Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.Kleinere Mitteilungen, schaftlich begründete Verbindung von Ursache und Wirkung, wie sie in der zum Die zweite Abhandlung des Heftes bringt die Erzählung von zehn Fällen Eine weitere Abhandlung über Hypnotismus und Erziehung gelangt zu dem Der Verfasser dieses Aufsatzes hatte den Inhalt desselben in einem öffent¬ Was das hiernnf folgende Programm der in München gegründeten Psycho¬ Kleinere Mitteilungen, schaftlich begründete Verbindung von Ursache und Wirkung, wie sie in der zum Die zweite Abhandlung des Heftes bringt die Erzählung von zehn Fällen Eine weitere Abhandlung über Hypnotismus und Erziehung gelangt zu dem Der Verfasser dieses Aufsatzes hatte den Inhalt desselben in einem öffent¬ Was das hiernnf folgende Programm der in München gegründeten Psycho¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200510"/> <fw type="header" place="top"> Kleinere Mitteilungen,</fw><lb/> <p xml:id="ID_1275" prev="#ID_1274"> schaftlich begründete Verbindung von Ursache und Wirkung, wie sie in der zum<lb/> Dienste der Telegraphie benutzten Elektrizität vorliegt, mit dem Geisterklopfen ver¬<lb/> glichen wird, dessen sehr einfache, wirkliche Ursachen jeder kennt, der sich nicht Von<lb/> blinden Vorurteilen bethören läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1276"> Die zweite Abhandlung des Heftes bringt die Erzählung von zehn Fällen<lb/> unmittelbarer Willensübertragung, unter denen uns Ur. 2 am interessantesten er¬<lb/> scheint: „Ans seine Brusttasche deutend drückte mir Herr Dr. Grote den Wunsch<lb/> aus, es möge ihm sein Sacktuch herausgezogen werden. Herr Spiro führte auch<lb/> diesen Gedaukenbefehl in kürzester Zeit ohne Berührung ans." Herr» Spiro waren<lb/> nämlich die Augen verbunden: wie er das Tuch aus der Tasche herauszog, ohne<lb/> es zu berühre», ist und bleibt sein Geheimnis; denn die Redaktion der Zeitschrift<lb/> tritt lediglich „voll und ganz" für die Znvcrläßlichkeit und Aufrichtigkeit des Be¬<lb/> richterstatters ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1277"> Eine weitere Abhandlung über Hypnotismus und Erziehung gelangt zu dem<lb/> Ergebnis, der magnetische Schlaf solle zur Beeinflussung schwer erziehbnrer Kinder<lb/> in der Weise benutzt werden, daß ihnen im Zustande der Willenslosigkeit eine<lb/> Willensrichtung für die Zukunft aufgezwungen wird, und sie dadurch gebessert und<lb/> zu einer andern als ihrer bisherigen Lebensart gebracht werden. I. Stinte hat<lb/> neulich in einer Berliner Zeitung die Folgen dieser neuesten Pädagogik in humo¬<lb/> ristischer Weise ausgemalt, aber so komisch die Sache erscheint, sie hat auch eine<lb/> sehr ernste Seite. Wir lassen hier die Frage nach der Wahrheit der angeführten<lb/> Beispiele magnetischer Beeinflussung ganz beiseite, und nehmen für einen Augenblick<lb/> an, daß die Beeinflussung wirtlich bewiesen sei: wird jemand, dem die Gesetze mensch¬<lb/> lichen Denkens geläufig sind, im Ernste glauben, daß der im wachen und gesunden<lb/> Zustande unbeugsame Wille eiues Kindes die Eindrücke, welche er im Zustande<lb/> körperlicher Widerstandslosigkeit und geistiger Krankheit empfängt, nachher festhält,<lb/> wenn er wieder zu Lebe« und Gesundheit erwacht ist? Wer das annimmt, der<lb/> leugnet jede sittliche Weltordnung. Noch schlimmer stünde es mit der Verantwortung<lb/> derjenigen Aerzte, welche sich zu Experimenten verleiten ließen, die der Gesundheit<lb/> der magnetisch zu behandelnden Kinder den schwersten Schaden zufügen müßten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1278"> Der Verfasser dieses Aufsatzes hatte den Inhalt desselben in einem öffent¬<lb/> lichen Vortrage mitgeteilt. An diesen schloß sich eine Besprechung, ans der wir<lb/> folgenden Satz, als vou richtigem Urteile eingegeben, herausgreifen: „Ich meine,<lb/> man sollte sich nicht so leicht zur Anwendung einer Methode entschließen, welche<lb/> mit der moralischen Freiheit des Kindes in Konflikt kommt. Die Erziehung darf<lb/> nicht darnach trachten, den Menschen in eine Maschine zu verwandeln; sie muß im<lb/> Gegenteil die eignen Bemühungen erwecken, das Wachstum der guten Keime be¬<lb/> günstigen und die Entwicklung der schlechten unterdrücken. Die moralischen Ideen<lb/> sind dem Menschen eingeboren, und man muß sich darauf beschränken, sie zu über¬<lb/> wachen. Wer könnte überdies verhindern, daß gewisse Individuen die Methode<lb/> mißbrauchen, welche ihnen auf diese Weise gezeigt wird, und dem Kinde böse Ge¬<lb/> danken snggeriren? (gemeint ist einflößen). Man muß demnach eine Methode<lb/> zurückweisen, welche eben so gut zum Schlechten wie zum Guten dienen kann."</p><lb/> <p xml:id="ID_1279" next="#ID_1280"> Was das hiernnf folgende Programm der in München gegründeten Psycho¬<lb/> logischen Gesellschaft anlangt, so ist uns uuter den verschiednen Berufsarten, welche<lb/> nach der Ansicht der Gründer dieser Gesellschaft Nutzen von ihr haben werden,<lb/> am meisten der Gewinn aufgefallen, welchen die Künstler davon ziehen sollen. Es<lb/> heißt hierüber (S. 35): „Der Künstler wird vielleicht leer auszugehen glauben;<lb/> aber Geberden und Mimik sind in hypnotischen und somnambulen Zuständen nicht</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
Kleinere Mitteilungen,
schaftlich begründete Verbindung von Ursache und Wirkung, wie sie in der zum
Dienste der Telegraphie benutzten Elektrizität vorliegt, mit dem Geisterklopfen ver¬
glichen wird, dessen sehr einfache, wirkliche Ursachen jeder kennt, der sich nicht Von
blinden Vorurteilen bethören läßt.
Die zweite Abhandlung des Heftes bringt die Erzählung von zehn Fällen
unmittelbarer Willensübertragung, unter denen uns Ur. 2 am interessantesten er¬
scheint: „Ans seine Brusttasche deutend drückte mir Herr Dr. Grote den Wunsch
aus, es möge ihm sein Sacktuch herausgezogen werden. Herr Spiro führte auch
diesen Gedaukenbefehl in kürzester Zeit ohne Berührung ans." Herr» Spiro waren
nämlich die Augen verbunden: wie er das Tuch aus der Tasche herauszog, ohne
es zu berühre», ist und bleibt sein Geheimnis; denn die Redaktion der Zeitschrift
tritt lediglich „voll und ganz" für die Znvcrläßlichkeit und Aufrichtigkeit des Be¬
richterstatters ein.
Eine weitere Abhandlung über Hypnotismus und Erziehung gelangt zu dem
Ergebnis, der magnetische Schlaf solle zur Beeinflussung schwer erziehbnrer Kinder
in der Weise benutzt werden, daß ihnen im Zustande der Willenslosigkeit eine
Willensrichtung für die Zukunft aufgezwungen wird, und sie dadurch gebessert und
zu einer andern als ihrer bisherigen Lebensart gebracht werden. I. Stinte hat
neulich in einer Berliner Zeitung die Folgen dieser neuesten Pädagogik in humo¬
ristischer Weise ausgemalt, aber so komisch die Sache erscheint, sie hat auch eine
sehr ernste Seite. Wir lassen hier die Frage nach der Wahrheit der angeführten
Beispiele magnetischer Beeinflussung ganz beiseite, und nehmen für einen Augenblick
an, daß die Beeinflussung wirtlich bewiesen sei: wird jemand, dem die Gesetze mensch¬
lichen Denkens geläufig sind, im Ernste glauben, daß der im wachen und gesunden
Zustande unbeugsame Wille eiues Kindes die Eindrücke, welche er im Zustande
körperlicher Widerstandslosigkeit und geistiger Krankheit empfängt, nachher festhält,
wenn er wieder zu Lebe« und Gesundheit erwacht ist? Wer das annimmt, der
leugnet jede sittliche Weltordnung. Noch schlimmer stünde es mit der Verantwortung
derjenigen Aerzte, welche sich zu Experimenten verleiten ließen, die der Gesundheit
der magnetisch zu behandelnden Kinder den schwersten Schaden zufügen müßten.
Der Verfasser dieses Aufsatzes hatte den Inhalt desselben in einem öffent¬
lichen Vortrage mitgeteilt. An diesen schloß sich eine Besprechung, ans der wir
folgenden Satz, als vou richtigem Urteile eingegeben, herausgreifen: „Ich meine,
man sollte sich nicht so leicht zur Anwendung einer Methode entschließen, welche
mit der moralischen Freiheit des Kindes in Konflikt kommt. Die Erziehung darf
nicht darnach trachten, den Menschen in eine Maschine zu verwandeln; sie muß im
Gegenteil die eignen Bemühungen erwecken, das Wachstum der guten Keime be¬
günstigen und die Entwicklung der schlechten unterdrücken. Die moralischen Ideen
sind dem Menschen eingeboren, und man muß sich darauf beschränken, sie zu über¬
wachen. Wer könnte überdies verhindern, daß gewisse Individuen die Methode
mißbrauchen, welche ihnen auf diese Weise gezeigt wird, und dem Kinde böse Ge¬
danken snggeriren? (gemeint ist einflößen). Man muß demnach eine Methode
zurückweisen, welche eben so gut zum Schlechten wie zum Guten dienen kann."
Was das hiernnf folgende Programm der in München gegründeten Psycho¬
logischen Gesellschaft anlangt, so ist uns uuter den verschiednen Berufsarten, welche
nach der Ansicht der Gründer dieser Gesellschaft Nutzen von ihr haben werden,
am meisten der Gewinn aufgefallen, welchen die Künstler davon ziehen sollen. Es
heißt hierüber (S. 35): „Der Künstler wird vielleicht leer auszugehen glauben;
aber Geberden und Mimik sind in hypnotischen und somnambulen Zuständen nicht
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