Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.Aonrad Ferdinand Meyers Versuchung des Pescara. Mehrheit angenommen und werden nunmehr durch Veröffentlichung des Gesetzes Konrad Ferdinand Meyers Versuchung des pescara. in fünfhundertundfünfzig "Lessinge," mit denen neben fünftausend¬ Grmzboten I. 1338. 13
Aonrad Ferdinand Meyers Versuchung des Pescara. Mehrheit angenommen und werden nunmehr durch Veröffentlichung des Gesetzes Konrad Ferdinand Meyers Versuchung des pescara. in fünfhundertundfünfzig „Lessinge," mit denen neben fünftausend¬ Grmzboten I. 1338. 13
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202244"/> <fw type="header" place="top"> Aonrad Ferdinand Meyers Versuchung des Pescara.</fw><lb/> <p xml:id="ID_496" prev="#ID_495"> Mehrheit angenommen und werden nunmehr durch Veröffentlichung des Gesetzes<lb/> ihren endgiltigen Ausdruck finden. Mit diesem Gesetze hat die Gesetzgebung<lb/> in Oldenburg einen Weg betreten, ans welchem ihr hoffentlich andre Staaten<lb/> recht bald folgen werden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Konrad Ferdinand Meyers Versuchung des pescara.</head><lb/> <p xml:id="ID_497" next="#ID_498"> in fünfhundertundfünfzig „Lessinge," mit denen neben fünftausend¬<lb/> fünfhundert Sturm- und Dranggenies unsre neueste deutsche Litte¬<lb/> ratur gesegnet ist, haben seit einem halben Dutzend Jahren die<lb/> Lebensunfähigkeit des historischen Romans verkündet und jeden<lb/> Schriftsteller, der es noch wagt, der veralteten und überwun¬<lb/> denen Form zu huldigen, auf eine Art Proskriptionsliste gesetzt. Die Vertreter und<lb/> namentlich die Verteidiger des historischen Romans haben freilich mit wenigen<lb/> rühmlichen Ausnahmen alles gethan, um die herrschende Verwirrung über<lb/> Wesen und Lebcnsrecht dieser poetischen Gattung zu vermehren. Wenn selbst<lb/> diejenigen, die für den historischen Roman das Wort nehmen, mit der tausendmal<lb/> widerlegten Schulmeisterweisheit kommen, daß der historische Roman patrio¬<lb/> tischen oder ethischen Bedürfnissen eines Volkes zu genügen habe, wenn sie<lb/> die kulturhistorische Wichtigkeit der historischen Erzählung betonen, so wird<lb/> damit nur Wasser auf die Mühle derer gegossen, welche dem historischen Roman<lb/> das Lebensrecht absprechen. Keine poetische Gattung der Welt darf aus<lb/> andern als poetischen Gründen vorhanden sein, und der schlechteste Dienst, welcher<lb/> sich dem historischen Roman und der historischen Novelle leisten läßt, ist es, sie für<lb/> eine Art didaktischer Dichtung in Prosa zu erklären. Der historische Roman, das<lb/> heißt der echte, lebendige, in der Geschichte der Poesie einzig und allein etwas<lb/> bedeutende, hat nur ein Motiv und nur eine Bürgschaft seiner Dauer, stark<lb/> genug, um ihn den naturalistischen Kritikern zum Trotz wieder und wieder zu<lb/> erwecken: er giebt Anlaß, gewisse Seiten des Lebens, gewisse Erscheinungen und<lb/> Empfindungen, gewisse Menschengestalten darzustellen, ohne welche das politische<lb/> Bild der Menschheit wesentlich ärmer sein würde. Was den wahrhaften Dichter<lb/> bei einem historischen Stoffe anzieht und fesselt, was ihn zur Wahl desselben<lb/> bestimmt, muß ein poetisches Stück Leben sein, welches entweder ausschließlich<lb/> oder doch mit ergreifender Stärke und Deutlichkeit gerade nur aus diesem Stoffe<lb/> zu erfassen und darzustellen ist. Ein alltägliches Vorkommnis, eine platte Liebes-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grmzboten I. 1338. 13</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0145]
Aonrad Ferdinand Meyers Versuchung des Pescara.
Mehrheit angenommen und werden nunmehr durch Veröffentlichung des Gesetzes
ihren endgiltigen Ausdruck finden. Mit diesem Gesetze hat die Gesetzgebung
in Oldenburg einen Weg betreten, ans welchem ihr hoffentlich andre Staaten
recht bald folgen werden.
Konrad Ferdinand Meyers Versuchung des pescara.
in fünfhundertundfünfzig „Lessinge," mit denen neben fünftausend¬
fünfhundert Sturm- und Dranggenies unsre neueste deutsche Litte¬
ratur gesegnet ist, haben seit einem halben Dutzend Jahren die
Lebensunfähigkeit des historischen Romans verkündet und jeden
Schriftsteller, der es noch wagt, der veralteten und überwun¬
denen Form zu huldigen, auf eine Art Proskriptionsliste gesetzt. Die Vertreter und
namentlich die Verteidiger des historischen Romans haben freilich mit wenigen
rühmlichen Ausnahmen alles gethan, um die herrschende Verwirrung über
Wesen und Lebcnsrecht dieser poetischen Gattung zu vermehren. Wenn selbst
diejenigen, die für den historischen Roman das Wort nehmen, mit der tausendmal
widerlegten Schulmeisterweisheit kommen, daß der historische Roman patrio¬
tischen oder ethischen Bedürfnissen eines Volkes zu genügen habe, wenn sie
die kulturhistorische Wichtigkeit der historischen Erzählung betonen, so wird
damit nur Wasser auf die Mühle derer gegossen, welche dem historischen Roman
das Lebensrecht absprechen. Keine poetische Gattung der Welt darf aus
andern als poetischen Gründen vorhanden sein, und der schlechteste Dienst, welcher
sich dem historischen Roman und der historischen Novelle leisten läßt, ist es, sie für
eine Art didaktischer Dichtung in Prosa zu erklären. Der historische Roman, das
heißt der echte, lebendige, in der Geschichte der Poesie einzig und allein etwas
bedeutende, hat nur ein Motiv und nur eine Bürgschaft seiner Dauer, stark
genug, um ihn den naturalistischen Kritikern zum Trotz wieder und wieder zu
erwecken: er giebt Anlaß, gewisse Seiten des Lebens, gewisse Erscheinungen und
Empfindungen, gewisse Menschengestalten darzustellen, ohne welche das politische
Bild der Menschheit wesentlich ärmer sein würde. Was den wahrhaften Dichter
bei einem historischen Stoffe anzieht und fesselt, was ihn zur Wahl desselben
bestimmt, muß ein poetisches Stück Leben sein, welches entweder ausschließlich
oder doch mit ergreifender Stärke und Deutlichkeit gerade nur aus diesem Stoffe
zu erfassen und darzustellen ist. Ein alltägliches Vorkommnis, eine platte Liebes-
Grmzboten I. 1338. 13
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