Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Mit der Diogeneslaterne.
Drob freute sich der König sehr.
Des Bösen List betrog nicht mehr,
Es herrschte endlich um hienieden
In Dorf und Stadt der Gottesfrieden.
Und doch, man sprach von Mißvergnügte",
Die Salomons Verfahren rügten.
Wahrscheinlich alte Missethäter,
verstockte Teuselsdienstanbeter?
Ach meint Die einst in Ehren standen,
Weil sie den Weg zum Himmel fanden,
Sie klagten, das; vorbei die Zeit,
Als noch die Höllenstraße breit.
Man hat uns, jammerten die Frommen,
Den Ruhm vor Gottes Thron genommen.
Wir suchten co'gen Gnadenschein,
Hier klein, dort oben groß zu sein.
Heut wird ein jeder selig werden,
Wir mühten uns umsonst ans Erden.
Nicht minder klagten die Gerechten:
Wir sahn, die Wahrheit zu verfechten,
Nicht rechts, noch links; wie eitel Dunst
Erschien uns alle Menschengunst.
Bei Schmeicheleien ward man grob,
Wir wärmten uns am Eigenlob.
Jetzt, nun ein jeder gleich schwer wiegt,
Ist unser Lebensöl versiegt.
Zuletzt besenfzten auch ihr Leiden,
Die farblos sich in Demut kleiden:
Wie lebten wir in frühern Tagen
So fröhlich, ohne uns zu plagen,
Denn besser als der Fleiß die Biene
Ernährte uns die Demntsmieue.
Doch da es leider dahin kam,
Daß alle Welt so tugendsam,
Nun heißt man Demut Heuchelei,
Die jetzt auf Erden zwecklos sei.
Bald drangen bis zur Thronesstufe
Der Biedermänner Klagerufe.
Der König erst erstaunt, sann nach,
Bis seine Weisheit also sprach:
Mit Recht betrauern meine Frommen,
Daß Satans Macht zu Fall gekommen,
Weil so die Tilgend, die nichts kostet,
Wie ungenutztes Lisen rostet.
Da muß ich wohl um Gotteswillen
Die Sehnsucht nach dem Teufel stillen.

Mit der Diogeneslaterne.
Drob freute sich der König sehr.
Des Bösen List betrog nicht mehr,
Es herrschte endlich um hienieden
In Dorf und Stadt der Gottesfrieden.
Und doch, man sprach von Mißvergnügte»,
Die Salomons Verfahren rügten.
Wahrscheinlich alte Missethäter,
verstockte Teuselsdienstanbeter?
Ach meint Die einst in Ehren standen,
Weil sie den Weg zum Himmel fanden,
Sie klagten, das; vorbei die Zeit,
Als noch die Höllenstraße breit.
Man hat uns, jammerten die Frommen,
Den Ruhm vor Gottes Thron genommen.
Wir suchten co'gen Gnadenschein,
Hier klein, dort oben groß zu sein.
Heut wird ein jeder selig werden,
Wir mühten uns umsonst ans Erden.
Nicht minder klagten die Gerechten:
Wir sahn, die Wahrheit zu verfechten,
Nicht rechts, noch links; wie eitel Dunst
Erschien uns alle Menschengunst.
Bei Schmeicheleien ward man grob,
Wir wärmten uns am Eigenlob.
Jetzt, nun ein jeder gleich schwer wiegt,
Ist unser Lebensöl versiegt.
Zuletzt besenfzten auch ihr Leiden,
Die farblos sich in Demut kleiden:
Wie lebten wir in frühern Tagen
So fröhlich, ohne uns zu plagen,
Denn besser als der Fleiß die Biene
Ernährte uns die Demntsmieue.
Doch da es leider dahin kam,
Daß alle Welt so tugendsam,
Nun heißt man Demut Heuchelei,
Die jetzt auf Erden zwecklos sei.
Bald drangen bis zur Thronesstufe
Der Biedermänner Klagerufe.
Der König erst erstaunt, sann nach,
Bis seine Weisheit also sprach:
Mit Recht betrauern meine Frommen,
Daß Satans Macht zu Fall gekommen,
Weil so die Tilgend, die nichts kostet,
Wie ungenutztes Lisen rostet.
Da muß ich wohl um Gotteswillen
Die Sehnsucht nach dem Teufel stillen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0455" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201884"/>
            <fw type="header" place="top"> Mit der Diogeneslaterne.</fw><lb/>
            <lg xml:id="POEMID_98" type="poem">
              <l> Drob freute sich der König sehr.<lb/>
Des Bösen List betrog nicht mehr,<lb/>
Es herrschte endlich um hienieden<lb/>
In Dorf und Stadt der Gottesfrieden.<lb/>
Und doch, man sprach von Mißvergnügte»,<lb/>
Die Salomons Verfahren rügten.<lb/>
Wahrscheinlich alte Missethäter,<lb/>
verstockte Teuselsdienstanbeter?<lb/>
Ach meint Die einst in Ehren standen,<lb/>
Weil sie den Weg zum Himmel fanden,<lb/>
Sie klagten, das; vorbei die Zeit,<lb/>
Als noch die Höllenstraße breit.<lb/>
Man hat uns, jammerten die Frommen,<lb/>
Den Ruhm vor Gottes Thron genommen.<lb/>
Wir suchten co'gen Gnadenschein,<lb/>
Hier klein, dort oben groß zu sein.<lb/>
Heut wird ein jeder selig werden,<lb/>
Wir mühten uns umsonst ans Erden.<lb/>
Nicht minder klagten die Gerechten:<lb/>
Wir sahn, die Wahrheit zu verfechten,<lb/>
Nicht rechts, noch links; wie eitel Dunst<lb/>
Erschien uns alle Menschengunst.<lb/>
Bei Schmeicheleien ward man grob,<lb/>
Wir wärmten uns am Eigenlob.<lb/>
Jetzt, nun ein jeder gleich schwer wiegt,<lb/>
Ist unser Lebensöl versiegt.<lb/>
Zuletzt besenfzten auch ihr Leiden,<lb/>
Die farblos sich in Demut kleiden:<lb/>
Wie lebten wir in frühern Tagen<lb/>
So fröhlich, ohne uns zu plagen,<lb/>
Denn besser als der Fleiß die Biene<lb/>
Ernährte uns die Demntsmieue.<lb/>
Doch da es leider dahin kam,<lb/>
Daß alle Welt so tugendsam,<lb/>
Nun heißt man Demut Heuchelei,<lb/>
Die jetzt auf Erden zwecklos sei.</l>
              <l> Bald drangen bis zur Thronesstufe<lb/>
Der Biedermänner Klagerufe.<lb/>
Der König erst erstaunt, sann nach,<lb/>
Bis seine Weisheit also sprach:<lb/>
Mit Recht betrauern meine Frommen,<lb/>
Daß Satans Macht zu Fall gekommen,<lb/>
Weil so die Tilgend, die nichts kostet,<lb/>
Wie ungenutztes Lisen rostet.<lb/>
Da muß ich wohl um Gotteswillen<lb/>
Die Sehnsucht nach dem Teufel stillen.<lb/></l>
            </lg><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0455] Mit der Diogeneslaterne. Drob freute sich der König sehr. Des Bösen List betrog nicht mehr, Es herrschte endlich um hienieden In Dorf und Stadt der Gottesfrieden. Und doch, man sprach von Mißvergnügte», Die Salomons Verfahren rügten. Wahrscheinlich alte Missethäter, verstockte Teuselsdienstanbeter? Ach meint Die einst in Ehren standen, Weil sie den Weg zum Himmel fanden, Sie klagten, das; vorbei die Zeit, Als noch die Höllenstraße breit. Man hat uns, jammerten die Frommen, Den Ruhm vor Gottes Thron genommen. Wir suchten co'gen Gnadenschein, Hier klein, dort oben groß zu sein. Heut wird ein jeder selig werden, Wir mühten uns umsonst ans Erden. Nicht minder klagten die Gerechten: Wir sahn, die Wahrheit zu verfechten, Nicht rechts, noch links; wie eitel Dunst Erschien uns alle Menschengunst. Bei Schmeicheleien ward man grob, Wir wärmten uns am Eigenlob. Jetzt, nun ein jeder gleich schwer wiegt, Ist unser Lebensöl versiegt. Zuletzt besenfzten auch ihr Leiden, Die farblos sich in Demut kleiden: Wie lebten wir in frühern Tagen So fröhlich, ohne uns zu plagen, Denn besser als der Fleiß die Biene Ernährte uns die Demntsmieue. Doch da es leider dahin kam, Daß alle Welt so tugendsam, Nun heißt man Demut Heuchelei, Die jetzt auf Erden zwecklos sei. Bald drangen bis zur Thronesstufe Der Biedermänner Klagerufe. Der König erst erstaunt, sann nach, Bis seine Weisheit also sprach: Mit Recht betrauern meine Frommen, Daß Satans Macht zu Fall gekommen, Weil so die Tilgend, die nichts kostet, Wie ungenutztes Lisen rostet. Da muß ich wohl um Gotteswillen Die Sehnsucht nach dem Teufel stillen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/455
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/455>, abgerufen am 22.07.2024.