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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Die Tage der Landwirtschaft in Gberitalien und die Bauern-Streiks ^33^--^335.

Die Arbeitseinstellungen begannen in Vimeriate, wo die Kolonen eine Er¬
mäßigung der Hauspacht und eine Aufbesserung des Tagelohns von 0,60 auf
1 Lira forderten.

Da die Grundbesitzer sich über die gestellten Forderungen erst nach Ablauf
des Jahresvcrtrciges schlüssig mache" wollten, erhoben sich die Bauern, bedrohten
die Grundherren offen oder durch anonyme Briefe, rotteten sich zusammen,
schnitten Weinstöcke und Maulbeerbäume ab u. s, w. Schließlich befanden sich
gegen zwanzig Gemeinden in Aufruhr, und die Bewegung breitete sich vom
Mailändischen auf die Gegend von Monza und Como aus. Um Ordnung zu
schaffen, mußten Infanterie, Kavallerie und Ccirabinieri aufgeboten werden,
wobei, wie Bertaguvlli hervorhebt, festgestellt wurde, daß viele ehemalige Sol¬
daten an den Ruhestörungen beteiligt waren.

Nach einer amtlichen Statistik betrug die Zahl der während des Jahres
1885 allein im Bezirke des Mailänder Appellationsgerichts zur Anzeige ge¬
kommenen Arbeitseinstellungen 150, wovon 143 Bauern-Streiks waren. Es
kamen auf Como 1. ans Lecco 26, auf Mailand 38. auf Monza 78 Fälle.
Die Zahl der angeklagten Personen belief sich auf 272, davon wurden 162
abgeurteilt und 102 verurteilt. 12 Personen erhielten Pvlizcistrafen, 46 Ge¬
fängnis bis zu 15 Tagen, 36 bis zu 1 Monat, 3 bis zu 2 Monaten; 1 er¬
hielt 3, 1 erhielt 6 Monate Gefängnis; 3 Personen wurden mit einem Jahre
Haft bestraft.

Dem Vernehme" nach ist das Verhältnis zwischen den Grundherren und
den Bauern in den genannten Gegenden noch immer ein gespanntes, sodaß
erneute Ruhestörungen nicht ausgeschlossen erscheinen. Bertagnolli empfiehlt
den Grundherren als Gegenmittel mehr als bisher auf dem Lande zu leben,
ihre Güter nicht an Unternehmer zu verpachten, welche die Kolonen zu drücken
pflegen, endlich ihr überflüssiges Geld lieber zu Verbesserungen im Landbau,
als in der Stadt auszugeben. Auf der andern Seite bedauert er, daß es
während der Parlamentssitzung des Jahres 1885 nicht zur Annahme eines
Streikgesetzes gekommen sei, welches, unter Strafloslasfung der einfachen Arbeits¬
einstellung, gestattet hätte, diejenigen Personen zu belangen, welche, ohne ein
persönliches und unmittelbares Interesse an der Sache zu haben, zur Arbeits¬
einstellung aufreizen.

Infolge der geschilderten Vorgänge, sowie wegen der gedrückten Prodnkten-
preise ist die Lage der Landwirtschaft, trotz der guten Ernte des Jahres 1836,
so trostlos, daß die oberitalienischen Ackerbau-Vereine (lLAg,-ooniit>all) beabsich¬
tigen, in einem demnächst abzuhaltenden Kongresse die Absendung eines Bitt¬
gesuches an die Regierung um Bewilligung von Getreidezöllen vorzubereiten.




Die Tage der Landwirtschaft in Gberitalien und die Bauern-Streiks ^33^—^335.

Die Arbeitseinstellungen begannen in Vimeriate, wo die Kolonen eine Er¬
mäßigung der Hauspacht und eine Aufbesserung des Tagelohns von 0,60 auf
1 Lira forderten.

Da die Grundbesitzer sich über die gestellten Forderungen erst nach Ablauf
des Jahresvcrtrciges schlüssig mache» wollten, erhoben sich die Bauern, bedrohten
die Grundherren offen oder durch anonyme Briefe, rotteten sich zusammen,
schnitten Weinstöcke und Maulbeerbäume ab u. s, w. Schließlich befanden sich
gegen zwanzig Gemeinden in Aufruhr, und die Bewegung breitete sich vom
Mailändischen auf die Gegend von Monza und Como aus. Um Ordnung zu
schaffen, mußten Infanterie, Kavallerie und Ccirabinieri aufgeboten werden,
wobei, wie Bertaguvlli hervorhebt, festgestellt wurde, daß viele ehemalige Sol¬
daten an den Ruhestörungen beteiligt waren.

Nach einer amtlichen Statistik betrug die Zahl der während des Jahres
1885 allein im Bezirke des Mailänder Appellationsgerichts zur Anzeige ge¬
kommenen Arbeitseinstellungen 150, wovon 143 Bauern-Streiks waren. Es
kamen auf Como 1. ans Lecco 26, auf Mailand 38. auf Monza 78 Fälle.
Die Zahl der angeklagten Personen belief sich auf 272, davon wurden 162
abgeurteilt und 102 verurteilt. 12 Personen erhielten Pvlizcistrafen, 46 Ge¬
fängnis bis zu 15 Tagen, 36 bis zu 1 Monat, 3 bis zu 2 Monaten; 1 er¬
hielt 3, 1 erhielt 6 Monate Gefängnis; 3 Personen wurden mit einem Jahre
Haft bestraft.

Dem Vernehme» nach ist das Verhältnis zwischen den Grundherren und
den Bauern in den genannten Gegenden noch immer ein gespanntes, sodaß
erneute Ruhestörungen nicht ausgeschlossen erscheinen. Bertagnolli empfiehlt
den Grundherren als Gegenmittel mehr als bisher auf dem Lande zu leben,
ihre Güter nicht an Unternehmer zu verpachten, welche die Kolonen zu drücken
pflegen, endlich ihr überflüssiges Geld lieber zu Verbesserungen im Landbau,
als in der Stadt auszugeben. Auf der andern Seite bedauert er, daß es
während der Parlamentssitzung des Jahres 1885 nicht zur Annahme eines
Streikgesetzes gekommen sei, welches, unter Strafloslasfung der einfachen Arbeits¬
einstellung, gestattet hätte, diejenigen Personen zu belangen, welche, ohne ein
persönliches und unmittelbares Interesse an der Sache zu haben, zur Arbeits¬
einstellung aufreizen.

Infolge der geschilderten Vorgänge, sowie wegen der gedrückten Prodnkten-
preise ist die Lage der Landwirtschaft, trotz der guten Ernte des Jahres 1836,
so trostlos, daß die oberitalienischen Ackerbau-Vereine (lLAg,-ooniit>all) beabsich¬
tigen, in einem demnächst abzuhaltenden Kongresse die Absendung eines Bitt¬
gesuches an die Regierung um Bewilligung von Getreidezöllen vorzubereiten.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/581>, abgerufen am 22.12.2024.