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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Deutsch-böhmische Briefe.

unter Ottokar I. Grcitz an der Elbe (Königsgrätz). unter Wenzel I. Budin,
Kommotau, Leitmeritz und Saatz, unter Ottokar II. Aussig, Beraun, Brüx.
Czaslau, Chrudim, Hohenmanth, Hirschberg, Kaaden, Kanrschim, Kolin, Kutten¬
berg, Mich. Nienburg. Pilsen, Pölitz, Politschka und Taus. Auch der Adel be¬
gann im dreizehnten Jahrhundert die Entstehung von Städten zu begünstigen,
wie denn die Herren von Lichtenburg die Gründung von Deutschbrod auf ihren
Besitzungen forderten. Alle königlichen Städte erhielten ihre besondern Freiheits-
briefe, die sie von den Gauvögtcn unabhängig machten. Sie verfügten frei über
ihr Gemcindevermögeu, übten die Ortspolizei und die richterliche Gewalt in Sachen
von Gut, Ehre und Leben, schrieben Steuern für städtische Zwecke aus, hielte"
Bewaffnete zur Verteidigung ihrer Mauern und eroberten sich allmählich Ver¬
tretung im Landtage. Der König hatte nur die Obergewalt in Landesangelegen¬
heiten, für die er Steuern erhob und Kriegsdienste verlangte, und war die
oberste Instanz, welche die Streitigkeiten der Städte unter einander schlichtete
und allgemeine Gesetze erließ. Alle innern Fragen entschieden der Rat und der
Richter der Gemeinde, die vom Könige ernannt wurden und in dem einen Orte
nach Magdeburger, in dem andern nach Präger Rechte verfuhren.

Schon in alter Zeit wird Böhmen wegen seines Reichtums an allerlei
Bergsegen gepriesen. Schon früh wurde bei Eule und Bergreichenstein Gold
gewaschen. Der eigentliche bergmännische Betrieb zur Gewinnung edler Metalle
läßt sich aber erst im dreizehnten Jahrhundert nachweisen, und die Begründer
desselben sind Deutsche. Die Premhsliden erfuhren von den Erfolgen, welche
die Staufer im Reiche mit der von ihnen geförderten Ausbeutung von Mineral¬
schätzen erzielt hatten, und verschrieben sich für ihr Land deutsche Knappen und
Steiger zur Mutung und zur Anlegung von Gruben und Stollen. So ent¬
standen die Bergwerke von Kuttenberg, Deutschbrvd und Mich. Um Kntten-
bcrgs Emporblühen erwarb sich Eberhard, ein Deutschböhme, der unter Wenzel I.
und Ottokar II. Münzmeister des Landes war, große Verdienste, und die Stadt
erhielt im Jahre 1300 eine Bergvrdnung, in deren lateinischen Text eine
Menge deutscher Bergmannsansdrücke vorkommen. In Deutschbrod, wo die
Herren von Lichtenburg schon in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts
Silbergruben anlegen ließen, werden 1258 als Gewerken Dietrich Freiberger
und Gernoth der Schwarze, 1281 in gleicher Eigenschaft die Deutschen Schütt¬
wein, Henuig und Sutmaus gcucinut, und die ihnen verliehenen Zechen tragen
deutsche Namen wie Scigcrberg, Breitbartsberg, Hochhalde und Gottesgab. Der
Bergrichter von 1278 hieß Wernher, der "Urbarier" Siegfried. In Austi
treffen wir unter Ottokar II. deutsche Bergleute, die auf Silber bauen. Auch
die Namen der Zechen und Gänge in den Goldgruben von Eule deuten auf
deutschen Betrieb dieser Bergwerke hin, und zweifellos alt ist der Zinnbau der
dcutschböhmischcn Orte Schönfeld, Schlaggenwald, Lauterbach und Graupen.

Wo so viele Deutsche sich niedergelassen hatten, durfte auch der fahrende


Deutsch-böhmische Briefe.

unter Ottokar I. Grcitz an der Elbe (Königsgrätz). unter Wenzel I. Budin,
Kommotau, Leitmeritz und Saatz, unter Ottokar II. Aussig, Beraun, Brüx.
Czaslau, Chrudim, Hohenmanth, Hirschberg, Kaaden, Kanrschim, Kolin, Kutten¬
berg, Mich. Nienburg. Pilsen, Pölitz, Politschka und Taus. Auch der Adel be¬
gann im dreizehnten Jahrhundert die Entstehung von Städten zu begünstigen,
wie denn die Herren von Lichtenburg die Gründung von Deutschbrod auf ihren
Besitzungen forderten. Alle königlichen Städte erhielten ihre besondern Freiheits-
briefe, die sie von den Gauvögtcn unabhängig machten. Sie verfügten frei über
ihr Gemcindevermögeu, übten die Ortspolizei und die richterliche Gewalt in Sachen
von Gut, Ehre und Leben, schrieben Steuern für städtische Zwecke aus, hielte»
Bewaffnete zur Verteidigung ihrer Mauern und eroberten sich allmählich Ver¬
tretung im Landtage. Der König hatte nur die Obergewalt in Landesangelegen¬
heiten, für die er Steuern erhob und Kriegsdienste verlangte, und war die
oberste Instanz, welche die Streitigkeiten der Städte unter einander schlichtete
und allgemeine Gesetze erließ. Alle innern Fragen entschieden der Rat und der
Richter der Gemeinde, die vom Könige ernannt wurden und in dem einen Orte
nach Magdeburger, in dem andern nach Präger Rechte verfuhren.

Schon in alter Zeit wird Böhmen wegen seines Reichtums an allerlei
Bergsegen gepriesen. Schon früh wurde bei Eule und Bergreichenstein Gold
gewaschen. Der eigentliche bergmännische Betrieb zur Gewinnung edler Metalle
läßt sich aber erst im dreizehnten Jahrhundert nachweisen, und die Begründer
desselben sind Deutsche. Die Premhsliden erfuhren von den Erfolgen, welche
die Staufer im Reiche mit der von ihnen geförderten Ausbeutung von Mineral¬
schätzen erzielt hatten, und verschrieben sich für ihr Land deutsche Knappen und
Steiger zur Mutung und zur Anlegung von Gruben und Stollen. So ent¬
standen die Bergwerke von Kuttenberg, Deutschbrvd und Mich. Um Kntten-
bcrgs Emporblühen erwarb sich Eberhard, ein Deutschböhme, der unter Wenzel I.
und Ottokar II. Münzmeister des Landes war, große Verdienste, und die Stadt
erhielt im Jahre 1300 eine Bergvrdnung, in deren lateinischen Text eine
Menge deutscher Bergmannsansdrücke vorkommen. In Deutschbrod, wo die
Herren von Lichtenburg schon in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts
Silbergruben anlegen ließen, werden 1258 als Gewerken Dietrich Freiberger
und Gernoth der Schwarze, 1281 in gleicher Eigenschaft die Deutschen Schütt¬
wein, Henuig und Sutmaus gcucinut, und die ihnen verliehenen Zechen tragen
deutsche Namen wie Scigcrberg, Breitbartsberg, Hochhalde und Gottesgab. Der
Bergrichter von 1278 hieß Wernher, der „Urbarier" Siegfried. In Austi
treffen wir unter Ottokar II. deutsche Bergleute, die auf Silber bauen. Auch
die Namen der Zechen und Gänge in den Goldgruben von Eule deuten auf
deutschen Betrieb dieser Bergwerke hin, und zweifellos alt ist der Zinnbau der
dcutschböhmischcn Orte Schönfeld, Schlaggenwald, Lauterbach und Graupen.

Wo so viele Deutsche sich niedergelassen hatten, durfte auch der fahrende


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[0269] Deutsch-böhmische Briefe. unter Ottokar I. Grcitz an der Elbe (Königsgrätz). unter Wenzel I. Budin, Kommotau, Leitmeritz und Saatz, unter Ottokar II. Aussig, Beraun, Brüx. Czaslau, Chrudim, Hohenmanth, Hirschberg, Kaaden, Kanrschim, Kolin, Kutten¬ berg, Mich. Nienburg. Pilsen, Pölitz, Politschka und Taus. Auch der Adel be¬ gann im dreizehnten Jahrhundert die Entstehung von Städten zu begünstigen, wie denn die Herren von Lichtenburg die Gründung von Deutschbrod auf ihren Besitzungen forderten. Alle königlichen Städte erhielten ihre besondern Freiheits- briefe, die sie von den Gauvögtcn unabhängig machten. Sie verfügten frei über ihr Gemcindevermögeu, übten die Ortspolizei und die richterliche Gewalt in Sachen von Gut, Ehre und Leben, schrieben Steuern für städtische Zwecke aus, hielte» Bewaffnete zur Verteidigung ihrer Mauern und eroberten sich allmählich Ver¬ tretung im Landtage. Der König hatte nur die Obergewalt in Landesangelegen¬ heiten, für die er Steuern erhob und Kriegsdienste verlangte, und war die oberste Instanz, welche die Streitigkeiten der Städte unter einander schlichtete und allgemeine Gesetze erließ. Alle innern Fragen entschieden der Rat und der Richter der Gemeinde, die vom Könige ernannt wurden und in dem einen Orte nach Magdeburger, in dem andern nach Präger Rechte verfuhren. Schon in alter Zeit wird Böhmen wegen seines Reichtums an allerlei Bergsegen gepriesen. Schon früh wurde bei Eule und Bergreichenstein Gold gewaschen. Der eigentliche bergmännische Betrieb zur Gewinnung edler Metalle läßt sich aber erst im dreizehnten Jahrhundert nachweisen, und die Begründer desselben sind Deutsche. Die Premhsliden erfuhren von den Erfolgen, welche die Staufer im Reiche mit der von ihnen geförderten Ausbeutung von Mineral¬ schätzen erzielt hatten, und verschrieben sich für ihr Land deutsche Knappen und Steiger zur Mutung und zur Anlegung von Gruben und Stollen. So ent¬ standen die Bergwerke von Kuttenberg, Deutschbrvd und Mich. Um Kntten- bcrgs Emporblühen erwarb sich Eberhard, ein Deutschböhme, der unter Wenzel I. und Ottokar II. Münzmeister des Landes war, große Verdienste, und die Stadt erhielt im Jahre 1300 eine Bergvrdnung, in deren lateinischen Text eine Menge deutscher Bergmannsansdrücke vorkommen. In Deutschbrod, wo die Herren von Lichtenburg schon in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts Silbergruben anlegen ließen, werden 1258 als Gewerken Dietrich Freiberger und Gernoth der Schwarze, 1281 in gleicher Eigenschaft die Deutschen Schütt¬ wein, Henuig und Sutmaus gcucinut, und die ihnen verliehenen Zechen tragen deutsche Namen wie Scigcrberg, Breitbartsberg, Hochhalde und Gottesgab. Der Bergrichter von 1278 hieß Wernher, der „Urbarier" Siegfried. In Austi treffen wir unter Ottokar II. deutsche Bergleute, die auf Silber bauen. Auch die Namen der Zechen und Gänge in den Goldgruben von Eule deuten auf deutschen Betrieb dieser Bergwerke hin, und zweifellos alt ist der Zinnbau der dcutschböhmischcn Orte Schönfeld, Schlaggenwald, Lauterbach und Graupen. Wo so viele Deutsche sich niedergelassen hatten, durfte auch der fahrende

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/269>, abgerufen am 23.12.2024.