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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Die Patriotenliga.

ordnetenhaus bewarb, über die letzten Ziele des Bundes mit einer gewissen
Zurückhaltung geäußert, mitunter aber auch recht deutlich. So z. B. (vergl.
DiÄpeim 1888, S. 413 und 416) in einer im August 1885 von ihm auf dem
Nationalschützenfeste zu Paris gehaltenen Rede, in der er u. a. sagte: "Die
Patriotenliga ist in Wirklichkeit nur eine Zusammenfassung der moralischen
Kräfte des Landes, eine Art Mobilisirung der Herzen. Sie ist vor allem eine
gegenseitige Versicherungsgesellschaft gegen die Invasion. Wir haben wohl in
dem ersten Artikel unsrer Statuten geschrieben, und die Generalversammlung
des Bundes hat wohl einmütig beschlossen, daß er zum Ziele die Revision des
Frankfurter Vertrages und die Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich habe,
aber was heißt Revision, wenn es nicht gewaltsamen Bruch, was heißt Rück¬
gabe, wenn es nicht Rücknahme bedeutet?" Ferner ließ er sich in einer Rede
bei der Einweihung eines Kriegerdenkmals in Cahors, am 15. April 1884, mit
Bezug auf Elsaß-Lothringen wie folgt vernehmen: "Hinsichtlich der Majestät
des Rechts wußte Gambetta sehr wohl, daß das Recht ohne Kraftanwendung
nur eine ohnmächtige Majestät ist, und daß das, was durch die Waffen ver¬
loren gegangen war, nie anders als durch die Waffen wiedergewonnen wurde."
Derselbe Ausspruch findet sich in einem von ihm verfaßten Artikel in Ur. 8
des DraxsÄu vom 19. Februar 1887, welcher I^Sö vaxtives überschrieben ist und
in dem es außerdem in Bezug auf unsre Reichslande heißt: "Jede Hoffnung
auf friedliche Wiedergabe ist eine gefährliche und sträfliche Chimäre. Es ist
vielleicht einmal klug gewesen, uns mit diesen Kindermärchen einzuwiegen. Er¬
wachen wir heute und hasten wir zum Kriege entschlossene Augen ans das un¬
umgängliche Ziel." In der von ihm herrührenden Vorrede zu der bekannten
Schrift ^vaut 1a Lataills lesen wir folgende Stellen: "Ja, gewiß ist eine An¬
näherung Frankreichs und Deutschlands notwendig, aber mit den Waffen; ja,
gewiß wird sie nützlich und fruchtbar sein, aber durch den Sieg. . . Wenn also
der Nachekrieg nur ein Krieg der Ehre und des Interesses wäre, so müßte
man ihn schon um des Interesses und der Ehre willen versuchen. Aber er
ist zugleich ein Krieg der Gerechtigkeit. . . Und daß man sich doch nicht mit
thörichten Chimären einlulle! Die Zukunft verlangt, daß man ihr gerade ins
Gesicht blicke. Was man durch die Waffen verloren hat, wird man nur durch
die Wnffeu wiedererlangen. Franzosen müssen sterben, auf daß Frankreich lebe."
Zurückgekehrt von seiner bekannten europäischen Rundreise im Jahre 1886,
äußerte er am 22. November in einer Rede vor der Jahresversammlung der
Liga (pinx^u 1886, S. 580): "Ich weiß nicht, meine Herren, ob meine Nation
mich je berufen wird, ihr in einer andern Stellung zu dienen, als die ist, welche
ich unter Ihnen einnehme, auf einem andern Posten als bei der Vorhut der
Vogesenarmee, aber ich weiß, daß dieser Posten und dieser Rang meinem Ehr¬
geize genügen." Über die Aufgabe der Turm- und Schtttzenvercine sagte er in
einer Rede beim Jahresfeste eines Turnvereins, welches am 4. Dezember 1384


Die Patriotenliga.

ordnetenhaus bewarb, über die letzten Ziele des Bundes mit einer gewissen
Zurückhaltung geäußert, mitunter aber auch recht deutlich. So z. B. (vergl.
DiÄpeim 1888, S. 413 und 416) in einer im August 1885 von ihm auf dem
Nationalschützenfeste zu Paris gehaltenen Rede, in der er u. a. sagte: „Die
Patriotenliga ist in Wirklichkeit nur eine Zusammenfassung der moralischen
Kräfte des Landes, eine Art Mobilisirung der Herzen. Sie ist vor allem eine
gegenseitige Versicherungsgesellschaft gegen die Invasion. Wir haben wohl in
dem ersten Artikel unsrer Statuten geschrieben, und die Generalversammlung
des Bundes hat wohl einmütig beschlossen, daß er zum Ziele die Revision des
Frankfurter Vertrages und die Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich habe,
aber was heißt Revision, wenn es nicht gewaltsamen Bruch, was heißt Rück¬
gabe, wenn es nicht Rücknahme bedeutet?" Ferner ließ er sich in einer Rede
bei der Einweihung eines Kriegerdenkmals in Cahors, am 15. April 1884, mit
Bezug auf Elsaß-Lothringen wie folgt vernehmen: „Hinsichtlich der Majestät
des Rechts wußte Gambetta sehr wohl, daß das Recht ohne Kraftanwendung
nur eine ohnmächtige Majestät ist, und daß das, was durch die Waffen ver¬
loren gegangen war, nie anders als durch die Waffen wiedergewonnen wurde."
Derselbe Ausspruch findet sich in einem von ihm verfaßten Artikel in Ur. 8
des DraxsÄu vom 19. Februar 1887, welcher I^Sö vaxtives überschrieben ist und
in dem es außerdem in Bezug auf unsre Reichslande heißt: „Jede Hoffnung
auf friedliche Wiedergabe ist eine gefährliche und sträfliche Chimäre. Es ist
vielleicht einmal klug gewesen, uns mit diesen Kindermärchen einzuwiegen. Er¬
wachen wir heute und hasten wir zum Kriege entschlossene Augen ans das un¬
umgängliche Ziel." In der von ihm herrührenden Vorrede zu der bekannten
Schrift ^vaut 1a Lataills lesen wir folgende Stellen: „Ja, gewiß ist eine An¬
näherung Frankreichs und Deutschlands notwendig, aber mit den Waffen; ja,
gewiß wird sie nützlich und fruchtbar sein, aber durch den Sieg. . . Wenn also
der Nachekrieg nur ein Krieg der Ehre und des Interesses wäre, so müßte
man ihn schon um des Interesses und der Ehre willen versuchen. Aber er
ist zugleich ein Krieg der Gerechtigkeit. . . Und daß man sich doch nicht mit
thörichten Chimären einlulle! Die Zukunft verlangt, daß man ihr gerade ins
Gesicht blicke. Was man durch die Waffen verloren hat, wird man nur durch
die Wnffeu wiedererlangen. Franzosen müssen sterben, auf daß Frankreich lebe."
Zurückgekehrt von seiner bekannten europäischen Rundreise im Jahre 1886,
äußerte er am 22. November in einer Rede vor der Jahresversammlung der
Liga (pinx^u 1886, S. 580): „Ich weiß nicht, meine Herren, ob meine Nation
mich je berufen wird, ihr in einer andern Stellung zu dienen, als die ist, welche
ich unter Ihnen einnehme, auf einem andern Posten als bei der Vorhut der
Vogesenarmee, aber ich weiß, daß dieser Posten und dieser Rang meinem Ehr¬
geize genügen." Über die Aufgabe der Turm- und Schtttzenvercine sagte er in
einer Rede beim Jahresfeste eines Turnvereins, welches am 4. Dezember 1384


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[0293] Die Patriotenliga. ordnetenhaus bewarb, über die letzten Ziele des Bundes mit einer gewissen Zurückhaltung geäußert, mitunter aber auch recht deutlich. So z. B. (vergl. DiÄpeim 1888, S. 413 und 416) in einer im August 1885 von ihm auf dem Nationalschützenfeste zu Paris gehaltenen Rede, in der er u. a. sagte: „Die Patriotenliga ist in Wirklichkeit nur eine Zusammenfassung der moralischen Kräfte des Landes, eine Art Mobilisirung der Herzen. Sie ist vor allem eine gegenseitige Versicherungsgesellschaft gegen die Invasion. Wir haben wohl in dem ersten Artikel unsrer Statuten geschrieben, und die Generalversammlung des Bundes hat wohl einmütig beschlossen, daß er zum Ziele die Revision des Frankfurter Vertrages und die Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich habe, aber was heißt Revision, wenn es nicht gewaltsamen Bruch, was heißt Rück¬ gabe, wenn es nicht Rücknahme bedeutet?" Ferner ließ er sich in einer Rede bei der Einweihung eines Kriegerdenkmals in Cahors, am 15. April 1884, mit Bezug auf Elsaß-Lothringen wie folgt vernehmen: „Hinsichtlich der Majestät des Rechts wußte Gambetta sehr wohl, daß das Recht ohne Kraftanwendung nur eine ohnmächtige Majestät ist, und daß das, was durch die Waffen ver¬ loren gegangen war, nie anders als durch die Waffen wiedergewonnen wurde." Derselbe Ausspruch findet sich in einem von ihm verfaßten Artikel in Ur. 8 des DraxsÄu vom 19. Februar 1887, welcher I^Sö vaxtives überschrieben ist und in dem es außerdem in Bezug auf unsre Reichslande heißt: „Jede Hoffnung auf friedliche Wiedergabe ist eine gefährliche und sträfliche Chimäre. Es ist vielleicht einmal klug gewesen, uns mit diesen Kindermärchen einzuwiegen. Er¬ wachen wir heute und hasten wir zum Kriege entschlossene Augen ans das un¬ umgängliche Ziel." In der von ihm herrührenden Vorrede zu der bekannten Schrift ^vaut 1a Lataills lesen wir folgende Stellen: „Ja, gewiß ist eine An¬ näherung Frankreichs und Deutschlands notwendig, aber mit den Waffen; ja, gewiß wird sie nützlich und fruchtbar sein, aber durch den Sieg. . . Wenn also der Nachekrieg nur ein Krieg der Ehre und des Interesses wäre, so müßte man ihn schon um des Interesses und der Ehre willen versuchen. Aber er ist zugleich ein Krieg der Gerechtigkeit. . . Und daß man sich doch nicht mit thörichten Chimären einlulle! Die Zukunft verlangt, daß man ihr gerade ins Gesicht blicke. Was man durch die Waffen verloren hat, wird man nur durch die Wnffeu wiedererlangen. Franzosen müssen sterben, auf daß Frankreich lebe." Zurückgekehrt von seiner bekannten europäischen Rundreise im Jahre 1886, äußerte er am 22. November in einer Rede vor der Jahresversammlung der Liga (pinx^u 1886, S. 580): „Ich weiß nicht, meine Herren, ob meine Nation mich je berufen wird, ihr in einer andern Stellung zu dienen, als die ist, welche ich unter Ihnen einnehme, auf einem andern Posten als bei der Vorhut der Vogesenarmee, aber ich weiß, daß dieser Posten und dieser Rang meinem Ehr¬ geize genügen." Über die Aufgabe der Turm- und Schtttzenvercine sagte er in einer Rede beim Jahresfeste eines Turnvereins, welches am 4. Dezember 1384

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/293>, abgerufen am 17.09.2024.