Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.die Bevölkerung der Fabrikbezirke, sondern auch die der Hauptstadt, soweit Ar¬ Betrachten wir das Ergebnis der Wahlen nach seiner Wirkung auf den die Bevölkerung der Fabrikbezirke, sondern auch die der Hauptstadt, soweit Ar¬ Betrachten wir das Ergebnis der Wahlen nach seiner Wirkung auf den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0466" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200571"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1460" prev="#ID_1459"> die Bevölkerung der Fabrikbezirke, sondern auch die der Hauptstadt, soweit Ar¬<lb/> beiter sie bilden, in so weiten Kreisen bethörte, daß für die Zukunft arge Dinge<lb/> zu fürchten waren. Jetzt dürfen wir stolz darauf sein, die Wählerschaft des<lb/> Königreichs an der Spitze derer zu erblicken, welche unter der rechten Fahne<lb/> kämpften und siegten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1461" next="#ID_1462"> Betrachten wir das Ergebnis der Wahlen nach seiner Wirkung auf den<lb/> Bestand der Parteien, so sehen wir das Zentrum nur wenig geschwächt wieder¬<lb/> kehren, und dasselbe gilt von seinen nächsten Anhängseln, den Protestlern des<lb/> Ncichslandes, denen auch der wackere Zorn von Vulach erlag, und den Polen.<lb/> Von allen diesen Reichsfeinden war das zu erwarten. Das Zentrum wird nicht<lb/> vom Papste und den Bischöfen, sonder» von der Demokratie der Kapläne und<lb/> ihrer kleinen Presse, nicht von der katholischen Idee, sondern vom Partikularismus<lb/> und von dein Preußenhasse hannoverscher, rheinischer, westfälischer und urbaierischer<lb/> Gebiete regiert; die Schaar der reichsländischcn Protestler folgt Anregungen<lb/> und Verheißungen von Paris her, das, als es in Elsaß und Lothringen noch<lb/> herrschte, das dortige Volk teils als Heloten behandelte, teils als Böotier aus¬<lb/> lachte; die Polen thun, was ihr Adel und ihre Pfaffen sie heißen, welche ihrer¬<lb/> seits sich nach den Fleischtöpfen zurücksehnen, die ihnen bereit standen, als<lb/> Polen noch nicht verloren war; und das alles wird sich sobald nicht ändern,<lb/> wenigstens noch nicht wesentlich, aber auch nicht allzuviel zur Sache thun, wenn<lb/> die Vertreter der reichstreucn Parteien ihre Aufgabe begreifen und dichter und<lb/> in weiterem Umfange als bisher sich um die Regierung des Kaisers schaaren.<lb/> Sehen wir uns weiter um, so hat die süddeutsche Volkspartei, welche die demo¬<lb/> kratischen Überlieferungen von 1848 als unantastbares Heiligtum bewahrte,<lb/> durch die Wahlen ihre sämtlichen sieben Mandate eingebüßt und damit Wohl für<lb/> immer parlamentarisch zu leben aufgehört. Ferner hat sich die Zahl des Ringes<lb/> im Neichstagsgebäude auf der Leipziger Straße, der bisher es für Recht und<lb/> Pflicht hannöverscher Reichsboten hielt, die Interessen des herzoglichen Neichs-<lb/> feindcs in Gmunden nach Kräften zu vertreten, einigermaßen vermindert. Ein<lb/> ganz besonders unglückliches Schicksal hat endlich auch die Genossenschaft der<lb/> Deutschfreisinuigen ereilt, ein Schicksal, das an die seligen Altliberalen erinnert,<lb/> die, einst die ausschlaggebende Fraktion, zuletzt, als der Führer die Häupter<lb/> seiner Lieben zählte, nnr noch 11 Mannen stark auf dem Platze waren. Von<lb/> den 64 Mandaten, über welche jene Urgesinnungstüchtigen im aufgelösten Reichs¬<lb/> tage geboten, wurden im ersten Wahlgänge nur 13 behauptet und 26 verloren,<lb/> darunter die von Größen wie Forckenbcck, Langerhans, Ausfeld, Möller und —<lb/> Träger, den wir eigentlich als Poeten der „Gartenlaube" und Typus eines<lb/> wesentlichen Teils der Partei an erster Stelle nennen mußten. Gab es einen<lb/> Trost bei solchem Mißgeschick im „Kampfe ums Recht," wie ein von der Klique<lb/> verfaßtes, in einer Million Exemplaren verschicktes Flugblatt voll Schwindel¬<lb/> phrasen ihr Treiben nannte, so war es der, daß einige andre Führer, der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0466]
die Bevölkerung der Fabrikbezirke, sondern auch die der Hauptstadt, soweit Ar¬
beiter sie bilden, in so weiten Kreisen bethörte, daß für die Zukunft arge Dinge
zu fürchten waren. Jetzt dürfen wir stolz darauf sein, die Wählerschaft des
Königreichs an der Spitze derer zu erblicken, welche unter der rechten Fahne
kämpften und siegten.
Betrachten wir das Ergebnis der Wahlen nach seiner Wirkung auf den
Bestand der Parteien, so sehen wir das Zentrum nur wenig geschwächt wieder¬
kehren, und dasselbe gilt von seinen nächsten Anhängseln, den Protestlern des
Ncichslandes, denen auch der wackere Zorn von Vulach erlag, und den Polen.
Von allen diesen Reichsfeinden war das zu erwarten. Das Zentrum wird nicht
vom Papste und den Bischöfen, sonder» von der Demokratie der Kapläne und
ihrer kleinen Presse, nicht von der katholischen Idee, sondern vom Partikularismus
und von dein Preußenhasse hannoverscher, rheinischer, westfälischer und urbaierischer
Gebiete regiert; die Schaar der reichsländischcn Protestler folgt Anregungen
und Verheißungen von Paris her, das, als es in Elsaß und Lothringen noch
herrschte, das dortige Volk teils als Heloten behandelte, teils als Böotier aus¬
lachte; die Polen thun, was ihr Adel und ihre Pfaffen sie heißen, welche ihrer¬
seits sich nach den Fleischtöpfen zurücksehnen, die ihnen bereit standen, als
Polen noch nicht verloren war; und das alles wird sich sobald nicht ändern,
wenigstens noch nicht wesentlich, aber auch nicht allzuviel zur Sache thun, wenn
die Vertreter der reichstreucn Parteien ihre Aufgabe begreifen und dichter und
in weiterem Umfange als bisher sich um die Regierung des Kaisers schaaren.
Sehen wir uns weiter um, so hat die süddeutsche Volkspartei, welche die demo¬
kratischen Überlieferungen von 1848 als unantastbares Heiligtum bewahrte,
durch die Wahlen ihre sämtlichen sieben Mandate eingebüßt und damit Wohl für
immer parlamentarisch zu leben aufgehört. Ferner hat sich die Zahl des Ringes
im Neichstagsgebäude auf der Leipziger Straße, der bisher es für Recht und
Pflicht hannöverscher Reichsboten hielt, die Interessen des herzoglichen Neichs-
feindcs in Gmunden nach Kräften zu vertreten, einigermaßen vermindert. Ein
ganz besonders unglückliches Schicksal hat endlich auch die Genossenschaft der
Deutschfreisinuigen ereilt, ein Schicksal, das an die seligen Altliberalen erinnert,
die, einst die ausschlaggebende Fraktion, zuletzt, als der Führer die Häupter
seiner Lieben zählte, nnr noch 11 Mannen stark auf dem Platze waren. Von
den 64 Mandaten, über welche jene Urgesinnungstüchtigen im aufgelösten Reichs¬
tage geboten, wurden im ersten Wahlgänge nur 13 behauptet und 26 verloren,
darunter die von Größen wie Forckenbcck, Langerhans, Ausfeld, Möller und —
Träger, den wir eigentlich als Poeten der „Gartenlaube" und Typus eines
wesentlichen Teils der Partei an erster Stelle nennen mußten. Gab es einen
Trost bei solchem Mißgeschick im „Kampfe ums Recht," wie ein von der Klique
verfaßtes, in einer Million Exemplaren verschicktes Flugblatt voll Schwindel¬
phrasen ihr Treiben nannte, so war es der, daß einige andre Führer, der
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