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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Der Rheinbund.

stand zwar eigentlich nicht in Einklang mit dem oben angeführten Art. 33,
wonach jeder Krieg, in den einer der verbündeten Staaten geriete, sofort allen
gemeinsam werden sollte. Um solche Kleinigkeiten konnte sich der große Mann
natürlich nicht kümmern. Art. 36 der Rheinbundsakte sagt ganz unbefangen:
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8. N. l'Linxöreur et R,ol Ä ob^eure clss xui88Ap.os8 g-lliseö. Darnach lag die
gesamte Militärmacht des Bundes schrankenlos und einseitig in der Hand des
Kaisers, und von der Stiftung des Rheinbundes an, ja man kann sogar noch
ein Jahr rückwärts greifen, von 1805 an, bis zur thatsächlichen Sprengung
des Bundes auf den blutigen Gefilden um Leipzig wurden jahraus jahrein
Tausende von der kaum erwachsenen männlichen Jugend jener deutschen Lande
dem unersättlichen Ehrgeize des Korsen, dem Moloch der (Aoire der 6rg.nac
Ration geopfert. Bei Austerlitz und Jena, bei Eylau und Friedland, bei Aspern
und Wagram, in Spanien und Rußland, bei Lützen, Bautzen, Großbeeren und
Dennewitz floß das Blut jener rheinlündischen Söldner in Strömen. Und
wofür? Man weiß ja, wie Napoleon ihnen dankte. Bekannt ist sein Aus¬
spruch gegenüber einem russischen General, der im Jahre 1812 mit ihm über
einen Waffenstillstand verhandelte: (jrmnä vous verein einel Iwssvs, us xsrcls
aus Huatrs e-ve-trons et no ?rg.o.^g.is. Bekannt ist ferner, wie er nach der
Schlacht von Dennewitz, in der gerade die deutschen Regimenter, Baiern, Württem¬
berger und Sachsen, eine glänzende Tapferkeit gezeigt hatten, die letztern mit dem
Vorwurfe der Feigheit brandmarkte und ihnen den Verlust der Schlacht schuldgab.

In Bezug auf die übrigen Einrichtungen des Rheinbundes können wir uns
kurz fassen. Der Bundestag, der überhaupt uur auf dem Papiere stand, sollte
seinen Sitz in Frankfurt a. M. haben und ans den Gesandten sämtlicher Bundes-
fllrsten bestehen. Er zerfiel in zwei Kollegien, das der Könige, in dem die
Könige und Großherzoge vertreten waren, und das Kollegium der Fürsten.
Den Vorsitz im Bundestage führte der Fürst-Primas, der vom Protektor auf
Lebenszeit ernannt wurde, und der der Vermittler zwischen der Versammlung
und Napoleon war. Bei getrennter Beratung führte er den Vorsitz im Kollegium
der Könige; dem der Fürsten saß der Herzog von Nassau vor. Über die
Rechte des Bundestages finden sich zwar einige Bestimmungen, die jedoch nichts
weniger als klar und deutlich sind. Umgewandt worden sind sie nie. Besonders
bezeichnend ist, daß der Bund über Krieg und Frieden nicht mitzureden hatte,
sondern nur das Maß der Kriegshilfe zu bestimmen hatte. In Art. 39, § 2,
heißt es: Iig. äiöts üvwrmmvra, ooinbivn Ah qusrts üsvront, vero rsnäus mobiles.

Andre organische Einrichtungen hat der Bund nie besessen. Von einem
Bundesgerichte, von einer Instanz für Beschwerden der Unterthanen gegen ihre
Regierungen vollends war niemals die Rede. Gut geordnet war nur das Heer¬
wesen. Nach Art. 33 betrugen die Kontingente der sechzehn ursprünglichen
Bundesmitglieder zusammen 63 000 Mann. Den später beitretenden Fürsten


Der Rheinbund.

stand zwar eigentlich nicht in Einklang mit dem oben angeführten Art. 33,
wonach jeder Krieg, in den einer der verbündeten Staaten geriete, sofort allen
gemeinsam werden sollte. Um solche Kleinigkeiten konnte sich der große Mann
natürlich nicht kümmern. Art. 36 der Rheinbundsakte sagt ganz unbefangen:
ki'Al'insinönt ve serg. elleotus qu'su eonsequeiKZS ä'rue invitiition itärsssss xg.r
8. N. l'Linxöreur et R,ol Ä ob^eure clss xui88Ap.os8 g-lliseö. Darnach lag die
gesamte Militärmacht des Bundes schrankenlos und einseitig in der Hand des
Kaisers, und von der Stiftung des Rheinbundes an, ja man kann sogar noch
ein Jahr rückwärts greifen, von 1805 an, bis zur thatsächlichen Sprengung
des Bundes auf den blutigen Gefilden um Leipzig wurden jahraus jahrein
Tausende von der kaum erwachsenen männlichen Jugend jener deutschen Lande
dem unersättlichen Ehrgeize des Korsen, dem Moloch der (Aoire der 6rg.nac
Ration geopfert. Bei Austerlitz und Jena, bei Eylau und Friedland, bei Aspern
und Wagram, in Spanien und Rußland, bei Lützen, Bautzen, Großbeeren und
Dennewitz floß das Blut jener rheinlündischen Söldner in Strömen. Und
wofür? Man weiß ja, wie Napoleon ihnen dankte. Bekannt ist sein Aus¬
spruch gegenüber einem russischen General, der im Jahre 1812 mit ihm über
einen Waffenstillstand verhandelte: (jrmnä vous verein einel Iwssvs, us xsrcls
aus Huatrs e-ve-trons et no ?rg.o.^g.is. Bekannt ist ferner, wie er nach der
Schlacht von Dennewitz, in der gerade die deutschen Regimenter, Baiern, Württem¬
berger und Sachsen, eine glänzende Tapferkeit gezeigt hatten, die letztern mit dem
Vorwurfe der Feigheit brandmarkte und ihnen den Verlust der Schlacht schuldgab.

In Bezug auf die übrigen Einrichtungen des Rheinbundes können wir uns
kurz fassen. Der Bundestag, der überhaupt uur auf dem Papiere stand, sollte
seinen Sitz in Frankfurt a. M. haben und ans den Gesandten sämtlicher Bundes-
fllrsten bestehen. Er zerfiel in zwei Kollegien, das der Könige, in dem die
Könige und Großherzoge vertreten waren, und das Kollegium der Fürsten.
Den Vorsitz im Bundestage führte der Fürst-Primas, der vom Protektor auf
Lebenszeit ernannt wurde, und der der Vermittler zwischen der Versammlung
und Napoleon war. Bei getrennter Beratung führte er den Vorsitz im Kollegium
der Könige; dem der Fürsten saß der Herzog von Nassau vor. Über die
Rechte des Bundestages finden sich zwar einige Bestimmungen, die jedoch nichts
weniger als klar und deutlich sind. Umgewandt worden sind sie nie. Besonders
bezeichnend ist, daß der Bund über Krieg und Frieden nicht mitzureden hatte,
sondern nur das Maß der Kriegshilfe zu bestimmen hatte. In Art. 39, § 2,
heißt es: Iig. äiöts üvwrmmvra, ooinbivn Ah qusrts üsvront, vero rsnäus mobiles.

Andre organische Einrichtungen hat der Bund nie besessen. Von einem
Bundesgerichte, von einer Instanz für Beschwerden der Unterthanen gegen ihre
Regierungen vollends war niemals die Rede. Gut geordnet war nur das Heer¬
wesen. Nach Art. 33 betrugen die Kontingente der sechzehn ursprünglichen
Bundesmitglieder zusammen 63 000 Mann. Den später beitretenden Fürsten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/630>, abgerufen am 23.07.2024.