Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.Der Rampf des Zentrums gegen die Staatsschule. sodaß der preußische Staat auch darin, wie in den Kirchenbcstiuunungen, den Die preußischen Schulverhältnisse sind bekanntlich nnr zum Teil gesetzlich Die gesetzliche Grundlage des preußischen Schulwesens ist freilich ziemlich Sodann heißt es in der Verfassungsurkunde von 1850, Art. 14: Die Der Rampf des Zentrums gegen die Staatsschule. sodaß der preußische Staat auch darin, wie in den Kirchenbcstiuunungen, den Die preußischen Schulverhältnisse sind bekanntlich nnr zum Teil gesetzlich Die gesetzliche Grundlage des preußischen Schulwesens ist freilich ziemlich Sodann heißt es in der Verfassungsurkunde von 1850, Art. 14: Die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0615" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201394"/> <fw type="header" place="top"> Der Rampf des Zentrums gegen die Staatsschule.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2004" prev="#ID_2003"> sodaß der preußische Staat auch darin, wie in den Kirchenbcstiuunungen, den<lb/> Interessen Roms entgegenkommen würde, bloß weil er annimmt, daß eine fried¬<lb/> lichere Stimmung von Millionen von Staatsbürgern, ohne wesentliche Rechte<lb/> des Staates zu schädigen, über Klippen der Zukunft hinweghelfen werde? Das<lb/> sind realistische Fragen, die, wie alle solche Fragen, so weit sie Zukünftiges<lb/> betreffen, sich nur vermutungsweise beantworten lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2005"> Die preußischen Schulverhältnisse sind bekanntlich nnr zum Teil gesetzlich<lb/> festgestellt; das Meiste ruht bloß auf alter Praxis der Verwaltung, und so<lb/> ist es auch anderwärts der Fall, wie natürlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_2006"> Die gesetzliche Grundlage des preußischen Schulwesens ist freilich ziemlich<lb/> früh gelegt: schon 1763 in dem General-Land-Schulreglement des alten Fritz.<lb/> Sodann mehr in rechtlichen Formen im Allgemeinen preußischen Landrecht von<lb/> 1794, II, 12, wo es K 1 heißt: Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen<lb/> des Staates, die nur mit Vorwissen und Genehmigung des Staates errichtet<lb/> werden sollen. Z 9. Alle öffentlichen Schul- und Erziehungsanstalten stehen<lb/> unter Aufsicht des Staates und müssen sich den Prüfungen und Visitationen<lb/> desselben zu allen Zeiten unterwerfen. § 11. Kinder, die in einer andern<lb/> Religion, als welche in der öffentlichen Schule gelehrt wird, nach den Gesetzen<lb/> des Staates erzogen werden sollen, können dem Religionsunterricht in derselben<lb/> beizuwohnen nicht angehalten werden. Z 12. Gemeine Schulen (Volksschulen)<lb/> stehen unter der Direktion der Gerichtsvbrigkeit eines jeden Ortes, welche dabei<lb/> die Geistlichkeit der Gemeinde, zu welcher die Schule gehört, zuziehen muß.<lb/> Z 15. Die Obrigkeit und der Geistliche müssen sich nach den vom Staate er¬<lb/> teilten oder genehmigten Schulordnungen richten und nichts, was denselben<lb/> zuwider ist, eigenmächtig vornehmen und einführen. 8 16- Bei Zweifeln<lb/> muß der geistliche Vorsteher der Behörde, die das Schulwesen der Provinz<lb/> leitet, Anzeige machen. Z 22. Die Bestellung der Schullehrer kommt in der<lb/> Regel der Gerichtsobrigkeit zu. Z 25. Jeder neu anzunehmende Schullehrer<lb/> >"uß dem Kreisinspektor oder ErzPriester angezeigt werden. 8 38. Kein Mitglied<lb/> der Gemeinde darf sich wegen Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses dem<lb/> beitrage zur Unterhaltung der Schulgebäude entziehen. (8 43. Schulpflicht<lb/> "ach zurückgelegtem fünften Jahre.) Z 46. Der Schulunterricht muß so lange<lb/> fortgesetzt werden, bis ein Kind, nach dem Befunde seines Seelsorgers, die einem<lb/> jeden vernünftigen Menschen seines Standes notwendigen Kenntnisse gefaßt hat.<lb/> 8 49. Der Prediger des Ortes ist schuldig, nicht nur durch Aufsicht, sondern<lb/> »und durch eignen Unterricht des Schulmeisters sowohl als der Kinder zur<lb/> Erreichung des Zweckes der Schulanstalten beizutragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2007" next="#ID_2008"> Sodann heißt es in der Verfassungsurkunde von 1850, Art. 14: Die<lb/> christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen des Staates, welche mit<lb/> der Religionsübung in Zusammenhang stehen, unbeschadet der Religionsfreiheit<lb/> zu Grunde gelegt. Art. 22: Unterricht zu erteilen und Unterrichtsanstalten zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0615]
Der Rampf des Zentrums gegen die Staatsschule.
sodaß der preußische Staat auch darin, wie in den Kirchenbcstiuunungen, den
Interessen Roms entgegenkommen würde, bloß weil er annimmt, daß eine fried¬
lichere Stimmung von Millionen von Staatsbürgern, ohne wesentliche Rechte
des Staates zu schädigen, über Klippen der Zukunft hinweghelfen werde? Das
sind realistische Fragen, die, wie alle solche Fragen, so weit sie Zukünftiges
betreffen, sich nur vermutungsweise beantworten lassen.
Die preußischen Schulverhältnisse sind bekanntlich nnr zum Teil gesetzlich
festgestellt; das Meiste ruht bloß auf alter Praxis der Verwaltung, und so
ist es auch anderwärts der Fall, wie natürlich.
Die gesetzliche Grundlage des preußischen Schulwesens ist freilich ziemlich
früh gelegt: schon 1763 in dem General-Land-Schulreglement des alten Fritz.
Sodann mehr in rechtlichen Formen im Allgemeinen preußischen Landrecht von
1794, II, 12, wo es K 1 heißt: Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen
des Staates, die nur mit Vorwissen und Genehmigung des Staates errichtet
werden sollen. Z 9. Alle öffentlichen Schul- und Erziehungsanstalten stehen
unter Aufsicht des Staates und müssen sich den Prüfungen und Visitationen
desselben zu allen Zeiten unterwerfen. § 11. Kinder, die in einer andern
Religion, als welche in der öffentlichen Schule gelehrt wird, nach den Gesetzen
des Staates erzogen werden sollen, können dem Religionsunterricht in derselben
beizuwohnen nicht angehalten werden. Z 12. Gemeine Schulen (Volksschulen)
stehen unter der Direktion der Gerichtsvbrigkeit eines jeden Ortes, welche dabei
die Geistlichkeit der Gemeinde, zu welcher die Schule gehört, zuziehen muß.
Z 15. Die Obrigkeit und der Geistliche müssen sich nach den vom Staate er¬
teilten oder genehmigten Schulordnungen richten und nichts, was denselben
zuwider ist, eigenmächtig vornehmen und einführen. 8 16- Bei Zweifeln
muß der geistliche Vorsteher der Behörde, die das Schulwesen der Provinz
leitet, Anzeige machen. Z 22. Die Bestellung der Schullehrer kommt in der
Regel der Gerichtsobrigkeit zu. Z 25. Jeder neu anzunehmende Schullehrer
>"uß dem Kreisinspektor oder ErzPriester angezeigt werden. 8 38. Kein Mitglied
der Gemeinde darf sich wegen Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses dem
beitrage zur Unterhaltung der Schulgebäude entziehen. (8 43. Schulpflicht
"ach zurückgelegtem fünften Jahre.) Z 46. Der Schulunterricht muß so lange
fortgesetzt werden, bis ein Kind, nach dem Befunde seines Seelsorgers, die einem
jeden vernünftigen Menschen seines Standes notwendigen Kenntnisse gefaßt hat.
8 49. Der Prediger des Ortes ist schuldig, nicht nur durch Aufsicht, sondern
»und durch eignen Unterricht des Schulmeisters sowohl als der Kinder zur
Erreichung des Zweckes der Schulanstalten beizutragen.
Sodann heißt es in der Verfassungsurkunde von 1850, Art. 14: Die
christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen des Staates, welche mit
der Religionsübung in Zusammenhang stehen, unbeschadet der Religionsfreiheit
zu Grunde gelegt. Art. 22: Unterricht zu erteilen und Unterrichtsanstalten zu
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