Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.sprechen -- gewiß das Recht, bei dem heiligen Vater Gegenvorstellungen zu Freiherr von Franckenstein hat sich darauf veranlaßt gesehen, dem Papste Man merkte in einzelnen katholischen Zeitungen, daß in der Zeit zwischen dem sprechen — gewiß das Recht, bei dem heiligen Vater Gegenvorstellungen zu Freiherr von Franckenstein hat sich darauf veranlaßt gesehen, dem Papste Man merkte in einzelnen katholischen Zeitungen, daß in der Zeit zwischen dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0354" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200459"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1124" prev="#ID_1123"> sprechen — gewiß das Recht, bei dem heiligen Vater Gegenvorstellungen zu<lb/> machen und dann die weitere Entscheidung desselben abzuwarten. Sie hätten<lb/> aber jedenfalls diesen Wunsch zur Kenntnis ihrer Parteigenossen bringen und<lb/> in der Partei beraten müssen, was darauf zu erfolgen habe. Keines von allem<lb/> ist geschehen. Die Führer des Zentrums von Franckenstein und Dr. Windthorst<lb/> haben die Mitteilung dieses Wunsches ihres kirchlichen Oberhauptes den Mit¬<lb/> gliedern des Zentrums vorenthalten oder, um es mit dem unschönen Worte<lb/> deutlich zu sagen, unterschlagen; sie haben sogar ans besondre Anfragen einzelner<lb/> Parteigenossen das Vorhandensein eines solchen päpstlichen Wunsches rundweg<lb/> abgeleugnet, sie haben beim Papste keine Gegenvorstellungen vorgebracht, sondern<lb/> die Partei mit dem Androhen des Verlustes der Wahisitze gezwungen, gegen<lb/> die Regierungsvorlage und gegen den Wunsch des Papstes zu stimmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1125"> Freiherr von Franckenstein hat sich darauf veranlaßt gesehen, dem Papste<lb/> gegenüber sein Verhalten zu rechtfertigen, und es scheint, als ob er sich haupt¬<lb/> sächlich darauf berufen habe, daß das Zentrum eine politische Partei sei und<lb/> als solche in nichtkirchlicheu Fragen dem Papste nicht Gehorsam leisten könne.<lb/> In dem bekannten auf dieses Schreibe« ergangenen Erlaß des Kardinalstaats¬<lb/> sekretärs Jacobini wird auf die Entschuldigungsgründe des revolutionären<lb/> baierischen Freiherrn nicht weiter eingegangen. Der Papst erachtet es offenbar<lb/> unter seiner Würde, einem ungehorsamen Gliede seiner Kirche Mahnungen wegen<lb/> seines Ungehorsams zu erteilen. Die mangelnde Ehrfurcht gegen den Papst wird<lb/> der in den Dienst des revolutionären Welfcutums getretene Baron im Beicht¬<lb/> stuhl zu erledigen haben. Der Papst wahrt das Recht seines Eingreifens durch<lb/> die Ausführung, daß er sich nicht in weltliche Dinge gemischt habe, daß die<lb/> Frage des Scptennats auch mit kirchlichen Interessen in Zusammenhang stehe<lb/> und daß die Vertretung dieser nicht dem Zentrum, souderu allem dein heiligen<lb/> Stuhl obliege. Dieser vom 21. Januar datirte Erlaß ist dem Freiherrn von<lb/> Franckenstein ausdrücklich mit der Forderung zugestellt worden, den Inhalt zur<lb/> Kenntnis seiner Parteigenossen zu bringe», und man wird, wenn man nicht an<lb/> eine fortgesetzte erschwerte Empörung glauben soll, annehmen dürfen, daß der<lb/> Zentrumsführer diesem Befehl gehorcht habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1126" next="#ID_1127"> Man merkte in einzelnen katholischen Zeitungen, daß in der Zeit zwischen dem<lb/> Erlaß vom 21. Januar und seiner Veröffentlichung in der Wiener „Politischen<lb/> Korrespondenz" vom 4. Februar der Inhalt desselben schon in einzelne Kreise ge¬<lb/> drungen war. Denn einzelne im Dienste des Zentrums stehende Blätter deuteten<lb/> schou vor seiner Veröffentlichung die wesentlichsten Bestimmungen desselben an.<lb/> Dennoch haben andre Blätter des Zentrums, vor allem die Berliner „Ger¬<lb/> mania" und die „Schlesische Volkszeitung," die Möglichkeit ein solchen Erlasses<lb/> rundweg bestritten, und dies mit Gründen, welche alles andre eher sind, als<lb/> Ehrfurchtsbezcugilngen gegen das Oberhaupt ihrer Kirche. Von besondrer Be¬<lb/> deutung sind diejenigen Gründe, welche eine sachliche Anmaßung gegen die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0354]
sprechen — gewiß das Recht, bei dem heiligen Vater Gegenvorstellungen zu
machen und dann die weitere Entscheidung desselben abzuwarten. Sie hätten
aber jedenfalls diesen Wunsch zur Kenntnis ihrer Parteigenossen bringen und
in der Partei beraten müssen, was darauf zu erfolgen habe. Keines von allem
ist geschehen. Die Führer des Zentrums von Franckenstein und Dr. Windthorst
haben die Mitteilung dieses Wunsches ihres kirchlichen Oberhauptes den Mit¬
gliedern des Zentrums vorenthalten oder, um es mit dem unschönen Worte
deutlich zu sagen, unterschlagen; sie haben sogar ans besondre Anfragen einzelner
Parteigenossen das Vorhandensein eines solchen päpstlichen Wunsches rundweg
abgeleugnet, sie haben beim Papste keine Gegenvorstellungen vorgebracht, sondern
die Partei mit dem Androhen des Verlustes der Wahisitze gezwungen, gegen
die Regierungsvorlage und gegen den Wunsch des Papstes zu stimmen.
Freiherr von Franckenstein hat sich darauf veranlaßt gesehen, dem Papste
gegenüber sein Verhalten zu rechtfertigen, und es scheint, als ob er sich haupt¬
sächlich darauf berufen habe, daß das Zentrum eine politische Partei sei und
als solche in nichtkirchlicheu Fragen dem Papste nicht Gehorsam leisten könne.
In dem bekannten auf dieses Schreibe« ergangenen Erlaß des Kardinalstaats¬
sekretärs Jacobini wird auf die Entschuldigungsgründe des revolutionären
baierischen Freiherrn nicht weiter eingegangen. Der Papst erachtet es offenbar
unter seiner Würde, einem ungehorsamen Gliede seiner Kirche Mahnungen wegen
seines Ungehorsams zu erteilen. Die mangelnde Ehrfurcht gegen den Papst wird
der in den Dienst des revolutionären Welfcutums getretene Baron im Beicht¬
stuhl zu erledigen haben. Der Papst wahrt das Recht seines Eingreifens durch
die Ausführung, daß er sich nicht in weltliche Dinge gemischt habe, daß die
Frage des Scptennats auch mit kirchlichen Interessen in Zusammenhang stehe
und daß die Vertretung dieser nicht dem Zentrum, souderu allem dein heiligen
Stuhl obliege. Dieser vom 21. Januar datirte Erlaß ist dem Freiherrn von
Franckenstein ausdrücklich mit der Forderung zugestellt worden, den Inhalt zur
Kenntnis seiner Parteigenossen zu bringe», und man wird, wenn man nicht an
eine fortgesetzte erschwerte Empörung glauben soll, annehmen dürfen, daß der
Zentrumsführer diesem Befehl gehorcht habe.
Man merkte in einzelnen katholischen Zeitungen, daß in der Zeit zwischen dem
Erlaß vom 21. Januar und seiner Veröffentlichung in der Wiener „Politischen
Korrespondenz" vom 4. Februar der Inhalt desselben schon in einzelne Kreise ge¬
drungen war. Denn einzelne im Dienste des Zentrums stehende Blätter deuteten
schou vor seiner Veröffentlichung die wesentlichsten Bestimmungen desselben an.
Dennoch haben andre Blätter des Zentrums, vor allem die Berliner „Ger¬
mania" und die „Schlesische Volkszeitung," die Möglichkeit ein solchen Erlasses
rundweg bestritten, und dies mit Gründen, welche alles andre eher sind, als
Ehrfurchtsbezcugilngen gegen das Oberhaupt ihrer Kirche. Von besondrer Be¬
deutung sind diejenigen Gründe, welche eine sachliche Anmaßung gegen die
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