Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.Ans der Chronik derer von Riffelshausen. fahren! Wer konnte denn auch wissen, wie die Schlingpflanzen während der Was ist zu thun? sagte er. Rohr geht am Ende gar nach dem Hause Mathilde redete ihm dringend zu, sie allein zurückzulassen; aber er meinte, Die Sonne schien nicht mehr. Auf dem Trübenseer Teiche lag milde Sie nahte auch endlich. Zwei Männer sprangen ins Wasser und schritten Heiliger Nepomuk! Ist das nicht Richter? rief Einnahm überrascht. Mein Knecht Jakob und ich. Welcher Unverstand gab Ihnen aber ein, Der Pfarrer warf jetzt den ersten Blick auf die Dame und verstummte. Da ist bei Nacht uicht viel zu machen, meldete indessen Jakob, der Pfarr- Na los denn! rief Einnahm todesmutig und wagte den Sprung. Jakob Ich dächte, das wäre schon etwas mehr als Fußbad, brummte Einnahm. Mathilde hielt sich nicht fest. Er ließ die Zweige fahren, daß sie zurück¬ Danke Ihnen, Richter, empfing ihn Einnahm, der sich schüttelte. Sie Ans der Chronik derer von Riffelshausen. fahren! Wer konnte denn auch wissen, wie die Schlingpflanzen während der Was ist zu thun? sagte er. Rohr geht am Ende gar nach dem Hause Mathilde redete ihm dringend zu, sie allein zurückzulassen; aber er meinte, Die Sonne schien nicht mehr. Auf dem Trübenseer Teiche lag milde Sie nahte auch endlich. Zwei Männer sprangen ins Wasser und schritten Heiliger Nepomuk! Ist das nicht Richter? rief Einnahm überrascht. Mein Knecht Jakob und ich. Welcher Unverstand gab Ihnen aber ein, Der Pfarrer warf jetzt den ersten Blick auf die Dame und verstummte. Da ist bei Nacht uicht viel zu machen, meldete indessen Jakob, der Pfarr- Na los denn! rief Einnahm todesmutig und wagte den Sprung. Jakob Ich dächte, das wäre schon etwas mehr als Fußbad, brummte Einnahm. Mathilde hielt sich nicht fest. Er ließ die Zweige fahren, daß sie zurück¬ Danke Ihnen, Richter, empfing ihn Einnahm, der sich schüttelte. Sie <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0356" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199710"/> <fw type="header" place="top"> Ans der Chronik derer von Riffelshausen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1488" prev="#ID_1487"> fahren! Wer konnte denn auch wissen, wie die Schlingpflanzen während der<lb/> letzten Jahre gewundert hatten, und wie morsch der Kahn geworden war?<lb/> Nichtsdestoweniger war die Lage sehr fatal.</p><lb/> <p xml:id="ID_1489"> Was ist zu thun? sagte er. Rohr geht am Ende gar nach dem Hause<lb/> statt ins Dorf, welches von hier viel eher zu erreichen ist. Wenn ich nur<lb/> die Kraft hätte, Sie hinüberzutragen! Aber bei der Schwierigkeit, sich hier durch¬<lb/> zuarbeiten, würde meine Kraft und Körpergröße sich kaum als ausreichend erweisen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1490"> Mathilde redete ihm dringend zu, sie allein zurückzulassen; aber er meinte,<lb/> das ginge doch nicht an.</p><lb/> <p xml:id="ID_1491"> Die Sonne schien nicht mehr. Auf dem Trübenseer Teiche lag milde<lb/> Abenddämmerung. Aber das Pärchen im Kahne dachte nicht daran, ein so trau¬<lb/> liches tels-Ä-tods auszunutzen, sondern harrte beklommen auf Erlösung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1492"> Sie nahte auch endlich. Zwei Männer sprangen ins Wasser und schritten<lb/> rüstig auf den Kahn zu.</p><lb/> <p xml:id="ID_1493"> Heiliger Nepomuk! Ist das nicht Richter? rief Einnahm überrascht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1494"> Mein Knecht Jakob und ich. Welcher Unverstand gab Ihnen aber ein,<lb/> den Teich zu beschiffen, und obendrein in Damengesellschaft? So, Jakob, dort<lb/> hinüber! Sieh du einmal zu, was sich machen läßt. Aber Sie haben das<lb/> Boot voll Wasser! Kommen Sie heraus, Varou, und marschiren Sie aus<lb/> Ufer! Ihre Dame werde ich —</p><lb/> <p xml:id="ID_1495"> Der Pfarrer warf jetzt den ersten Blick auf die Dame und verstummte.<lb/> Mathilde wünschte sich in den Mittelpunkt der Erde. Sie verbarg das Gesicht<lb/> in den Händen, um uicht von ihm erkannt zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1496"> Da ist bei Nacht uicht viel zu machen, meldete indessen Jakob, der Pfarr-<lb/> kuecht; das alte Ding ist auch schou lange nicht wert, daß man sich damit<lb/> hcrumschindet. Meinethalben ließe ich's drin, wenn nur die Herrschaften heraus<lb/> wären.</p><lb/> <p xml:id="ID_1497"> Na los denn! rief Einnahm todesmutig und wagte den Sprung. Jakob<lb/> leitete ihn umsichtig zum Ufer. 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Sie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0356]
Ans der Chronik derer von Riffelshausen.
fahren! Wer konnte denn auch wissen, wie die Schlingpflanzen während der
letzten Jahre gewundert hatten, und wie morsch der Kahn geworden war?
Nichtsdestoweniger war die Lage sehr fatal.
Was ist zu thun? sagte er. Rohr geht am Ende gar nach dem Hause
statt ins Dorf, welches von hier viel eher zu erreichen ist. Wenn ich nur
die Kraft hätte, Sie hinüberzutragen! Aber bei der Schwierigkeit, sich hier durch¬
zuarbeiten, würde meine Kraft und Körpergröße sich kaum als ausreichend erweisen!
Mathilde redete ihm dringend zu, sie allein zurückzulassen; aber er meinte,
das ginge doch nicht an.
Die Sonne schien nicht mehr. Auf dem Trübenseer Teiche lag milde
Abenddämmerung. Aber das Pärchen im Kahne dachte nicht daran, ein so trau¬
liches tels-Ä-tods auszunutzen, sondern harrte beklommen auf Erlösung.
Sie nahte auch endlich. Zwei Männer sprangen ins Wasser und schritten
rüstig auf den Kahn zu.
Heiliger Nepomuk! Ist das nicht Richter? rief Einnahm überrascht.
Mein Knecht Jakob und ich. Welcher Unverstand gab Ihnen aber ein,
den Teich zu beschiffen, und obendrein in Damengesellschaft? So, Jakob, dort
hinüber! Sieh du einmal zu, was sich machen läßt. Aber Sie haben das
Boot voll Wasser! Kommen Sie heraus, Varou, und marschiren Sie aus
Ufer! Ihre Dame werde ich —
Der Pfarrer warf jetzt den ersten Blick auf die Dame und verstummte.
Mathilde wünschte sich in den Mittelpunkt der Erde. Sie verbarg das Gesicht
in den Händen, um uicht von ihm erkannt zu werden.
Da ist bei Nacht uicht viel zu machen, meldete indessen Jakob, der Pfarr-
kuecht; das alte Ding ist auch schou lange nicht wert, daß man sich damit
hcrumschindet. Meinethalben ließe ich's drin, wenn nur die Herrschaften heraus
wären.
Na los denn! rief Einnahm todesmutig und wagte den Sprung. Jakob
leitete ihn umsichtig zum Ufer. Der Herr Leutnant sind schon im Schloß,
um sich nach dem kalten Fußbade umzuziehen.
Ich dächte, das wäre schon etwas mehr als Fußbad, brummte Einnahm.
Unterdessen hatte der herkulische Pfarrer Mathilden ohne Umstände auf die
Arme gehoben, und, diesmal ängstlich auf seinen Weg achtend, folgte er
langsam den andern. Sie müssen sich festhalten, sagte er nahe dem Ufer, ich
brauche jetzt meinen Arm gegen diese Zweige.
Mathilde hielt sich nicht fest. Er ließ die Zweige fahren, daß sie zurück¬
schnellten und er Mühe hatte, festen Fuß zu behalten. Warum ihn» Sie
nicht, was ich Ihnen sage? Gehört ein Adclsdiplom dazu, Sie ourch'S Wasser
zu tragen? Mathilde schwieg; aber sie fühlte die eiserne Umklammerung seiner
Arme, bis sie das Ufer erreichten.
Danke Ihnen, Richter, empfing ihn Einnahm, der sich schüttelte. Sie
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