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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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tvallensreins erstes Generalat.

daraus, daß der Feldmarschall Arnim den brandenburgischen Gesandten riet,
"wegen Abwendung der künftigen Wintereinquartierung oder derselben Linderung
beim Herren Generalen selbsten -- denu bei kaiserlicher Majestät würde diesfalls
wenig auszurichten sein, es stünde doch nur beim Herren Generalen allein --
die Notdurft anzubringen." Von Wien aus berichtet Graf Schwarzenberg
dem Kurfürsten: "Schwarz sein Eure kurfürstliche Durchlaucht gemacht worden
ohne Ursach, dazu hat der General Fürst zu Friedland sehr geholfen und fast
große Ursach gegeben." Den Verhandlungen des Kurfürsten mit dem Könige
von Schweden folgte er aufs aufmerksamste: "Was der König von Schweden,
als er unlängst zu Fischhauseu bei Kurbrcmdeuburg gewesen, für Diskurs ge¬
führt, das wissen Sr. fürstliche Gnaden besser, als er wohl selbst gedenken
möchte," wird ans Wallensteins Lager an den sächsischen Hof berichtet.

Die Einladung Ferdinands zu dem Regensburger Tage lehnte Georg
Wilhelm ab, weil die Verwüstung in seinem Lande so weit vorgeschritten sei
und er kaum genug habe, um zu leben; dem einzigen Se. Julienschen Regiment?,
das größtenteils in Mecklenburg einquartiert sei, habe er im Laufe von sechzehn
Monaten 300000 Thaler zahlen müssen. Für die Entlassung des Friedländers
wagte er nicht zu stimmen, im Geheimen sollten die brandenburgischen Gesandten
den Kurfürsten andeuten, "daß wir solches darum thun müßten, weil wir die
Armee in unserm Lande hätten und derhalben viel Nächtens von des Herrn Ge¬
neralen Liebden zu befahren." Eben dort in Regensburg wurde den Gesandten
noch vertraulich mitgeteilt, "daß mau auf Konfiskation des kurfürstlichen Besitzes
spekulire" und daß Wallenstein den Kurfürsten fast täglich beim Kaiser verdächtige.

Die Erzählung von des Friedländers gepriesener Mannszucht wird in
Zukunft nur mit Einschränkung zu wiederholen sein. Er sah wohl ein, daß
ohne strenge Ordnung eine Armee nicht bestehen könne, und suchte dieser An¬
schauung in den Anfängen seines Generalats auch Geltung zu verschaffen. Sein
hartes Auftreten und seine außerordentliche Strenge führte" sogar zu Tumulten
im Heere, und viele Soldaten wurden deswegen fahnenflüchtig. Als er aber
in Norddeutschland das Heer vou^Kontributionen erhalten wollte und beträcht¬
liche Summen für sich selbst beanspruchte, mußte er notwendigerweise die Brand¬
schatzungen und Räubereien der Offiziere und Soldaten straflos hingehen lassen,
nur äußerst selten sind Offiziere wegen Erpressungen vom Kriegsgerichte ver¬
urteilt worden.

So entfernt sich denn die Vorstellung, die wir aus Giudelys Werk von
Wallenstein gewinnen, von der durch seine österreichischen Landsleute entworfenen
>oeil, "ähert sich dagegen der Charakteristik, welche Rankes Meisterhand von
dem kaiserlichen Generalissimus entworfen hat. Der Verfasser stellt uns in
Aussicht, später in gleicher Weise auch die Geschichte des zweiten Generalats
Zu behandeln.




Grenzboten III. 1836..'.->
tvallensreins erstes Generalat.

daraus, daß der Feldmarschall Arnim den brandenburgischen Gesandten riet,
„wegen Abwendung der künftigen Wintereinquartierung oder derselben Linderung
beim Herren Generalen selbsten — denu bei kaiserlicher Majestät würde diesfalls
wenig auszurichten sein, es stünde doch nur beim Herren Generalen allein —
die Notdurft anzubringen." Von Wien aus berichtet Graf Schwarzenberg
dem Kurfürsten: „Schwarz sein Eure kurfürstliche Durchlaucht gemacht worden
ohne Ursach, dazu hat der General Fürst zu Friedland sehr geholfen und fast
große Ursach gegeben." Den Verhandlungen des Kurfürsten mit dem Könige
von Schweden folgte er aufs aufmerksamste: „Was der König von Schweden,
als er unlängst zu Fischhauseu bei Kurbrcmdeuburg gewesen, für Diskurs ge¬
führt, das wissen Sr. fürstliche Gnaden besser, als er wohl selbst gedenken
möchte," wird ans Wallensteins Lager an den sächsischen Hof berichtet.

Die Einladung Ferdinands zu dem Regensburger Tage lehnte Georg
Wilhelm ab, weil die Verwüstung in seinem Lande so weit vorgeschritten sei
und er kaum genug habe, um zu leben; dem einzigen Se. Julienschen Regiment?,
das größtenteils in Mecklenburg einquartiert sei, habe er im Laufe von sechzehn
Monaten 300000 Thaler zahlen müssen. Für die Entlassung des Friedländers
wagte er nicht zu stimmen, im Geheimen sollten die brandenburgischen Gesandten
den Kurfürsten andeuten, „daß wir solches darum thun müßten, weil wir die
Armee in unserm Lande hätten und derhalben viel Nächtens von des Herrn Ge¬
neralen Liebden zu befahren." Eben dort in Regensburg wurde den Gesandten
noch vertraulich mitgeteilt, „daß mau auf Konfiskation des kurfürstlichen Besitzes
spekulire" und daß Wallenstein den Kurfürsten fast täglich beim Kaiser verdächtige.

Die Erzählung von des Friedländers gepriesener Mannszucht wird in
Zukunft nur mit Einschränkung zu wiederholen sein. Er sah wohl ein, daß
ohne strenge Ordnung eine Armee nicht bestehen könne, und suchte dieser An¬
schauung in den Anfängen seines Generalats auch Geltung zu verschaffen. Sein
hartes Auftreten und seine außerordentliche Strenge führte» sogar zu Tumulten
im Heere, und viele Soldaten wurden deswegen fahnenflüchtig. Als er aber
in Norddeutschland das Heer vou^Kontributionen erhalten wollte und beträcht¬
liche Summen für sich selbst beanspruchte, mußte er notwendigerweise die Brand¬
schatzungen und Räubereien der Offiziere und Soldaten straflos hingehen lassen,
nur äußerst selten sind Offiziere wegen Erpressungen vom Kriegsgerichte ver¬
urteilt worden.

So entfernt sich denn die Vorstellung, die wir aus Giudelys Werk von
Wallenstein gewinnen, von der durch seine österreichischen Landsleute entworfenen
>oeil, „ähert sich dagegen der Charakteristik, welche Rankes Meisterhand von
dem kaiserlichen Generalissimus entworfen hat. Der Verfasser stellt uns in
Aussicht, später in gleicher Weise auch die Geschichte des zweiten Generalats
Zu behandeln.




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[0473] tvallensreins erstes Generalat. daraus, daß der Feldmarschall Arnim den brandenburgischen Gesandten riet, „wegen Abwendung der künftigen Wintereinquartierung oder derselben Linderung beim Herren Generalen selbsten — denu bei kaiserlicher Majestät würde diesfalls wenig auszurichten sein, es stünde doch nur beim Herren Generalen allein — die Notdurft anzubringen." Von Wien aus berichtet Graf Schwarzenberg dem Kurfürsten: „Schwarz sein Eure kurfürstliche Durchlaucht gemacht worden ohne Ursach, dazu hat der General Fürst zu Friedland sehr geholfen und fast große Ursach gegeben." Den Verhandlungen des Kurfürsten mit dem Könige von Schweden folgte er aufs aufmerksamste: „Was der König von Schweden, als er unlängst zu Fischhauseu bei Kurbrcmdeuburg gewesen, für Diskurs ge¬ führt, das wissen Sr. fürstliche Gnaden besser, als er wohl selbst gedenken möchte," wird ans Wallensteins Lager an den sächsischen Hof berichtet. Die Einladung Ferdinands zu dem Regensburger Tage lehnte Georg Wilhelm ab, weil die Verwüstung in seinem Lande so weit vorgeschritten sei und er kaum genug habe, um zu leben; dem einzigen Se. Julienschen Regiment?, das größtenteils in Mecklenburg einquartiert sei, habe er im Laufe von sechzehn Monaten 300000 Thaler zahlen müssen. Für die Entlassung des Friedländers wagte er nicht zu stimmen, im Geheimen sollten die brandenburgischen Gesandten den Kurfürsten andeuten, „daß wir solches darum thun müßten, weil wir die Armee in unserm Lande hätten und derhalben viel Nächtens von des Herrn Ge¬ neralen Liebden zu befahren." Eben dort in Regensburg wurde den Gesandten noch vertraulich mitgeteilt, „daß mau auf Konfiskation des kurfürstlichen Besitzes spekulire" und daß Wallenstein den Kurfürsten fast täglich beim Kaiser verdächtige. Die Erzählung von des Friedländers gepriesener Mannszucht wird in Zukunft nur mit Einschränkung zu wiederholen sein. Er sah wohl ein, daß ohne strenge Ordnung eine Armee nicht bestehen könne, und suchte dieser An¬ schauung in den Anfängen seines Generalats auch Geltung zu verschaffen. Sein hartes Auftreten und seine außerordentliche Strenge führte» sogar zu Tumulten im Heere, und viele Soldaten wurden deswegen fahnenflüchtig. Als er aber in Norddeutschland das Heer vou^Kontributionen erhalten wollte und beträcht¬ liche Summen für sich selbst beanspruchte, mußte er notwendigerweise die Brand¬ schatzungen und Räubereien der Offiziere und Soldaten straflos hingehen lassen, nur äußerst selten sind Offiziere wegen Erpressungen vom Kriegsgerichte ver¬ urteilt worden. So entfernt sich denn die Vorstellung, die wir aus Giudelys Werk von Wallenstein gewinnen, von der durch seine österreichischen Landsleute entworfenen >oeil, „ähert sich dagegen der Charakteristik, welche Rankes Meisterhand von dem kaiserlichen Generalissimus entworfen hat. Der Verfasser stellt uns in Aussicht, später in gleicher Weise auch die Geschichte des zweiten Generalats Zu behandeln. Grenzboten III. 1836..'.->

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/473>, abgerufen am 22.07.2024.