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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Gymnasialunterricht und Lachbildung.

das Bemessen der Schulbildung natürlich außer Betracht. So zweckmäßig nun
das System der einjährigen Dienstpflicht auch an und für sich ist, so hat es
doch für das Gymnasium den Übelstand im Gefolge, daß der Bildungsplan
für die Bercchtignngsgrenzc in zwei Teile geschnitten und damit für einen
großen Teil der Schüler der Anlaß geboten wird, nach Erlangung des Reife¬
zeugnisses für Obersekunda von der Schule abzugehen. Der dem Lehrplan
innewohnende Gedanke einer systematischen und in gewissem Sinne abgeschlossenen
Bildung gelangt also für diesen Teil der Schüler, der noch durch die Unfähigen
verstärkt wird, nicht zum Ausdruck. Die Vorzüge dieses Lehrplans kommen
nur denjenigen zu Gute, welche deu ganzen Bildungsgang bis zur Reifeprüfung
durchmachen. Dies ist aber der bei weitem kleinere Teil. Allerdings konnte der
Schnlplnn nicht für sie bemessen werden, aber die Thatsache, daß mehr als die
Hülfle der Schüler vor dem Eintritte in die Prima davonläuft, und ein großer
Teil schon vor der Obersekunda nach Erlangung des Freiwilligenschcincs ab¬
schwenkt -- diese Thatsache verdient doch volle Beachtung, zumal da sich an
den gegebenen Verhältnissen sobald nichts ändern wird. Es ist deshalb auch
schon von fachmännischer Seite oft beklagt worden, daß die von der Ober-
setnnda abgehenden Schüler mit einer Art von Halbbildung ins Leben treten,
die dadurch erzeugt wird, daß der Lehrplan des Gymnasiums auf sie keine
Rücksicht nimmt; und es ist anderseits die Frage aufgeworfen worden, ob es
nicht zur Abwehr dieser Klasse von Schulbesucheru zweckmäßiger sei, die Be-
rechtignngsgrenze um eine Jahrcsklasse höher hinauf zu verlegen. Man glaubt,
daß sich durch die damit verbundene Verlängerung des Schulbesuches manche
Eltern veranlaßt sehen würden, ihre Söhne lieber der Realschule als dein
Gymnasium zu überweisen, und anderseits die Verschärfung der Prüfungs-
bedingnngcn eine Sichtung der jungen Bewerber zur Folge haben würde. Es
kann dies als Wahrscheinlichkeit zugegeben werden, allein eine abgeschlossene
Bildung würde für die abgehenden Obersekundaner damit anch nicht erzielt
werden. Diese ist eben nnr zu erreichen, wenn die Anordnung des Stndien-
plans darauf zugeschnitten wird und die Berechtigungsgrenze für den einjährigen
Dienst mit dem Abschlüsse der ganzen Schulzeit zusammenfällt. Kann nnn aus
naheliegenden Gründen diese Grenze nicht bis zum Ablaufe einer neunjährigen
Schulzeit hinaufgerückt werden, so muß, wenn die Einheitlichkeit des Bildungs¬
standes den leitenden Gesichtspunkt abgeben soll, die Schulzeit dem entsprechend
verkürzt werden. (Fortsetzung folgt.)




Gymnasialunterricht und Lachbildung.

das Bemessen der Schulbildung natürlich außer Betracht. So zweckmäßig nun
das System der einjährigen Dienstpflicht auch an und für sich ist, so hat es
doch für das Gymnasium den Übelstand im Gefolge, daß der Bildungsplan
für die Bercchtignngsgrenzc in zwei Teile geschnitten und damit für einen
großen Teil der Schüler der Anlaß geboten wird, nach Erlangung des Reife¬
zeugnisses für Obersekunda von der Schule abzugehen. Der dem Lehrplan
innewohnende Gedanke einer systematischen und in gewissem Sinne abgeschlossenen
Bildung gelangt also für diesen Teil der Schüler, der noch durch die Unfähigen
verstärkt wird, nicht zum Ausdruck. Die Vorzüge dieses Lehrplans kommen
nur denjenigen zu Gute, welche deu ganzen Bildungsgang bis zur Reifeprüfung
durchmachen. Dies ist aber der bei weitem kleinere Teil. Allerdings konnte der
Schnlplnn nicht für sie bemessen werden, aber die Thatsache, daß mehr als die
Hülfle der Schüler vor dem Eintritte in die Prima davonläuft, und ein großer
Teil schon vor der Obersekunda nach Erlangung des Freiwilligenschcincs ab¬
schwenkt — diese Thatsache verdient doch volle Beachtung, zumal da sich an
den gegebenen Verhältnissen sobald nichts ändern wird. Es ist deshalb auch
schon von fachmännischer Seite oft beklagt worden, daß die von der Ober-
setnnda abgehenden Schüler mit einer Art von Halbbildung ins Leben treten,
die dadurch erzeugt wird, daß der Lehrplan des Gymnasiums auf sie keine
Rücksicht nimmt; und es ist anderseits die Frage aufgeworfen worden, ob es
nicht zur Abwehr dieser Klasse von Schulbesucheru zweckmäßiger sei, die Be-
rechtignngsgrenze um eine Jahrcsklasse höher hinauf zu verlegen. Man glaubt,
daß sich durch die damit verbundene Verlängerung des Schulbesuches manche
Eltern veranlaßt sehen würden, ihre Söhne lieber der Realschule als dein
Gymnasium zu überweisen, und anderseits die Verschärfung der Prüfungs-
bedingnngcn eine Sichtung der jungen Bewerber zur Folge haben würde. Es
kann dies als Wahrscheinlichkeit zugegeben werden, allein eine abgeschlossene
Bildung würde für die abgehenden Obersekundaner damit anch nicht erzielt
werden. Diese ist eben nnr zu erreichen, wenn die Anordnung des Stndien-
plans darauf zugeschnitten wird und die Berechtigungsgrenze für den einjährigen
Dienst mit dem Abschlüsse der ganzen Schulzeit zusammenfällt. Kann nnn aus
naheliegenden Gründen diese Grenze nicht bis zum Ablaufe einer neunjährigen
Schulzeit hinaufgerückt werden, so muß, wenn die Einheitlichkeit des Bildungs¬
standes den leitenden Gesichtspunkt abgeben soll, die Schulzeit dem entsprechend
verkürzt werden. (Fortsetzung folgt.)




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[0127] Gymnasialunterricht und Lachbildung. das Bemessen der Schulbildung natürlich außer Betracht. So zweckmäßig nun das System der einjährigen Dienstpflicht auch an und für sich ist, so hat es doch für das Gymnasium den Übelstand im Gefolge, daß der Bildungsplan für die Bercchtignngsgrenzc in zwei Teile geschnitten und damit für einen großen Teil der Schüler der Anlaß geboten wird, nach Erlangung des Reife¬ zeugnisses für Obersekunda von der Schule abzugehen. Der dem Lehrplan innewohnende Gedanke einer systematischen und in gewissem Sinne abgeschlossenen Bildung gelangt also für diesen Teil der Schüler, der noch durch die Unfähigen verstärkt wird, nicht zum Ausdruck. Die Vorzüge dieses Lehrplans kommen nur denjenigen zu Gute, welche deu ganzen Bildungsgang bis zur Reifeprüfung durchmachen. Dies ist aber der bei weitem kleinere Teil. Allerdings konnte der Schnlplnn nicht für sie bemessen werden, aber die Thatsache, daß mehr als die Hülfle der Schüler vor dem Eintritte in die Prima davonläuft, und ein großer Teil schon vor der Obersekunda nach Erlangung des Freiwilligenschcincs ab¬ schwenkt — diese Thatsache verdient doch volle Beachtung, zumal da sich an den gegebenen Verhältnissen sobald nichts ändern wird. Es ist deshalb auch schon von fachmännischer Seite oft beklagt worden, daß die von der Ober- setnnda abgehenden Schüler mit einer Art von Halbbildung ins Leben treten, die dadurch erzeugt wird, daß der Lehrplan des Gymnasiums auf sie keine Rücksicht nimmt; und es ist anderseits die Frage aufgeworfen worden, ob es nicht zur Abwehr dieser Klasse von Schulbesucheru zweckmäßiger sei, die Be- rechtignngsgrenze um eine Jahrcsklasse höher hinauf zu verlegen. Man glaubt, daß sich durch die damit verbundene Verlängerung des Schulbesuches manche Eltern veranlaßt sehen würden, ihre Söhne lieber der Realschule als dein Gymnasium zu überweisen, und anderseits die Verschärfung der Prüfungs- bedingnngcn eine Sichtung der jungen Bewerber zur Folge haben würde. Es kann dies als Wahrscheinlichkeit zugegeben werden, allein eine abgeschlossene Bildung würde für die abgehenden Obersekundaner damit anch nicht erzielt werden. Diese ist eben nnr zu erreichen, wenn die Anordnung des Stndien- plans darauf zugeschnitten wird und die Berechtigungsgrenze für den einjährigen Dienst mit dem Abschlüsse der ganzen Schulzeit zusammenfällt. Kann nnn aus naheliegenden Gründen diese Grenze nicht bis zum Ablaufe einer neunjährigen Schulzeit hinaufgerückt werden, so muß, wenn die Einheitlichkeit des Bildungs¬ standes den leitenden Gesichtspunkt abgeben soll, die Schulzeit dem entsprechend verkürzt werden. (Fortsetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/127>, abgerufen am 22.12.2024.