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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Neue Briefe von Robert Schumann.

Vom letzten Satze will ich Ihnen sagen, daß ich mir Frühlingsabschied darunter
denken möchte, daß ich ihn darum nicht zu frivol genommen wünschte."

Acht Briefe an Klitzsch behandeln die Vorbereitungen zu einem Wvhl-
thätigkeitskonzert in Zwickau, 1847, wo die <ü-aur-Shmphonie aufgeführt und
der Komponist mit reichen Ehren aufgenommen wurde. Ein Brief an Weitz-
mcmn enthält ein beachtenswertes Wort über die "Zeitschrift," 1836: "Sie
treibt nach allen Gegenden hin Wurzeln, und denke ich sie mir wie von einem
Blütendache überbaut, unter dem lauter selige, echte Künstler wandeln, so wäre
die letzte Idee der Davidsbündler allerdings erfüllt."

Aus den Briefen um Julius Stern, an den Dichter Andersen, an Pott,
den Begründer des Salzburger Mozart-Denkmals, an Mcchetti in Wien ist
nichts Erhebliches mitzuteilen. Dann sind noch Briefe da an Verleger, nament¬
lich an Kistner, Peters, Whistling, Arnold und N. Simrock. An Simrock
schrieb Schumann sogar noch während seiner Krankheit 1855 von Enterich aus.
Whistling stellte Schumanns Geduld oft auf harte Proben: er antwortete nicht
und war schwierig in den Verhandlungen. Deshalb schrieb ihm Schumann
1847: "Sie werden nie in den Himmel kommen! Ich will Ihnen sagen, warum
uicht. Wenn Ihnen Sankt Peter das Thor aufmachen möchte, werden Sie
noch allerhand Ausflüchte machen, z. B. daß Sie das Schnupftuch vergessen --
kurz, Sie kehren noch einmal um, und später wird es dann zu spat sein. Ein
höchst saumseliger Freund und Verleger sind Sie." In demselben humoristischen
Zorne redet ihn Schumann in einem andern Briefe an (aus Dresden, 1847):

"Herr Whistling -- ja Herr Whistling ohne Lieber --
Auf drei Sendungen sind Sie stumm geblieben -- fürchten Sie alles von
meiner Rache und Zersprengung aller Bande."

In den Briefen an die Verleger spricht Schumann mit großer Bescheiden¬
heit von seinen Kompositionen, nimmt sie aber gegen ungerechtfertigten Tadel in
Schutz, sorgt für eine schöne, zierliche Ausstattung und für entsprechende Titel.
Die bunten Blätter op. 99 hatte er erst "Spreu" nennen wollen, was dem Ver¬
leger nicht gefallen wollte und ihm auch nicht. Hierbei mag auch erwähnt sein,
daß Schumann die Bezeichnung der L-moll-Symphonie Franz Schuberts als
tragische Symphonie widerraten hat. Dennoch trägt sie diesen Namen, und
jedermann kann fühlen, wie mit Unrecht.

An die Briefe hat Erker Aufsätze aus der "Neuen Zeitschrift" angeschlossen,
die Schumann nicht in die gesammelten Schriften aufgenommen hat. Schon
Jansen hat die wichtigsten derselben in seinen "Davidsbündlern" abgedruckt,
aber eben nicht alle, da es teilweise nur kurze Notizen über unbedeutende Kom¬
positionen sind. Erker strebt uach einer äußerlichen Vollständigkeit, kann sie
aber doch auch nicht erreichen. Wenn denn alles gedruckt werden soll, so durfte
die sehr scharfe Kritik über ein Liederheft von Karl Bauet (Neue Zeitschrift
für Musik, 1842) nicht fehlen, auch nicht der Bericht über das Abschiedskonzert


Neue Briefe von Robert Schumann.

Vom letzten Satze will ich Ihnen sagen, daß ich mir Frühlingsabschied darunter
denken möchte, daß ich ihn darum nicht zu frivol genommen wünschte."

Acht Briefe an Klitzsch behandeln die Vorbereitungen zu einem Wvhl-
thätigkeitskonzert in Zwickau, 1847, wo die <ü-aur-Shmphonie aufgeführt und
der Komponist mit reichen Ehren aufgenommen wurde. Ein Brief an Weitz-
mcmn enthält ein beachtenswertes Wort über die „Zeitschrift," 1836: „Sie
treibt nach allen Gegenden hin Wurzeln, und denke ich sie mir wie von einem
Blütendache überbaut, unter dem lauter selige, echte Künstler wandeln, so wäre
die letzte Idee der Davidsbündler allerdings erfüllt."

Aus den Briefen um Julius Stern, an den Dichter Andersen, an Pott,
den Begründer des Salzburger Mozart-Denkmals, an Mcchetti in Wien ist
nichts Erhebliches mitzuteilen. Dann sind noch Briefe da an Verleger, nament¬
lich an Kistner, Peters, Whistling, Arnold und N. Simrock. An Simrock
schrieb Schumann sogar noch während seiner Krankheit 1855 von Enterich aus.
Whistling stellte Schumanns Geduld oft auf harte Proben: er antwortete nicht
und war schwierig in den Verhandlungen. Deshalb schrieb ihm Schumann
1847: „Sie werden nie in den Himmel kommen! Ich will Ihnen sagen, warum
uicht. Wenn Ihnen Sankt Peter das Thor aufmachen möchte, werden Sie
noch allerhand Ausflüchte machen, z. B. daß Sie das Schnupftuch vergessen —
kurz, Sie kehren noch einmal um, und später wird es dann zu spat sein. Ein
höchst saumseliger Freund und Verleger sind Sie." In demselben humoristischen
Zorne redet ihn Schumann in einem andern Briefe an (aus Dresden, 1847):

„Herr Whistling — ja Herr Whistling ohne Lieber —
Auf drei Sendungen sind Sie stumm geblieben — fürchten Sie alles von
meiner Rache und Zersprengung aller Bande."

In den Briefen an die Verleger spricht Schumann mit großer Bescheiden¬
heit von seinen Kompositionen, nimmt sie aber gegen ungerechtfertigten Tadel in
Schutz, sorgt für eine schöne, zierliche Ausstattung und für entsprechende Titel.
Die bunten Blätter op. 99 hatte er erst „Spreu" nennen wollen, was dem Ver¬
leger nicht gefallen wollte und ihm auch nicht. Hierbei mag auch erwähnt sein,
daß Schumann die Bezeichnung der L-moll-Symphonie Franz Schuberts als
tragische Symphonie widerraten hat. Dennoch trägt sie diesen Namen, und
jedermann kann fühlen, wie mit Unrecht.

An die Briefe hat Erker Aufsätze aus der „Neuen Zeitschrift" angeschlossen,
die Schumann nicht in die gesammelten Schriften aufgenommen hat. Schon
Jansen hat die wichtigsten derselben in seinen „Davidsbündlern" abgedruckt,
aber eben nicht alle, da es teilweise nur kurze Notizen über unbedeutende Kom¬
positionen sind. Erker strebt uach einer äußerlichen Vollständigkeit, kann sie
aber doch auch nicht erreichen. Wenn denn alles gedruckt werden soll, so durfte
die sehr scharfe Kritik über ein Liederheft von Karl Bauet (Neue Zeitschrift
für Musik, 1842) nicht fehlen, auch nicht der Bericht über das Abschiedskonzert


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[0608] Neue Briefe von Robert Schumann. Vom letzten Satze will ich Ihnen sagen, daß ich mir Frühlingsabschied darunter denken möchte, daß ich ihn darum nicht zu frivol genommen wünschte." Acht Briefe an Klitzsch behandeln die Vorbereitungen zu einem Wvhl- thätigkeitskonzert in Zwickau, 1847, wo die <ü-aur-Shmphonie aufgeführt und der Komponist mit reichen Ehren aufgenommen wurde. Ein Brief an Weitz- mcmn enthält ein beachtenswertes Wort über die „Zeitschrift," 1836: „Sie treibt nach allen Gegenden hin Wurzeln, und denke ich sie mir wie von einem Blütendache überbaut, unter dem lauter selige, echte Künstler wandeln, so wäre die letzte Idee der Davidsbündler allerdings erfüllt." Aus den Briefen um Julius Stern, an den Dichter Andersen, an Pott, den Begründer des Salzburger Mozart-Denkmals, an Mcchetti in Wien ist nichts Erhebliches mitzuteilen. Dann sind noch Briefe da an Verleger, nament¬ lich an Kistner, Peters, Whistling, Arnold und N. Simrock. An Simrock schrieb Schumann sogar noch während seiner Krankheit 1855 von Enterich aus. Whistling stellte Schumanns Geduld oft auf harte Proben: er antwortete nicht und war schwierig in den Verhandlungen. Deshalb schrieb ihm Schumann 1847: „Sie werden nie in den Himmel kommen! Ich will Ihnen sagen, warum uicht. Wenn Ihnen Sankt Peter das Thor aufmachen möchte, werden Sie noch allerhand Ausflüchte machen, z. B. daß Sie das Schnupftuch vergessen — kurz, Sie kehren noch einmal um, und später wird es dann zu spat sein. Ein höchst saumseliger Freund und Verleger sind Sie." In demselben humoristischen Zorne redet ihn Schumann in einem andern Briefe an (aus Dresden, 1847): „Herr Whistling — ja Herr Whistling ohne Lieber — Auf drei Sendungen sind Sie stumm geblieben — fürchten Sie alles von meiner Rache und Zersprengung aller Bande." In den Briefen an die Verleger spricht Schumann mit großer Bescheiden¬ heit von seinen Kompositionen, nimmt sie aber gegen ungerechtfertigten Tadel in Schutz, sorgt für eine schöne, zierliche Ausstattung und für entsprechende Titel. Die bunten Blätter op. 99 hatte er erst „Spreu" nennen wollen, was dem Ver¬ leger nicht gefallen wollte und ihm auch nicht. Hierbei mag auch erwähnt sein, daß Schumann die Bezeichnung der L-moll-Symphonie Franz Schuberts als tragische Symphonie widerraten hat. Dennoch trägt sie diesen Namen, und jedermann kann fühlen, wie mit Unrecht. An die Briefe hat Erker Aufsätze aus der „Neuen Zeitschrift" angeschlossen, die Schumann nicht in die gesammelten Schriften aufgenommen hat. Schon Jansen hat die wichtigsten derselben in seinen „Davidsbündlern" abgedruckt, aber eben nicht alle, da es teilweise nur kurze Notizen über unbedeutende Kom¬ positionen sind. Erker strebt uach einer äußerlichen Vollständigkeit, kann sie aber doch auch nicht erreichen. Wenn denn alles gedruckt werden soll, so durfte die sehr scharfe Kritik über ein Liederheft von Karl Bauet (Neue Zeitschrift für Musik, 1842) nicht fehlen, auch nicht der Bericht über das Abschiedskonzert

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/608>, abgerufen am 22.07.2024.