Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten. farbenprächtige Blüten getrieben hat, mit allen ihren Wurzeln ausgraben und Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten. 23. les erschüttert nehme ich hente das Wort, aber nicht erschüttert Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten. farbenprächtige Blüten getrieben hat, mit allen ihren Wurzeln ausgraben und Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten. 23. les erschüttert nehme ich hente das Wort, aber nicht erschüttert <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200601"/> <fw type="header" place="top"> Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1538" prev="#ID_1537"> farbenprächtige Blüten getrieben hat, mit allen ihren Wurzeln ausgraben und<lb/> in die deutsche Erde verpflanzen möchten. Die Anfänge, die einige junge, un¬<lb/> verständige Heißsporne in dieser Richtung gemacht haben, sollten in ihrer krassen<lb/> Häßlichkeit warnende Beispiele sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten.<lb/> 23.</head><lb/> <p xml:id="ID_1539" next="#ID_1540"> les erschüttert nehme ich hente das Wort, aber nicht erschüttert<lb/> in meinen Grundsätzen. Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme,<lb/> das ist und bleibt wahr, aber darüber sind wir ja längst einig,<lb/> wer regieruugsfremidlich stimmt, stellt sich außerhalb des Volkes,<lb/> das Volk ist die Opposition: die blutrote, die rotblau schil¬<lb/> lernde, die schwarze, die goldne, die gelbweiße, die Weiße, die blaurotweiße,<lb/> kurzum, das ganze Spektrum. Und daß am 21. Februar dieses einige<lb/> und alleinige welfisch -politisch -französisch -partikularistisch-aiiarchistisch-freisinnig-<lb/> interncitionale deutsche Volk, dies herrlichste vor allen, in die Minderheit ge¬<lb/> drängt worden ist, das ist, wie Eugen Richter so schön sagt, das Werk von<lb/> Lug und Trug. Was er damit eigentlich gemeint hat, weiß ich allerdings nicht; an<lb/> die unschuldigen kleinen Wahlschcrzc, das Septeunat bedeute siebenjährige Dienst¬<lb/> pflicht, u. dergl. in. wird er dabei schwerlich gedacht haben. Allein er sagt es, und<lb/> nicht er allein sagt es, sondern alle die ehrenwerten Männer, welche die Lüge<lb/> ebenso tief verabscheuen, wie Falstaff die Feigheit, also muß es doch wahr sein.<lb/> Welcher patriotische Schmerz spricht aus den Worten Alexander Meyers, des<lb/> unvergleichlichen Reichstags-Feuilletonisten, nach dessen Reden mein Nachbar<lb/> Meseritzer zu sagen pflegte: „Heißt ein Geist! Der reine Oskar Blümchenthal!"<lb/> Nun, der gute Meseritzer ist Enthusiast, und mit dem ruhmgekrönten Verfasser<lb/> des „Probepfeil" verglichen zu werden, würde Alexander Meyer in seiner Be¬<lb/> scheidenheit selbst ablehnen. Aber als ich seinen Aufsatz in der „Breslauer Zeitung"<lb/> las, sagte ich mir: Diese Kraft soll der Reichstag entbehren? Dann wird er<lb/> ein Rumpfparlament! „Das Tabaksmonopol und das Branntweinmonopol sind<lb/> doch nicht das Einzige, was wir zu fürchten haben; man kann Stcuerprojekte<lb/> ausdenken, mit denen verglichen das Monopol zu einer wahren Wohlthat wird."<lb/> O wie wahr! Man kann eine Steuer legen auf jedes unnütze Wort, man kann<lb/> eine Steuer legen aus das Verbreiter falscher Gerüchte, man kann eine Steuer</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten.
farbenprächtige Blüten getrieben hat, mit allen ihren Wurzeln ausgraben und
in die deutsche Erde verpflanzen möchten. Die Anfänge, die einige junge, un¬
verständige Heißsporne in dieser Richtung gemacht haben, sollten in ihrer krassen
Häßlichkeit warnende Beispiele sein.
Ungehaltene Reden eines Nichtgewählten.
23.
les erschüttert nehme ich hente das Wort, aber nicht erschüttert
in meinen Grundsätzen. Des Volkes Stimme ist Gottes Stimme,
das ist und bleibt wahr, aber darüber sind wir ja längst einig,
wer regieruugsfremidlich stimmt, stellt sich außerhalb des Volkes,
das Volk ist die Opposition: die blutrote, die rotblau schil¬
lernde, die schwarze, die goldne, die gelbweiße, die Weiße, die blaurotweiße,
kurzum, das ganze Spektrum. Und daß am 21. Februar dieses einige
und alleinige welfisch -politisch -französisch -partikularistisch-aiiarchistisch-freisinnig-
interncitionale deutsche Volk, dies herrlichste vor allen, in die Minderheit ge¬
drängt worden ist, das ist, wie Eugen Richter so schön sagt, das Werk von
Lug und Trug. Was er damit eigentlich gemeint hat, weiß ich allerdings nicht; an
die unschuldigen kleinen Wahlschcrzc, das Septeunat bedeute siebenjährige Dienst¬
pflicht, u. dergl. in. wird er dabei schwerlich gedacht haben. Allein er sagt es, und
nicht er allein sagt es, sondern alle die ehrenwerten Männer, welche die Lüge
ebenso tief verabscheuen, wie Falstaff die Feigheit, also muß es doch wahr sein.
Welcher patriotische Schmerz spricht aus den Worten Alexander Meyers, des
unvergleichlichen Reichstags-Feuilletonisten, nach dessen Reden mein Nachbar
Meseritzer zu sagen pflegte: „Heißt ein Geist! Der reine Oskar Blümchenthal!"
Nun, der gute Meseritzer ist Enthusiast, und mit dem ruhmgekrönten Verfasser
des „Probepfeil" verglichen zu werden, würde Alexander Meyer in seiner Be¬
scheidenheit selbst ablehnen. Aber als ich seinen Aufsatz in der „Breslauer Zeitung"
las, sagte ich mir: Diese Kraft soll der Reichstag entbehren? Dann wird er
ein Rumpfparlament! „Das Tabaksmonopol und das Branntweinmonopol sind
doch nicht das Einzige, was wir zu fürchten haben; man kann Stcuerprojekte
ausdenken, mit denen verglichen das Monopol zu einer wahren Wohlthat wird."
O wie wahr! Man kann eine Steuer legen auf jedes unnütze Wort, man kann
eine Steuer legen aus das Verbreiter falscher Gerüchte, man kann eine Steuer
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