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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Notizen.

Worten begonnen habe: O süße Himmelslust ?,e,; im "Liedcrbuche" werde es
leider vermißt.

Der Herausgeber ist für die Anfrage sehr dankbar, denn sie erinnert ihn an
ein Lied, das er selbst noch als Knabe mit großer Inbrunst gesungen hat, und das
allerdings in dem "Liederbuche" nicht fehlen dürfte. Hier ist der vollständige Text,
wie er zuerst 1829 in folgendem Notenhefte gedruckt steht: Favvritwalzer von
L. van Beethoven, mit untergelegten Worten für eine Singstimme arrangirt, von
Heinrich Schütz. (Mainz, B. Schott.)


An die Geliebte.
[Beginn Spaltensatz] O süße Himmelsluft
Bebe durch die trnnkne Brust,
Bin ich bei dir,
Lächelst du nur!
Aber was gleicht dem. Schmerz,
Der mir durchzuckt das Herz,
Bist du, o schöner Stern,
Bist du mir fern! Liebe, wie quälest du,
Läßt mir nicht Rast noch Ruh,
Doch wieviel größre Pein
Mus; es nicht sein:
Sich nicht geliebt zu sehn
Und doch vor Lieb vergehn!
O wieviel größre Pein
Muß das nicht sein! [Spaltenumbruch] Ach deiner Augen Strahl
Lindere der Sehnsucht Qual,
Holde, dein Zauberblick
Spendet mir Glück!
Doch lvie in dunkle Unehe
Schwindet des Tages Pracht,
So schwindet alles Licht,
Seh' ich dich nicht. Kosender Weste Kuß
Gleichet dem Liebesgrusz,
Thut ihn dein Purpurmund
Lispelnd mir kund!
Ach jedes herbe Leid
Schwindet in Seligkeit,
schließest dn lievcwarm
Mich in den Arm! [Ende Spaltensatz] Ewig nnr dir allein
Will ich mein Leben weihn,
Elvig in Lust und Schmerz
Schlägt dir dies Herz.
Trennt uns auch einst der Tod,
Wiedersehns Murgenrot
Strahlt dort im reinsten Licht,
Weine drum nicht!

Der Dichter des Textes, Heinrich Schütz, war großherzoglich badischer Hofsänger.
Mit der Melodie aber ist ein großer Unfug getrieben worden. Von diesem be¬
rühmten, angeblich Beethovenschen Favoritwnlzer ist nicht ein Takt vou Beethoven.
Es ist ein Machwerk, das zusammengesetzt ist aus den: Trauerwalzer von Franz
Schubert (komponirt 1816, erschienen 1821) und dem Favoritmalzer von Himmel
(vergl. Nottebohm, Thematisches Verzeichnis der Werke von L. v. Beethoven, S. 191).

Bei dieser Gelegenheit sei noch ein andrer kleiner Nachtrag gestattet. Das
allbekannte: "Du, du liegst mir im Herzen" ist im "Liederbuche" mit der Zeit¬
bestimmung "Um 1820" versehen wordeu, ein Verfasser war bis jetzt nicht nach¬
zuweisen. Wie aber aus Eckermanns Gesprächen mit Goethe hervorgeht, wurde es
1828 von Tirolern gesungen, die damals in Deutschland herumzogen und unter
anderm auch in Weimar Kouzert gaben. Wahrscheinlich also war es damals neu
und ist tirolischen Ursprunges.


G. w.


Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marguart in Leipzig.
Notizen.

Worten begonnen habe: O süße Himmelslust ?,e,; im „Liedcrbuche" werde es
leider vermißt.

Der Herausgeber ist für die Anfrage sehr dankbar, denn sie erinnert ihn an
ein Lied, das er selbst noch als Knabe mit großer Inbrunst gesungen hat, und das
allerdings in dem „Liederbuche" nicht fehlen dürfte. Hier ist der vollständige Text,
wie er zuerst 1829 in folgendem Notenhefte gedruckt steht: Favvritwalzer von
L. van Beethoven, mit untergelegten Worten für eine Singstimme arrangirt, von
Heinrich Schütz. (Mainz, B. Schott.)


An die Geliebte.
[Beginn Spaltensatz] O süße Himmelsluft
Bebe durch die trnnkne Brust,
Bin ich bei dir,
Lächelst du nur!
Aber was gleicht dem. Schmerz,
Der mir durchzuckt das Herz,
Bist du, o schöner Stern,
Bist du mir fern! Liebe, wie quälest du,
Läßt mir nicht Rast noch Ruh,
Doch wieviel größre Pein
Mus; es nicht sein:
Sich nicht geliebt zu sehn
Und doch vor Lieb vergehn!
O wieviel größre Pein
Muß das nicht sein! [Spaltenumbruch] Ach deiner Augen Strahl
Lindere der Sehnsucht Qual,
Holde, dein Zauberblick
Spendet mir Glück!
Doch lvie in dunkle Unehe
Schwindet des Tages Pracht,
So schwindet alles Licht,
Seh' ich dich nicht. Kosender Weste Kuß
Gleichet dem Liebesgrusz,
Thut ihn dein Purpurmund
Lispelnd mir kund!
Ach jedes herbe Leid
Schwindet in Seligkeit,
schließest dn lievcwarm
Mich in den Arm! [Ende Spaltensatz] Ewig nnr dir allein
Will ich mein Leben weihn,
Elvig in Lust und Schmerz
Schlägt dir dies Herz.
Trennt uns auch einst der Tod,
Wiedersehns Murgenrot
Strahlt dort im reinsten Licht,
Weine drum nicht!

Der Dichter des Textes, Heinrich Schütz, war großherzoglich badischer Hofsänger.
Mit der Melodie aber ist ein großer Unfug getrieben worden. Von diesem be¬
rühmten, angeblich Beethovenschen Favoritwnlzer ist nicht ein Takt vou Beethoven.
Es ist ein Machwerk, das zusammengesetzt ist aus den: Trauerwalzer von Franz
Schubert (komponirt 1816, erschienen 1821) und dem Favoritmalzer von Himmel
(vergl. Nottebohm, Thematisches Verzeichnis der Werke von L. v. Beethoven, S. 191).

Bei dieser Gelegenheit sei noch ein andrer kleiner Nachtrag gestattet. Das
allbekannte: „Du, du liegst mir im Herzen" ist im „Liederbuche" mit der Zeit¬
bestimmung „Um 1820" versehen wordeu, ein Verfasser war bis jetzt nicht nach¬
zuweisen. Wie aber aus Eckermanns Gesprächen mit Goethe hervorgeht, wurde es
1828 von Tirolern gesungen, die damals in Deutschland herumzogen und unter
anderm auch in Weimar Kouzert gaben. Wahrscheinlich also war es damals neu
und ist tirolischen Ursprunges.


G. w.


Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marguart in Leipzig.
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[0568] Notizen. Worten begonnen habe: O süße Himmelslust ?,e,; im „Liedcrbuche" werde es leider vermißt. Der Herausgeber ist für die Anfrage sehr dankbar, denn sie erinnert ihn an ein Lied, das er selbst noch als Knabe mit großer Inbrunst gesungen hat, und das allerdings in dem „Liederbuche" nicht fehlen dürfte. Hier ist der vollständige Text, wie er zuerst 1829 in folgendem Notenhefte gedruckt steht: Favvritwalzer von L. van Beethoven, mit untergelegten Worten für eine Singstimme arrangirt, von Heinrich Schütz. (Mainz, B. Schott.) An die Geliebte. O süße Himmelsluft Bebe durch die trnnkne Brust, Bin ich bei dir, Lächelst du nur! Aber was gleicht dem. Schmerz, Der mir durchzuckt das Herz, Bist du, o schöner Stern, Bist du mir fern! Liebe, wie quälest du, Läßt mir nicht Rast noch Ruh, Doch wieviel größre Pein Mus; es nicht sein: Sich nicht geliebt zu sehn Und doch vor Lieb vergehn! O wieviel größre Pein Muß das nicht sein! Ach deiner Augen Strahl Lindere der Sehnsucht Qual, Holde, dein Zauberblick Spendet mir Glück! Doch lvie in dunkle Unehe Schwindet des Tages Pracht, So schwindet alles Licht, Seh' ich dich nicht. Kosender Weste Kuß Gleichet dem Liebesgrusz, Thut ihn dein Purpurmund Lispelnd mir kund! Ach jedes herbe Leid Schwindet in Seligkeit, schließest dn lievcwarm Mich in den Arm! Ewig nnr dir allein Will ich mein Leben weihn, Elvig in Lust und Schmerz Schlägt dir dies Herz. Trennt uns auch einst der Tod, Wiedersehns Murgenrot Strahlt dort im reinsten Licht, Weine drum nicht! Der Dichter des Textes, Heinrich Schütz, war großherzoglich badischer Hofsänger. Mit der Melodie aber ist ein großer Unfug getrieben worden. Von diesem be¬ rühmten, angeblich Beethovenschen Favoritwnlzer ist nicht ein Takt vou Beethoven. Es ist ein Machwerk, das zusammengesetzt ist aus den: Trauerwalzer von Franz Schubert (komponirt 1816, erschienen 1821) und dem Favoritmalzer von Himmel (vergl. Nottebohm, Thematisches Verzeichnis der Werke von L. v. Beethoven, S. 191). Bei dieser Gelegenheit sei noch ein andrer kleiner Nachtrag gestattet. Das allbekannte: „Du, du liegst mir im Herzen" ist im „Liederbuche" mit der Zeit¬ bestimmung „Um 1820" versehen wordeu, ein Verfasser war bis jetzt nicht nach¬ zuweisen. Wie aber aus Eckermanns Gesprächen mit Goethe hervorgeht, wurde es 1828 von Tirolern gesungen, die damals in Deutschland herumzogen und unter anderm auch in Weimar Kouzert gaben. Wahrscheinlich also war es damals neu und ist tirolischen Ursprunges. G. w. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marguart in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/568>, abgerufen am 27.09.2024.