Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie. Nvllo und den Herzogen der Normandie" (Glogau, 1835) eine Bearbeitung des ä) "Legende" ist die Übersetzung einer Pcrgamcnthandschrift der k. Bibliothek <z) "Königstochter" ist die genaue Übersetzung eines Volksliedes, wahr¬ 2. Bearbeitungen. Der Gesichtspunkt, welchen Uhland bei der Aneignung g.) Demgemäß hatte er also schon früher das reizende Gedicht "Klein Ro¬ d) Die "Jagd von Winchester." In seinem Tagebuche giebt Uhland aus¬ o) "Tcnllefer" ist ebenfalls durch die Anregung des umfangreichen Roman av Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie. Nvllo und den Herzogen der Normandie" (Glogau, 1835) eine Bearbeitung des ä) „Legende" ist die Übersetzung einer Pcrgamcnthandschrift der k. Bibliothek <z) „Königstochter" ist die genaue Übersetzung eines Volksliedes, wahr¬ 2. Bearbeitungen. Der Gesichtspunkt, welchen Uhland bei der Aneignung g.) Demgemäß hatte er also schon früher das reizende Gedicht „Klein Ro¬ d) Die „Jagd von Winchester." In seinem Tagebuche giebt Uhland aus¬ o) „Tcnllefer" ist ebenfalls durch die Anregung des umfangreichen Roman av <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/288679"/> <fw type="header" place="top"> Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie.</fw><lb/> <p xml:id="ID_664" prev="#ID_663"> Nvllo und den Herzogen der Normandie" (Glogau, 1835) eine Bearbeitung des<lb/> ganzen Werkes gegeben hat. Der Vergleich fällt freilich zu Gunsten Uhlands aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_665"> ä) „Legende" ist die Übersetzung einer Pcrgamcnthandschrift der k. Bibliothek<lb/> zu Paris lMo. trui^is 375, Moi. 6987, Blatt 346b). Das Original hat<lb/> einundneunzig, Uhland bloß sechzig Verse, da er die vielen Wiederholungen,<lb/> Weitschweifigkeiten u. s. w. einfach wegläßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_666"> <z) „Königstochter" ist die genaue Übersetzung eines Volksliedes, wahr¬<lb/> scheinlich eines Flugblattes, welches Chamisso in Paris aufgestöbert hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_667"> 2. Bearbeitungen. Der Gesichtspunkt, welchen Uhland bei der Aneignung<lb/> altfranzösischer Stoffe beobachtete, ist am besten ausgesprochen in einem Briefe<lb/> an Fouquö vom 29. Oktober 1810: „Ich wünschte überhaupt, eine Sammlung<lb/> von Übersetzungen und Bearbeitungen zusammenzubringen. Diejenigen Dich¬<lb/> tungen nämlich, die mir in der Form, in der ich sie vorfinde, schon vollendet<lb/> erscheinen, übersetze ich getreu, andre, die durch schlechte Einkleidung, besonders<lb/> durch Weitschweifigkeit entstellt sind, suche ich zu bearbeiten. Denn hier scheint<lb/> mir die Treue eben darin zu bestehen, daß die lebendige Sage von der schlechten<lb/> Einkleidung befreit und ihr ein Gewand gegeben werde, in dem sie unentstellt<lb/> erscheint."</p><lb/> <p xml:id="ID_668"> g.) Demgemäß hatte er also schon früher das reizende Gedicht „Klein Ro¬<lb/> land" nach einer Erzählung in den Uoob.68 as luviLruo angefertigt. In unsrer<lb/> Zeit ist es gelungen, auch die ältern Darstellungen dieser Sage in den ReM<lb/> al IsiMvig, und in der Handschrift Veuews 13 zu entdecken.</p><lb/> <p xml:id="ID_669"> d) Die „Jagd von Winchester." In seinem Tagebuche giebt Uhland aus¬<lb/> drücklich den Roman as lion als seine Quelle an. Aber hier hat er nicht über¬<lb/> setzt, sondern nur redigirt. Daß durch den schweren Traum des Königs die<lb/> ganze Ballade fatalistisch geworden sei, braucht durchaus nicht angenommen zu<lb/> werden. Wahrscheinlich ist, daß er dieses Motiv aus des Ordericus Vitcilis<lb/> Hiütorm «ZLvlösiWtio», der Quelle des Roman as Rem, genommen hat, denn<lb/> zahlreiche Verweise in seinen eignen Anmerkungen in den „Schriften" beweisen,<lb/> daß er sie wenigstens später genau kannte.</p><lb/> <p xml:id="ID_670" next="#ID_671"> o) „Tcnllefer" ist ebenfalls durch die Anregung des umfangreichen Roman av<lb/> Rou entstanden, dessen äisjLvtg. asino-g, Uhland nur passend zu einem Gesamtbilde<lb/> gestaltet hat. Dabei verfährt er umgekehrt, wie in der „Jagd von Winchester." Dort<lb/> wurde unnachsichtlich gekürzt, hier wird mehr als die Hälfte der Strophen frei<lb/> hinzugedichtet. Auch wird der Charakter des Helden wesentlich idealer ge¬<lb/> halten und Taillefer, um seine Tüchtigkeit noch mehr leuchten zu lassen, zu einem<lb/> niedrigen Knechte gemacht, während er in der Vorlage von Anfang an ritter-<lb/> bürtig war. Ist das nun der Standpunkt, den Uhland in dem oben erwähnten<lb/> Briefe an FouquL bei der Bearbeitung altfranzösischer Sagenftoffe einnehmen<lb/> wollte? Sicherlich nicht für unser vorliegendes Gedicht, bei dem die Reinhaltung<lb/> der Sage verschwindet vor Uhlands unzweifelhafter Vorliebe für die Figur</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0226]
Ludwig Uhland und die altfranzösische Poesie.
Nvllo und den Herzogen der Normandie" (Glogau, 1835) eine Bearbeitung des
ganzen Werkes gegeben hat. Der Vergleich fällt freilich zu Gunsten Uhlands aus.
ä) „Legende" ist die Übersetzung einer Pcrgamcnthandschrift der k. Bibliothek
zu Paris lMo. trui^is 375, Moi. 6987, Blatt 346b). Das Original hat
einundneunzig, Uhland bloß sechzig Verse, da er die vielen Wiederholungen,
Weitschweifigkeiten u. s. w. einfach wegläßt.
<z) „Königstochter" ist die genaue Übersetzung eines Volksliedes, wahr¬
scheinlich eines Flugblattes, welches Chamisso in Paris aufgestöbert hatte.
2. Bearbeitungen. Der Gesichtspunkt, welchen Uhland bei der Aneignung
altfranzösischer Stoffe beobachtete, ist am besten ausgesprochen in einem Briefe
an Fouquö vom 29. Oktober 1810: „Ich wünschte überhaupt, eine Sammlung
von Übersetzungen und Bearbeitungen zusammenzubringen. Diejenigen Dich¬
tungen nämlich, die mir in der Form, in der ich sie vorfinde, schon vollendet
erscheinen, übersetze ich getreu, andre, die durch schlechte Einkleidung, besonders
durch Weitschweifigkeit entstellt sind, suche ich zu bearbeiten. Denn hier scheint
mir die Treue eben darin zu bestehen, daß die lebendige Sage von der schlechten
Einkleidung befreit und ihr ein Gewand gegeben werde, in dem sie unentstellt
erscheint."
g.) Demgemäß hatte er also schon früher das reizende Gedicht „Klein Ro¬
land" nach einer Erzählung in den Uoob.68 as luviLruo angefertigt. In unsrer
Zeit ist es gelungen, auch die ältern Darstellungen dieser Sage in den ReM
al IsiMvig, und in der Handschrift Veuews 13 zu entdecken.
d) Die „Jagd von Winchester." In seinem Tagebuche giebt Uhland aus¬
drücklich den Roman as lion als seine Quelle an. Aber hier hat er nicht über¬
setzt, sondern nur redigirt. Daß durch den schweren Traum des Königs die
ganze Ballade fatalistisch geworden sei, braucht durchaus nicht angenommen zu
werden. Wahrscheinlich ist, daß er dieses Motiv aus des Ordericus Vitcilis
Hiütorm «ZLvlösiWtio», der Quelle des Roman as Rem, genommen hat, denn
zahlreiche Verweise in seinen eignen Anmerkungen in den „Schriften" beweisen,
daß er sie wenigstens später genau kannte.
o) „Tcnllefer" ist ebenfalls durch die Anregung des umfangreichen Roman av
Rou entstanden, dessen äisjLvtg. asino-g, Uhland nur passend zu einem Gesamtbilde
gestaltet hat. Dabei verfährt er umgekehrt, wie in der „Jagd von Winchester." Dort
wurde unnachsichtlich gekürzt, hier wird mehr als die Hälfte der Strophen frei
hinzugedichtet. Auch wird der Charakter des Helden wesentlich idealer ge¬
halten und Taillefer, um seine Tüchtigkeit noch mehr leuchten zu lassen, zu einem
niedrigen Knechte gemacht, während er in der Vorlage von Anfang an ritter-
bürtig war. Ist das nun der Standpunkt, den Uhland in dem oben erwähnten
Briefe an FouquL bei der Bearbeitung altfranzösischer Sagenftoffe einnehmen
wollte? Sicherlich nicht für unser vorliegendes Gedicht, bei dem die Reinhaltung
der Sage verschwindet vor Uhlands unzweifelhafter Vorliebe für die Figur
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