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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Der evangelische Bund.

Sage man nicht: Wir brauchen keinen evangelischen Bund, unser Bund ist
die evangelische Kirche. Wie notwendig es ist, gegenüber dem Parteitreiben die
Einheit der Kirche zu betonen, wird gerade durch den Federkrieg bewiesen, der
sich schon erhob, ehe noch etwas endgiltiges oder öffentliches in Sachen des
evangelischen Bundes geschehen war. Das Unternehmen wurde schleunigst zur
Parteisache gestempelt, die Namen Beyschlag, Lipsius und Nippold wurden
aufgegriffen, und Halle und Jena, Mittelpnrtei und Protestantenverein, als
Veranstalter des Unternehmens bezeichnet. Daß sich auch Männer von an¬
erkannt positivem Standpunkte mit unterzeichnet hatten, wurde diesen ver¬
dacht. Als ob die Mittelpartei, als ob die Universitäten Halle und Jena
den Kampf gegen Rom gepachtet hätten, als ob die Herren der hochkirchlichen
Seite kein Interesse daran zu haben brauchten, den Bestand der evangelischen
Kirche zu verteidigen!

Man kann auch nicht auf den Gustav-Adolf-Verein weisen als denjenigen
Bund, welcher berufen sei, gegen Rom Kriegsdienste zu thun. Daß er sich in
der Verteidigung der angegriffenen, in der Stärkung der notleidenden Kirche
große Verdienste erworben hat, und daß sich seine Aufgabe mit der des evan¬
gelischen Bundes zum Teil deckt, soll nicht bestritten werden. Aber die Aufgabe
des Gustav-Adolf-Vereins hat nach Art und Ort gewisse Beschränkungen. Es
ist ein HilfsVerein, der Gelder aufbringt, Kirchen und Schulen baut und die
Evangelischen Pflegt, welche in der Zerstreuung unter Andersgläubigen leben.
Daß bei dieser Arbeit auch das evangelische Bewußtsein der Vereinsmitglieder
daheim wachgerufen wird, ist richtig, aber es ist nur ein mittelbarer Arbeits¬
ertrag. Der evangelische Bund hat gerade diese Wirksamkeit zur Hauptaufgabe
zu machen. Er soll seine Thätigkeit nicht auf die Diaspora beschränken,
sondern erst recht für die Heimat vorhanden sein. Man sieht, evangelischer
Bund und Gustav-Adolf-Verein haben Raum neben einander, sie ergänzen sich
in erfreulicher Weise.

Der provisorische Vorstand des evangelischen Bundes verhehlt sich nicht,
daß so große Ziele auch umfassende Mittel erheischen, die Zusammenfassung
aller Kräfte, gemeinsame Arbeit und gemeinsamen Kampf. Welches ist nun
diese Arbeit? Die Aufgabe des Bundes wird als eine doppelte bezeichnet.

Er will im Kampfe gegen die wachsende Macht Roms die evangelischen
Interessen auf allen Gebieten wahren, der Beeinträchtigung derselben durch Wort
und Schrift entgegentreten, dagegen allen Bestrebungen wahrer Katholizität und
christlicher Freiheit im Schoße der katholischen Kirche die Hand reichen. Er will
anderseits gegenüber dem Indifferentismus und Materialismus der Zeit das
christlich-evangelische Gemeinbewußtsein stärken, gegenüber dem lähmenden Partei¬
treuen den innerkirchlichen Frieden Pflegen, gegenüber der landeskirchlichen Geteilt¬
heit des evangelischen Deutschlands die Wechselbeziehungen zwischen den Angehörigen
der einzelnen Landeskirchen beleben und mehren. Zur Erfüllung dieser Aufgabe
verpflichtet sich jedes einzelne Glied des Bundes an seinem Teile mitzuwirken.


Der evangelische Bund.

Sage man nicht: Wir brauchen keinen evangelischen Bund, unser Bund ist
die evangelische Kirche. Wie notwendig es ist, gegenüber dem Parteitreiben die
Einheit der Kirche zu betonen, wird gerade durch den Federkrieg bewiesen, der
sich schon erhob, ehe noch etwas endgiltiges oder öffentliches in Sachen des
evangelischen Bundes geschehen war. Das Unternehmen wurde schleunigst zur
Parteisache gestempelt, die Namen Beyschlag, Lipsius und Nippold wurden
aufgegriffen, und Halle und Jena, Mittelpnrtei und Protestantenverein, als
Veranstalter des Unternehmens bezeichnet. Daß sich auch Männer von an¬
erkannt positivem Standpunkte mit unterzeichnet hatten, wurde diesen ver¬
dacht. Als ob die Mittelpartei, als ob die Universitäten Halle und Jena
den Kampf gegen Rom gepachtet hätten, als ob die Herren der hochkirchlichen
Seite kein Interesse daran zu haben brauchten, den Bestand der evangelischen
Kirche zu verteidigen!

Man kann auch nicht auf den Gustav-Adolf-Verein weisen als denjenigen
Bund, welcher berufen sei, gegen Rom Kriegsdienste zu thun. Daß er sich in
der Verteidigung der angegriffenen, in der Stärkung der notleidenden Kirche
große Verdienste erworben hat, und daß sich seine Aufgabe mit der des evan¬
gelischen Bundes zum Teil deckt, soll nicht bestritten werden. Aber die Aufgabe
des Gustav-Adolf-Vereins hat nach Art und Ort gewisse Beschränkungen. Es
ist ein HilfsVerein, der Gelder aufbringt, Kirchen und Schulen baut und die
Evangelischen Pflegt, welche in der Zerstreuung unter Andersgläubigen leben.
Daß bei dieser Arbeit auch das evangelische Bewußtsein der Vereinsmitglieder
daheim wachgerufen wird, ist richtig, aber es ist nur ein mittelbarer Arbeits¬
ertrag. Der evangelische Bund hat gerade diese Wirksamkeit zur Hauptaufgabe
zu machen. Er soll seine Thätigkeit nicht auf die Diaspora beschränken,
sondern erst recht für die Heimat vorhanden sein. Man sieht, evangelischer
Bund und Gustav-Adolf-Verein haben Raum neben einander, sie ergänzen sich
in erfreulicher Weise.

Der provisorische Vorstand des evangelischen Bundes verhehlt sich nicht,
daß so große Ziele auch umfassende Mittel erheischen, die Zusammenfassung
aller Kräfte, gemeinsame Arbeit und gemeinsamen Kampf. Welches ist nun
diese Arbeit? Die Aufgabe des Bundes wird als eine doppelte bezeichnet.

Er will im Kampfe gegen die wachsende Macht Roms die evangelischen
Interessen auf allen Gebieten wahren, der Beeinträchtigung derselben durch Wort
und Schrift entgegentreten, dagegen allen Bestrebungen wahrer Katholizität und
christlicher Freiheit im Schoße der katholischen Kirche die Hand reichen. Er will
anderseits gegenüber dem Indifferentismus und Materialismus der Zeit das
christlich-evangelische Gemeinbewußtsein stärken, gegenüber dem lähmenden Partei¬
treuen den innerkirchlichen Frieden Pflegen, gegenüber der landeskirchlichen Geteilt¬
heit des evangelischen Deutschlands die Wechselbeziehungen zwischen den Angehörigen
der einzelnen Landeskirchen beleben und mehren. Zur Erfüllung dieser Aufgabe
verpflichtet sich jedes einzelne Glied des Bundes an seinem Teile mitzuwirken.


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[0627] Der evangelische Bund. Sage man nicht: Wir brauchen keinen evangelischen Bund, unser Bund ist die evangelische Kirche. Wie notwendig es ist, gegenüber dem Parteitreiben die Einheit der Kirche zu betonen, wird gerade durch den Federkrieg bewiesen, der sich schon erhob, ehe noch etwas endgiltiges oder öffentliches in Sachen des evangelischen Bundes geschehen war. Das Unternehmen wurde schleunigst zur Parteisache gestempelt, die Namen Beyschlag, Lipsius und Nippold wurden aufgegriffen, und Halle und Jena, Mittelpnrtei und Protestantenverein, als Veranstalter des Unternehmens bezeichnet. Daß sich auch Männer von an¬ erkannt positivem Standpunkte mit unterzeichnet hatten, wurde diesen ver¬ dacht. Als ob die Mittelpartei, als ob die Universitäten Halle und Jena den Kampf gegen Rom gepachtet hätten, als ob die Herren der hochkirchlichen Seite kein Interesse daran zu haben brauchten, den Bestand der evangelischen Kirche zu verteidigen! Man kann auch nicht auf den Gustav-Adolf-Verein weisen als denjenigen Bund, welcher berufen sei, gegen Rom Kriegsdienste zu thun. Daß er sich in der Verteidigung der angegriffenen, in der Stärkung der notleidenden Kirche große Verdienste erworben hat, und daß sich seine Aufgabe mit der des evan¬ gelischen Bundes zum Teil deckt, soll nicht bestritten werden. Aber die Aufgabe des Gustav-Adolf-Vereins hat nach Art und Ort gewisse Beschränkungen. Es ist ein HilfsVerein, der Gelder aufbringt, Kirchen und Schulen baut und die Evangelischen Pflegt, welche in der Zerstreuung unter Andersgläubigen leben. Daß bei dieser Arbeit auch das evangelische Bewußtsein der Vereinsmitglieder daheim wachgerufen wird, ist richtig, aber es ist nur ein mittelbarer Arbeits¬ ertrag. Der evangelische Bund hat gerade diese Wirksamkeit zur Hauptaufgabe zu machen. Er soll seine Thätigkeit nicht auf die Diaspora beschränken, sondern erst recht für die Heimat vorhanden sein. Man sieht, evangelischer Bund und Gustav-Adolf-Verein haben Raum neben einander, sie ergänzen sich in erfreulicher Weise. Der provisorische Vorstand des evangelischen Bundes verhehlt sich nicht, daß so große Ziele auch umfassende Mittel erheischen, die Zusammenfassung aller Kräfte, gemeinsame Arbeit und gemeinsamen Kampf. Welches ist nun diese Arbeit? Die Aufgabe des Bundes wird als eine doppelte bezeichnet. Er will im Kampfe gegen die wachsende Macht Roms die evangelischen Interessen auf allen Gebieten wahren, der Beeinträchtigung derselben durch Wort und Schrift entgegentreten, dagegen allen Bestrebungen wahrer Katholizität und christlicher Freiheit im Schoße der katholischen Kirche die Hand reichen. Er will anderseits gegenüber dem Indifferentismus und Materialismus der Zeit das christlich-evangelische Gemeinbewußtsein stärken, gegenüber dem lähmenden Partei¬ treuen den innerkirchlichen Frieden Pflegen, gegenüber der landeskirchlichen Geteilt¬ heit des evangelischen Deutschlands die Wechselbeziehungen zwischen den Angehörigen der einzelnen Landeskirchen beleben und mehren. Zur Erfüllung dieser Aufgabe verpflichtet sich jedes einzelne Glied des Bundes an seinem Teile mitzuwirken.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/627>, abgerufen am 23.12.2024.