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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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nur dem Einflüsse fremder Ideen zugänglich, sondern alsdenn auch im höchsten,
im Wachen kaum erreichbaren Grade ausdrucksvoll, weil sie eben von innen heraus¬
gearbeitet werde", während das heutige Modell des Künstlers uur äußern? Be¬
fehle gehorcht oder uur mechanisch in Position gesetzt wird."

Hier haben wir also nach der magnetischen Erziehung die hypnotische Kunst:
der Künstler hypnotisirt seine Modelle und läßt sie im willenlosen Zustande die
von ihm gewünschten Stellungen in so vollendeter Weise annehmen, wie sie seinem
Genie vorschwebe". Hier fehlt uur noch eins: der Künstler braucht uoch einen
andern Magnetiseur, der ihn so beeinflußt, daß er die von dem Modelle mi-
genommene Stellung nun auch vollkommen zur plastischen oder malerischen Dar¬
stellung bringt; vielleicht liefert die neue Münchener Gesellschaft derartige Meister
zum Heile der nationalen Kunst: wie dringend wäre einer derselben beispielsweise
dem Zeichner der Karrikatur zu wünschen gewesen, welche die Gartenlaube neulich
von der Neichstagssitzuug brachte, in der Moltke sprach! In dem folgenden Stücke
wird mit gebührendem Ernste die wichtige Frage erörtert: ob der im vorigen Jahr¬
hundert lebende Geisterbeschwörer Schrcpfer ein,,Materinlisatiousmedium" gewesen
sei oder nicht. Die nächste Abhandlung beschäftigt sich mit den dunkeln Prophe¬
zeiungen, welche Nostradamns im sechzehnten Jahrhundert verfaßt hat; dem Ver¬
fasser sind sie übrigens vollkommen klar, denn er sagt schließlich (S. 47): "Es sind
hauptsächlich die Geschicke Frankreichs vom Verfall (gemeint ist: vom Aussterben)
des Hauses Valois nu, während der Glanzzeit der Bourbonen, der Stürme der
Revolutionen und Kriege der napoleoniden bis zum englische" Exile Napoleons III.
und noch weiter dargestellt; in England ist die Revolution und Hinrichtung Karls I.,
die Restauration und abermalige Vertreibung der Stuarts, die Thronbesteigung
Wilhelms von Oranien, die vom Prätendenten verursachten Unruhen und die do-
minirende Seemacht Albions klar charakterisier." Die astrologischen Träumereien
des Zeitalters der Katharina von Medici werden als wichtige historische Forschungen
behandelt, und der Gcdnuke, daß mau von der Zukunft aus den Sternen nichts
lernen kann, kommt dem Verehrer des Nostradamns offenbar garnicht i" den Sinn!




Zu den Einfamilienhäusern.

In Ur. 6 dieser Zeitschrift (S. 269) heißt
es in dem Artikel "Die Thätigkeit der Frauen für die Milderung der Wohuungs-
not": "Eine Frau würde garnicht ans so unpraktische und uudurchführbare Pläne
wie die Besserung der Wvhnuugszustände allein durch Herstellung von Einfnmilien-
hänsern (vergl. Grenzboten 1885, IV.) kommen. Sie sagt sich, von allem andern
(hohe Baukosten u. dergl.) abgesehen, wie unvorteilhaft es für eine Arbeiterfrau
ist, weit vou der Stadt in einem Hause allein zu wohnen. Wer sieht nach ihren
Kindern, wenn sie täglich ihre Bedürfnisse weit entfernt holen muß, da sie Vor¬
räte anzulegen nicht die Mittel hat? Wer sieht nach ihr, wenn sie krank oder
Wöchnerin ist? Wer übernimmt in solchen Fällen ihre Besorgungen? Wer hilft
ihr im Falle der Not aus?" Dem gegenüber darf es doch Wohl als Thatsache
bezeichnet werden, daß es sicherlich noch niemand und dem Verfasser des ange¬
führten ältern Zinssatzes am wenigsten eingefallen ist, einer Arbeiterfamilie zu
empfehlen, "weit von der Stadt in einem Hanse allein zu wohnen." Die selbst¬
verständliche, gewiß auch nirgends unerwähnt gelassene Voraussetzung für zweck¬
mäßige Errichtung Verkänflicher Einfamilienhäuser besteht darin, daß sie eben
nicht allein, sondern in größern Gruppen vereinigt liegen, in welchem Falle
dann alle für das häusliche Leben erforderlichen Veranstaltungen ganz von selbst
folgen werden. Nur dadurch, uur durch fabrikmäßige Anlegung einer größer"


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nur dem Einflüsse fremder Ideen zugänglich, sondern alsdenn auch im höchsten,
im Wachen kaum erreichbaren Grade ausdrucksvoll, weil sie eben von innen heraus¬
gearbeitet werde», während das heutige Modell des Künstlers uur äußern? Be¬
fehle gehorcht oder uur mechanisch in Position gesetzt wird."

Hier haben wir also nach der magnetischen Erziehung die hypnotische Kunst:
der Künstler hypnotisirt seine Modelle und läßt sie im willenlosen Zustande die
von ihm gewünschten Stellungen in so vollendeter Weise annehmen, wie sie seinem
Genie vorschwebe». Hier fehlt uur noch eins: der Künstler braucht uoch einen
andern Magnetiseur, der ihn so beeinflußt, daß er die von dem Modelle mi-
genommene Stellung nun auch vollkommen zur plastischen oder malerischen Dar¬
stellung bringt; vielleicht liefert die neue Münchener Gesellschaft derartige Meister
zum Heile der nationalen Kunst: wie dringend wäre einer derselben beispielsweise
dem Zeichner der Karrikatur zu wünschen gewesen, welche die Gartenlaube neulich
von der Neichstagssitzuug brachte, in der Moltke sprach! In dem folgenden Stücke
wird mit gebührendem Ernste die wichtige Frage erörtert: ob der im vorigen Jahr¬
hundert lebende Geisterbeschwörer Schrcpfer ein,,Materinlisatiousmedium" gewesen
sei oder nicht. Die nächste Abhandlung beschäftigt sich mit den dunkeln Prophe¬
zeiungen, welche Nostradamns im sechzehnten Jahrhundert verfaßt hat; dem Ver¬
fasser sind sie übrigens vollkommen klar, denn er sagt schließlich (S. 47): „Es sind
hauptsächlich die Geschicke Frankreichs vom Verfall (gemeint ist: vom Aussterben)
des Hauses Valois nu, während der Glanzzeit der Bourbonen, der Stürme der
Revolutionen und Kriege der napoleoniden bis zum englische» Exile Napoleons III.
und noch weiter dargestellt; in England ist die Revolution und Hinrichtung Karls I.,
die Restauration und abermalige Vertreibung der Stuarts, die Thronbesteigung
Wilhelms von Oranien, die vom Prätendenten verursachten Unruhen und die do-
minirende Seemacht Albions klar charakterisier." Die astrologischen Träumereien
des Zeitalters der Katharina von Medici werden als wichtige historische Forschungen
behandelt, und der Gcdnuke, daß mau von der Zukunft aus den Sternen nichts
lernen kann, kommt dem Verehrer des Nostradamns offenbar garnicht i» den Sinn!




Zu den Einfamilienhäusern.

In Ur. 6 dieser Zeitschrift (S. 269) heißt
es in dem Artikel „Die Thätigkeit der Frauen für die Milderung der Wohuungs-
not": „Eine Frau würde garnicht ans so unpraktische und uudurchführbare Pläne
wie die Besserung der Wvhnuugszustände allein durch Herstellung von Einfnmilien-
hänsern (vergl. Grenzboten 1885, IV.) kommen. Sie sagt sich, von allem andern
(hohe Baukosten u. dergl.) abgesehen, wie unvorteilhaft es für eine Arbeiterfrau
ist, weit vou der Stadt in einem Hause allein zu wohnen. Wer sieht nach ihren
Kindern, wenn sie täglich ihre Bedürfnisse weit entfernt holen muß, da sie Vor¬
räte anzulegen nicht die Mittel hat? Wer sieht nach ihr, wenn sie krank oder
Wöchnerin ist? Wer übernimmt in solchen Fällen ihre Besorgungen? Wer hilft
ihr im Falle der Not aus?" Dem gegenüber darf es doch Wohl als Thatsache
bezeichnet werden, daß es sicherlich noch niemand und dem Verfasser des ange¬
führten ältern Zinssatzes am wenigsten eingefallen ist, einer Arbeiterfamilie zu
empfehlen, „weit von der Stadt in einem Hanse allein zu wohnen." Die selbst¬
verständliche, gewiß auch nirgends unerwähnt gelassene Voraussetzung für zweck¬
mäßige Errichtung Verkänflicher Einfamilienhäuser besteht darin, daß sie eben
nicht allein, sondern in größern Gruppen vereinigt liegen, in welchem Falle
dann alle für das häusliche Leben erforderlichen Veranstaltungen ganz von selbst
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[0406] Kleinere Mitteilungen- nur dem Einflüsse fremder Ideen zugänglich, sondern alsdenn auch im höchsten, im Wachen kaum erreichbaren Grade ausdrucksvoll, weil sie eben von innen heraus¬ gearbeitet werde», während das heutige Modell des Künstlers uur äußern? Be¬ fehle gehorcht oder uur mechanisch in Position gesetzt wird." Hier haben wir also nach der magnetischen Erziehung die hypnotische Kunst: der Künstler hypnotisirt seine Modelle und läßt sie im willenlosen Zustande die von ihm gewünschten Stellungen in so vollendeter Weise annehmen, wie sie seinem Genie vorschwebe». Hier fehlt uur noch eins: der Künstler braucht uoch einen andern Magnetiseur, der ihn so beeinflußt, daß er die von dem Modelle mi- genommene Stellung nun auch vollkommen zur plastischen oder malerischen Dar¬ stellung bringt; vielleicht liefert die neue Münchener Gesellschaft derartige Meister zum Heile der nationalen Kunst: wie dringend wäre einer derselben beispielsweise dem Zeichner der Karrikatur zu wünschen gewesen, welche die Gartenlaube neulich von der Neichstagssitzuug brachte, in der Moltke sprach! In dem folgenden Stücke wird mit gebührendem Ernste die wichtige Frage erörtert: ob der im vorigen Jahr¬ hundert lebende Geisterbeschwörer Schrcpfer ein,,Materinlisatiousmedium" gewesen sei oder nicht. Die nächste Abhandlung beschäftigt sich mit den dunkeln Prophe¬ zeiungen, welche Nostradamns im sechzehnten Jahrhundert verfaßt hat; dem Ver¬ fasser sind sie übrigens vollkommen klar, denn er sagt schließlich (S. 47): „Es sind hauptsächlich die Geschicke Frankreichs vom Verfall (gemeint ist: vom Aussterben) des Hauses Valois nu, während der Glanzzeit der Bourbonen, der Stürme der Revolutionen und Kriege der napoleoniden bis zum englische» Exile Napoleons III. und noch weiter dargestellt; in England ist die Revolution und Hinrichtung Karls I., die Restauration und abermalige Vertreibung der Stuarts, die Thronbesteigung Wilhelms von Oranien, die vom Prätendenten verursachten Unruhen und die do- minirende Seemacht Albions klar charakterisier." Die astrologischen Träumereien des Zeitalters der Katharina von Medici werden als wichtige historische Forschungen behandelt, und der Gcdnuke, daß mau von der Zukunft aus den Sternen nichts lernen kann, kommt dem Verehrer des Nostradamns offenbar garnicht i» den Sinn! Zu den Einfamilienhäusern. In Ur. 6 dieser Zeitschrift (S. 269) heißt es in dem Artikel „Die Thätigkeit der Frauen für die Milderung der Wohuungs- not": „Eine Frau würde garnicht ans so unpraktische und uudurchführbare Pläne wie die Besserung der Wvhnuugszustände allein durch Herstellung von Einfnmilien- hänsern (vergl. Grenzboten 1885, IV.) kommen. Sie sagt sich, von allem andern (hohe Baukosten u. dergl.) abgesehen, wie unvorteilhaft es für eine Arbeiterfrau ist, weit vou der Stadt in einem Hause allein zu wohnen. Wer sieht nach ihren Kindern, wenn sie täglich ihre Bedürfnisse weit entfernt holen muß, da sie Vor¬ räte anzulegen nicht die Mittel hat? Wer sieht nach ihr, wenn sie krank oder Wöchnerin ist? Wer übernimmt in solchen Fällen ihre Besorgungen? Wer hilft ihr im Falle der Not aus?" Dem gegenüber darf es doch Wohl als Thatsache bezeichnet werden, daß es sicherlich noch niemand und dem Verfasser des ange¬ führten ältern Zinssatzes am wenigsten eingefallen ist, einer Arbeiterfamilie zu empfehlen, „weit von der Stadt in einem Hanse allein zu wohnen." Die selbst¬ verständliche, gewiß auch nirgends unerwähnt gelassene Voraussetzung für zweck¬ mäßige Errichtung Verkänflicher Einfamilienhäuser besteht darin, daß sie eben nicht allein, sondern in größern Gruppen vereinigt liegen, in welchem Falle dann alle für das häusliche Leben erforderlichen Veranstaltungen ganz von selbst folgen werden. Nur dadurch, uur durch fabrikmäßige Anlegung einer größer»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/406>, abgerufen am 22.12.2024.