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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Landwirtschaft und Lodcnmonopol,

rente klagen, ist nicht die Grundrente in unserm engern Sinne, sondern die
Grundrente mit dem Unternehmergewinn.

So kommen wir zu der zweiten Möglichkeit, zu der Möglichkeit, daß die
Grundrente durch den Uuternehmerverlust aufgezehrt wird, In der Gefahr, daß
dies geschehe, schweben die Grundbesitzer jederzeit, und gegenwärtig sind sie
-- wenn ihre Klagen begründet sind, worauf wir noch zurückkommen müssen --
nicht nur in der Gefahr, sondern thatsächlich in der Lage, ihre Grundrente auf
diese Art einzubüßen. Ein Mittel, dies abzuwenden, haben sie nicht.

Ich komme also in der Praxis zu demselben Schlüsse wie der Artikel in
Ur. 36 ff,, denn wenn ich auch uicht sage, daß die Grundrente als solche den
Rückgang der Gutserträgnisse zu tragen habe, so sage ich doch, daß ihr Besitzer
es thun muß, weil nach der um einmal angenommenen Anschauungsweise der
Wirt nur noch Lohnarbeiter und der Besitzer unter allen Umständen Unter¬
nehmer ist.

Ich muß mir hier eine Abschweifung erlauben, um zu untersuchen, wie
diese letzterwähnte Anschauungsweise zu den thatsächlichen Verhältnissen stimmt.
Denn wenn in der Wirklichkeit der Wirt das Unteruehmerrisikv trüge, so würde
es ihm wenig helfen, daß wir ihn als Unternehmer uicht anerkennen. Er wäre
vielmehr erst recht in übler Lage, denn er müßte den Unternehmerverlust aus
einem sauer verdienten Lohne zahlen, während er sich außer Stande sähe, aus
den Unternehmergewinn Anspruch zu erheben, den der nun einmal als Unter¬
nehmer anerkannte böse Grundherr sür sich beanspruchen und samt der Grund¬
rente ruhig in die Tasche stecken würde. Wo Wirt und Grundherr eine
Person sind, macht es nichts aus, wie wir die Sache betrachten; und wo der
Wirt einen festen Gehalt vom Grundherrn bezieht, liegt die Unternehmer-
eigcnschaft des Grundherrn klar zu Tage. Anders ist es schon beim Zeitpacht.
Freilich verpachtet der Grundherr, um sich auf eine gewisse Zeit dem Unter¬
nehmerrisiko zu entziehen, lind er verpflichtet sich nicht, den Pächter zu ent¬
schädigen, wenn dieser nicht auf seinen angemessenen Lebensunterhalt kommt.
Somit hat die bisherige Anschauungsweise, nach welcher der Pächter als Unter¬
nehmer galt, in der That einen gewissen Grund, Aber für die Dauer übertrüge
sich das Risiko dennoch ans den Grundherrn, der am Schlüsse jeder Pacht¬
periode einsehen muß, daß er sich selbst getäuscht hat, wenn er geglaubt hat,
sich dem Einflusse der Nentabilitätsschwauluugeu entziehen zu können. Der
Pächter, der seinen angemessenen Lebensunterhalt trotz guter Wirtschaft nicht
gefunden hat, bietet einfach bei der nächsten Erneuerung des Vertrages weniger;
ganz ebenso wie ein bezahlter Verwalter, der erkannt hat, daß die ihm gewährte
Besoldung für den angemessenen Unterhalt nicht ausreicht, bei der nächsten Vcr-
tragserneuerung eine Erhöhung beansprucht. In gleicher Weise eignet sich in¬
folge des Wettbewerbes der Pachtliebhnber unter normalen Verhältnissen der
Grundherr die Früchte steigender Rentabilität bei Gelegenheit der nächsten Ver-


Landwirtschaft und Lodcnmonopol,

rente klagen, ist nicht die Grundrente in unserm engern Sinne, sondern die
Grundrente mit dem Unternehmergewinn.

So kommen wir zu der zweiten Möglichkeit, zu der Möglichkeit, daß die
Grundrente durch den Uuternehmerverlust aufgezehrt wird, In der Gefahr, daß
dies geschehe, schweben die Grundbesitzer jederzeit, und gegenwärtig sind sie
— wenn ihre Klagen begründet sind, worauf wir noch zurückkommen müssen —
nicht nur in der Gefahr, sondern thatsächlich in der Lage, ihre Grundrente auf
diese Art einzubüßen. Ein Mittel, dies abzuwenden, haben sie nicht.

Ich komme also in der Praxis zu demselben Schlüsse wie der Artikel in
Ur. 36 ff,, denn wenn ich auch uicht sage, daß die Grundrente als solche den
Rückgang der Gutserträgnisse zu tragen habe, so sage ich doch, daß ihr Besitzer
es thun muß, weil nach der um einmal angenommenen Anschauungsweise der
Wirt nur noch Lohnarbeiter und der Besitzer unter allen Umständen Unter¬
nehmer ist.

Ich muß mir hier eine Abschweifung erlauben, um zu untersuchen, wie
diese letzterwähnte Anschauungsweise zu den thatsächlichen Verhältnissen stimmt.
Denn wenn in der Wirklichkeit der Wirt das Unteruehmerrisikv trüge, so würde
es ihm wenig helfen, daß wir ihn als Unternehmer uicht anerkennen. Er wäre
vielmehr erst recht in übler Lage, denn er müßte den Unternehmerverlust aus
einem sauer verdienten Lohne zahlen, während er sich außer Stande sähe, aus
den Unternehmergewinn Anspruch zu erheben, den der nun einmal als Unter¬
nehmer anerkannte böse Grundherr sür sich beanspruchen und samt der Grund¬
rente ruhig in die Tasche stecken würde. Wo Wirt und Grundherr eine
Person sind, macht es nichts aus, wie wir die Sache betrachten; und wo der
Wirt einen festen Gehalt vom Grundherrn bezieht, liegt die Unternehmer-
eigcnschaft des Grundherrn klar zu Tage. Anders ist es schon beim Zeitpacht.
Freilich verpachtet der Grundherr, um sich auf eine gewisse Zeit dem Unter¬
nehmerrisiko zu entziehen, lind er verpflichtet sich nicht, den Pächter zu ent¬
schädigen, wenn dieser nicht auf seinen angemessenen Lebensunterhalt kommt.
Somit hat die bisherige Anschauungsweise, nach welcher der Pächter als Unter¬
nehmer galt, in der That einen gewissen Grund, Aber für die Dauer übertrüge
sich das Risiko dennoch ans den Grundherrn, der am Schlüsse jeder Pacht¬
periode einsehen muß, daß er sich selbst getäuscht hat, wenn er geglaubt hat,
sich dem Einflusse der Nentabilitätsschwauluugeu entziehen zu können. Der
Pächter, der seinen angemessenen Lebensunterhalt trotz guter Wirtschaft nicht
gefunden hat, bietet einfach bei der nächsten Erneuerung des Vertrages weniger;
ganz ebenso wie ein bezahlter Verwalter, der erkannt hat, daß die ihm gewährte
Besoldung für den angemessenen Unterhalt nicht ausreicht, bei der nächsten Vcr-
tragserneuerung eine Erhöhung beansprucht. In gleicher Weise eignet sich in¬
folge des Wettbewerbes der Pachtliebhnber unter normalen Verhältnissen der
Grundherr die Früchte steigender Rentabilität bei Gelegenheit der nächsten Ver-


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[0112] Landwirtschaft und Lodcnmonopol, rente klagen, ist nicht die Grundrente in unserm engern Sinne, sondern die Grundrente mit dem Unternehmergewinn. So kommen wir zu der zweiten Möglichkeit, zu der Möglichkeit, daß die Grundrente durch den Uuternehmerverlust aufgezehrt wird, In der Gefahr, daß dies geschehe, schweben die Grundbesitzer jederzeit, und gegenwärtig sind sie — wenn ihre Klagen begründet sind, worauf wir noch zurückkommen müssen — nicht nur in der Gefahr, sondern thatsächlich in der Lage, ihre Grundrente auf diese Art einzubüßen. Ein Mittel, dies abzuwenden, haben sie nicht. Ich komme also in der Praxis zu demselben Schlüsse wie der Artikel in Ur. 36 ff,, denn wenn ich auch uicht sage, daß die Grundrente als solche den Rückgang der Gutserträgnisse zu tragen habe, so sage ich doch, daß ihr Besitzer es thun muß, weil nach der um einmal angenommenen Anschauungsweise der Wirt nur noch Lohnarbeiter und der Besitzer unter allen Umständen Unter¬ nehmer ist. Ich muß mir hier eine Abschweifung erlauben, um zu untersuchen, wie diese letzterwähnte Anschauungsweise zu den thatsächlichen Verhältnissen stimmt. Denn wenn in der Wirklichkeit der Wirt das Unteruehmerrisikv trüge, so würde es ihm wenig helfen, daß wir ihn als Unternehmer uicht anerkennen. Er wäre vielmehr erst recht in übler Lage, denn er müßte den Unternehmerverlust aus einem sauer verdienten Lohne zahlen, während er sich außer Stande sähe, aus den Unternehmergewinn Anspruch zu erheben, den der nun einmal als Unter¬ nehmer anerkannte böse Grundherr sür sich beanspruchen und samt der Grund¬ rente ruhig in die Tasche stecken würde. Wo Wirt und Grundherr eine Person sind, macht es nichts aus, wie wir die Sache betrachten; und wo der Wirt einen festen Gehalt vom Grundherrn bezieht, liegt die Unternehmer- eigcnschaft des Grundherrn klar zu Tage. Anders ist es schon beim Zeitpacht. Freilich verpachtet der Grundherr, um sich auf eine gewisse Zeit dem Unter¬ nehmerrisiko zu entziehen, lind er verpflichtet sich nicht, den Pächter zu ent¬ schädigen, wenn dieser nicht auf seinen angemessenen Lebensunterhalt kommt. Somit hat die bisherige Anschauungsweise, nach welcher der Pächter als Unter¬ nehmer galt, in der That einen gewissen Grund, Aber für die Dauer übertrüge sich das Risiko dennoch ans den Grundherrn, der am Schlüsse jeder Pacht¬ periode einsehen muß, daß er sich selbst getäuscht hat, wenn er geglaubt hat, sich dem Einflusse der Nentabilitätsschwauluugeu entziehen zu können. Der Pächter, der seinen angemessenen Lebensunterhalt trotz guter Wirtschaft nicht gefunden hat, bietet einfach bei der nächsten Erneuerung des Vertrages weniger; ganz ebenso wie ein bezahlter Verwalter, der erkannt hat, daß die ihm gewährte Besoldung für den angemessenen Unterhalt nicht ausreicht, bei der nächsten Vcr- tragserneuerung eine Erhöhung beansprucht. In gleicher Weise eignet sich in¬ folge des Wettbewerbes der Pachtliebhnber unter normalen Verhältnissen der Grundherr die Früchte steigender Rentabilität bei Gelegenheit der nächsten Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/112>, abgerufen am 23.12.2024.