Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.Der Jammer von Reichstag. Fabricius ins Treffen schickte zu dem nichtswürdigen Votum von 15. Dezember Nach dem großen, vierwöchentlichen Oppositionsfeldzuge der klerikal-frei¬ Der Jammer von Reichstag. Fabricius ins Treffen schickte zu dem nichtswürdigen Votum von 15. Dezember Nach dem großen, vierwöchentlichen Oppositionsfeldzuge der klerikal-frei¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0204" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200309"/> <fw type="header" place="top"> Der Jammer von Reichstag.</fw><lb/> <p xml:id="ID_583" prev="#ID_582"> Fabricius ins Treffen schickte zu dem nichtswürdigen Votum von 15. Dezember<lb/> 1884, da schien eS, als ob es kein vaterlandsloseres Treiben geben könnte. War<lb/> dieses Votum doch der Art, daß die RvxrMicM! trmr«MLL schrieb: „Als Fran¬<lb/> zosen müßten wir uns über das Votum des Reichstages gegen den Fürsten<lb/> Bismarck freuen, als Deutsche würden wir darüber empört sein." Als die<lb/> freisinnigen Zeitungen den allzulanten Unwillen des deutschen Volkes endlich<lb/> hören mußten, suchten sie sich, wie dies regelmäßig in solchem Falle geschieht<lb/> — auch jetzt wieder bei der Militärvorlage —, durch Lüge und Verleumdung<lb/> zu helfen. So schrieb das Organ des Herrn Hänel, die „Kieler Zeitung": „Hütte<lb/> Fürst Bismarck in der Bndgetkommission diejenigen Aufklärungen gegeben, mit<lb/> welchen er im Plenum die Forderung motivirte, so wäre der Vorschlag der<lb/> Budgetkommission ohne Zweifel auf Bewilligung der 20 000 Mark gegangen,<lb/> und dieser Vorschlag wäre vom Hause angenommen worden." Gegen deu „finan¬<lb/> ziell ungünstigen Augenblick" des Herrn Hänel hätte das garnichts geholfen<lb/> und ebensowenig gegen die Verleumdung dieser Politiker, die der Negicrnngs-<lb/> prcsse, welche über Mangel an vaterländischen Empfinden im Reichstage klagte,<lb/> diese Klage damit ans der Hand zu schlagen meinte, daß sie dreist behauptete:<lb/> „Wo sachliche Gründe fehlen, da Pflegt man stets zu nationalen Phrasen Zu¬<lb/> flucht zu nehmen." Da paßt eben nur das Wort der Roy>Mi<zuL trmrcMss:<lb/> „Als Deutsche würden wir empört sein." In Paris wußte mau, daß Frank¬<lb/> reich, wenn keine andern Verbündeten, doch die Mehrheit des deutschen Reichs¬<lb/> tages als Verbündete habe, ganz so, wie man das jetzt nach Ablehnung der<lb/> Militärvvrlage in Erfahrung gebracht hat. In vielen Pariser Cafes wurden<lb/> Hochs ausgebracht auf die Ultramontanen und auf Eugen Richter, „welche behilf¬<lb/> lich sind, deu Bau Bismarcks zu stürzen." In London aber sprach man von<lb/> der s1mdI)inoLs lind pötturo»8 mit Rücksicht ans solche Worte, wie sie die armselige<lb/> Dialektik des Herrn Hänel am 15. Dezember vor der Abstimmung zu Tage ge¬<lb/> fördert hatte, als er sagte: „Die Rückwirkung einer ungünstigen Finanzposition<lb/> macht sich allerdings auch geltend im Gebiete des Auswärtigen Amtes, im Ge¬<lb/> biete der Beamten, die dort beschäftigt sind." Was ist nun die Versicherung<lb/> der „Kieler Zeitung" wert, daß, wenn Fürst Bismarck Aufklärungen gegeben<lb/> hätte u. s. w., da er doch solche gegeben hatte, als Herr Hänel so sprach.<lb/> Lügen, nichts als Lügen!</p><lb/> <p xml:id="ID_584" next="#ID_585"> Nach dem großen, vierwöchentlichen Oppositionsfeldzuge der klerikal-frei¬<lb/> sinnigen Mehrheit, der mit dein demonstrativen Knalleffekt der Anträge Ausfeld<lb/> und Windthorst (Expatriirnngsgesetzesaufhebung ze.) eingeleitet wurde und nach<lb/> der Ablehnung der zweiten Direktorstelle im Auswärtige,, Amte, wo die starken<lb/> Seelen der Dentschfreisinnigen die Politik der Nadelstiche recht »ach Herzenslust<lb/> getrieben hatten, zeigte bei dem Ausbruche der Voltsentrüstnng die freisinnige<lb/> Hetzpresse eine an den ärgsten Katzenjammer grenzende Niedergeschlagenheit.<lb/> Aus dieser Niedergeschlagenheit richtete man sich dadurch wieder auf, daß man</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0204]
Der Jammer von Reichstag.
Fabricius ins Treffen schickte zu dem nichtswürdigen Votum von 15. Dezember
1884, da schien eS, als ob es kein vaterlandsloseres Treiben geben könnte. War
dieses Votum doch der Art, daß die RvxrMicM! trmr«MLL schrieb: „Als Fran¬
zosen müßten wir uns über das Votum des Reichstages gegen den Fürsten
Bismarck freuen, als Deutsche würden wir darüber empört sein." Als die
freisinnigen Zeitungen den allzulanten Unwillen des deutschen Volkes endlich
hören mußten, suchten sie sich, wie dies regelmäßig in solchem Falle geschieht
— auch jetzt wieder bei der Militärvorlage —, durch Lüge und Verleumdung
zu helfen. So schrieb das Organ des Herrn Hänel, die „Kieler Zeitung": „Hütte
Fürst Bismarck in der Bndgetkommission diejenigen Aufklärungen gegeben, mit
welchen er im Plenum die Forderung motivirte, so wäre der Vorschlag der
Budgetkommission ohne Zweifel auf Bewilligung der 20 000 Mark gegangen,
und dieser Vorschlag wäre vom Hause angenommen worden." Gegen deu „finan¬
ziell ungünstigen Augenblick" des Herrn Hänel hätte das garnichts geholfen
und ebensowenig gegen die Verleumdung dieser Politiker, die der Negicrnngs-
prcsse, welche über Mangel an vaterländischen Empfinden im Reichstage klagte,
diese Klage damit ans der Hand zu schlagen meinte, daß sie dreist behauptete:
„Wo sachliche Gründe fehlen, da Pflegt man stets zu nationalen Phrasen Zu¬
flucht zu nehmen." Da paßt eben nur das Wort der Roy>Mi<zuL trmrcMss:
„Als Deutsche würden wir empört sein." In Paris wußte mau, daß Frank¬
reich, wenn keine andern Verbündeten, doch die Mehrheit des deutschen Reichs¬
tages als Verbündete habe, ganz so, wie man das jetzt nach Ablehnung der
Militärvvrlage in Erfahrung gebracht hat. In vielen Pariser Cafes wurden
Hochs ausgebracht auf die Ultramontanen und auf Eugen Richter, „welche behilf¬
lich sind, deu Bau Bismarcks zu stürzen." In London aber sprach man von
der s1mdI)inoLs lind pötturo»8 mit Rücksicht ans solche Worte, wie sie die armselige
Dialektik des Herrn Hänel am 15. Dezember vor der Abstimmung zu Tage ge¬
fördert hatte, als er sagte: „Die Rückwirkung einer ungünstigen Finanzposition
macht sich allerdings auch geltend im Gebiete des Auswärtigen Amtes, im Ge¬
biete der Beamten, die dort beschäftigt sind." Was ist nun die Versicherung
der „Kieler Zeitung" wert, daß, wenn Fürst Bismarck Aufklärungen gegeben
hätte u. s. w., da er doch solche gegeben hatte, als Herr Hänel so sprach.
Lügen, nichts als Lügen!
Nach dem großen, vierwöchentlichen Oppositionsfeldzuge der klerikal-frei¬
sinnigen Mehrheit, der mit dein demonstrativen Knalleffekt der Anträge Ausfeld
und Windthorst (Expatriirnngsgesetzesaufhebung ze.) eingeleitet wurde und nach
der Ablehnung der zweiten Direktorstelle im Auswärtige,, Amte, wo die starken
Seelen der Dentschfreisinnigen die Politik der Nadelstiche recht »ach Herzenslust
getrieben hatten, zeigte bei dem Ausbruche der Voltsentrüstnng die freisinnige
Hetzpresse eine an den ärgsten Katzenjammer grenzende Niedergeschlagenheit.
Aus dieser Niedergeschlagenheit richtete man sich dadurch wieder auf, daß man
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