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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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und Mac-Masons zur Unmöglichkeit zu machen. Ferner erwiesen sie neben
manchen andern taktischen Grundregeln in ganz hervorragendem Maße die Be¬
deutung eines besondern Umstandes. Sie ließen nämlich den Nachteil, ja die
Gefahr erkennen, die darin liegt, der Vorhut Gefechte zur Verdeckung der
Hauptarmee zu gestatten, bevor die Maßnahmen des Befehlhabers voll¬
kommen ausgeführt sind. Wenn die Schlacht von Wörth, meint Kapitän Stone,
am 7. August, an dem Tage, den der Kronprinz dafür festgesetzt hatte, und
nicht am 6. August geschlagen worden wäre, so hätte nach menschlicher
Berechnung Mac-Mahon aufgehört, in den folgende" Operationen noch irgend¬
eine Rolle zu spielen. Und von Spicheren sagt er: "Wir sehen während der
ganzen Schlacht die deutschen Truppen in den Kampf eilen, sobald sie auf dem
Schlachtfelde ankommen, ohne Rücksicht auf die Division oder das Korps, zu
welchem sie gehören, und nicht minder ohne Rücksicht auf irgendeinen wohl¬
erwogenen Schlachtplan. Nur der vollkommenen Dezentralisation in dem ganzen
deutschen Heere ist es zu verdanken, daß ein solches Vorgehen, wie das bei
Spicheren, möglich war, ohne die schwerste Verwirrung und infolge davon
Unfälle hervorzurufen." Die Kämpfe um den Stiftwald und den Rothenberg
bei Spicheren werden ein klassisches Beispiel für die Gefahren bleiben, welche
ein Mißverständnis des defcnsiveu Wertes von Hügelabhängen in sich birgt, ein
Beispiel, welches Kapitän Stone den Führern der englischen Unternehmungen
in Südafrika zum Studium empfiehlt, wo seine gehörige Berücksichtigung die
englischen Streitkräfte vor mehr als einem Mißgeschick bewahrt hätte.

Es ist zu bedauern ^ daß es der Verfasser bei der Beschreibung und Er¬
läuterung der Kämpfe vom 14. bis zum 19. August, durch welche Bcizaincs
Armee auf Metz zurückgeworfen wurde, unterlassen hat, gleich eingehende Einzel¬
heiten über das Treffen von Colvmbeh zu geben, das ein so vortreffliches
Beispiel fil.r das bedenkliche Unternehmen darbietet, im Angesichts des Feindes
einen bedeutenden Fluß zu überschreiten.

Mars la Tour wird mit der größten Genauigkeit behandelt, besonders um
die Wagchalsigleit der Flankcnmärschc in der Nähe des Feindes, wie sie die
deutschen Streitkräfte ausführten, und die sträfliche Nachlässigkeit darzuthun, mit
der die Franzosen es versäumten, mit dem Feinde Fühlung zu nehmen.
Diese Versäumnis war es, welche die Franzosen daran hinderte, aus dem
uuveriueidlichcu Flaukeumarsche unsrer Truppe" Nutzen zu ziehen. Für die
rein taktischen Lehren, die sich aus deu Kämpfen um Metz ergeben, sind
die großen Resultate besonders wichtig, die durch die selbständige Verwendung
der Artillerie erzielt wurden, die oft in kühner Weise ohne Unterstützung und
in Massen vor die Front geschoben wurde, ebenso der richtige Gebrauch der
Kavallerie in der Reserve. Die Schlacht von Gravelotte wiederum zeigt mehr
als irgendeine andre die außerordentlichen Vorteile, welche die geschickte Aus¬
nutzung der natürlichen festen Position zur eiligen Errichtung von Feldwcrken


und Mac-Masons zur Unmöglichkeit zu machen. Ferner erwiesen sie neben
manchen andern taktischen Grundregeln in ganz hervorragendem Maße die Be¬
deutung eines besondern Umstandes. Sie ließen nämlich den Nachteil, ja die
Gefahr erkennen, die darin liegt, der Vorhut Gefechte zur Verdeckung der
Hauptarmee zu gestatten, bevor die Maßnahmen des Befehlhabers voll¬
kommen ausgeführt sind. Wenn die Schlacht von Wörth, meint Kapitän Stone,
am 7. August, an dem Tage, den der Kronprinz dafür festgesetzt hatte, und
nicht am 6. August geschlagen worden wäre, so hätte nach menschlicher
Berechnung Mac-Mahon aufgehört, in den folgende» Operationen noch irgend¬
eine Rolle zu spielen. Und von Spicheren sagt er: „Wir sehen während der
ganzen Schlacht die deutschen Truppen in den Kampf eilen, sobald sie auf dem
Schlachtfelde ankommen, ohne Rücksicht auf die Division oder das Korps, zu
welchem sie gehören, und nicht minder ohne Rücksicht auf irgendeinen wohl¬
erwogenen Schlachtplan. Nur der vollkommenen Dezentralisation in dem ganzen
deutschen Heere ist es zu verdanken, daß ein solches Vorgehen, wie das bei
Spicheren, möglich war, ohne die schwerste Verwirrung und infolge davon
Unfälle hervorzurufen." Die Kämpfe um den Stiftwald und den Rothenberg
bei Spicheren werden ein klassisches Beispiel für die Gefahren bleiben, welche
ein Mißverständnis des defcnsiveu Wertes von Hügelabhängen in sich birgt, ein
Beispiel, welches Kapitän Stone den Führern der englischen Unternehmungen
in Südafrika zum Studium empfiehlt, wo seine gehörige Berücksichtigung die
englischen Streitkräfte vor mehr als einem Mißgeschick bewahrt hätte.

Es ist zu bedauern ^ daß es der Verfasser bei der Beschreibung und Er¬
läuterung der Kämpfe vom 14. bis zum 19. August, durch welche Bcizaincs
Armee auf Metz zurückgeworfen wurde, unterlassen hat, gleich eingehende Einzel¬
heiten über das Treffen von Colvmbeh zu geben, das ein so vortreffliches
Beispiel fil.r das bedenkliche Unternehmen darbietet, im Angesichts des Feindes
einen bedeutenden Fluß zu überschreiten.

Mars la Tour wird mit der größten Genauigkeit behandelt, besonders um
die Wagchalsigleit der Flankcnmärschc in der Nähe des Feindes, wie sie die
deutschen Streitkräfte ausführten, und die sträfliche Nachlässigkeit darzuthun, mit
der die Franzosen es versäumten, mit dem Feinde Fühlung zu nehmen.
Diese Versäumnis war es, welche die Franzosen daran hinderte, aus dem
uuveriueidlichcu Flaukeumarsche unsrer Truppe» Nutzen zu ziehen. Für die
rein taktischen Lehren, die sich aus deu Kämpfen um Metz ergeben, sind
die großen Resultate besonders wichtig, die durch die selbständige Verwendung
der Artillerie erzielt wurden, die oft in kühner Weise ohne Unterstützung und
in Massen vor die Front geschoben wurde, ebenso der richtige Gebrauch der
Kavallerie in der Reserve. Die Schlacht von Gravelotte wiederum zeigt mehr
als irgendeine andre die außerordentlichen Vorteile, welche die geschickte Aus¬
nutzung der natürlichen festen Position zur eiligen Errichtung von Feldwcrken


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/374>, abgerufen am 22.07.2024.