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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Das neue Gesetz über die Schutzzcl'inde,

haften, obwohl die Gesellschaften außer ihren gemeinnützigen Zielen den Geld¬
erwerb im Auge haben. Immerhin aber mich man zugeben, daß Kolonial¬
gesellschaften, welche auf der vom Reiche begründeten Kolonialpolitik beruhen,
zweckmäßiger eine dem Reichsrechte entlehnte Form haben, zumal da die Herr¬
schaft des preußischen Landrechts im Aussterben begriffen ist und es für Nicht¬
Preußen mißlich erscheint, sich einem ihnen unbekannten Rechte unterwerfen zu
müssen. Diesem Übelstande hat die Kommission des Reichstages auf Anregung
des Dr. Meyer (Jena) abgeholfen. Im Anschluß an eine Vorschrift der Ge¬
werbenovelle vom 23. April 1886 kann deutschen Nationalgesellschaften im
weitesten Sinne auf Grund eines vom Reichskanzler bestätigten Statuts vom
Bundesrate die Rechte einer juristischen Person gegeben werden, dergestalt, daß
den Gläubigern uur das Vermögen der Gesellschaft haftet. Diese steht unter
der Aufsicht des Reichskanzlers und kann sich mit dessen Zustimmung ein solches
Statut geben, welches dem konkreten Zwecke entspricht. Diese Vorschriften des
Gesetzes sind subsidiär, d. h. alle sonstige" Gesellschaftsformen bleiben auch den
Kolonialgesellschaften offen, aber sie können anch statt ihrer die durch das jetzige
Gesetz geschaffenen wählen; diese Vorschriften bilden aber auch nur den Anfang
einer neuen Entwicklung des Gesellschaftsrechts; sie schließen sich an die Ge¬
schichte des letztern an, welche von der Staatsgenehmigung ausging und zuletzt
zur völligen Freigebung der Entstehung und Verwaltung mit gewissen Nvr-
mativvorschriften führte.

Dies sind die wesentlichen Bestimmungen des neuen Kolonialgesetzes, das
am 8. März von dem Bundesrate nach den Beschlüssen des Reichstages ge¬
nehmigt worden ist.

Diese Zeilen erscheinen zu einer Zeit, da der erste deutsche Kaiser dem Alter
und dem Kummer erlegen ist und nicht mehr mit seiner Unterschrift dem neuen
Kolonialgesetze die Sanktion zu geben vermag. Niemals wird das deutsche Volk
vergessen, daß zu deu Heldenthaten des großen Kaisers auch die gehört, daß er
dem deutschen Volke aufs neue die Kolonialpolitik als Richtschnur hinstellte,
welche Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst, geplant, aber unter der Ungunst
der Zeiten wieder aufgegeben hat. Auch das gegenwärtige Kolonialgesetz ist noch
ein Werk Kaiser Wilhelms, der mit größtem Pflichteifer wie die andern Angelegen¬
heiten des Reiches auch die Kolonialpolitik bearbeitet hat.

Wir dürfen hoffen, daß die von dem Heldenkaiser ausgestreute Saat
dereinst zu herrlichen Früchten gedeihen werde. Zu diesen Saatkörnern gehört
auch das neue Kvlonialgesetz, welches eine segensreiche Verwaltung ermöglicht
und darauf berechnet ist, das Interesse der weitesten Kreise in Deutschland zum
Nutzen und Frommen des großen Ganzen wie der Schutzgebiete zu beleben und
zu stärken.




Das neue Gesetz über die Schutzzcl'inde,

haften, obwohl die Gesellschaften außer ihren gemeinnützigen Zielen den Geld¬
erwerb im Auge haben. Immerhin aber mich man zugeben, daß Kolonial¬
gesellschaften, welche auf der vom Reiche begründeten Kolonialpolitik beruhen,
zweckmäßiger eine dem Reichsrechte entlehnte Form haben, zumal da die Herr¬
schaft des preußischen Landrechts im Aussterben begriffen ist und es für Nicht¬
Preußen mißlich erscheint, sich einem ihnen unbekannten Rechte unterwerfen zu
müssen. Diesem Übelstande hat die Kommission des Reichstages auf Anregung
des Dr. Meyer (Jena) abgeholfen. Im Anschluß an eine Vorschrift der Ge¬
werbenovelle vom 23. April 1886 kann deutschen Nationalgesellschaften im
weitesten Sinne auf Grund eines vom Reichskanzler bestätigten Statuts vom
Bundesrate die Rechte einer juristischen Person gegeben werden, dergestalt, daß
den Gläubigern uur das Vermögen der Gesellschaft haftet. Diese steht unter
der Aufsicht des Reichskanzlers und kann sich mit dessen Zustimmung ein solches
Statut geben, welches dem konkreten Zwecke entspricht. Diese Vorschriften des
Gesetzes sind subsidiär, d. h. alle sonstige» Gesellschaftsformen bleiben auch den
Kolonialgesellschaften offen, aber sie können anch statt ihrer die durch das jetzige
Gesetz geschaffenen wählen; diese Vorschriften bilden aber auch nur den Anfang
einer neuen Entwicklung des Gesellschaftsrechts; sie schließen sich an die Ge¬
schichte des letztern an, welche von der Staatsgenehmigung ausging und zuletzt
zur völligen Freigebung der Entstehung und Verwaltung mit gewissen Nvr-
mativvorschriften führte.

Dies sind die wesentlichen Bestimmungen des neuen Kolonialgesetzes, das
am 8. März von dem Bundesrate nach den Beschlüssen des Reichstages ge¬
nehmigt worden ist.

Diese Zeilen erscheinen zu einer Zeit, da der erste deutsche Kaiser dem Alter
und dem Kummer erlegen ist und nicht mehr mit seiner Unterschrift dem neuen
Kolonialgesetze die Sanktion zu geben vermag. Niemals wird das deutsche Volk
vergessen, daß zu deu Heldenthaten des großen Kaisers auch die gehört, daß er
dem deutschen Volke aufs neue die Kolonialpolitik als Richtschnur hinstellte,
welche Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst, geplant, aber unter der Ungunst
der Zeiten wieder aufgegeben hat. Auch das gegenwärtige Kolonialgesetz ist noch
ein Werk Kaiser Wilhelms, der mit größtem Pflichteifer wie die andern Angelegen¬
heiten des Reiches auch die Kolonialpolitik bearbeitet hat.

Wir dürfen hoffen, daß die von dem Heldenkaiser ausgestreute Saat
dereinst zu herrlichen Früchten gedeihen werde. Zu diesen Saatkörnern gehört
auch das neue Kvlonialgesetz, welches eine segensreiche Verwaltung ermöglicht
und darauf berechnet ist, das Interesse der weitesten Kreise in Deutschland zum
Nutzen und Frommen des großen Ganzen wie der Schutzgebiete zu beleben und
zu stärken.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/587>, abgerufen am 28.09.2024.