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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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langen Wallungen, welche steigen und sinken und ihre weiche Helle verbreiten.
In Negenbogenfarben prangende Diamanten, springende Perlen schimmern in
ihren Vertiefungen und der spitzcnartig gezackte Schaum ihres Randes giebt der
See, wie eine Einfassung aus mattem Silber, einen durchbrochenen Rahmen, der
sich wellig im nächtlichen Spiegel krümmt."

Es dürfte schwer fallen, in diesen Zeilen den Verfasser der Geschichte der
Revolution wieder zu erkennen.

Taine ist jedenfalls ein origineller Geist, und die Verfolgungen, denen er
ausgesetzt war, haben wahrscheinlich mir dazu beigetragen, seine Originalität
weiter zu entwickeln. Die französische Akademie hat ihn, wie wir erzählt haben,
seither in ihre Mitte berufen. Welches ihre Beweggründe gewesen sein mögen,
ob die öffentliche Meinung einen Druck auf sie ausübte, ob sie unbefangener
geworden ist, Tcuncs Verdienste besser zu würdigen gelernt hat, oder ob die ver¬
meintliche Tendenz seines Geschichtswerkes sie versöhnt hat, wollen wir hier nicht
untersuchen. Schade ist es immerhin, daß die Auszeichnung der orlcanistisch
gesinnten Körperschaft Tau'nes Arbeit, statt zu fördern, bei gewissen Leuten in
Mißkredit gebracht hat. Es gehört anderseits aber auch eine große Kurzsichtig¬
keit und ein geringes Verständnis für schriftstellerischen Stolz und wissenschaft¬
lichen Ernst dazu, einen Mann wie Taine gegenüber der gelehrte,, Koterie des
Mazarinpcckastes schmeichelnder Gefälligkeit zu zeihen.




(Lin deutscher Maler in Rom.
(Schluß.)

as eigentliche innere Leben des jugendlichen, während seines
römischen Jahrzehnts in die Mannesjahre hineinwachsenden
Künstlers kommt in den Briefen an seine Familie zum Aus¬
druck. Daneben finden sich jedoch andre für den Einblick in das
römisch-deutsche Kunsttreiben, in die Stimmungen und Urteile
jener Tage wichtige Briefe, von denen ein paar vereinzelte an Schmorrs Kunst-
genossen, den Maler Rehbcniz, an den wackern Kunstfreund und Kunstschrift-
steller Fr. Rochlitz in Leipzig, die meisten aber an I. G. von Quandt gerichtet
sind, jenen eigentümlichen und vor Zeiten so einflußreiche Mann, der nicht nur
viel für Schmorrs änßere Förderung gethan hatte, sondern ihm auch innig be-
freundet worden war. Auch Quandt war Leipziger, Sohn eines reichen patri-
zischen Hauses, war ursprünglich für den Kaufmannsstand bestimmt, aber durch


langen Wallungen, welche steigen und sinken und ihre weiche Helle verbreiten.
In Negenbogenfarben prangende Diamanten, springende Perlen schimmern in
ihren Vertiefungen und der spitzcnartig gezackte Schaum ihres Randes giebt der
See, wie eine Einfassung aus mattem Silber, einen durchbrochenen Rahmen, der
sich wellig im nächtlichen Spiegel krümmt."

Es dürfte schwer fallen, in diesen Zeilen den Verfasser der Geschichte der
Revolution wieder zu erkennen.

Taine ist jedenfalls ein origineller Geist, und die Verfolgungen, denen er
ausgesetzt war, haben wahrscheinlich mir dazu beigetragen, seine Originalität
weiter zu entwickeln. Die französische Akademie hat ihn, wie wir erzählt haben,
seither in ihre Mitte berufen. Welches ihre Beweggründe gewesen sein mögen,
ob die öffentliche Meinung einen Druck auf sie ausübte, ob sie unbefangener
geworden ist, Tcuncs Verdienste besser zu würdigen gelernt hat, oder ob die ver¬
meintliche Tendenz seines Geschichtswerkes sie versöhnt hat, wollen wir hier nicht
untersuchen. Schade ist es immerhin, daß die Auszeichnung der orlcanistisch
gesinnten Körperschaft Tau'nes Arbeit, statt zu fördern, bei gewissen Leuten in
Mißkredit gebracht hat. Es gehört anderseits aber auch eine große Kurzsichtig¬
keit und ein geringes Verständnis für schriftstellerischen Stolz und wissenschaft¬
lichen Ernst dazu, einen Mann wie Taine gegenüber der gelehrte,, Koterie des
Mazarinpcckastes schmeichelnder Gefälligkeit zu zeihen.




(Lin deutscher Maler in Rom.
(Schluß.)

as eigentliche innere Leben des jugendlichen, während seines
römischen Jahrzehnts in die Mannesjahre hineinwachsenden
Künstlers kommt in den Briefen an seine Familie zum Aus¬
druck. Daneben finden sich jedoch andre für den Einblick in das
römisch-deutsche Kunsttreiben, in die Stimmungen und Urteile
jener Tage wichtige Briefe, von denen ein paar vereinzelte an Schmorrs Kunst-
genossen, den Maler Rehbcniz, an den wackern Kunstfreund und Kunstschrift-
steller Fr. Rochlitz in Leipzig, die meisten aber an I. G. von Quandt gerichtet
sind, jenen eigentümlichen und vor Zeiten so einflußreiche Mann, der nicht nur
viel für Schmorrs änßere Förderung gethan hatte, sondern ihm auch innig be-
freundet worden war. Auch Quandt war Leipziger, Sohn eines reichen patri-
zischen Hauses, war ursprünglich für den Kaufmannsstand bestimmt, aber durch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/384>, abgerufen am 03.07.2024.