Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen.

Hegel ging mürrisch zur Thür hinaus und brummte dabei etwas wie
"Hauskreuz" und: Der Regime ihr Mann hat's doch anders.

Die Frau errötete im Zorn, doch sah sie ihm nach, ohne ein Wort zu
erwiedern.

Als Therese die Treppe herabkam, strahlten ihre Augen. Der Besuch
bei der Alten hatte ihr den ersehnten Frieden zurückgegeben. Alles erschien
ihr heiterer und schöner; es war, als sei sie aus einem schweren Traum
erwacht.

Auf der Dorfstraße sah es aber wirklich jetzt anders ans als vorhin.
Die Leute standen nämlich vor ihren Thüren und vor den Scheunenthoren in
lebhafter Unterhaltung. Hütte Therese einige Kenntnis des Dorflebens gehabt,
so wäre ihr dies aufgefallen. So aber wunderte sie sich erst, als sie am
Gartenpförtchen die Crispine und die Johanna stehen sah.

Was macht ihr hier? fragte sie die Mädchen, worauf Crispine zu lachen
begann, während Johanna in Verlegenheit geriet und der gnädigen Frau ver¬
sicherte, daß sie eigentlich gar nicht herausgewollt hätten -- nur eben --

Ach Gott, ach Gott! gnci' Frau!

Liebe Crispine, gewöhne dir doch diesen Ausruf ab.

Ach ja, freilich! Ja -- nein, grä' Frau, ich bin Ihnen beinah geplatzt
vor Lachen!

Jetzt trat auch Nachbar Kanne herzu, der, vor seiner Hofthür stehend,
vor dem Erscheinen der Gnädiger etwas mit den Mädchen gespaßt hatte.
Dieser unternahm es, die Hofmarschallin aufzuklären.

Nämlich der Amand Hegel hat sein Schwein verkauft, Frau Hofmarschalln,
und das is Ihnen dem Kerle fortgelauft (wissen Sie, aus Tiefheim kommt er)
und rennt auch direkt die Schossee 'nunter, als ob der Teufel in dem Biese
steckte. Nu -- der Tiefheimer hinterdrein, was er rennen kann, und das halbe
Dorf mit. Und Hegel, der stellt sich hin und lacht, daß er sich die Seiten
hält und ruft: Nur zu! nur zu! wir wollen doch sehen, wer besser laufen kann,
ein Tiefheimer Schlächter oder ein^Siebenhofer Schwein! Hier übermannte
auch den werten Nachbar die Heiterkeit, und er brach in ein schallendes Ge¬
lächter aus.

Therese dankte für den Bescheid und ging nach Hause. Dort traf sie
Cäcilie, die mit einer Verkäuferin in eifriger Unterhaltung über das eben ver¬
nommene im Hausflur stand.

Therese sah sich zerstreut um. Wie lange ist er schon fort? fragte sie.

Der Tiefheimer?

Nein, Georg.

So, der? Es mag eine Stunde her sein.




Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen.

Hegel ging mürrisch zur Thür hinaus und brummte dabei etwas wie
„Hauskreuz" und: Der Regime ihr Mann hat's doch anders.

Die Frau errötete im Zorn, doch sah sie ihm nach, ohne ein Wort zu
erwiedern.

Als Therese die Treppe herabkam, strahlten ihre Augen. Der Besuch
bei der Alten hatte ihr den ersehnten Frieden zurückgegeben. Alles erschien
ihr heiterer und schöner; es war, als sei sie aus einem schweren Traum
erwacht.

Auf der Dorfstraße sah es aber wirklich jetzt anders ans als vorhin.
Die Leute standen nämlich vor ihren Thüren und vor den Scheunenthoren in
lebhafter Unterhaltung. Hütte Therese einige Kenntnis des Dorflebens gehabt,
so wäre ihr dies aufgefallen. So aber wunderte sie sich erst, als sie am
Gartenpförtchen die Crispine und die Johanna stehen sah.

Was macht ihr hier? fragte sie die Mädchen, worauf Crispine zu lachen
begann, während Johanna in Verlegenheit geriet und der gnädigen Frau ver¬
sicherte, daß sie eigentlich gar nicht herausgewollt hätten — nur eben —

Ach Gott, ach Gott! gnci' Frau!

Liebe Crispine, gewöhne dir doch diesen Ausruf ab.

Ach ja, freilich! Ja — nein, grä' Frau, ich bin Ihnen beinah geplatzt
vor Lachen!

Jetzt trat auch Nachbar Kanne herzu, der, vor seiner Hofthür stehend,
vor dem Erscheinen der Gnädiger etwas mit den Mädchen gespaßt hatte.
Dieser unternahm es, die Hofmarschallin aufzuklären.

Nämlich der Amand Hegel hat sein Schwein verkauft, Frau Hofmarschalln,
und das is Ihnen dem Kerle fortgelauft (wissen Sie, aus Tiefheim kommt er)
und rennt auch direkt die Schossee 'nunter, als ob der Teufel in dem Biese
steckte. Nu — der Tiefheimer hinterdrein, was er rennen kann, und das halbe
Dorf mit. Und Hegel, der stellt sich hin und lacht, daß er sich die Seiten
hält und ruft: Nur zu! nur zu! wir wollen doch sehen, wer besser laufen kann,
ein Tiefheimer Schlächter oder ein^Siebenhofer Schwein! Hier übermannte
auch den werten Nachbar die Heiterkeit, und er brach in ein schallendes Ge¬
lächter aus.

Therese dankte für den Bescheid und ging nach Hause. Dort traf sie
Cäcilie, die mit einer Verkäuferin in eifriger Unterhaltung über das eben ver¬
nommene im Hausflur stand.

Therese sah sich zerstreut um. Wie lange ist er schon fort? fragte sie.

Der Tiefheimer?

Nein, Georg.

So, der? Es mag eine Stunde her sein.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0531" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199251"/>
          <fw type="header" place="top"> Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1768"> Hegel ging mürrisch zur Thür hinaus und brummte dabei etwas wie<lb/>
&#x201E;Hauskreuz" und: Der Regime ihr Mann hat's doch anders.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1769"> Die Frau errötete im Zorn, doch sah sie ihm nach, ohne ein Wort zu<lb/>
erwiedern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1770"> Als Therese die Treppe herabkam, strahlten ihre Augen. Der Besuch<lb/>
bei der Alten hatte ihr den ersehnten Frieden zurückgegeben. Alles erschien<lb/>
ihr heiterer und schöner; es war, als sei sie aus einem schweren Traum<lb/>
erwacht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1771"> Auf der Dorfstraße sah es aber wirklich jetzt anders ans als vorhin.<lb/>
Die Leute standen nämlich vor ihren Thüren und vor den Scheunenthoren in<lb/>
lebhafter Unterhaltung. Hütte Therese einige Kenntnis des Dorflebens gehabt,<lb/>
so wäre ihr dies aufgefallen. So aber wunderte sie sich erst, als sie am<lb/>
Gartenpförtchen die Crispine und die Johanna stehen sah.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1772"> Was macht ihr hier? fragte sie die Mädchen, worauf Crispine zu lachen<lb/>
begann, während Johanna in Verlegenheit geriet und der gnädigen Frau ver¬<lb/>
sicherte, daß sie eigentlich gar nicht herausgewollt hätten &#x2014; nur eben &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1773"> Ach Gott, ach Gott! gnci' Frau!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1774"> Liebe Crispine, gewöhne dir doch diesen Ausruf ab.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1775"> Ach ja, freilich! Ja &#x2014; nein, grä' Frau, ich bin Ihnen beinah geplatzt<lb/>
vor Lachen!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1776"> Jetzt trat auch Nachbar Kanne herzu, der, vor seiner Hofthür stehend,<lb/>
vor dem Erscheinen der Gnädiger etwas mit den Mädchen gespaßt hatte.<lb/>
Dieser unternahm es, die Hofmarschallin aufzuklären.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1777"> Nämlich der Amand Hegel hat sein Schwein verkauft, Frau Hofmarschalln,<lb/>
und das is Ihnen dem Kerle fortgelauft (wissen Sie, aus Tiefheim kommt er)<lb/>
und rennt auch direkt die Schossee 'nunter, als ob der Teufel in dem Biese<lb/>
steckte. Nu &#x2014; der Tiefheimer hinterdrein, was er rennen kann, und das halbe<lb/>
Dorf mit. Und Hegel, der stellt sich hin und lacht, daß er sich die Seiten<lb/>
hält und ruft: Nur zu! nur zu! wir wollen doch sehen, wer besser laufen kann,<lb/>
ein Tiefheimer Schlächter oder ein^Siebenhofer Schwein! Hier übermannte<lb/>
auch den werten Nachbar die Heiterkeit, und er brach in ein schallendes Ge¬<lb/>
lächter aus.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1778"> Therese dankte für den Bescheid und ging nach Hause. Dort traf sie<lb/>
Cäcilie, die mit einer Verkäuferin in eifriger Unterhaltung über das eben ver¬<lb/>
nommene im Hausflur stand.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1779"> Therese sah sich zerstreut um.  Wie lange ist er schon fort? fragte sie.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1780"> Der Tiefheimer?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1781"> Nein, Georg.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1782"> So, der? Es mag eine Stunde her sein.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0531] Aus der (Lhronik derer von Riffelshausen. Hegel ging mürrisch zur Thür hinaus und brummte dabei etwas wie „Hauskreuz" und: Der Regime ihr Mann hat's doch anders. Die Frau errötete im Zorn, doch sah sie ihm nach, ohne ein Wort zu erwiedern. Als Therese die Treppe herabkam, strahlten ihre Augen. Der Besuch bei der Alten hatte ihr den ersehnten Frieden zurückgegeben. Alles erschien ihr heiterer und schöner; es war, als sei sie aus einem schweren Traum erwacht. Auf der Dorfstraße sah es aber wirklich jetzt anders ans als vorhin. Die Leute standen nämlich vor ihren Thüren und vor den Scheunenthoren in lebhafter Unterhaltung. Hütte Therese einige Kenntnis des Dorflebens gehabt, so wäre ihr dies aufgefallen. So aber wunderte sie sich erst, als sie am Gartenpförtchen die Crispine und die Johanna stehen sah. Was macht ihr hier? fragte sie die Mädchen, worauf Crispine zu lachen begann, während Johanna in Verlegenheit geriet und der gnädigen Frau ver¬ sicherte, daß sie eigentlich gar nicht herausgewollt hätten — nur eben — Ach Gott, ach Gott! gnci' Frau! Liebe Crispine, gewöhne dir doch diesen Ausruf ab. Ach ja, freilich! Ja — nein, grä' Frau, ich bin Ihnen beinah geplatzt vor Lachen! Jetzt trat auch Nachbar Kanne herzu, der, vor seiner Hofthür stehend, vor dem Erscheinen der Gnädiger etwas mit den Mädchen gespaßt hatte. Dieser unternahm es, die Hofmarschallin aufzuklären. Nämlich der Amand Hegel hat sein Schwein verkauft, Frau Hofmarschalln, und das is Ihnen dem Kerle fortgelauft (wissen Sie, aus Tiefheim kommt er) und rennt auch direkt die Schossee 'nunter, als ob der Teufel in dem Biese steckte. Nu — der Tiefheimer hinterdrein, was er rennen kann, und das halbe Dorf mit. Und Hegel, der stellt sich hin und lacht, daß er sich die Seiten hält und ruft: Nur zu! nur zu! wir wollen doch sehen, wer besser laufen kann, ein Tiefheimer Schlächter oder ein^Siebenhofer Schwein! Hier übermannte auch den werten Nachbar die Heiterkeit, und er brach in ein schallendes Ge¬ lächter aus. Therese dankte für den Bescheid und ging nach Hause. Dort traf sie Cäcilie, die mit einer Verkäuferin in eifriger Unterhaltung über das eben ver¬ nommene im Hausflur stand. Therese sah sich zerstreut um. Wie lange ist er schon fort? fragte sie. Der Tiefheimer? Nein, Georg. So, der? Es mag eine Stunde her sein.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/531
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/531>, abgerufen am 24.08.2024.