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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Max Duncker.

Die Aufsätze über einschneidende Wendepunkte in der preußischen Geschichte
waren zum Teil in den Preußischen Jahrbüchern veröffentlicht worden und
wurden 1879 in einem besondern Bande unter dein Titel: "Aus der Zeit
Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms III." vereinigt. Der zweite
dieser Aufsätze: "Die Schlacht von Kollin" liefert, wie manche Beschreibung
griechischer und persischer Heereszüge in der Geschichte des Altertums, den Be¬
weis, in welchem Umfange er befähigt war, auch in militärischen Fragen ein
durchschlagendes Urteil abzugeben. Fast noch wichtiger indessen sind die beiden
letzten Forschungen: "Preußen während der französischen Okkupation" und "Eine
Milliarde Kriegsentschädigung," wichtig zumal deshalb, weil sie über die klare
Auffassung der schweren Situation und die ungebeugte Willenskraft Friedrich
Wilhelms III. neues Licht verbreiteten. Daß diese Forschungen ihren Ursprung
der Beschäftigung mit den Schätzen des geheimen Staatsarchivs verdanken,
bemerkt er selbst in dem Vorworte, womit er das Buch einleitet, was er bei
dem Erscheinen des ersten Bandes der Geschichte des Altertums vermieden hatte.

Mit einem Worte ist noch eines andern Buches zu gedenken, das zwar
nicht von ihm selbst, sondern von seiner Gattin verfaßt ist, aber ohne das
Zusammenleben mit ihn: wohl ungeschrieben geblieben wäre, wir meinen die
"Gedanken und Erfahrungen über Ewiges und Alltägliches." Wer dasselbe
kennt, wird daraus entnommen haben, welcher Geist in dem Hause des Ver¬
storbenen waltete, in welchem Sinne Menschenleib und Menschenglück, Zweifeln
und Fehlen, Ringen und Gelingen dort aufgefaßt wurden.

Und auch die Stunden verlangen eine Erwähnung, welche er mit fast
jugendlicher Frische der Belehrung der Offiziere von der Kriegsakademie wid¬
mete. Seine Vortrüge, die er sorgfältig vorzubereiten pflegte, sind für viele
der Ausgangspunkt zu gründlicher wissenschaftlicher Arbeit geworden, andern
haben sie den Einblick in die Bedingungen, unter denen die Staaten der Gegen¬
wart bestehen, erschlossen, allen aber das Urteil geklärt und ein Bewußtsein
vou der idealen Bedeutung ihres Berufes gegeben. Daß er diese Erfolge hatte,
und daß ihm von den Hörern anhängliche Verehrung offen entgegengebracht
ward, ist ihm in den Alterstagen eine Quelle reicher Freude geworden.

Wir übergehen seine Zugehörigkeit zu der Akademie der Wissenschaften, in
deren öffentlichen Sitzungen, vornehmlich an preußischen Gedenktagen, er häufig
der bereitwillige Sprecher war, seine Teilnahme an den Zusammenkünften der
Berliner historischen Gesellschaft. Auch von den Ehrenbezeugungen, die ihm
von den höchsten Stellen erwiesen wurden, sei nur eine erwähnt, weil sie das
anerkannte, was sein eigentliches Wesen ausmachte, die Ernennung zum Historio-
graphen des preußischen Staates,

Dem reichen Leben war ein Ende gesetzt. Er wollte die Ferien der Kriegs¬
akademie zu einem Aufenthalte in den Alpenthälern benutzen und vor der Rück¬
kehr in die Hauptstadt, wie er es seit Jahren gewohnt war, im Kreise alter


Max Duncker.

Die Aufsätze über einschneidende Wendepunkte in der preußischen Geschichte
waren zum Teil in den Preußischen Jahrbüchern veröffentlicht worden und
wurden 1879 in einem besondern Bande unter dein Titel: „Aus der Zeit
Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms III." vereinigt. Der zweite
dieser Aufsätze: „Die Schlacht von Kollin" liefert, wie manche Beschreibung
griechischer und persischer Heereszüge in der Geschichte des Altertums, den Be¬
weis, in welchem Umfange er befähigt war, auch in militärischen Fragen ein
durchschlagendes Urteil abzugeben. Fast noch wichtiger indessen sind die beiden
letzten Forschungen: „Preußen während der französischen Okkupation" und „Eine
Milliarde Kriegsentschädigung," wichtig zumal deshalb, weil sie über die klare
Auffassung der schweren Situation und die ungebeugte Willenskraft Friedrich
Wilhelms III. neues Licht verbreiteten. Daß diese Forschungen ihren Ursprung
der Beschäftigung mit den Schätzen des geheimen Staatsarchivs verdanken,
bemerkt er selbst in dem Vorworte, womit er das Buch einleitet, was er bei
dem Erscheinen des ersten Bandes der Geschichte des Altertums vermieden hatte.

Mit einem Worte ist noch eines andern Buches zu gedenken, das zwar
nicht von ihm selbst, sondern von seiner Gattin verfaßt ist, aber ohne das
Zusammenleben mit ihn: wohl ungeschrieben geblieben wäre, wir meinen die
„Gedanken und Erfahrungen über Ewiges und Alltägliches." Wer dasselbe
kennt, wird daraus entnommen haben, welcher Geist in dem Hause des Ver¬
storbenen waltete, in welchem Sinne Menschenleib und Menschenglück, Zweifeln
und Fehlen, Ringen und Gelingen dort aufgefaßt wurden.

Und auch die Stunden verlangen eine Erwähnung, welche er mit fast
jugendlicher Frische der Belehrung der Offiziere von der Kriegsakademie wid¬
mete. Seine Vortrüge, die er sorgfältig vorzubereiten pflegte, sind für viele
der Ausgangspunkt zu gründlicher wissenschaftlicher Arbeit geworden, andern
haben sie den Einblick in die Bedingungen, unter denen die Staaten der Gegen¬
wart bestehen, erschlossen, allen aber das Urteil geklärt und ein Bewußtsein
vou der idealen Bedeutung ihres Berufes gegeben. Daß er diese Erfolge hatte,
und daß ihm von den Hörern anhängliche Verehrung offen entgegengebracht
ward, ist ihm in den Alterstagen eine Quelle reicher Freude geworden.

Wir übergehen seine Zugehörigkeit zu der Akademie der Wissenschaften, in
deren öffentlichen Sitzungen, vornehmlich an preußischen Gedenktagen, er häufig
der bereitwillige Sprecher war, seine Teilnahme an den Zusammenkünften der
Berliner historischen Gesellschaft. Auch von den Ehrenbezeugungen, die ihm
von den höchsten Stellen erwiesen wurden, sei nur eine erwähnt, weil sie das
anerkannte, was sein eigentliches Wesen ausmachte, die Ernennung zum Historio-
graphen des preußischen Staates,

Dem reichen Leben war ein Ende gesetzt. Er wollte die Ferien der Kriegs¬
akademie zu einem Aufenthalte in den Alpenthälern benutzen und vor der Rück¬
kehr in die Hauptstadt, wie er es seit Jahren gewohnt war, im Kreise alter


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[0379] Max Duncker. Die Aufsätze über einschneidende Wendepunkte in der preußischen Geschichte waren zum Teil in den Preußischen Jahrbüchern veröffentlicht worden und wurden 1879 in einem besondern Bande unter dein Titel: „Aus der Zeit Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms III." vereinigt. Der zweite dieser Aufsätze: „Die Schlacht von Kollin" liefert, wie manche Beschreibung griechischer und persischer Heereszüge in der Geschichte des Altertums, den Be¬ weis, in welchem Umfange er befähigt war, auch in militärischen Fragen ein durchschlagendes Urteil abzugeben. Fast noch wichtiger indessen sind die beiden letzten Forschungen: „Preußen während der französischen Okkupation" und „Eine Milliarde Kriegsentschädigung," wichtig zumal deshalb, weil sie über die klare Auffassung der schweren Situation und die ungebeugte Willenskraft Friedrich Wilhelms III. neues Licht verbreiteten. Daß diese Forschungen ihren Ursprung der Beschäftigung mit den Schätzen des geheimen Staatsarchivs verdanken, bemerkt er selbst in dem Vorworte, womit er das Buch einleitet, was er bei dem Erscheinen des ersten Bandes der Geschichte des Altertums vermieden hatte. Mit einem Worte ist noch eines andern Buches zu gedenken, das zwar nicht von ihm selbst, sondern von seiner Gattin verfaßt ist, aber ohne das Zusammenleben mit ihn: wohl ungeschrieben geblieben wäre, wir meinen die „Gedanken und Erfahrungen über Ewiges und Alltägliches." Wer dasselbe kennt, wird daraus entnommen haben, welcher Geist in dem Hause des Ver¬ storbenen waltete, in welchem Sinne Menschenleib und Menschenglück, Zweifeln und Fehlen, Ringen und Gelingen dort aufgefaßt wurden. Und auch die Stunden verlangen eine Erwähnung, welche er mit fast jugendlicher Frische der Belehrung der Offiziere von der Kriegsakademie wid¬ mete. Seine Vortrüge, die er sorgfältig vorzubereiten pflegte, sind für viele der Ausgangspunkt zu gründlicher wissenschaftlicher Arbeit geworden, andern haben sie den Einblick in die Bedingungen, unter denen die Staaten der Gegen¬ wart bestehen, erschlossen, allen aber das Urteil geklärt und ein Bewußtsein vou der idealen Bedeutung ihres Berufes gegeben. Daß er diese Erfolge hatte, und daß ihm von den Hörern anhängliche Verehrung offen entgegengebracht ward, ist ihm in den Alterstagen eine Quelle reicher Freude geworden. Wir übergehen seine Zugehörigkeit zu der Akademie der Wissenschaften, in deren öffentlichen Sitzungen, vornehmlich an preußischen Gedenktagen, er häufig der bereitwillige Sprecher war, seine Teilnahme an den Zusammenkünften der Berliner historischen Gesellschaft. Auch von den Ehrenbezeugungen, die ihm von den höchsten Stellen erwiesen wurden, sei nur eine erwähnt, weil sie das anerkannte, was sein eigentliches Wesen ausmachte, die Ernennung zum Historio- graphen des preußischen Staates, Dem reichen Leben war ein Ende gesetzt. Er wollte die Ferien der Kriegs¬ akademie zu einem Aufenthalte in den Alpenthälern benutzen und vor der Rück¬ kehr in die Hauptstadt, wie er es seit Jahren gewohnt war, im Kreise alter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/379>, abgerufen am 27.09.2024.