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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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ZVallensteins erstes Gencralat.

minder als 1000 bis 2000 Thaler, ein Rittmeister 400, ein Hauptmann aber
von 200 bis in 300 und 400 Thaler zu Nutzen macht."

Schon die Unterhaltung des kaiserlichen Hauptquartieres kostete ungeheure
Summen. Der Glanz äußerer Machtentfaltung, in welchem uns die Gestalt
des Friedländers in Prag und auf seinen böhmischen Hcrrschaftssitzen entgegen¬
tritt, mangelte auch im Feldlager nicht.

Bereits die ^srsmmMio ArMÄv, in welcher übrigens Gindclh mit beachtens¬
werten Gründen den Kanzler von Böhmen, Fürsten von Lobkowitz, nachzuweisen
bemüht ist, meint, daß Wallenstein einen Glanz entfalte, "welcher einem jeden
großen Regenten genügen müßte." Im Jahre 1629 mußte das Stift Halber¬
stadt dem Friedländer wöchentlich "zur Unterhaltung der Tafel" 7000 Reichs-
thaler und für die Pferde alle Tage 11 Wispcl Hafer, "deren jeder der Zeit
um Is Reichsthaler bezahlt muß werden," nebst Heu und Stroh liefern. In
Memmingen begleitete den kaiserlichen Feldhauptmann eine Leibgarde von 600
Mann, "deren Kleider gar dick mit Passamenten besetzt, die Bandeliere alle mit
erhabenem Silber gestickt, die Eise" an den Picken versilbert, sodaß kein Kaiser
dergleichen Quardia gebrauchet." Derselbe Gewährsmann -- es ist der Fürst
von Hohenzollern -- behauptete, daß Wallenstein sicher für Küche und Keller
jährlich über 200 000 Thaler verbrauche, ungerechnet die Kleider, die Besol¬
dungen und andre Ausgaben.

"Der General (Wallenstein) hat -- lautet es in einer Beschwerde des Kur-
fürstenkvllegs an den Kaiser -- mit mcinniglichs Verwunderung ein solch kostbare,
überschwängliche Hofhaltung an reisigen Zeug, Aufwartung, Traktement und
andern gesucht, daß dergleichen bei königlichen, ja wohl kaiserlichen Höfen nicht
gesehen worden. Andre hohe Offizierer sichren noch einen fürstlichen Staat
mit Pferden, Kutschen und Dienern. . . . Diesen Überfluß nun muß das Reich
und die arme Leut tragen, und erfolget daraus, daß die Ordincmtien und Taxen
ganz übermäßig und den armen Leuten unerschwinglich fallen." Der Nuntius
am kaiserlichen Hofe, der spätere Kardinal Nvcei, wurde zum Empfang im Feld¬
lager von des Friedländers Hofstaat mit 12 Wagen, von denen jeder mit
0 Pferden bespannt war, eingeholt; "der Hofstaat ist prächtig, schreibt er, und
zählt viele Edelleute von hoher Abkunft, die Lebensweise ist auf so großem Fuße
eingerichtet, daß sie der eines jeden italienischen Fürsten gleichkommt."

Nicht minder interessante Aufschlüsse erhalten wir über Wallensteins Ver¬
hältnis zur Liga. Hatte es in der bei der Anstellung Wallensteins erlassenen
Instruktion für den Fall, daß das kaiserliche Heer mit den Truppen der Liga
gemeinsam wirken sollte, gelautet: "Seine Liebden wird nicht entgegen sein . - -
sich gedachten Grafen von Tilly . . . guten Rats zu gebrauchen und sich dem¬
selben in allen, was er gemeinnützlich befinden wird, zu accommodiren," so ist
Wallenstein von Anfang an nie darauf bedacht gewesen, in gutem Einvernehmen
mit Tilly vorzugehen. Erst Questenberg, dann Trauttmannsdorff wurden von


ZVallensteins erstes Gencralat.

minder als 1000 bis 2000 Thaler, ein Rittmeister 400, ein Hauptmann aber
von 200 bis in 300 und 400 Thaler zu Nutzen macht."

Schon die Unterhaltung des kaiserlichen Hauptquartieres kostete ungeheure
Summen. Der Glanz äußerer Machtentfaltung, in welchem uns die Gestalt
des Friedländers in Prag und auf seinen böhmischen Hcrrschaftssitzen entgegen¬
tritt, mangelte auch im Feldlager nicht.

Bereits die ^srsmmMio ArMÄv, in welcher übrigens Gindclh mit beachtens¬
werten Gründen den Kanzler von Böhmen, Fürsten von Lobkowitz, nachzuweisen
bemüht ist, meint, daß Wallenstein einen Glanz entfalte, „welcher einem jeden
großen Regenten genügen müßte." Im Jahre 1629 mußte das Stift Halber¬
stadt dem Friedländer wöchentlich „zur Unterhaltung der Tafel" 7000 Reichs-
thaler und für die Pferde alle Tage 11 Wispcl Hafer, „deren jeder der Zeit
um Is Reichsthaler bezahlt muß werden," nebst Heu und Stroh liefern. In
Memmingen begleitete den kaiserlichen Feldhauptmann eine Leibgarde von 600
Mann, „deren Kleider gar dick mit Passamenten besetzt, die Bandeliere alle mit
erhabenem Silber gestickt, die Eise» an den Picken versilbert, sodaß kein Kaiser
dergleichen Quardia gebrauchet." Derselbe Gewährsmann — es ist der Fürst
von Hohenzollern — behauptete, daß Wallenstein sicher für Küche und Keller
jährlich über 200 000 Thaler verbrauche, ungerechnet die Kleider, die Besol¬
dungen und andre Ausgaben.

„Der General (Wallenstein) hat — lautet es in einer Beschwerde des Kur-
fürstenkvllegs an den Kaiser — mit mcinniglichs Verwunderung ein solch kostbare,
überschwängliche Hofhaltung an reisigen Zeug, Aufwartung, Traktement und
andern gesucht, daß dergleichen bei königlichen, ja wohl kaiserlichen Höfen nicht
gesehen worden. Andre hohe Offizierer sichren noch einen fürstlichen Staat
mit Pferden, Kutschen und Dienern. . . . Diesen Überfluß nun muß das Reich
und die arme Leut tragen, und erfolget daraus, daß die Ordincmtien und Taxen
ganz übermäßig und den armen Leuten unerschwinglich fallen." Der Nuntius
am kaiserlichen Hofe, der spätere Kardinal Nvcei, wurde zum Empfang im Feld¬
lager von des Friedländers Hofstaat mit 12 Wagen, von denen jeder mit
0 Pferden bespannt war, eingeholt; „der Hofstaat ist prächtig, schreibt er, und
zählt viele Edelleute von hoher Abkunft, die Lebensweise ist auf so großem Fuße
eingerichtet, daß sie der eines jeden italienischen Fürsten gleichkommt."

Nicht minder interessante Aufschlüsse erhalten wir über Wallensteins Ver¬
hältnis zur Liga. Hatte es in der bei der Anstellung Wallensteins erlassenen
Instruktion für den Fall, daß das kaiserliche Heer mit den Truppen der Liga
gemeinsam wirken sollte, gelautet: „Seine Liebden wird nicht entgegen sein . - -
sich gedachten Grafen von Tilly . . . guten Rats zu gebrauchen und sich dem¬
selben in allen, was er gemeinnützlich befinden wird, zu accommodiren," so ist
Wallenstein von Anfang an nie darauf bedacht gewesen, in gutem Einvernehmen
mit Tilly vorzugehen. Erst Questenberg, dann Trauttmannsdorff wurden von


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[0468] ZVallensteins erstes Gencralat. minder als 1000 bis 2000 Thaler, ein Rittmeister 400, ein Hauptmann aber von 200 bis in 300 und 400 Thaler zu Nutzen macht." Schon die Unterhaltung des kaiserlichen Hauptquartieres kostete ungeheure Summen. Der Glanz äußerer Machtentfaltung, in welchem uns die Gestalt des Friedländers in Prag und auf seinen böhmischen Hcrrschaftssitzen entgegen¬ tritt, mangelte auch im Feldlager nicht. Bereits die ^srsmmMio ArMÄv, in welcher übrigens Gindclh mit beachtens¬ werten Gründen den Kanzler von Böhmen, Fürsten von Lobkowitz, nachzuweisen bemüht ist, meint, daß Wallenstein einen Glanz entfalte, „welcher einem jeden großen Regenten genügen müßte." Im Jahre 1629 mußte das Stift Halber¬ stadt dem Friedländer wöchentlich „zur Unterhaltung der Tafel" 7000 Reichs- thaler und für die Pferde alle Tage 11 Wispcl Hafer, „deren jeder der Zeit um Is Reichsthaler bezahlt muß werden," nebst Heu und Stroh liefern. In Memmingen begleitete den kaiserlichen Feldhauptmann eine Leibgarde von 600 Mann, „deren Kleider gar dick mit Passamenten besetzt, die Bandeliere alle mit erhabenem Silber gestickt, die Eise» an den Picken versilbert, sodaß kein Kaiser dergleichen Quardia gebrauchet." Derselbe Gewährsmann — es ist der Fürst von Hohenzollern — behauptete, daß Wallenstein sicher für Küche und Keller jährlich über 200 000 Thaler verbrauche, ungerechnet die Kleider, die Besol¬ dungen und andre Ausgaben. „Der General (Wallenstein) hat — lautet es in einer Beschwerde des Kur- fürstenkvllegs an den Kaiser — mit mcinniglichs Verwunderung ein solch kostbare, überschwängliche Hofhaltung an reisigen Zeug, Aufwartung, Traktement und andern gesucht, daß dergleichen bei königlichen, ja wohl kaiserlichen Höfen nicht gesehen worden. Andre hohe Offizierer sichren noch einen fürstlichen Staat mit Pferden, Kutschen und Dienern. . . . Diesen Überfluß nun muß das Reich und die arme Leut tragen, und erfolget daraus, daß die Ordincmtien und Taxen ganz übermäßig und den armen Leuten unerschwinglich fallen." Der Nuntius am kaiserlichen Hofe, der spätere Kardinal Nvcei, wurde zum Empfang im Feld¬ lager von des Friedländers Hofstaat mit 12 Wagen, von denen jeder mit 0 Pferden bespannt war, eingeholt; „der Hofstaat ist prächtig, schreibt er, und zählt viele Edelleute von hoher Abkunft, die Lebensweise ist auf so großem Fuße eingerichtet, daß sie der eines jeden italienischen Fürsten gleichkommt." Nicht minder interessante Aufschlüsse erhalten wir über Wallensteins Ver¬ hältnis zur Liga. Hatte es in der bei der Anstellung Wallensteins erlassenen Instruktion für den Fall, daß das kaiserliche Heer mit den Truppen der Liga gemeinsam wirken sollte, gelautet: „Seine Liebden wird nicht entgegen sein . - - sich gedachten Grafen von Tilly . . . guten Rats zu gebrauchen und sich dem¬ selben in allen, was er gemeinnützlich befinden wird, zu accommodiren," so ist Wallenstein von Anfang an nie darauf bedacht gewesen, in gutem Einvernehmen mit Tilly vorzugehen. Erst Questenberg, dann Trauttmannsdorff wurden von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/468>, abgerufen am 22.07.2024.