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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Gin fauler Fleck im Gerichtskostengesetz.

ungemessenem Zufluß des Silbergeldes in Handel und Wandel schwerlich auf¬
recht zu halten sein, zumal wenn England mit seinem weltbeherrschenden Geld¬
markte frei daneben stünde und diesen Wert nicht anerkannte. Die gedachten
Länder würden daher in unabsehbarer Menge mit einer unterwertigen Valuta
überschwemmt werden. Keine Vereinbarung könnte dagegen schützen. Eine solche
würde nicht einmal dafür Garantie leisten, daß die beteiligten Länder wenigstens
"leichmäßig von den Nachteilen eines solchen Zustandes betroffen würden.
Wahrscheinlich würden die Nachteile am größten für dasjenige Land werden,
welches am ehrlichsten die Vereinbarung einhielte. Flete einstmals -- was kaum
ausbleiben könnte -- die Vereinbarung auseinander, so würde vollends alles
Unheil über die Länder hereinbrechen, welches an den Bestand einer unter-
wertigen Valuta sich knüpft.

Diese Nachteile wären doch zu groß, als daß man sie. nur um dem ver¬
schuldeten Grundbesitz die vermeintlich aus der Doppelwährung ersprießende
Hilfe zuzuwenden, auf sich nehmen könnte. Überdies kommt den Schuldnern
wenigstens der Trost zu statten, daß gleichzeitig mit der vermeintlichen Wert¬
steigerung des Geldes der Zinsfuß erheblich herabgegangen ist, was ihnen
wenigstens für den Augenblick ihre Schuldenlast sehr erleichtert. Wir meinen
hiernach, daß unsre patriotisch gesinnten Grundbesitzer selbst kaum verlangen
können, daß man in ihrem einseitigen Interesse einen Schritt thue, den doch
auch sie mindestens als höchst gefährlich erkennen müßten. Wenn gleichwohl
Hunderte von Petitionen aus agrarischen Kreisen für Einführung der Doppel¬
währung eintreten, so kann uns auch das nicht bewegen. Wirtschaftliche Fragen
dieser Art sind in der That nicht geeignet, durch Massenpetitionen entschieden
zu werden. Sie sind nur auf dem Wege wissenschaftlicher Erörterung auszu¬
tragen. Wir zweifeln nicht, daß auf diesem Felde die Anhänger der Doppel¬
währung unterliegen werden.




Lin fauler Fleck im Gerichtskostengesetz.

em Reichstage wird voraussichtlich bald der Entwurf des Gesetzes
über Abänderung des Gerichtskostengesetzes und der Gebühren¬
ordnung für Rechtsanwälte zugehen, oder er ist ihm vielleicht in
diesem Augenblicke schon zugegangen. Bekanntlich überwiegen darin
die auf die Gebührenordnung bezüglichen Bestimmungen bei weitem
die auf das Gerichtskostengesetz bezüglichen, und es ist zu erwarten, daß die
Verhandlungen hauptsächlich die erstern zum Gegenstande haben werden. Über


Gin fauler Fleck im Gerichtskostengesetz.

ungemessenem Zufluß des Silbergeldes in Handel und Wandel schwerlich auf¬
recht zu halten sein, zumal wenn England mit seinem weltbeherrschenden Geld¬
markte frei daneben stünde und diesen Wert nicht anerkannte. Die gedachten
Länder würden daher in unabsehbarer Menge mit einer unterwertigen Valuta
überschwemmt werden. Keine Vereinbarung könnte dagegen schützen. Eine solche
würde nicht einmal dafür Garantie leisten, daß die beteiligten Länder wenigstens
»leichmäßig von den Nachteilen eines solchen Zustandes betroffen würden.
Wahrscheinlich würden die Nachteile am größten für dasjenige Land werden,
welches am ehrlichsten die Vereinbarung einhielte. Flete einstmals — was kaum
ausbleiben könnte — die Vereinbarung auseinander, so würde vollends alles
Unheil über die Länder hereinbrechen, welches an den Bestand einer unter-
wertigen Valuta sich knüpft.

Diese Nachteile wären doch zu groß, als daß man sie. nur um dem ver¬
schuldeten Grundbesitz die vermeintlich aus der Doppelwährung ersprießende
Hilfe zuzuwenden, auf sich nehmen könnte. Überdies kommt den Schuldnern
wenigstens der Trost zu statten, daß gleichzeitig mit der vermeintlichen Wert¬
steigerung des Geldes der Zinsfuß erheblich herabgegangen ist, was ihnen
wenigstens für den Augenblick ihre Schuldenlast sehr erleichtert. Wir meinen
hiernach, daß unsre patriotisch gesinnten Grundbesitzer selbst kaum verlangen
können, daß man in ihrem einseitigen Interesse einen Schritt thue, den doch
auch sie mindestens als höchst gefährlich erkennen müßten. Wenn gleichwohl
Hunderte von Petitionen aus agrarischen Kreisen für Einführung der Doppel¬
währung eintreten, so kann uns auch das nicht bewegen. Wirtschaftliche Fragen
dieser Art sind in der That nicht geeignet, durch Massenpetitionen entschieden
zu werden. Sie sind nur auf dem Wege wissenschaftlicher Erörterung auszu¬
tragen. Wir zweifeln nicht, daß auf diesem Felde die Anhänger der Doppel¬
währung unterliegen werden.




Lin fauler Fleck im Gerichtskostengesetz.

em Reichstage wird voraussichtlich bald der Entwurf des Gesetzes
über Abänderung des Gerichtskostengesetzes und der Gebühren¬
ordnung für Rechtsanwälte zugehen, oder er ist ihm vielleicht in
diesem Augenblicke schon zugegangen. Bekanntlich überwiegen darin
die auf die Gebührenordnung bezüglichen Bestimmungen bei weitem
die auf das Gerichtskostengesetz bezüglichen, und es ist zu erwarten, daß die
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[0027] Gin fauler Fleck im Gerichtskostengesetz. ungemessenem Zufluß des Silbergeldes in Handel und Wandel schwerlich auf¬ recht zu halten sein, zumal wenn England mit seinem weltbeherrschenden Geld¬ markte frei daneben stünde und diesen Wert nicht anerkannte. Die gedachten Länder würden daher in unabsehbarer Menge mit einer unterwertigen Valuta überschwemmt werden. Keine Vereinbarung könnte dagegen schützen. Eine solche würde nicht einmal dafür Garantie leisten, daß die beteiligten Länder wenigstens »leichmäßig von den Nachteilen eines solchen Zustandes betroffen würden. Wahrscheinlich würden die Nachteile am größten für dasjenige Land werden, welches am ehrlichsten die Vereinbarung einhielte. Flete einstmals — was kaum ausbleiben könnte — die Vereinbarung auseinander, so würde vollends alles Unheil über die Länder hereinbrechen, welches an den Bestand einer unter- wertigen Valuta sich knüpft. Diese Nachteile wären doch zu groß, als daß man sie. nur um dem ver¬ schuldeten Grundbesitz die vermeintlich aus der Doppelwährung ersprießende Hilfe zuzuwenden, auf sich nehmen könnte. Überdies kommt den Schuldnern wenigstens der Trost zu statten, daß gleichzeitig mit der vermeintlichen Wert¬ steigerung des Geldes der Zinsfuß erheblich herabgegangen ist, was ihnen wenigstens für den Augenblick ihre Schuldenlast sehr erleichtert. Wir meinen hiernach, daß unsre patriotisch gesinnten Grundbesitzer selbst kaum verlangen können, daß man in ihrem einseitigen Interesse einen Schritt thue, den doch auch sie mindestens als höchst gefährlich erkennen müßten. Wenn gleichwohl Hunderte von Petitionen aus agrarischen Kreisen für Einführung der Doppel¬ währung eintreten, so kann uns auch das nicht bewegen. Wirtschaftliche Fragen dieser Art sind in der That nicht geeignet, durch Massenpetitionen entschieden zu werden. Sie sind nur auf dem Wege wissenschaftlicher Erörterung auszu¬ tragen. Wir zweifeln nicht, daß auf diesem Felde die Anhänger der Doppel¬ währung unterliegen werden. Lin fauler Fleck im Gerichtskostengesetz. em Reichstage wird voraussichtlich bald der Entwurf des Gesetzes über Abänderung des Gerichtskostengesetzes und der Gebühren¬ ordnung für Rechtsanwälte zugehen, oder er ist ihm vielleicht in diesem Augenblicke schon zugegangen. Bekanntlich überwiegen darin die auf die Gebührenordnung bezüglichen Bestimmungen bei weitem die auf das Gerichtskostengesetz bezüglichen, und es ist zu erwarten, daß die Verhandlungen hauptsächlich die erstern zum Gegenstande haben werden. Über

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/27>, abgerufen am 17.09.2024.