an dem Gesetze. Freilich<lb/> stehen sich diese Interessen, wenn auch bisweilen nur scheinbar, nicht selten schroff<lb/> gegenüber. Daher die Kämpfe, daher die verschiednen Ansichten über die beste<lb/> Regelung der Angelegenheit. Hier soll darauf zunächst nicht eingegangen werden.<lb/> Beabsichtigt wird nur, einen kurzen Überblick zu geben über den Entwicklungs¬<lb/> gang, den unsre Gesetzgebung genommen hat und noch nimmt auf dem Gebiete<lb/> der Nahrungsmittclfälschung und insbesondre der Weinverfälschung und — der<lb/> Weinverbesferung.</p><lb/> <p xml:id="ID_2308" next="#ID_2309"> Bis zum Jahre 1879 bestand im deutscheu Reiche keinerlei gemeinsame<lb/> Gesetzgebung auf dem Gebiete des Nahrungsmittelweseus. Aber es trat immer<lb/> mehr das Bedürfnis darnach hervor. Die Klagen über Verfälschung der zum<lb/> Verkaufe gebotenen Nahrungs- und Genußmittel waren von Jahr zu Jahr lauter<lb/> geworden. Man beschwerte sich nicht bloß darüber, daß der Nahrungs- und<lb/> Kaufwert derselben durch Verfälschung verringert werde, sondern namentlich auch<lb/> darüber, daß Nahrungs- und Genußmittel in einer die Gesundheit geradezu ge¬<lb/> fährdenden Weise verfälscht würden. Es waltete kein Zweifel darüber, daß die<lb/> bestehenden Gesetze diesen Mißständen nicht genügend vorzubeugen imstande waren,<lb/> und es erschien daher im Hinblick auf die Vorschriften der Reichsverfassung in<lb/> Art. 4, Ur. 13 und 15 notwendig, eine Abhilfe dieser Mißstände ans dem Wege<lb/> der Reichsgesetzgebung anzustreben. Um die Sache vorzubereiten, war dann von<lb/> dem Reichsgesundheitsamte eine Anzahl medizinischer, technischer und landwirt¬<lb/> schaftlicher Autoritäten berufen worden. Die aus den Mitgliedern des Reichs-<lb/> gefundheitsamtes und diesen Sachverständigen zusammengesetzte Kommission war<lb/> zunächst bemüht, den thatsächlichen Zustand möglichst umfassend festzustellen.<lb/> Es wurden insbesondre in Betreff der gebräuchlichsten Nahrungs- und Genu߬<lb/> mittel (Fleisch und Wurst, Milch. Butter, Mehl. Konditorwaaren, Zucker, Cho¬<lb/> kolade, Kaffee, Thee, Bier, Wein, Mineralwasser), sowie einiger Gebrauchs¬<lb/> gegenstände die bisher bekannt gewordene» Arten der Verfälschung festgestellt.<lb/> Die Kommission äußerte sich ferner gutachtlich darüber, ob und in welcher Weise<lb/> ans diesen Verfälschungen oder aus einer krankhaften oder verdorbenen Be¬<lb/> schaffenheit der Nahrungs- und Genußmittel sich eine Gefahr für die mensch¬<lb/> liche Gesundheit ergebe, sowie darüber, inwieweit es nach dem Stande der Wissen¬<lb/> schaft und Technik möglich sei, den objektiven Thatbestand einer Verfälschung<lb/> durch technische Untersuchungen festzustellen. Das Gesamtergebnis der von der<lb/> Kommission gepflogenen Erörterungen ging dahin, daß der Stand der Dinge vom<lb/> Standpunkte der Gesundheitspflege ein geradezu unerträglicher geworden und<lb/> daß es vom Standpunkte der Gesundheitspflege nicht bloß unzulässig sei, den<lb/> Leuten thatsächlich gesundheitsschädliche, sondern auch solche Gegenstände dar¬<lb/> zubieten, welche durch Verfälschung oder innern Verderb in ihrem Nährwerte<lb/> verringert und deshalb ihren Zweck zu erfüllen mehr oder weniger un-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0660]
Der Verkehr mit Mein,
nährt zahlreiche Familien, und die Weintrinker schließlich sind überall im lieben
deutschen Reiche zu finden. Alle haben ein Interesse an dem Gesetze. Freilich
stehen sich diese Interessen, wenn auch bisweilen nur scheinbar, nicht selten schroff
gegenüber. Daher die Kämpfe, daher die verschiednen Ansichten über die beste
Regelung der Angelegenheit. Hier soll darauf zunächst nicht eingegangen werden.
Beabsichtigt wird nur, einen kurzen Überblick zu geben über den Entwicklungs¬
gang, den unsre Gesetzgebung genommen hat und noch nimmt auf dem Gebiete
der Nahrungsmittclfälschung und insbesondre der Weinverfälschung und — der
Weinverbesferung.
Bis zum Jahre 1879 bestand im deutscheu Reiche keinerlei gemeinsame
Gesetzgebung auf dem Gebiete des Nahrungsmittelweseus. Aber es trat immer
mehr das Bedürfnis darnach hervor. Die Klagen über Verfälschung der zum
Verkaufe gebotenen Nahrungs- und Genußmittel waren von Jahr zu Jahr lauter
geworden. Man beschwerte sich nicht bloß darüber, daß der Nahrungs- und
Kaufwert derselben durch Verfälschung verringert werde, sondern namentlich auch
darüber, daß Nahrungs- und Genußmittel in einer die Gesundheit geradezu ge¬
fährdenden Weise verfälscht würden. Es waltete kein Zweifel darüber, daß die
bestehenden Gesetze diesen Mißständen nicht genügend vorzubeugen imstande waren,
und es erschien daher im Hinblick auf die Vorschriften der Reichsverfassung in
Art. 4, Ur. 13 und 15 notwendig, eine Abhilfe dieser Mißstände ans dem Wege
der Reichsgesetzgebung anzustreben. Um die Sache vorzubereiten, war dann von
dem Reichsgesundheitsamte eine Anzahl medizinischer, technischer und landwirt¬
schaftlicher Autoritäten berufen worden. Die aus den Mitgliedern des Reichs-
gefundheitsamtes und diesen Sachverständigen zusammengesetzte Kommission war
zunächst bemüht, den thatsächlichen Zustand möglichst umfassend festzustellen.
Es wurden insbesondre in Betreff der gebräuchlichsten Nahrungs- und Genu߬
mittel (Fleisch und Wurst, Milch. Butter, Mehl. Konditorwaaren, Zucker, Cho¬
kolade, Kaffee, Thee, Bier, Wein, Mineralwasser), sowie einiger Gebrauchs¬
gegenstände die bisher bekannt gewordene» Arten der Verfälschung festgestellt.
Die Kommission äußerte sich ferner gutachtlich darüber, ob und in welcher Weise
ans diesen Verfälschungen oder aus einer krankhaften oder verdorbenen Be¬
schaffenheit der Nahrungs- und Genußmittel sich eine Gefahr für die mensch¬
liche Gesundheit ergebe, sowie darüber, inwieweit es nach dem Stande der Wissen¬
schaft und Technik möglich sei, den objektiven Thatbestand einer Verfälschung
durch technische Untersuchungen festzustellen. Das Gesamtergebnis der von der
Kommission gepflogenen Erörterungen ging dahin, daß der Stand der Dinge vom
Standpunkte der Gesundheitspflege ein geradezu unerträglicher geworden und
daß es vom Standpunkte der Gesundheitspflege nicht bloß unzulässig sei, den
Leuten thatsächlich gesundheitsschädliche, sondern auch solche Gegenstände dar¬
zubieten, welche durch Verfälschung oder innern Verderb in ihrem Nährwerte
verringert und deshalb ihren Zweck zu erfüllen mehr oder weniger un-
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