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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Die Patriotenliga.

deren Wesen und Ziel Deroulede in einer Rede mit folgenden Worten zeichnete:
"Das Ganze ist, daß alles, was in unserm Frankreich Franzose ist, erwache,
sich sammle und zu vollständigem Einvernehmen gelange. So schrieb ein Patriot
des sechzehnten Jahrhunderts, der ebenfalls das Joch des Fremden abzuwerfen
wünschte. Nehmen wir ihn zum Führer, meine Herren, und seien Sie, deren
zahlreiche Vereine bereits so wohl miteinander verbunden sind, das erste Glied
dieses neuen französischen Bundes, dieser Liga der Patrioten -- ich sehe keine
bessere Bezeichnung der Sache. Diese Wohlgesinnten sind vorhanden, aber ver¬
einzelt, getrennt, unbekannt mit einander. Alle diese tausend" von kleinen Bächen
suchen nur eine Senkung, um einen Strom zu bilden. Zeigen wir ihnen diese
Bodensenkung, ziehen wir sie an uns, lenken wir sie, und wenn die Gewässer
des Stromes genügend hoch und stark sind, so werden sie das Schiff des
Vaterlandes von selbst über die Vogesen tragen. Schließen wir uns zusammen,
verbinden wir uns, vereinigen wir uns in gegenseitiger Liebe und zu gegen¬
seitigem Beistande. Was die Verbrüderung der Völker betrifft, so sprechen wir
davon wieder an dem Tage, wo Kam uns das, was er uns genommen hat,
zurückerstattet haben wird."

Schließlich ersuchte der Redner den Vorstand des elsaß-lothringischen Turn¬
vereins zu Paris, ihn zu dessen Mitgliedern zu zählen, indem er hinzufügte:
"Er wird mir diese Gunst nicht verweigern, des bin ich sicher; denn wenn sein
Land auch nicht das meiner Geburt ist, so weiß er, und nicht wahr, so wißt
ihr allesamt, daß es das Land meiner Wahl (kÄoxtion), meines Kummers und
meiner nie ersterbenden Hoffnung ist." (Vergl. 1.6 Drapes 1882, S. 170.)

Nachdem ein andrer Redner noch bemerkt hatte, der Zweck der Liga sei, alle
Turm-, Schützen-, Topographen-, Sänger- und Musikvereine, die hier vertreten
seien, mit Belassung ihrer besondern Organisation und Verwaltung, durch ein
"ausschließlich patriotisches Band" zu verknüpfen, beschloß man die Gründung
des Bundes. Der Senator Henri Martin wurde zum Präsidenten gewählt,
und in das provisorische Komitee traten u. a. Dvroulöde, Sansboeuf und Leser
als Mitglieder ein. Gleichzeitig wurde im vraxsau, der sich fortan als Noni-
tsnr Ah ig, I^ne ass ?Ä,trie>w8 bezeichnete, ein Aufruf zum Anschluß an die
Genossenschaft veröffentlicht, in welchem es hieß: "Die Patriotenliga bezweckt
die Ausbreitung und Entwicklung der patriotischen und militärischen Erziehung,
und diese Erziehung wird durch Bücher, Gesang, Schießübungen und Turnen
erteilt," und in welchem aufgefordert wurde, "mitzuwirken an diesem Werke
nationaler Erhebung und Wiedervereinigung."

Der ^l8Ä<zi"zu-I.orrÄin ging mit dem viÄpöM in den die Liga betreffenden
Veröffentlichungen Hand in Hand, nur sprach er sich über deren Endziele gleich
anfangs deutlicher aus, indem er in seiner Nummer vom 28. Mai 1882 über
deren Gründung sagte: "Mit der Patriotenliga begrüßen wir das große Wieder¬
erwachen Frankreichs im Namen des Elsaß und Lothringens, im Namen der


Grenzboten II. 1887. 36
Die Patriotenliga.

deren Wesen und Ziel Deroulede in einer Rede mit folgenden Worten zeichnete:
„Das Ganze ist, daß alles, was in unserm Frankreich Franzose ist, erwache,
sich sammle und zu vollständigem Einvernehmen gelange. So schrieb ein Patriot
des sechzehnten Jahrhunderts, der ebenfalls das Joch des Fremden abzuwerfen
wünschte. Nehmen wir ihn zum Führer, meine Herren, und seien Sie, deren
zahlreiche Vereine bereits so wohl miteinander verbunden sind, das erste Glied
dieses neuen französischen Bundes, dieser Liga der Patrioten — ich sehe keine
bessere Bezeichnung der Sache. Diese Wohlgesinnten sind vorhanden, aber ver¬
einzelt, getrennt, unbekannt mit einander. Alle diese tausend« von kleinen Bächen
suchen nur eine Senkung, um einen Strom zu bilden. Zeigen wir ihnen diese
Bodensenkung, ziehen wir sie an uns, lenken wir sie, und wenn die Gewässer
des Stromes genügend hoch und stark sind, so werden sie das Schiff des
Vaterlandes von selbst über die Vogesen tragen. Schließen wir uns zusammen,
verbinden wir uns, vereinigen wir uns in gegenseitiger Liebe und zu gegen¬
seitigem Beistande. Was die Verbrüderung der Völker betrifft, so sprechen wir
davon wieder an dem Tage, wo Kam uns das, was er uns genommen hat,
zurückerstattet haben wird."

Schließlich ersuchte der Redner den Vorstand des elsaß-lothringischen Turn¬
vereins zu Paris, ihn zu dessen Mitgliedern zu zählen, indem er hinzufügte:
»Er wird mir diese Gunst nicht verweigern, des bin ich sicher; denn wenn sein
Land auch nicht das meiner Geburt ist, so weiß er, und nicht wahr, so wißt
ihr allesamt, daß es das Land meiner Wahl (kÄoxtion), meines Kummers und
meiner nie ersterbenden Hoffnung ist." (Vergl. 1.6 Drapes 1882, S. 170.)

Nachdem ein andrer Redner noch bemerkt hatte, der Zweck der Liga sei, alle
Turm-, Schützen-, Topographen-, Sänger- und Musikvereine, die hier vertreten
seien, mit Belassung ihrer besondern Organisation und Verwaltung, durch ein
»ausschließlich patriotisches Band" zu verknüpfen, beschloß man die Gründung
des Bundes. Der Senator Henri Martin wurde zum Präsidenten gewählt,
und in das provisorische Komitee traten u. a. Dvroulöde, Sansboeuf und Leser
als Mitglieder ein. Gleichzeitig wurde im vraxsau, der sich fortan als Noni-
tsnr Ah ig, I^ne ass ?Ä,trie>w8 bezeichnete, ein Aufruf zum Anschluß an die
Genossenschaft veröffentlicht, in welchem es hieß: „Die Patriotenliga bezweckt
die Ausbreitung und Entwicklung der patriotischen und militärischen Erziehung,
und diese Erziehung wird durch Bücher, Gesang, Schießübungen und Turnen
erteilt," und in welchem aufgefordert wurde, „mitzuwirken an diesem Werke
nationaler Erhebung und Wiedervereinigung."

Der ^l8Ä<zi«zu-I.orrÄin ging mit dem viÄpöM in den die Liga betreffenden
Veröffentlichungen Hand in Hand, nur sprach er sich über deren Endziele gleich
anfangs deutlicher aus, indem er in seiner Nummer vom 28. Mai 1882 über
deren Gründung sagte: „Mit der Patriotenliga begrüßen wir das große Wieder¬
erwachen Frankreichs im Namen des Elsaß und Lothringens, im Namen der


Grenzboten II. 1887. 36
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[0289] Die Patriotenliga. deren Wesen und Ziel Deroulede in einer Rede mit folgenden Worten zeichnete: „Das Ganze ist, daß alles, was in unserm Frankreich Franzose ist, erwache, sich sammle und zu vollständigem Einvernehmen gelange. So schrieb ein Patriot des sechzehnten Jahrhunderts, der ebenfalls das Joch des Fremden abzuwerfen wünschte. Nehmen wir ihn zum Führer, meine Herren, und seien Sie, deren zahlreiche Vereine bereits so wohl miteinander verbunden sind, das erste Glied dieses neuen französischen Bundes, dieser Liga der Patrioten — ich sehe keine bessere Bezeichnung der Sache. Diese Wohlgesinnten sind vorhanden, aber ver¬ einzelt, getrennt, unbekannt mit einander. Alle diese tausend« von kleinen Bächen suchen nur eine Senkung, um einen Strom zu bilden. Zeigen wir ihnen diese Bodensenkung, ziehen wir sie an uns, lenken wir sie, und wenn die Gewässer des Stromes genügend hoch und stark sind, so werden sie das Schiff des Vaterlandes von selbst über die Vogesen tragen. Schließen wir uns zusammen, verbinden wir uns, vereinigen wir uns in gegenseitiger Liebe und zu gegen¬ seitigem Beistande. Was die Verbrüderung der Völker betrifft, so sprechen wir davon wieder an dem Tage, wo Kam uns das, was er uns genommen hat, zurückerstattet haben wird." Schließlich ersuchte der Redner den Vorstand des elsaß-lothringischen Turn¬ vereins zu Paris, ihn zu dessen Mitgliedern zu zählen, indem er hinzufügte: »Er wird mir diese Gunst nicht verweigern, des bin ich sicher; denn wenn sein Land auch nicht das meiner Geburt ist, so weiß er, und nicht wahr, so wißt ihr allesamt, daß es das Land meiner Wahl (kÄoxtion), meines Kummers und meiner nie ersterbenden Hoffnung ist." (Vergl. 1.6 Drapes 1882, S. 170.) Nachdem ein andrer Redner noch bemerkt hatte, der Zweck der Liga sei, alle Turm-, Schützen-, Topographen-, Sänger- und Musikvereine, die hier vertreten seien, mit Belassung ihrer besondern Organisation und Verwaltung, durch ein »ausschließlich patriotisches Band" zu verknüpfen, beschloß man die Gründung des Bundes. Der Senator Henri Martin wurde zum Präsidenten gewählt, und in das provisorische Komitee traten u. a. Dvroulöde, Sansboeuf und Leser als Mitglieder ein. Gleichzeitig wurde im vraxsau, der sich fortan als Noni- tsnr Ah ig, I^ne ass ?Ä,trie>w8 bezeichnete, ein Aufruf zum Anschluß an die Genossenschaft veröffentlicht, in welchem es hieß: „Die Patriotenliga bezweckt die Ausbreitung und Entwicklung der patriotischen und militärischen Erziehung, und diese Erziehung wird durch Bücher, Gesang, Schießübungen und Turnen erteilt," und in welchem aufgefordert wurde, „mitzuwirken an diesem Werke nationaler Erhebung und Wiedervereinigung." Der ^l8Ä<zi«zu-I.orrÄin ging mit dem viÄpöM in den die Liga betreffenden Veröffentlichungen Hand in Hand, nur sprach er sich über deren Endziele gleich anfangs deutlicher aus, indem er in seiner Nummer vom 28. Mai 1882 über deren Gründung sagte: „Mit der Patriotenliga begrüßen wir das große Wieder¬ erwachen Frankreichs im Namen des Elsaß und Lothringens, im Namen der Grenzboten II. 1887. 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/289>, abgerufen am 17.09.2024.