Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.Der Fremde in Rif. Sira John war gar nicht damit zufrieden, seinen Gast oft halbe Tage Bald machten sie Ausflüge nach dem Snefjäldsjökel hinauf, betrachteten Und Thorbjörn erzählte von den Elfen, die hier überall hausten, im Ge¬ Der Fremde hörte wohl aufmerksam zu, aber es war doch, als ob etwas Auch Ihr werdet mir ebensowenig wie Sira John Glauben schenken, er¬ So leset sie mir vor, oder erzählt mir den Inhalt derselben -- ich lege Und nun mußte Thorbjörn von Erik dem Roten erzählen, der, nachdem Der Fremde in Rif. Sira John war gar nicht damit zufrieden, seinen Gast oft halbe Tage Bald machten sie Ausflüge nach dem Snefjäldsjökel hinauf, betrachteten Und Thorbjörn erzählte von den Elfen, die hier überall hausten, im Ge¬ Der Fremde hörte wohl aufmerksam zu, aber es war doch, als ob etwas Auch Ihr werdet mir ebensowenig wie Sira John Glauben schenken, er¬ So leset sie mir vor, oder erzählt mir den Inhalt derselben — ich lege Und nun mußte Thorbjörn von Erik dem Roten erzählen, der, nachdem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200881"/> <fw type="header" place="top"> Der Fremde in Rif.</fw><lb/> <p xml:id="ID_302"> Sira John war gar nicht damit zufrieden, seinen Gast oft halbe Tage<lb/> entbehren und ihn Thvrbjörn überlassen zu niüssen. Aber im Grunde konnte<lb/> er auch nichts dazu sagen, denn der Fremde hatte den Wunsch geäußert, die<lb/> Umgegend kennen zu lernen, und der Prediger wagte es nicht, längere Ausflüge<lb/> in der unwirtlichen Gegend zu macheu. So wurde denn Thorbjörn sein Be¬<lb/> gleiter, und schwerlich hätte er jemand finden können, der sich besser zu diesem<lb/> Amte eignete. Er kannte nicht uur jeden Berg und jeden Weg meilenweit im<lb/> Umkreise, sondern er war auch aufs genaueste mit der Geschichte der Familien<lb/> bekannt, die auf den verschiednen Höfen gewohnt hatten, und wußte von den<lb/> Sage» zu erzählen, die sich an jeden einzelnen Ort knüpften.</p><lb/> <p xml:id="ID_303"> Bald machten sie Ausflüge nach dem Snefjäldsjökel hinauf, betrachteten<lb/> dessen drei Spitzen in nächster Nähe und starrten in die blaugrünen Schluchten<lb/> hinab, in denen man das Wasser brausen hörte, bald lenkten sie ihre Schritte<lb/> nach dem Enne, dem bekannten, übelberüchtigten Felsen südöstlich von Nis, der<lb/> steil nach dem Meere zu abfällt und den man aus weiter Ferne sehen kann.<lb/> Sie schritten auf dem schmalen, nur zur Ebbe betretbaren Steige an der Küste<lb/> entlang, wo die herabhängenden Klippen sich über ihren Häuptern wölbten und<lb/> dumpfe Grotten in die Felsen führen.</p><lb/> <p xml:id="ID_304"> Und Thorbjörn erzählte von den Elfen, die hier überall hausten, im Ge¬<lb/> birge wie auf dem Meere, von grünen Thälern, die man mitten zwischen den<lb/> unfruchtbaren, geheimnisvollen Eisfeldern gefunden habe, und von den Meeres-<lb/> strndcln, die dadurch entstanden seien, daß ein Bach, der ursprünglich einen<lb/> Ausfluß des Jokeis gebildet habe, bei einem vulkanischen Ausbruch in der Erde<lb/> begraben worden und später mitten im Meere wieder zum Vorschein gekommen<lb/> sei, wodurch es auch zu erklären sei, daß das Wasser an dieser Stelle nicht<lb/> salzig war.</p><lb/> <p xml:id="ID_305"> Der Fremde hörte wohl aufmerksam zu, aber es war doch, als ob etwas<lb/> andres als das, worüber sie sprachen, seine Gedanken erfüllte, und als ob er<lb/> nur auf eine Gelegenheit warte, seinem Herzen Luft zu machen. Endlich sagte<lb/> er eines Tages zu Thorbjörn: Ihr erwähntet alter Erzählungen von einem<lb/> großen, im Westen gelegenen Lande, und Ihr behauptet, selber ein Nachkomme<lb/> jenes ersten großen Entdeckers zu sein. Wenn Ihr mehr davon wißt, so teilt<lb/> es mir mit!</p><lb/> <p xml:id="ID_306"> Auch Ihr werdet mir ebensowenig wie Sira John Glauben schenken, er¬<lb/> wiederte Thorbjörn finster. Ihr könnt die Sagen ja nicht lesen!</p><lb/> <p xml:id="ID_307"> So leset sie mir vor, oder erzählt mir den Inhalt derselben — ich lege<lb/> größeres Gewicht darauf, als Ihr ahnt!</p><lb/> <p xml:id="ID_308" next="#ID_309"> Und nun mußte Thorbjörn von Erik dem Roten erzählen, der, nachdem<lb/> er um eines begangenen Mordes willen friedlos erklärt worden war, auszog,<lb/> um das Land zu suchen, das Gudbjörn, Ulf Krakes Sohn, gesehen hatte, als<lb/> er gen Westen über das Meer gesegelt war. Er erzählte, wie sich Erik und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
Der Fremde in Rif.
Sira John war gar nicht damit zufrieden, seinen Gast oft halbe Tage
entbehren und ihn Thvrbjörn überlassen zu niüssen. Aber im Grunde konnte
er auch nichts dazu sagen, denn der Fremde hatte den Wunsch geäußert, die
Umgegend kennen zu lernen, und der Prediger wagte es nicht, längere Ausflüge
in der unwirtlichen Gegend zu macheu. So wurde denn Thorbjörn sein Be¬
gleiter, und schwerlich hätte er jemand finden können, der sich besser zu diesem
Amte eignete. Er kannte nicht uur jeden Berg und jeden Weg meilenweit im
Umkreise, sondern er war auch aufs genaueste mit der Geschichte der Familien
bekannt, die auf den verschiednen Höfen gewohnt hatten, und wußte von den
Sage» zu erzählen, die sich an jeden einzelnen Ort knüpften.
Bald machten sie Ausflüge nach dem Snefjäldsjökel hinauf, betrachteten
dessen drei Spitzen in nächster Nähe und starrten in die blaugrünen Schluchten
hinab, in denen man das Wasser brausen hörte, bald lenkten sie ihre Schritte
nach dem Enne, dem bekannten, übelberüchtigten Felsen südöstlich von Nis, der
steil nach dem Meere zu abfällt und den man aus weiter Ferne sehen kann.
Sie schritten auf dem schmalen, nur zur Ebbe betretbaren Steige an der Küste
entlang, wo die herabhängenden Klippen sich über ihren Häuptern wölbten und
dumpfe Grotten in die Felsen führen.
Und Thorbjörn erzählte von den Elfen, die hier überall hausten, im Ge¬
birge wie auf dem Meere, von grünen Thälern, die man mitten zwischen den
unfruchtbaren, geheimnisvollen Eisfeldern gefunden habe, und von den Meeres-
strndcln, die dadurch entstanden seien, daß ein Bach, der ursprünglich einen
Ausfluß des Jokeis gebildet habe, bei einem vulkanischen Ausbruch in der Erde
begraben worden und später mitten im Meere wieder zum Vorschein gekommen
sei, wodurch es auch zu erklären sei, daß das Wasser an dieser Stelle nicht
salzig war.
Der Fremde hörte wohl aufmerksam zu, aber es war doch, als ob etwas
andres als das, worüber sie sprachen, seine Gedanken erfüllte, und als ob er
nur auf eine Gelegenheit warte, seinem Herzen Luft zu machen. Endlich sagte
er eines Tages zu Thorbjörn: Ihr erwähntet alter Erzählungen von einem
großen, im Westen gelegenen Lande, und Ihr behauptet, selber ein Nachkomme
jenes ersten großen Entdeckers zu sein. Wenn Ihr mehr davon wißt, so teilt
es mir mit!
Auch Ihr werdet mir ebensowenig wie Sira John Glauben schenken, er¬
wiederte Thorbjörn finster. Ihr könnt die Sagen ja nicht lesen!
So leset sie mir vor, oder erzählt mir den Inhalt derselben — ich lege
größeres Gewicht darauf, als Ihr ahnt!
Und nun mußte Thorbjörn von Erik dem Roten erzählen, der, nachdem
er um eines begangenen Mordes willen friedlos erklärt worden war, auszog,
um das Land zu suchen, das Gudbjörn, Ulf Krakes Sohn, gesehen hatte, als
er gen Westen über das Meer gesegelt war. Er erzählte, wie sich Erik und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |