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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Ülamoens.

Auf und über dem Schloßplatze war es inzwischen beinahe Nacht geworden, die
Massen waren nur noch undeutlich zu erkennen. Der König und seine Umgebung
schicktei? sich eben an, vom Balkon zurückzutreten, als ein weithinhallendes
Trompetengeschmetter von San Roque herab ihre Aufmerksamkeit noch einmal
auf sich zog. Es war ein Zug junger Edelleute, welche prächtig beritten und,
soviel sich erkennen ließ, in Prunkgcwändern, dem Heere des Königs zuzogen.
Selbst der Prior von Belem versagte sich ein Kopfschttttcln nicht: Die Herren
hätten besser gethan, ihre Pferde daheim zu lassen, die Überzahl der Reiter
muß auf der Flotte lästig werden! Der König freilich träumt von Neiter-
schlachteu, in denen er sich an der Spitze der Geschwader ins dichteste Ge¬
tümmel stürzt.

Er brach ab, weil ihm die vertrauliche Miene nicht gefiel, die Senhor Trneba
statt seiner sonstigen Unterwürfigkeit zeigte. Und da sich der König, nachdem
er die zu Noß unter dem Balkon haltenden Ankömmlinge begrüßt hatte, jetzt
wirklich zurückzog, so erhielt auch Dom Joao einen schicklichen Vorwand, Senhor
Trneba zu verlassen und sich in den Saal zu begeben, der eben durch Wcichs-
fackclu erleuchtet ward und in dein sich Hunderte zusammendrängten, die ein Ab¬
schiedswort vom Könige zu empfangen oder ihm ein solches zu sagen hofften.
Das Fackellicht fiel, mir einen kleinen Teil des Saales erheitert, grell auf
einzelne Gruppen, während andre völlig im Dunkel standen. In dein großen,
leeren Prachtsaal, der lange nicht benutzt, erst seit gestern geöffnet worden war,
herrschte eine dumpfe Luft, und da die Mehrzahl der Versammelten entweder
schwieg oder nur flüsternd sprach, so hatte selbst Dom Joao den Eindruck, daß
die ganze Szene einem düstern Trauergeprängc gleiche. König Sebastian durch¬
schritt die Reihen, mit seinen unmittelbaren Begleitern und den Männern,
denen er die Regierung seines Königreiches anvertraut hatte; er blieb vor dem
Prior stehen und sagte: Wie ists, Dom Joao, lockt diess nicht zu Gottes Ehre
noch einmal ein Schwert nmzngürtcn, wie in deiner Jngend? Nimm meinen
Dank für alles, was du in den jüngsten Monaten gethan hast, das große Werk
zu fördern und die Schwankenden zu festige"! Doch säbelnd dich auch drüben
gern an meiner Seite und kann mir denken, daß dir das Herz kriegerisch auf¬
wallt, wenn du uus an Bord gehen siehst!

Eure Majestät weiß, daß die Zeiten der kriegerische" Bischöfe und Priester
vorüber sind, entgegnete der Prior von Belem. Der Erlöser selbst hat Petrus
untersagt, das Schwert zu führen, und die Beschlüsse des hochheilige"? Konzils
von Trient gestatten mir die Wallungen des Blutes nicht, denen Ihr, mein
König, folgen dürft!

Dom Sebastian warf nnr kurz hiu: So mußt dn dich freilich in Demut
fügen. Sem Blick glitt bereits von dem Priester hinweg und traf jetzt mit
zürnender Schärfe die Brüder Evora, welche mit tiefen Verbeugungen dem
Könige glückliche Fahrt und siegreiche Heimkehr wünschten.


Ülamoens.

Auf und über dem Schloßplatze war es inzwischen beinahe Nacht geworden, die
Massen waren nur noch undeutlich zu erkennen. Der König und seine Umgebung
schicktei? sich eben an, vom Balkon zurückzutreten, als ein weithinhallendes
Trompetengeschmetter von San Roque herab ihre Aufmerksamkeit noch einmal
auf sich zog. Es war ein Zug junger Edelleute, welche prächtig beritten und,
soviel sich erkennen ließ, in Prunkgcwändern, dem Heere des Königs zuzogen.
Selbst der Prior von Belem versagte sich ein Kopfschttttcln nicht: Die Herren
hätten besser gethan, ihre Pferde daheim zu lassen, die Überzahl der Reiter
muß auf der Flotte lästig werden! Der König freilich träumt von Neiter-
schlachteu, in denen er sich an der Spitze der Geschwader ins dichteste Ge¬
tümmel stürzt.

Er brach ab, weil ihm die vertrauliche Miene nicht gefiel, die Senhor Trneba
statt seiner sonstigen Unterwürfigkeit zeigte. Und da sich der König, nachdem
er die zu Noß unter dem Balkon haltenden Ankömmlinge begrüßt hatte, jetzt
wirklich zurückzog, so erhielt auch Dom Joao einen schicklichen Vorwand, Senhor
Trneba zu verlassen und sich in den Saal zu begeben, der eben durch Wcichs-
fackclu erleuchtet ward und in dein sich Hunderte zusammendrängten, die ein Ab¬
schiedswort vom Könige zu empfangen oder ihm ein solches zu sagen hofften.
Das Fackellicht fiel, mir einen kleinen Teil des Saales erheitert, grell auf
einzelne Gruppen, während andre völlig im Dunkel standen. In dein großen,
leeren Prachtsaal, der lange nicht benutzt, erst seit gestern geöffnet worden war,
herrschte eine dumpfe Luft, und da die Mehrzahl der Versammelten entweder
schwieg oder nur flüsternd sprach, so hatte selbst Dom Joao den Eindruck, daß
die ganze Szene einem düstern Trauergeprängc gleiche. König Sebastian durch¬
schritt die Reihen, mit seinen unmittelbaren Begleitern und den Männern,
denen er die Regierung seines Königreiches anvertraut hatte; er blieb vor dem
Prior stehen und sagte: Wie ists, Dom Joao, lockt diess nicht zu Gottes Ehre
noch einmal ein Schwert nmzngürtcn, wie in deiner Jngend? Nimm meinen
Dank für alles, was du in den jüngsten Monaten gethan hast, das große Werk
zu fördern und die Schwankenden zu festige»! Doch säbelnd dich auch drüben
gern an meiner Seite und kann mir denken, daß dir das Herz kriegerisch auf¬
wallt, wenn du uus an Bord gehen siehst!

Eure Majestät weiß, daß die Zeiten der kriegerische» Bischöfe und Priester
vorüber sind, entgegnete der Prior von Belem. Der Erlöser selbst hat Petrus
untersagt, das Schwert zu führen, und die Beschlüsse des hochheilige»? Konzils
von Trient gestatten mir die Wallungen des Blutes nicht, denen Ihr, mein
König, folgen dürft!

Dom Sebastian warf nnr kurz hiu: So mußt dn dich freilich in Demut
fügen. Sem Blick glitt bereits von dem Priester hinweg und traf jetzt mit
zürnender Schärfe die Brüder Evora, welche mit tiefen Verbeugungen dem
Könige glückliche Fahrt und siegreiche Heimkehr wünschten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/47>, abgerufen am 03.07.2024.