Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Mit der Diogeneslaterne. Pessimismus. Bitter ist der Wahrheit KernIDurch die Blätter der Geschichte Rauscht das Ruhmeslied der Völker, Die gefolgt sind ihrem Stern, Doch ein Stimmchen mischt sich leise Als ein Mißton in die Weise: Fällt die Hülle, kommt zu Tage Häßlich nackt die Magenfrage. Vom ewigen Frieden. Wann ist dieser Welt beschiedenFriede ewig ungetrübt? Wenn der Philosoph die Weisheit, Die er predigt, selber übt; Wenn der Nachbar zu dein Hausbau Seines Nachbarn Steine trägt. Wenn ein jeder Ehrabschneider Erst vor seiner Thüre fegt; Wenn die Frau mit Gründen streitet, Nie das letzte Wort versieht; Wenn die Jungen, statt zu raufen, Klagen vor dem Schiedsgericht. GH das alles nicht geschah, Ist kein co'ger Friede da. AgaMer. Wann raste ich, der Ruhelose,von langen Wanderns langem Leid? Des Heilands Marterstunde lastet Auf mir als Fluch der Ewigkeit. Ich sah der Völker Ruhm verglühen, Auf Trümmern neue Welten blühen, Ich sah im Werden und veralte" Der Sünde wechselnde Gestalten. Und immer eilt Natur, Zu nie erfüllten Zwecken, Ans Staube wieder Staub Die Menschensaat zu wecken. Mit der Diogeneslaterne. Pessimismus. Bitter ist der Wahrheit KernIDurch die Blätter der Geschichte Rauscht das Ruhmeslied der Völker, Die gefolgt sind ihrem Stern, Doch ein Stimmchen mischt sich leise Als ein Mißton in die Weise: Fällt die Hülle, kommt zu Tage Häßlich nackt die Magenfrage. Vom ewigen Frieden. Wann ist dieser Welt beschiedenFriede ewig ungetrübt? Wenn der Philosoph die Weisheit, Die er predigt, selber übt; Wenn der Nachbar zu dein Hausbau Seines Nachbarn Steine trägt. Wenn ein jeder Ehrabschneider Erst vor seiner Thüre fegt; Wenn die Frau mit Gründen streitet, Nie das letzte Wort versieht; Wenn die Jungen, statt zu raufen, Klagen vor dem Schiedsgericht. GH das alles nicht geschah, Ist kein co'ger Friede da. AgaMer. Wann raste ich, der Ruhelose,von langen Wanderns langem Leid? Des Heilands Marterstunde lastet Auf mir als Fluch der Ewigkeit. Ich sah der Völker Ruhm verglühen, Auf Trümmern neue Welten blühen, Ich sah im Werden und veralte» Der Sünde wechselnde Gestalten. Und immer eilt Natur, Zu nie erfüllten Zwecken, Ans Staube wieder Staub Die Menschensaat zu wecken. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0647" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202076"/> <fw type="header" place="top"> Mit der Diogeneslaterne.</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_138" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_139" type="poem"> <head> Pessimismus.</head> <l> Bitter ist der Wahrheit KernI<lb/> Durch die Blätter der Geschichte<lb/> Rauscht das Ruhmeslied der Völker,<lb/> Die gefolgt sind ihrem Stern,<lb/> Doch ein Stimmchen mischt sich leise<lb/> Als ein Mißton in die Weise:<lb/> Fällt die Hülle, kommt zu Tage<lb/> Häßlich nackt die Magenfrage. </l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_140" type="poem"> <head> Vom ewigen Frieden.</head> <l> Wann ist dieser Welt beschieden<lb/> Friede ewig ungetrübt?<lb/> Wenn der Philosoph die Weisheit,<lb/> Die er predigt, selber übt;<lb/> Wenn der Nachbar zu dein Hausbau<lb/> Seines Nachbarn Steine trägt.<lb/> Wenn ein jeder Ehrabschneider<lb/> Erst vor seiner Thüre fegt;<lb/> Wenn die Frau mit Gründen streitet,<lb/> Nie das letzte Wort versieht;<lb/> Wenn die Jungen, statt zu raufen,<lb/> Klagen vor dem Schiedsgericht.<lb/> GH das alles nicht geschah,<lb/> Ist kein co'ger Friede da.<lb/></l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_141" type="poem"> <head> AgaMer.</head> <l> Wann raste ich, der Ruhelose,<lb/> von langen Wanderns langem Leid?<lb/> Des Heilands Marterstunde lastet<lb/> Auf mir als Fluch der Ewigkeit.<lb/> Ich sah der Völker Ruhm verglühen,<lb/> Auf Trümmern neue Welten blühen,<lb/> Ich sah im Werden und veralte»<lb/> Der Sünde wechselnde Gestalten.<lb/> Und immer eilt Natur,<lb/> Zu nie erfüllten Zwecken,<lb/> Ans Staube wieder Staub<lb/> Die Menschensaat zu wecken. </l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0647]
Mit der Diogeneslaterne.
Pessimismus. Bitter ist der Wahrheit KernI
Durch die Blätter der Geschichte
Rauscht das Ruhmeslied der Völker,
Die gefolgt sind ihrem Stern,
Doch ein Stimmchen mischt sich leise
Als ein Mißton in die Weise:
Fällt die Hülle, kommt zu Tage
Häßlich nackt die Magenfrage.
Vom ewigen Frieden. Wann ist dieser Welt beschieden
Friede ewig ungetrübt?
Wenn der Philosoph die Weisheit,
Die er predigt, selber übt;
Wenn der Nachbar zu dein Hausbau
Seines Nachbarn Steine trägt.
Wenn ein jeder Ehrabschneider
Erst vor seiner Thüre fegt;
Wenn die Frau mit Gründen streitet,
Nie das letzte Wort versieht;
Wenn die Jungen, statt zu raufen,
Klagen vor dem Schiedsgericht.
GH das alles nicht geschah,
Ist kein co'ger Friede da.
AgaMer. Wann raste ich, der Ruhelose,
von langen Wanderns langem Leid?
Des Heilands Marterstunde lastet
Auf mir als Fluch der Ewigkeit.
Ich sah der Völker Ruhm verglühen,
Auf Trümmern neue Welten blühen,
Ich sah im Werden und veralte»
Der Sünde wechselnde Gestalten.
Und immer eilt Natur,
Zu nie erfüllten Zwecken,
Ans Staube wieder Staub
Die Menschensaat zu wecken.
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