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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die Verwaltung der (vrtspolizei in den Städten.

den Stadt- oder Kreisausschüssen überwiesen sind, das Aichwesen, die Jnnungs-
angelegenheiten, sowie endlich die Beaufsichtigung der von der Stadt eingerichteten
und betriebenen gewerblichen Anlagen.

Der Polizeiverwaltung übertrage man die Kriminal-, Fremden-, Paß-,
Preß- und Vereinspolizei, einschließlich der Bekämpfung der Sozialdemokratie,
die Verhütung von Tumult und Aufruhr, die Unfalls-, Ordnungs- und Sitten-
Polizei, die Feuer-, Gesundheits- und Straßenpolizei, das Versicherungswesen,
die Baupolizei einschließlich der Genehmigung von Neubauten und baulichen
Änderungen und die Polizei bezüglich der verlorenen oder gefundenen Gegenstände.

Über die ihr zugewiesenen Gegenstände kann die Stadtverwaltung nur
statutarische Bestimmun'geu treffen, die etwa erforderlichen Polizeiverordnnngen
hat die Polizeiverwaltung zu erlassen. Um der durch den Z 143 des Landes¬
verwaltungsgesetzes geschaffenen Schwierigkeit bezüglich der Entscheidung, welche
Polizeiverordnungcn der Zustimmung und welche nur der Anhörung des Gc-
meindevorstcmdes bedürfen, zu entgehen, ist auch hier der Begriff der Sicherheits¬
polizei zu streichen und die Polizeiverwaltung hat die Zustimmung des Ge¬
meindevorstandes einzuholen zum Erlaß von Polizeiverordnungen bezüglich der
der Stadtverwaltung überlassenen Gegenstände, den Gemeindevorstand aber nur
anzuhören bei Verordnungen über die der Polizei zugewiesenen Gegenstände.
Polizeiliche Strafverfügungen kann auch nur die Polizeiverwaltung erlassen.

Es ließe sich die hier vorgeschlagene Teilung der Geschäfte vielleicht in
Einzelheiten anders treffen, im allgemeinen dürfte sie aber wohl jeder Ver¬
waltung das ihr zukommende Gebiet anweisen.

Die für die Polizeiverwaltung vorbehaltnen Geschäfte müssen nun staatlich
einzusetzenden Polizeibehörden übertragen werden. Eine finanzielle Schwierig¬
keit für diese Übernahme liegt nicht vor, da ja die städtischen Polizeiverwaltungen
jetzt auch bezahlt werden müssen, es würde nur den Städten die alleinige Tragung
der Kosten entzogen und diese Last auf das ganze Land übertragen werden,
sodaß die nötigen Summen nicht mehr als Gemeinde-, sondern als Staats¬
abgaben erhoben werden würden, womit freilich die Steuerlast der Bewohner
der Landgemeinden oder der bereits mit königlicher Pvlizeiverwaltung versehenen
Städte etwas zunähine. Man spricht aber soviel von der Notwendigkeit
der Entlastung der Städte, daß man hier einmal die Gelegenheit zur Durch¬
führung dieser Entlastung ergreifen könnte. Sollte man aber vor dieser ander-
weiten Austeilung der Lasten zurückschrecken oder sollte die augenblicklich noch
starke Vorliebe für möglichst ausgedehnte Selbstverwaltung als Hindernis im
Wege stehen, so ließe sich die Pvlizeiverwaltung in den Städten ähnlich dem
Institut des Amtmanns der östlichen Provinzen regeln. Die Städte hätten
unter Beibehaltung der vollständigen Trennung zwischen Gemeinde- und Polizei-
Verwaltung eine in der Pvlizeiverwaltung freigewordene Persönlichkeit dem
Regierungspräsidenten, Oberpräsidenten oder Minister zu präsentiren, welcher


Grenzboten III. Is86. W
Die Verwaltung der (vrtspolizei in den Städten.

den Stadt- oder Kreisausschüssen überwiesen sind, das Aichwesen, die Jnnungs-
angelegenheiten, sowie endlich die Beaufsichtigung der von der Stadt eingerichteten
und betriebenen gewerblichen Anlagen.

Der Polizeiverwaltung übertrage man die Kriminal-, Fremden-, Paß-,
Preß- und Vereinspolizei, einschließlich der Bekämpfung der Sozialdemokratie,
die Verhütung von Tumult und Aufruhr, die Unfalls-, Ordnungs- und Sitten-
Polizei, die Feuer-, Gesundheits- und Straßenpolizei, das Versicherungswesen,
die Baupolizei einschließlich der Genehmigung von Neubauten und baulichen
Änderungen und die Polizei bezüglich der verlorenen oder gefundenen Gegenstände.

Über die ihr zugewiesenen Gegenstände kann die Stadtverwaltung nur
statutarische Bestimmun'geu treffen, die etwa erforderlichen Polizeiverordnnngen
hat die Polizeiverwaltung zu erlassen. Um der durch den Z 143 des Landes¬
verwaltungsgesetzes geschaffenen Schwierigkeit bezüglich der Entscheidung, welche
Polizeiverordnungcn der Zustimmung und welche nur der Anhörung des Gc-
meindevorstcmdes bedürfen, zu entgehen, ist auch hier der Begriff der Sicherheits¬
polizei zu streichen und die Polizeiverwaltung hat die Zustimmung des Ge¬
meindevorstandes einzuholen zum Erlaß von Polizeiverordnungen bezüglich der
der Stadtverwaltung überlassenen Gegenstände, den Gemeindevorstand aber nur
anzuhören bei Verordnungen über die der Polizei zugewiesenen Gegenstände.
Polizeiliche Strafverfügungen kann auch nur die Polizeiverwaltung erlassen.

Es ließe sich die hier vorgeschlagene Teilung der Geschäfte vielleicht in
Einzelheiten anders treffen, im allgemeinen dürfte sie aber wohl jeder Ver¬
waltung das ihr zukommende Gebiet anweisen.

Die für die Polizeiverwaltung vorbehaltnen Geschäfte müssen nun staatlich
einzusetzenden Polizeibehörden übertragen werden. Eine finanzielle Schwierig¬
keit für diese Übernahme liegt nicht vor, da ja die städtischen Polizeiverwaltungen
jetzt auch bezahlt werden müssen, es würde nur den Städten die alleinige Tragung
der Kosten entzogen und diese Last auf das ganze Land übertragen werden,
sodaß die nötigen Summen nicht mehr als Gemeinde-, sondern als Staats¬
abgaben erhoben werden würden, womit freilich die Steuerlast der Bewohner
der Landgemeinden oder der bereits mit königlicher Pvlizeiverwaltung versehenen
Städte etwas zunähine. Man spricht aber soviel von der Notwendigkeit
der Entlastung der Städte, daß man hier einmal die Gelegenheit zur Durch¬
führung dieser Entlastung ergreifen könnte. Sollte man aber vor dieser ander-
weiten Austeilung der Lasten zurückschrecken oder sollte die augenblicklich noch
starke Vorliebe für möglichst ausgedehnte Selbstverwaltung als Hindernis im
Wege stehen, so ließe sich die Pvlizeiverwaltung in den Städten ähnlich dem
Institut des Amtmanns der östlichen Provinzen regeln. Die Städte hätten
unter Beibehaltung der vollständigen Trennung zwischen Gemeinde- und Polizei-
Verwaltung eine in der Pvlizeiverwaltung freigewordene Persönlichkeit dem
Regierungspräsidenten, Oberpräsidenten oder Minister zu präsentiren, welcher


Grenzboten III. Is86. W
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[0257] Die Verwaltung der (vrtspolizei in den Städten. den Stadt- oder Kreisausschüssen überwiesen sind, das Aichwesen, die Jnnungs- angelegenheiten, sowie endlich die Beaufsichtigung der von der Stadt eingerichteten und betriebenen gewerblichen Anlagen. Der Polizeiverwaltung übertrage man die Kriminal-, Fremden-, Paß-, Preß- und Vereinspolizei, einschließlich der Bekämpfung der Sozialdemokratie, die Verhütung von Tumult und Aufruhr, die Unfalls-, Ordnungs- und Sitten- Polizei, die Feuer-, Gesundheits- und Straßenpolizei, das Versicherungswesen, die Baupolizei einschließlich der Genehmigung von Neubauten und baulichen Änderungen und die Polizei bezüglich der verlorenen oder gefundenen Gegenstände. Über die ihr zugewiesenen Gegenstände kann die Stadtverwaltung nur statutarische Bestimmun'geu treffen, die etwa erforderlichen Polizeiverordnnngen hat die Polizeiverwaltung zu erlassen. Um der durch den Z 143 des Landes¬ verwaltungsgesetzes geschaffenen Schwierigkeit bezüglich der Entscheidung, welche Polizeiverordnungcn der Zustimmung und welche nur der Anhörung des Gc- meindevorstcmdes bedürfen, zu entgehen, ist auch hier der Begriff der Sicherheits¬ polizei zu streichen und die Polizeiverwaltung hat die Zustimmung des Ge¬ meindevorstandes einzuholen zum Erlaß von Polizeiverordnungen bezüglich der der Stadtverwaltung überlassenen Gegenstände, den Gemeindevorstand aber nur anzuhören bei Verordnungen über die der Polizei zugewiesenen Gegenstände. Polizeiliche Strafverfügungen kann auch nur die Polizeiverwaltung erlassen. Es ließe sich die hier vorgeschlagene Teilung der Geschäfte vielleicht in Einzelheiten anders treffen, im allgemeinen dürfte sie aber wohl jeder Ver¬ waltung das ihr zukommende Gebiet anweisen. Die für die Polizeiverwaltung vorbehaltnen Geschäfte müssen nun staatlich einzusetzenden Polizeibehörden übertragen werden. Eine finanzielle Schwierig¬ keit für diese Übernahme liegt nicht vor, da ja die städtischen Polizeiverwaltungen jetzt auch bezahlt werden müssen, es würde nur den Städten die alleinige Tragung der Kosten entzogen und diese Last auf das ganze Land übertragen werden, sodaß die nötigen Summen nicht mehr als Gemeinde-, sondern als Staats¬ abgaben erhoben werden würden, womit freilich die Steuerlast der Bewohner der Landgemeinden oder der bereits mit königlicher Pvlizeiverwaltung versehenen Städte etwas zunähine. Man spricht aber soviel von der Notwendigkeit der Entlastung der Städte, daß man hier einmal die Gelegenheit zur Durch¬ führung dieser Entlastung ergreifen könnte. Sollte man aber vor dieser ander- weiten Austeilung der Lasten zurückschrecken oder sollte die augenblicklich noch starke Vorliebe für möglichst ausgedehnte Selbstverwaltung als Hindernis im Wege stehen, so ließe sich die Pvlizeiverwaltung in den Städten ähnlich dem Institut des Amtmanns der östlichen Provinzen regeln. Die Städte hätten unter Beibehaltung der vollständigen Trennung zwischen Gemeinde- und Polizei- Verwaltung eine in der Pvlizeiverwaltung freigewordene Persönlichkeit dem Regierungspräsidenten, Oberpräsidenten oder Minister zu präsentiren, welcher Grenzboten III. Is86. W

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/257>, abgerufen am 24.08.2024.